Effizienzprüfung des Aufsichtsrats durch den Abschlussprüfer

I. Bedeutung und rechtlicher Rahmen

Die Gewährleistung einer zielführenden Corporate-Governance-Qualität beruht im dualistischen System insbesondere auf einer funktionsfähigen Aufsichtsratstätigkeit. Zur Bewertung und Verbesserung der Aufsichtsratstätigkeit wird sowohl aus nationaler als auch aus internationaler Sicht der sog. Effizienzprüfung (Board Review) des Aufsichtsrats eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Dies ist nachvollziehbar, da die Risiken, die eine Ineffektivität des Aufsichtsrats mit sich ziehen, extrem hoch sind – zudem diese Risiken in der heutigen dynamischen Corporate-Governance-Landschaft noch weiter ansteigen (siehe auch Eulerich, Risikomanagement, infoCenter).

Hierbei ist die richtige Kombination von Personen im Aufsichtsrat ein wichtiges strategisches Kapital von Unternehmen. Aufsichtsräte müssen als Team arbeiten sowie Fähigkeiten und Perspektiven bereitstellen, die für die Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens von Relevanz sind und auf die Bedürfnisse der Aufsicht abgestimmt werden, damit ihre zentralen Aufgaben, nämlich die Ausübung der „Aufsicht“ und die Erbringung von Ratschlägen erfüllt werden. Da sich die Strategien, Herausforderungen, das Geschäftsumfeld, die Leistung von Vorstand und einzelnen Führungskräften sowie die Erwartungen der Anteilseigner und sonstiger Interessengruppen stetig weiterentwickeln, ist auch das Ziel, die richtige Mischung aus Fähigkeiten, Erfahrungen und Perspektiven im Sitzungssaal zu haben, immer in Bewegung.

Moderne Gremien betrachten die Bewertungen ihrer Arbeit als ein maßgebliches Instrument, um ihre Wirksamkeit zu maximieren. Bewertungen können helfen, Leistungsprobleme zu identifizieren, Wissenslücken aufzudecken und die Entwicklung der Zusammenarbeit und Effizienz zu erleichtern. Board Reviews können auch die Nachfolgeplanung unterstützen, indem sie Lücken in den Perspektiven und Fachkompetenzen erkennen, die für die sich ändernden Bedürfnisse eines Unternehmens notwendig sind. Gleichzeitig können Unternehmen mithilfe von Beurteilungen feststellen, wann sich die Zusammensetzung der Organe ändert. Hierdurch ist es möglich, ein Gleichgewicht zwischen neuen Perspektiven und institutionellem Wissen herzustellen. Aufgrund von Beurteilungen suchen die Aufsichtsräte zunehmend nach Mitgliedern, die global agieren und vielfältig sind (nicht nur in Bezug auf Fähigkeiten, sondern auch in Bezug auf Geschlecht, Ethnizität und andere Aspekte), und/oder Erfahrungen in den Bereichen Technologie, Social Media und IT haben. Gerade durch die zunehmende Digitalisierung der Unternehmen und die fortschreitende Fokussierung auf Aspekte der Nachhaltigkeit bzw. der ESG ergeben sich immer neue Aufgabengebiete innerhalb des Aufsichtsrates, welche natürlich entsprechend zu adressieren sind.

Board Reviews bieten Unternehmen in diesem Zusammenhang eine (strategische) Möglichkeit, die Zusammensetzung und Wirksamkeit des Boards im Sinne des Unternehmens oder der Investoren verstärkt zu überprüfen. Durch den Einsatz von Evaluationen können die Gremien die Funktionsweise des Aufsichtsrats besser bewerten und verstehen sowie bestätigen, dass die Kompetenzen der einzelnen Mitglieder auf die Prioritäten des Unternehmens und die wichtigsten Bereiche der Interessengruppen abgestimmt sind – und vollständig verstanden, anerkannt, genutzt und bewertet werden. Die Bewertungen gehen über die bloße Bestätigung der richtigen Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitglieder hinaus: Sie helfen dem Aufsichtsrat zudem bei der Beurteilung der Effektivität seiner Zusammenarbeit, vor allem in Bezug auf die Bewältigung aller Verantwortlichkeiten – einschließlich strategischer Überlegungen, Risikokontrolle, Nachfolgeplanung und Kapitalzuweisung.