Gefährliche Körperverletzung: Gemeinschaftliches Handeln bei Anwesenheit von Tatgenossen am Ort einer Schlägerei
Gesetze: § 223 Abs 1 StGB, § 224 Abs 1 Nr 4 StGB
Instanzenzug: Az: 7 KLs 11/11 - 10 Js 287/10
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schweren Raubes" sowie gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung dreier weiterer Verurteilungen zu der Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Der Senat hat den Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte hinsichtlich der Tat vom (B. II. 1 der Urteilsgründe) wegen besonders schweren Raubes verurteilt ist. Die Jugendkammer hat den Angeklagten insoweit rechtsfehlerfrei einer Tat nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB für schuldig befunden, ohne dies allerdings im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen. Dies holt der Senat nach, weil die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat eine Kennzeichnung der begangenen Qualifikation erfordert (, NStZ 2010, 101; ).
32. Der Schuldspruch für die unter B. I. der Urteilsgründe festgestellte Tat vom hat keinen Bestand. Der Senat ändert diesen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin ab, dass sich der Angeklagte nur einer vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat. Der Ausspruch über die Einheitsjugendstrafe bleibt davon unberührt.
4a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen schlug der Angeklagte, der sich in einer Gruppe Jugendlicher aufhielt, die mit der Gruppe um den Geschädigten R. in einen zunächst verbal ausgetragenen Streit geraten war, diesem unvermittelt mit der Faust ins Gesicht, so dass er zu Boden fiel. Dabei war dem Angeklagten klar, dass er sich in der nun erwartungsgemäß folgenden Schlägerei auf seine Freunde verlassen könne. Tatsächlich kam es in der Folge zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der beiden Gruppen, in deren Verlauf es zu weiteren Straftaten eines Mitangeklagten kam, die dem Angeklagten aber nicht zuzurechnen waren.
5b) Danach hat sich der Angeklagte nicht der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig gemacht. Zur Erfüllung dieses Qualifikationstatbestandes genügt es zwar, wenn ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist (, BGHSt 47, 383). Daran fehlt es hier indes. Den Feststellungen kann nur entnommen werden, dass der Angeklagte auf die Hilfe seiner Freunde bei der erwarteten folgenden Schlägerei vertraute, nicht aber, dass diese ihn zum Zeitpunkt seiner anfänglichen Körperverletzungshandlung in irgendeiner Form unterstützt hätten.
6Unter den gegebenen Umständen kann der Senat ausschließen, dass eine neue Hauptverhandlung zu weitergehenden, einen Schuldspruch nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB rechtfertigenden Feststellungen führen könnte. Er ändert den Schuldspruch daher insoweit dahin ab, dass der Angeklagte nur einer vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7c) Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Ausspruch über die Strafe unberührt. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann noch hinreichend entnommen werden, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei schädliche Neigungen des Angeklagten im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG angenommen hat. Der Senat kann im Hinblick auf die beiden anderen abgeurteilten Taten sowie die drei einbezogenen Urteile ausschließen, dass das Landgericht im Falle einer Verurteilung nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer milderen Strafe gelangt wäre, zumal es die abgeurteilte Körperverletzungshandlung als minderschweren Fall gewertet hat.
8Der geringe Teilerfolg rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Becker Schäfer Mayer
Gericke Spaniol
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Fundstelle(n):
QAAAE-16470