Gaslieferungsvertrag: Verjährungsbeginn für Rückzahlungsansprüche aufgrund unwirksamer Preisänderungsklauseln
Gesetze: § 4 AVBGasV, § 199 Abs 1 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 256 Abs 1 ZPO
Instanzenzug: Az: U 1157/09.Kartvorgehend LG Mainz Az: 12 HKO 112/07
Tatbestand
1Die Kläger beziehen von der Beklagten seit dem leitungsgebunden Erdgas für ihren privaten Haushalt. Der zwischen den Parteien geschlossene Gaslieferungsvertrag, der einen Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und einen Grundpreis von netto 159,00 €/Jahr vorsah, enthält unter der Überschrift "Gasvollversorgungs-Sondervertrag" auszugsweise folgende Allgemeine Geschäftsbedingung:
"§ 2
Die (…) Gaspreise ändern sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise für Gas eintritt."
2Die Beklagte erhöhte in den Jahren 2002 bis 2007 mehrfach die Gaspreise. Die Kläger, welche die geforderten Preise zunächst ohne Beanstandung gezahlt hatten, erhoben erstmals mit Schreiben vom Widerspruch. Sie meinen, die Beklagte sei zu Preiserhöhungen nicht berechtigt; jedenfalls seien die Preise unbillig überhöht.
3Mit ihrer im November 2006 eingereichten und im Lauf des Verfahrens mehrfach erweiterten Klage haben die Kläger zunächst unter anderem die Feststellung begehrt, dass diverse - im einzelnen datumsmäßig benannte - Preisbestimmungen der Gastarife in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag im Zeitraum von 2002 bis 2007 unwirksam und unbillig seien. Ferner haben die Kläger beantragt festzustellen, dass die Endabrechnungen der Beklagten aus den Jahren 2003 bis 2007 bezogen auf den Erdgasverbrauch unwirksam und unbillig seien.
4Gegen das Urteil des Landgerichts, das den dargestellten Klageanträgen nur für den Zeitraum ab Erhebung des Widerspruchs () stattgegeben, insoweit die Unwirksamkeit festgestellt und sie im Übrigen abgewiesen hat, haben beide Parteien Berufung eingelegt.
5Die Kläger haben beantragt, das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als die Klage abgewiesen wurde, und festzustellen, dass auch die - im einzelnen datumsmäßig benannten - von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag im Zeitraum von März 2002 bis Januar 2006 vorgenommenen Gaspreiserhöhungen unwirksam und unbillig seien, sofern diese den vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von netto 159,00 €/Jahr überstiegen. Ferner haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass auch die Endabrechnungen der Beklagten aus den Jahren 2003, 2004 und 2005 bezogen auf den Erdgasverbrauch unwirksam und nicht fällig seien.
6Zudem haben die Kläger im Berufungsverfahren ihre Klage mit Schriftsatz vom um den Antrag auf Feststellung erweitert, dass ihnen aus dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten für den Zeitraum zwischen dem und dem Rückzahlungsansprüche zustünden.
7Die Beklagte hat beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Ferner hat sie im Wege der Widerklage hilfsweise die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt sei, die Leistung auf die Rückerstattung gezahlter Gasentgelte im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Gaslieferungsvertrags für die Jahre 2002 bis einschließlich 2006 wegen Verjährung zu verweigern.
8Das Berufungsgericht hat - unter teilweiser Abänderung und vollständiger Neufassung des erstinstanzlichen Urteils sowie unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen - festgestellt, dass die von der Beklagten zum , , , , und im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrags vorgenommenen Preiserhöhungen unwirksam sind, sofern diese den vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von netto 159,00 €/Jahr übersteigen. Es hat ferner festgestellt, dass die Endabrechnungen der Beklagten vom und vom unwirksam sind, soweit sie sich auf den Erdgasverbrauch der Kläger ab dem beziehen und sie auf höheren Preisen beruhen als dem vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und dem vereinbarten Grundpreis von netto 159,00 €/Jahr, sowie dass den Klägern in dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten aus dem Zeitraum vom bis zum Rückzahlungsansprüche zustehen. Die weitergehende Klage hat das Berufungsgericht abgewiesen und der Feststellungswiderklage stattgegeben.
9Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger zunächst ihr Feststellungsbegehren bezüglich der Unwirksamkeit und mangelnden Fälligkeit der Endabrechnungen der Beklagten aus den Jahren 2003, 2004 und 2005 mit der einschränkenden Maßgabe "soweit sie auf höheren Preisen beruhen als dem vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und dem vereinbarten Grundpreis von 159,00 €/Jahr" weiter. Ferner begehren sie die Abweisung der Feststellungswiderklage.
Gründe
10Die Revision hat teilweise Erfolg.
A.
11Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
12Sämtliche - den vereinbarten Ausgangspreis übersteigende - Gaspreiserhöhungen der Beklagten seien unwirksam, weil weder der Beklagten ein einseitiges Preisänderungsrecht eingeräumt worden sei noch sich die Parteien einvernehmlich auf Preiserhöhungen verständigt hätten.
13Daher sei die im Berufungsverfahren von den Klägern weiterhin begehrte Feststellung, dass auch die - im einzelnen datumsmäßig benannten - von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag im Zeitraum vom März 2002 bis Januar 2006 vorgenommenen Gaspreiserhöhungen unwirksam und unbillig seien, sofern diese den vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von netto 159,00 € pro Jahr überstiegen, insoweit begründet, als zu den darin bezeichneten Zeitpunkten tatsächlich Preiserhöhungen stattgefunden hätten. Darüber hinaus sei der in der Berufungsinstanz erstmals gestellte Klageantrag betreffend die Feststellung von Rückzahlungsansprüchen zulässig und begründet. Es bestehe ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der begehrten Feststellung. Einer Leistungsklage stehe entgegen, dass sich die Kläger auch hinsichtlich des ursprünglich vereinbarten Preises auf eine gerichtliche Billigkeitsprüfung beriefen und damit aus ihrer Sicht daran gehindert seien, die Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche ohne vorherige Bestimmung des vereinbarten Preises durch das Gericht zu beziffern.
14Auf die Berufung der Beklagten sei die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung, dass die ab dem vorgenommenen Preisanpassungen unwirksam seien, einzuschränken auf den Teil des Preises, der den Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und den Grundpreis von netto 159 €/Jahr übersteige. Entsprechendes gelte für die Feststellung der Unwirksamkeit der Endabrechnungen der Beklagten aus dem Jahr 2007. Das angefochtene Urteil sei ferner insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen, als zu den dort aufgeführten Zeitpunkten tatsächlich keine Preiserhöhungen erfolgt seien.
15Die Feststellungswiderklage habe Erfolg. Einreden, die einer Partei gegen den von der anderen Seite geltend gemachten Anspruch zustünden, stellten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar. Der Widerklageantrag decke sich nicht mit der von den Klägern beantragten Feststellung, dass Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte bestünden. Solange ein Anspruch nicht erfüllt oder auf andere Weise zum Erlöschen gebracht worden sei, bestehe er trotz eingetretener Verjährung. Die Widerklage sei auch begründet, denn die Beklagte sei berechtigt, die Rückerstattung der von den Klägern von 2002 bis 2006 gezahlten Gasentgelte gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB wegen Verjährung zu verweigern.
16Die bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche der Kläger (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) unterlägen der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB. Da die Rückzahlungsansprüche jeweils im Zeitpunkt der Leistung an die Beklagte entstanden seien (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und die Kläger im Zeitpunkt der Zahlung Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hätten oder jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), habe die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen begonnen, in dem die jeweilige Zahlung erbracht worden sei. Für den Beginn der Verjährungsfrist sei allein die Kenntnis von der erbrachten Leistung und von den tatsächlichen Umständen entscheidend, aus denen sich die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts ergebe. Ob die Kläger hieraus auch den Schluss auf das Fehlen des Rechtsgrundes ihrer Leistung gezogen hätten, sei dagegen unerheblich. Es liege kein Fall einer außergewöhnlich unsicheren oder zweifelhaften Rechtslage vor, bei der sich der Verjährungsbeginn ausnahmsweise hinausschiebe. Denn die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Preisänderungsklauseln in Erdgassonderverträgen beruhten auf einer seit Jahrzehnten geltenden Rechtsprechung zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bis zur Erhebung der Klage auf Feststellung des Bestehens von Rückforderungsansprüchen im Jahre 2010 seien daher Rückforderungsansprüche der Kläger hinsichtlich der bis zum erbrachten Zahlungen verjährt.
17Die Verjährung dieser Ansprüche sei durch die bereits erstinstanzlich erhobenen Feststellungsklageanträge nicht gehemmt worden. Zwar könne gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Erhebung einer Feststellungsklage die Verjährung hemmen, sofern diese Klage auf die Feststellung des Anspruchs gerichtet sei. Bei der Feststellung der Unwirksamkeit und Unbilligkeit der von der Beklagten vorgenommenen Preisbestimmungen handele es sich aber nicht um die Feststellung eines Anspruchs, sondern lediglich um die Feststellung des Inhalts des Rechtsverhältnisses, welches den teilweise rechtsgrundlosen Zahlungen zugrunde gelegen habe. Gleiches gelte für den in erster Instanz gestellten Klageantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit und Unbilligkeit der Endabrechnungen der Beklagten, der ebenfalls nicht die Feststellung eines Rückzahlungsanspruchs umfasse.
B.
18Diese Beurteilung hält - soweit die Revision zulässig ist - rechtlicher Nachprüfung in einem Punkt nicht stand.
I.
19Die Revision ist unzulässig, soweit die Kläger die Feststellung begehren, dass auch die Endabrechnungen der Beklagten aus den Jahren 2003, 2004 und 2005 unwirksam und nicht fällig sind, soweit sie den Erdgasverbrauch der Kläger betreffen und auf höheren Preisen beruhen als dem vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,17 ct/kWh und dem vereinbarten Grundpreis von 159,00 €/Jahr. Insoweit sind die Kläger durch das Berufungsurteil nicht beschwert (vgl. zur Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung , BGHZ 50, 261, 263; vom - V ZR 65/03, WM 2004, 891 unter II 3 b aa mwN), weil das Berufungsgericht über diesen - im Rahmen der Urteilsgründe auch wiedergegebenen - Antrag nicht entschieden hat. Eine positive Bescheidung des Antrags der Kläger enthält der Tenor des Berufungsgerichts nicht. Anders als die Revision meint, ist aber durch den vom Berufungsgericht getätigten Ausspruch der Zurückweisung der klägerischen Berufung im Übrigen auch keine negative Entscheidung über den hier relevanten Berufungsantrag der Kläger getroffen worden. Dies ergibt sich aus der insoweit maßgeblichen Berücksichtigung der Gründe des Berufungsurteils.
20Der Inhalt eines Urteils ist der Entscheidung im Ganzen zu entnehmen. Auszugehen ist dabei von der Urteilsformel, die aber oft - bei klageabweisenden Urteilen regelmäßig - nicht erkennen lässt, worüber entschieden ist. Sofern die Urteilsformel allein nicht ausreicht, um den Inhalt der getroffenen Entscheidung zu erfassen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen (st. Rspr., vgl. nur , NJW 1983, 2032 unter III 2 mwN). Diese Heranziehung zeigt vorliegend eindeutig, dass das Berufungsgericht nur über den die Feststellung der Unwirksamkeit der einzelnen datumsmäßig bezeichneten Preiserhöhungen betreffenden Berufungsantrag der Kläger sowie über deren Klageerweiterung entschieden hat, nicht jedoch über den auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Jahresabrechnungen 2003, 2004 und 2005 gerichteten Berufungsantrag. In der Darlegung, wie über welchen Antrag der Parteien zu entscheiden ist, fehlen Ausführungen zu dem auf die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Endabrechnungen gerichteten Antrag. Der Annahme, dass sich die Zurückweisung der Berufung auf diesen Antrag erstreckt, steht auch entgegen, dass sich aus den Ausführungen des Berufungsgerichts kein rechtlicher Grund ergibt, der gegen den Erfolg des Antrags sprechen würde.
21Eine derartige Entscheidungslücke kann mit der Revision nicht geschlossen werden; in Betracht kommt allein eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 133/04, NJW-RR 2005, 790 unter II 2; MünchKommZPO/Musielak, 3. Aufl., § 321 Rn. 7; Hk-ZPO/Saenger, 4. Aufl., § 321 Rn. 15). Mit Ablauf der hierfür nach § 321 Abs. 2 ZPO einzuhaltenden Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Urteils ist die Rechtshängigkeit dieses Antrags entfallen (Senatsurteil vom - VIII ZR 133/04, aaO; , NJW 1991, 1683 unter I 2 a).
II.
22Soweit die Revision zulässig ist, ist sie teilweise begründet. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht der Feststellungswiderklage der Beklagten vollumfänglich stattgegeben hat, sind nicht frei von Rechtsfehlern.
231. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Feststellungswiderklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ist.
24a) Die von der Beklagten begehrte Feststellung ihrer Berechtigung, die Rückerstattung gezahlter Gasentgelte wegen Verjährung zu verweigern, stellt entgegen der Ansicht der Revision ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und nicht nur ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses dar (vgl. RGZ 74, 292, 294; , WM 1968, 1253; Senatsurteil vom - VIII ZR 156/81, NJW 1983, 392 unter II 3; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 256 Rn. 26).
25b) Auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die zum Gegenstand der Widerklage gemachte Frage, ob der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Verjährung zusteht, ist nicht Gegenstand des von den Klägern erhobenen Antrags auf Feststellung, dass ihnen Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte zustehen. Denn dieser Antrag ist bei der gebotenen und auch vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung, die auch die Revision nicht angreift, dahin zu verstehen, dass allein das Bestehen von (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsansprüchen festgestellt werden soll. Der Eintritt der Verjährung hat aber für sich genommen weder Auswirkungen auf das Bestehen noch auf die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs (Senatsurteil vom - VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128 Rn. 27 mwN). Der Schuldner ist ab dem Verjährungseintritt lediglich berechtigt, dauerhaft die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB), was dem Anspruch dann die Durchsetzbarkeit nimmt (Senatsurteil vom - VIII ZR 58/09, aaO mwN). Nach dem so verstandenen Inhalt des Antrags der Kläger ist die Frage der Verjährung nicht Bestandteil ihres Feststellungsbegehrens. Etwas anderes würde nur gelten, wenn mit dem Feststellungsantrag das Ziel verfolgt worden wäre, festzustellen, dass eine aus einem Schuldverhältnis resultierende - noch nicht bezifferbare - Leistungspflicht des Schuldners besteht. In einem solchen Fall müsste auch geprüft werden, ob die in Betracht kommenden Ansprüche nach materiellem Recht verjährt sind (vgl. , BGHZ 187, 337 Rn. 12). Eine solch weitreichende Feststellung ist aber nicht Gegenstand des von den Klägern verfolgten Feststellungsbegehrens.
262. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann hingegen nicht angenommen werden, dass die Rückforderungsansprüche der Kläger für Zahlungen aus den Jahren 2002 bis einschließlich 2006 sämtlich verjährt wären. Die Rückforderungsansprüche für Gasentgelte, welche die Kläger im Jahr 2006 als Abschlagszahlungen erbracht haben, sind nicht verjährt, soweit die Endabrechnung hierüber erst nach dem erfolgt ist.
27a) Die Rückzahlungsansprüche der Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB verjähren - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - innerhalb der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB (, BGHZ 171, 1 Rn. 18).
28b) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
29aa) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Erbringung der einzelnen Abschlagszahlungen entstanden ist. Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat (Senatsurteil vom - VIII ZR 210/11, NJW 2012, 2647 Rn. 9 ff.), entsteht ein Rückforderungsanspruch nicht bereits mit der Leistung der einzelnen Abschlagszahlungen, sondern erst mit Erteilung der Abrechnung.
30bb) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Rückforderungsansprüche objektiv entstanden sind, auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben waren.
31(1) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat. Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist jedoch nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (, WM 2010, 1399 Rn. 13 mwN).
32(2) Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist (vgl. , BGHZ 122, 317, 324 f. zu § 852 Abs. 1 BGB aF). Die erforderliche Kenntnis setzt auch bei einem Bereicherungsanspruch grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit genügt vielmehr Kenntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände (, NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7 f.), bei einem Bereicherungsanspruch demnach die Kenntnis von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen eines Rechtsgrundes ergibt (, aaO Rn. 12; vom - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 47; vom - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 26).
33Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; denn in diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung (, aaO; vom - XI ZR 504/07, aaO; Beschluss vom - III ZR 220/07, aaO; vgl. auch , NJW 1999, 2041 unter II 1; vom - III ZR 128/51, BGHZ 6, 195, 202). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend entgegen der Ansicht der Revision nicht gegeben.
34(a) Dass die von der Beklagten verwendete Klausel einer AGB-Kontrolle nicht standhalten würde, war angesichts der zu Preiserhöhungsklauseln in verschiedenen Bereichen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung für einen rechtskundigen Dritten erkennbar (vgl. , BGHZ 176, 244 Rn. 17 ff. zur Unwirksamkeit einer inhaltsgleichen Klausel). So hat der Senat bereits im Jahr 1980 für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel maßgeblich darauf abgestellt, dass der Vertragspartner schon bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und dass er in der Lage ist, die Berechtigung vorgenommener Preiserhöhungen an der Ermächtigungsklausel zu messen (Senatsurteil vom - VIII ZR 174/79, WM 1980, 1120 unter II 2). Diese Rechtsprechung wurde in den Folgejahren bestätigt (, WM 1986, 1059 unter B; vom - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717 unter II 3; vom - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 Rn. 27 ff.; vgl. auch Senatsurteil vom - VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21, 23 ff.).
35(b) Dem hält die Revision ohne Erfolg entgegen, der - bereits vom Berufungsgericht vorgenommene - Rückgriff auf die Rechtsprechung zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Preisänderungsklauseln werde den rechtlichen Besonderheiten der leitungsgebundenen Versorgung von Haushaltskunden mit Gas nicht gerecht. Zu berücksichtigen sei hierbei nämlich, dass auch das im Tarifkundenverhältnis gesetzlich vorgesehene Preisänderungsrecht des Gasversorgers in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV sowie in § 5 Abs. 2 GasGVV den Anforderungen nicht genüge, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stelle (vgl. hierzu , BGHZ 182, 59 Rn. 23, sowie VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 26). Da den genannten Regelungen eine "Leitbildfunktion im weiteren Sinne" (vgl. hierzu , BGHZ 138, 118, 126 ff. [zu § 6 AVBEltV]; vom - VIII ZR 225/07, aaO Rn. 20 und VIII ZR 56/08, aaO Rn. 22; vom - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 33 ff.) zukomme, sei bis zur Entscheidung des Kartellsenats des , aaO) unklar gewesen, ob aufgrund der darin zum Ausdruck kommenden Wertung auch bei einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB an vertragliche Preisänderungsklauseln in Gasversorgungsverträgen mit Sonderkunden geringere Anforderungen als bei der AGB-rechtlichen Beurteilung sonstiger Preisänderungsklauseln zu stellen seien.
36Die Revision übersieht hierbei, dass die ab dem Jahr 2005 aufgekommene Diskussion über die Leitbildfunktion des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV und der sich hieraus für eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ergebenden Folgerungen nichts daran ändert, dass dem Kläger die Erhebung einer Rückforderungsklage schon mit dem Entstehen der Rückforderungsansprüche zumutbar war. Denn eine Klageerhebung ist bereits dann zumutbar, wenn die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat; es ist nicht erforderlich, dass die Klage risikolos möglich ist (vgl. , BGHZ 102, 246, 248; vom - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 27; vom - VII ZR 213/07, NJW 2010, 1195 Rn. 13; jeweils mwN). Das ist hier der Fall.
37Zwar wurde in der Literatur beginnend ab dem Jahr 2005 vereinzelt vertreten, dass die Leitbildfunktion des § 4 AVBGasV im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigen sei (Schulz-Gardyan, N&R 2005, 97, 99; Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 258; aA Halfmeier, VuR 2006, 417, 419). Einige Instanzgerichte schlossen sich dem ab dem Jahr 2006 an (OLG Celle, Urteil vom - 13 U 152/07, OLGR 2008, 273; LG Hanau, Urteil vom - 6 O 50/07, n.v.; vgl. auch LG Bonn, ZNER 2006, 274, 276 sowie LG Verden, Urteil vom , 5 O 419/06, juris Rn. 15; aA , juris Rn. 96). Dies ändert jedoch nichts an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung, weil sich der Kunde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln berufen konnte.
38Dass eine auf die Unwirksamkeit der von der Beklagten verwendeten Preisänderungsklausel gestützte Klage für die Kläger zumutbar war, zeigt sich auch daran, dass sie bereits im Jahr 2006 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen erhoben haben.
39cc) Die dreijährige Verjährungsfrist für die hier streitgegenständlichen Rückzahlungsansprüche begann daher mit dem Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die von den Klägern erbrachten Abschlagszahlungen berücksichtigt waren.
40Daher waren im Zeitpunkt der von den Klägern am in zweiter Instanz erhobenen Klage auf Feststellung, dass ihnen aus dem Zeitraum der Versorgung vom bis Rückzahlungsansprüche zustehen, bereits diejenigen Rückzahlungsansprüche verjährt, die auf Abschlagszahlungen beruhen, die vor dem abgerechnet worden sind. Nicht verjährt waren hingegen die Rückzahlungsansprüche, die auf Zahlungen der Kläger basierten, die diese im Wege der Abschlagszahlung zwar bis einschließlich 2006 geleistet hatten, die aber erst 2007 oder noch später abgerechnet worden sind. Die Verjährungsfrist für diese Ansprüche begann frühestens mit Ablauf des und wurde durch die zweitinstanzlich erhobene Klage auf Feststellung des Bestehens von Rückzahlungsansprüchen gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
41c) Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass die Verjährung der Rückzahlungsansprüche durch die bereits erstinstanzlich erhobenen Klageanträge auf Feststellung der Unwirksamkeit einzelner Preisänderungen und einzelner Endabrechnungen nicht gehemmt worden ist. Die hiergegen erhobenen Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
42Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung eines Anspruchs zwar auch durch die Erhebung einer Klage auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Erforderlich hierfür ist eine positive Feststellungsklage, deren Gegenstand das Bestehen des Anspruchs ist; die Feststellung eines diesem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses reicht nicht aus (vgl. OLG Hamburg, MDR 2001, 215, 216; MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 12; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubarb. 2009, § 204 Rn. 44; Bamberger/Roth/Henrich, BGB, 3. Aufl., § 204 Rn. 3; vgl. auch Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 209 Rn. 19). Streitgegenstand der von den Klägern in der ersten Instanz erhobenen, von der Revision für ausreichend erachteten Klageanträge war aber lediglich die Frage, ob die von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen sowie die Jahresendabrechnungen unwirksam oder unbillig sind. Damit wurde nicht - wie in § 204 Abs. 1 BGB vorausgesetzt - über einen "Anspruch" im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB, sondern nur über eine für das Bestehen von Rückforderungsansprüchen bedeutsame Vorfrage gestritten. Infolge der Beschränkung des ursprünglichen Antrags auf die Teilfrage der Wirksamkeit der Preiserhöhungen war das Bestehen von Rückzahlungsansprüchen nicht zum Streitgegenstand erhoben (vgl. BAG, NJW 1961, 1787, 1788 zum Verhältnis einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses zur nachfolgenden Lohnzahlungsklage; vgl. auch BAGE 9, 7 f.). Eine Hemmung der für die Rückforderungsansprüche laufenden Verjährungsfrist trat hierdurch somit nicht ein.
III.
43Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit der Feststellungswiderklage auch hinsichtlich derjenigen Rückzahlungsansprüche stattgegeben worden ist, die auf Abschlagszahlungen zurückzuführen sind, die erst nach dem abgerechnet wurden; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die genannten Rückzahlungsansprüche der Kläger nicht verjährt sind, ist die Feststellungswiderklage insoweit abzuweisen.
Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel
Dr. Achilles Dr. Schneider
Fundstelle(n):
HAAAE-20286