Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bewertungseinheit bei Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats
Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 52 StGB, § 53 StGB
Instanzenzug: Az: 108 KLs 55/11
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Nach den Urteilsfeststellungen legte der Angeklagte ab März 2011 in seiner Wohnung ein Kokaindepot an, um das Kokain in Form von so genannten Bubbles mit Gewinn weiterzuverkaufen. Das Depot füllte er mehrfach mit neu erworbenen Kokainmengen auf. So erwarb er Anfang März 2011 100 g, am nochmals 100 g, am 500 g, am 300 g und danach weitere 700 g Kokaingemisch mit einem Wirkstoffanteil von jeweils mindestens 50 % Kokainhydrochlorid. Zurzeit seiner Festnahme am besaß er noch 955,5 g Kokaingemisch.
3Das Landgericht ist im Hinblick auf die sukzessive Auffüllung des Drogenvorrats davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen sind die Handlungen des Käufers grundsätzlich nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem Lieferanten erworben werden, der sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat (vgl. , NStZ-RR 2011, 25, 26). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. , NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. , NJW 2002, 1810 f.). Bei allen Einkaufsmengen handelte es sich um nicht geringe Mengen. Danach wäre von fünf Taten im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG auszugehen statt nur von einer derartigen Tat.
4Die Annahme nur einer Tat durch das Landgericht beschwert den Angeklagten jedoch auch im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Verfahren durch Beschluss vom gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den abgeurteilten Vorwurf beschränkt hat, hier nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung der Konkurrenzlage zu einer milderen (Gesamt-)Freiheitsstrafe gelangt wäre. Es hatte im Rahmen der gemäß § 257c StPO getroffenen Verständigung - noch vor Umgestaltung der Strafklage zur Annahme einer Bewertungseinheit - zugesagt, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen vier Jahren und sechs Monaten sowie fünf Jahren und sechs Monaten zu verhängen. Die tatsächlich ausgesprochene Freiheitsstrafe entspricht der Untergrenze dieses Rahmens.
Fischer Appl Berger
Eschelbach Ott
Fundstelle(n):
IAAAE-20238