BFH Beschluss v. - VII B 223/11

Abgabe einer Zollanmeldung im Namen des Käufers bei Abschluss eines Kaufvertrags zur Lieferbedingung "DDP"

Gesetze: ZK Art. 5 Abs. 4, UStG § 21 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) bestellte 2001 und 2002 über die Fa. T mehrere Sendungen Energiesparlampen. Nach den Einkaufsbedingungen der Klägerin sollten die Waren „DDP insurance by S (Name der Klägerin)” geliefert werden. Bei ihrer Einfuhr wurden die Waren von der Fa. D in direkter Vertretung für die Klägerin zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet und wegen des angegebenen Ursprungs Vietnam zum Zollsatz „frei” abgefertigt. Mit der Einfuhrumsatzsteuer wurde das Aufschubkonto der Klägerin belastet.

2 Nachdem Ermittlungen ergeben hatten, dass die vietnamesischen Ursprungszeugnisse gefälscht waren und die Energiesparlampen tatsächlich aus China stammten, erhob der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt —HZA—) den auf die Einfuhrwaren entfallenden Zoll gemäß dem Drittlandszollsatz sowie Antidumpingzoll nach.

3 Auf die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) die angefochtenen Einfuhrabgabenbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf. Die Klägerin sei nicht Zollschuldner geworden, weil sie die Fa. D weder unmittelbar noch über die Fa. T bevollmächtigt habe, die streitigen Waren in ihrem Namen und für ihre Rechnung einzuführen. Dies ergebe sich zum einen aus der mit der Fa. T vereinbarten Lieferbedingung „DDP”, derzufolge die Einfuhrabgaben vom Verkäufer, also der Fa. T, zu tragen waren. Dementsprechend hätten die an die Fa. D gerichteten Zollabfertigungsaufträge die Fa. T als Auftraggeber ausgewiesen. Zum anderen sei die fehlende Bevollmächtigung auch durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt worden. Auch wenn der vernommene Mitarbeiter der Fa. D ausgesagt habe, er sei vom Prokuristen der Klägerin angewiesen worden, die Geschäfte über das Einfuhrumsatzsteuer-Aufschubkonto der Klägerin abzuwickeln, könne darin keine Auftragserteilung durch die Klägerin für die Verzollung gesehen werden, da man nach den Angaben des Zeugen übereinstimmend davon ausgegangen sei, dass außer der Einfuhrumsatzsteuer keine Einfuhrabgaben anfallen würden, und da für in anderen Fällen entstandenen Zoll das Aufschubkonto der Fa. D verwendet worden sei. Dass die Klägerin den durchlaufenden Posten der Einfuhrumsatzsteuer übernommen habe, reiche für die Annahme einer der Fa. D erteilten Vollmacht für die Verzollung nicht aus.

4 Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des HZA, welche es auf die Zulassungsgründe der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 und Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

5 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

6 1. Anders als die Beschwerde meint, hat das FG Vorbringen des HZA nicht in einer den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzenden Weise unberücksichtigt gelassen. Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (, BFH/NV 2001, 1292). Daher ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.).

7 a) Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Das HZA stützt seine Ansicht, das FG habe sein die Lieferbedingung „DDP” betreffendes Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen, auf die Behauptung, es habe mit diesem Vorbringen die anderslautenden Argumente entkräftet, die aus dieser Lieferbedingung auf eine fehlende Bevollmächtigung der Fa. D durch die Klägerin geschlossen hätten. Diese Einschätzung hat das FG aber offenbar nicht geteilt. Wenn das FG zu der Ansicht gelangt ist, der Lieferbedingung „DDP” sei der Wille der Klägerin zu entnehmen, für Einfuhrabgaben nicht als Schuldner in Anspruch genommen zu werden, sondern diese als Teil des dem Verkäufer zu zahlenden Kaufpreises entrichten zu wollen, und es des Weiteren nicht angenommen hat, die mit der Fa. T getroffenen Vereinbarungen seien nicht realisiert worden, sondern diese sei —wie das HZA meint— tatsächlich nicht als Verkäufer, sondern als Einkaufskommissionär in die Geschäfte eingebunden gewesen, so handelt es sich hierbei um von der Auffassung des HZA abweichende tatsächliche Würdigungen, die, auch soweit sie im FG-Urteil nicht ausdrücklich erläutert worden sind, nicht die Annahme erlauben, das FG habe Vorbringen des HZA ignoriert. Im Übrigen ist diese Annahme auch nicht gerechtfertigt, weil die Ansicht des HZA, der Fa. T sei die Rolle eines Einkaufskommissionärs zugekommen, nicht etwa zu dem Schluss zwingt, die Fa. D sei von der Klägerin zur Zollanmeldung in ihrem Namen bevollmächtigt worden.

8 b) Soweit die Beschwerde rügt, das FG habe Angaben der vernommenen Zeugen nicht berücksichtigt, wonach die Fa. T mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht in der Lage gewesen sei, selbst die Kaufgeschäfte abzuwickeln, wird kein Verfahrensmangel dargelegt, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind.

9 c) Sollte das FG —wie die Beschwerde meint— verkannt haben, dass es neben der für die Verzollung zuständigen Fa. D eine von dieser rechtlich unabhängige, für die Beförderung zuständige Firma ähnlichen Namens gegeben habe, begründete dies ebenfalls keinen Verfahrensfehler, sondern allenfalls einen Irrtum bei der Erfassung des Sachverhalts. Im Übrigen spräche aber auch dann nichts gegen die Feststellung des FG, dass die Zollabfertigungsaufträge für die Einfuhrsendungen jedenfalls nicht von der Klägerin, sondern von der Fa. T erteilt worden sind.

10 2. Für die seitens der Beschwerde vertretene Ansicht, der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO sei gegeben, weil dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen seien, dass diese, würden sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. dazu: Senatsbeschluss vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798), spricht nichts.

11 Anders als die Beschwerde meint, lässt sich dem FG-Urteil nicht die Rechtsauffassung entnehmen, die Bevollmächtigung zur Abgabe einer Zollanmeldung lasse sich auf bestimmte mit der Anmeldung entstehende Einfuhrabgaben —wie die Einfuhrumsatzsteuer— beschränken. Vielmehr hat das FG das Vorbringen der Klägerin zugrunde gelegt, die Einfuhrumsatzsteuer lediglich der Einfachheit halber über ihr Aufschubkonto beglichen zu haben, und hat die Ansicht vertreten, dieser Umstand reiche für die Annahme einer seitens der Klägerin erteilten Vollmacht für die Verzollung nicht aus. Demgegenüber ließe sich zwar einwenden, wer sein Aufschubkonto mit Einfuhrabgaben belasten lasse, sehe sich selbst auch als Schuldner dieser Abgaben. Greifbar gesetzwidrig oder willkürlich ist die Auffassung des FG, die Klägerin habe nur die Zahllast, nicht aber die Schuldnerschaft für die Einfuhrumsatzsteuer übernommen, jedoch nicht.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1503 Nr. 9
PAAAE-13297