Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bewohnten die Nebenklägerinnen G. und S. zur Tatzeit eine Einzimmerwohnung in Berlin, wo sie seit geraumer Zeit der Prostitution nachgingen. Die Nebenklägerin S. war in den Angeklagten verliebt und zwischen beiden gab es gelegentliche sexuelle Kontakte. Am frühen Morgen des Tattages erschien der Angeklagte in der Wohnung und forderte von den dort anwesenden Nebenklägerinnen die Herausgabe von 1.000 €. Zur Durchsetzung dieser unberechtigten Forderung schlug er mit einer Stange auf die Nebenklägerinnen ein, drohte, sie umzubringen und - unter Vorhalt eines Messers - ihnen Narben im Gesicht zuzufügen. Auf seine Aufforderung gaben ihm die Nebenklägerinnen das in ihren Portemonnaies befindliche Bargeld im Wert von insgesamt 35 € sowie ihre EC-Karten. Unter Mitnahme der Stange verließ der Angeklagte sodann mit der Nebenklägerin S. die Wohnung, um an einem nahe gelegenen Geldautomaten von den Konten der Nebenklägerinnen Geld abzuheben. Die Nebenklägerin G. hatte zuvor auf Druck des Angeklagten eine - allerdings unzutreffende - PIN-Nummer auf einen Zettel geschrieben. Da sie sich weiterhin von dem Angeklagten bedroht fühlte, wagte die Nebenklägerin S. nicht, wegzulaufen oder sich dem Angeklagten zu widersetzen, und versuchte auf seine Aufforderung, "mit Hilfe der EC-Karten Geld von ihrem und dem Konto der Zeugin G. abzuheben, was wegen der unzutreffenden PIN misslang" (UA S. 23). Anschließend begaben sich der Angeklagte und S. in eine vom Angeklagten genutzte Wohnung und "gingen zu Bett" (UA S. 24). Als wenig später Polizeibeamte an der Wohnungstür klingelten, öffnete die Nebenklägerin S. , "die vorgab, dass alles in Ordnung sei und der Angeklagte schlafe" (UA S. 24).
3 2. Die den Feststellungen des Landgerichts zum Fall II.2 der Urteilsgründe zugrunde liegende Beweiswürdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist unklar und lückenhaft, da wesentliche, sich aufdrängende Gesichtspunkte unerörtert bleiben (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 32/11, StraFo 2011, 358, und vom - 5 StR 52/12, jeweils mwN). Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, worauf das Landgericht seine Überzeugung gründet, die Nebenklägerin habe sich nach dem Verlassen der Wohnung von dem Angeklagten "weiterhin ernsthaft bedroht" gefühlt (UA S. 23), "keineswegs den Angeklagten freiwillig in die Sparkasse und zu dem Geldautomaten begleitet", sondern sich "unter dem Eindruck der noch anhaltenden Drohung mit dem Tode vor dem Einsatz weiterer körperlicher Gewalt des Angeklagten" gefürchtet, so dass ihr Gegenwehr zwecklos erschienen sei (UA S. 49). Solches findet in keiner der verschiedenen Aussagen der Nebenklägerin S. eine Stütze. Eine nähere Erörterung der Frage, ob die Nebenklägerin den Angeklagten nach dem Verlassen der Wohnung wirklich aus Furcht oder aber aus anderen - "autonomen" - Motiven zum Geldautomaten begleitete, drängte sich zudem nach den Urteilsfeststellungen aus mehreren Gründen auf. So hatte sich der Angeklagte bereits beim Verlassen des Hauses der Stange entledigt, mit der er zuvor in der Wohnung auf die Nebenklägerinnen eingeschlagen hatte, was - zumal vor dem Hintergrund der zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin S. bestehenden sexuellen Beziehung - Anlass geben musste, an einem Aufrechterhalten der Bedrohungslage zu zweifeln. Ferner drängte sich die emotionale Zuneigung der Nebenklägerin zum Angeklagten als mögliches Motiv dafür auf, seinen Wünschen Folge zu leisten. Dem Urteil lässt sich auch nicht entnehmen, wie es zu einem Ende der Bedrohungssituation gekommen ist und weshalb die Nebenklägerin S. nach der vom Landgericht angenommenen Tat 2 mit dem Angeklagten gemeinsam zu Bett gegangen ist und gegenüber der Polizei erklärt hat, es sei alles in Ordnung. Ein weiterer gegen eine Zwangslage sprechender, vom Landgericht aber nicht erkennbar bedachter Umstand ist darin zu sehen, dass die von der Zeugin G. notierte unzutreffende PIN lediglich das Scheitern des Abhebeversuchs vom Konto der G. , nicht aber das ebenfalls festgestellte Fehlschlagen einer Abhebung vom Konto der Nebenklägerin S. erklärt.
4 Von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind die Feststellungen zur Vorgeschichte sowie zu Tat 1, die daher bestehen bleiben können. Der Schuldspruch kann gleichwohl insgesamt keinen Bestand haben. Das vom Landgericht unter II.2 festgestellte Geschehen stünde bei zutreffender rechtlicher Bewertung zur Tat 1 in Tateinheit, was zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs zwingt (vgl. , in NStZ 2008, 87 insoweit nicht abgedruckt). Beide Handlungsteile sind nicht nur durch das Weiterverfolgen des ursprünglichen Handlungsziels miteinander verbunden; zwischen ihnen besteht auch ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, wobei die Ausführungshandlungen unmittelbar ineinander übergehen, so dass das gesamte Tätigwerden des Angeklagten objektiv auch für einen Dritten als einheitliches Tun erscheint (vgl. etwa , BGHSt 10, 230, und vom - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368). Das unter II.2 der Urteilsgründe festgestellte Geschehen bedarf somit insgesamt neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung, wobei sich für die neue Hauptverhandlung eine Sachbehandlung gemäß § 154a StPO bezogen auf das Geschehen außerhalb der Wohnung anbieten wird.
5 Für die neue Verhandlung weist der Senat ferner darauf hin, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein minder schwerer Fall trotz einiger gewichtiger mildernder Umstände letztlich rechtsfehlerfrei verneint worden ist, eine deutliche Erhöhung der Mindeststrafe dann jedenfalls eingehender Begründung bedarf, zumal hier zudem das dem Angeklagten aus anderweitigen Vollstreckungen drohende Gesamtstrafübel zu berücksichtigen war (, StV 2011, 225). Das neue Tatgericht wird ferner unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zu prüfen haben.
Fundstelle(n):
TAAAE-13890