Einziehung eines Computers: Verhältnismäßigkeit bei Möglichkeit der Datenlöschung
Gesetze: § 74b Abs 2 StGB
Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 22 KLs 268 Js 35401/10 (7/11)
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung in drei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen und wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und die Einziehung eines Personal-Computers angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg.
I.
2Die Verfahrensrügen haben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom keinen Erfolg.
II.
31. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben.
42. Jedoch kann die Anordnung über die Einziehung des Personal-Computers Fujitsu-Siemens "Scaleo" nicht bestehen bleiben.
5a) Das Landgericht hat zwar im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Computer gemäß § 74 Abs. 1 Fall 2 StGB grundsätzlich als Einziehungsgegenstand in Betracht kommt, da der Angeklagte auf diesem Computer während der Begehung einiger der abgeurteilten Taten zu seiner Stimulierung kinderpornographisches Material vorführte. Hingegen hält die Wertung des Landgerichts, weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne von § 74b Abs. 2 StGB kämen nicht in Betracht, da angesichts des Alters des Gerätes die für die endgültige Löschung der vorhandenen Bilddateien entstehenden Kosten dessen Wert bei weitem übersteigen würden, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6b) Gemäß § 74b Abs. 2 StGB hat das Gericht anzuordnen, dass die Einziehung lediglich vorbehalten bleibt und eine weniger einschneidende Maßnahme zu treffen ist, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Vorschrift - anders als die Absätze 1 und 3 dieser Norm - zwingenden Charakter (, BGHSt 53, 69, 71). Auf die vom Landgericht herangezogene Erwägung, eine endgültige Löschung sei unverhältnismäßig, weil sie mit Kosten verbunden wäre, die den Wert des Computers bei weitem übersteigen würden, kann die Einziehung des gesamten Gerätes daher nicht gestützt werden. Steht mit der Löschung der betreffenden Dateien ein milderes geeignetes Mittel als die vorbehaltlose Einziehung zur Verfügung, so hat der Tatrichter die Einziehung vorzubehalten und eine entsprechende Anordnung zu treffen; es ist dann Sache des Verurteilten zu entscheiden, ob er die Anordnung befolgt und damit die Einziehung abwendet oder nicht (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 74b Rn. 5). Ein Ermessen ist ihm nicht eröffnet (BGH aaO).
7c) Den Feststellungen im angegriffenen Urteil kann nicht entnommen werden, welche Dateien auf der Festplatte des Computers im Einzelnen betroffen sind und ob deren Löschung technisch möglich ist. Das Urteil war deshalb mit den zugrunde liegenden Feststellungen insoweit aufzuheben; der neue Tatrichter wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Er wird ferner bedenken müssen, dass - weil eine Rückgabe der Datenträger an den Angeklagten zur Löschung der Dateien durch diesen selbst ausgeschlossen ist - die Durchführung entsprechender Maßnahmen durch die Vollstreckungsbehörde anzuordnen sein wird. Wegen der insoweit gegebenenfalls erforderlichen gerichtlichen Entscheidung weist der Senat auf § 462 Abs. 1 Satz 2 StPO hin (vgl. Fischer, aaO).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Schmitt Quentin
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XAAAE-20246