NWB Nr. 32 vom Seite 2593

„Einfacher ohne Vereinfachung?”

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Aller guten Dinge sind drei,

zumindest, was die umsatzsteuerliche Organschaft angeht. Sie liegt – seit ihrer Kodifizierung im Jahr 1934 – vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Es müssen nicht alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sein. So kann eine Organschaft auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den anderen beiden umso eindeutiger ist und sich daher die Eingliederung aus dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ergibt. Liegen danach die Eingliederungsvoraussetzungen insgesamt vor, entsteht die Organschaft zwingend. Und genau hier liegt der „Hase im Pfeffer begraben”. Denn es ist durchaus nicht immer klar, wann die Eingliederungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dies hat die unlängst hierzu ergangene Rechtsprechung gezeigt. Genannt werden sollen hier in Bezug auf die finanzielle Eingliederung nur die BFH-Entscheidungen V R 9/09 und XI R 43/08, die Jacobs in NWB 32/2010 S. 2524 bzw. in NWB 27/2011 S. 2283 kommentiert hat, und die dazu im Nachgang erfolgte Übergangsregelung in Abschn. 2.8 Abs. 5 UStAE, sowie – für die organisatorische Eingliederung – das BFH-Urteil V R 53/10, welches von Löbe in NWB 5/2012 S. 366 vorgestellt wurde. Zur organisatorischen Eingliederung hat die Finanzverwaltung inzwischen einen Entwurf eines BMF-Schreibens vorgestellt, der allerdings nur die bisherige BFH-Rechtsprechung zusammenfasst (s. NWB 10/2012 S. 793). Dass auch bezüglich des Kriteriums der wirtschaftlichen Eingliederung Konkretisierungsbedarf besteht, erläutert Behrens in dieser Ausgabe auf Seite 2617. Mit einem ganz einfachen Lösungsvorschlag zur Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit wartet nun die Bundessteuerberaterkammer auf (s. hierzu Korn, NWB 30/2012 S. 2433). Dem Vorbild der meisten anderen EU-Mitgliedstaaten folgend, könnte Deutschland die umsatzsteuerliche Organschaft als Wahlrecht ausgestalten. Der Wortlaut des Art. 11 MwStSystRL als Kann-Vorschrift steht dem nicht entgegen. Eines ist allerdings zu konstatieren, worauf Kessler schon 2011 in seinem Artikel im blog.handelsblatt.com/ steuerboard/2011/01/04 hingewiesen hat: „So hilfreich derartige Gesetzesänderungen auch wären, so verwunderlich ist dieses Ergebnis auch: Um unnötigen administrativen Aufwand und Liquiditätsnachteile zu vermeiden, wurde das Rechtsinstitut der umsatzsteuerlichen Organschaft geschaffen. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Organschaft ist infolge der Rechtssprünge der Rechtsprechung in der Praxis allerdings so ungewiss, dass es für die Steuerpflichtigen vielfach günstiger wäre, wenn sie auf die umsatzsteuerliche Organschaft freiwillig verzichten könnten. Im Steuerrecht muss der Steuerbürger manchmal schon sehr um die Ecke denken: Um Planungssicherheit zu erreichen, würden viele Unternehmer lieber auf die „Segnungen” der umsatzsteuerlichen Organschaft verzichten.”

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 2593
TAAAE-14567