BGH Beschluss v. - 1 StR 152/11

Strafverfahren: Ablehnungsantrag gegen Revisionsrichter; Verbindung mit Gehörsrüge

Gesetze: § 25 Abs 2 S 2 StPO, § 26a StPO, § 349 Abs 2 StPO, § 356a Abs 1 StPO, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: 1 StR 152/11 Beschlussvorgehend LG Wuppertal Az: 26 KLs - 130 Js 40/08 - 61/09

Gründe

11. Das Ablehnungsgesuch des Verurteilten ist verspätet und daher unzulässig. Entscheidet das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung im Beschlusswege (hier gemäß § 349 Abs. 2 StPO), so kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist (, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 17; , NStZ 2008, 55; ). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einem Antrag nach § 356a StPO verbunden wird, der sich, wie auch im vorliegenden Fall (s. unten 2.), deswegen als unbegründet erweist, weil die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt, so dass insoweit nicht mehr in eine erneute Sachprüfung einzutreten ist. Denn § 356a StPO verfolgt allein den Zweck, dem Revisionsgericht, das in der Sache entschieden hat, Gelegenheit zu geben, im Falle des Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör diesem Mangel durch erneute Sachprüfung selbst abzuhelfen, um hierdurch ein Verfassungsbeschwerdeverfahren zu vermeiden. Dieser Rechtsbehelf dient hingegen nicht dazu, einem unzulässigen Ablehnungsgesuch durch die unzutreffende Behauptung einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG doch noch Geltung zu verschaffen (BGH aaO).

2Dem Antrag des Verurteilten, ihm die zur Entscheidung über sein Ablehnungsgesuch berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen, war nicht nachzukommen. § 24 Abs. 3 Satz 2 StPO findet keine Anwendung, wenn das Ablehnungsgesuch ohne Ausscheiden der abgelehnten Richter (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO) als unzulässig zu verwerfen ist (, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 17; , BGHR StPO § 24 Abs. 3 Satz 2 Besetzungsmitteilung 1). Der beantragten Einholung dienstlicher Äußerungen der abgelehnten Richter bedurfte es daher ebenfalls nicht.

32. Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat bei seiner Entscheidung keine Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Antragsteller zuvor nicht gehört wurde, kein zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen und auch sonst den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Insbesondere hat der Senat auch zu dem im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EuAlÜbK durchgeführten Freibeweisverfahren keinen Verfahrensstoff berücksichtigt, zu dem der Antragsteller nicht hätte Stellung nehmen können.

4Mit Antrag vom hat der Generalbundesanwalt „im Hinblick auf die nachträglich erlangten Erkenntnisse zum Aufenthaltsort des Angeklagten“ die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EuAlÜbK als gegeben angesehen und deswegen beantragt, die Revision des Angeklagten durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Er hat dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er das in seiner ursprünglichen Antragsschrift hinsichtlich einzelner Taten aufgezeigte „vorläufige Verfahrenshindernis“ nicht mehr für gegeben hält. Auf seinen hierauf gestellten Antrag vom wurde dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt S.      , Akteneinsicht gewährt. Am hat Rechtsanwalt S.      dann in einem umfangreichen Schriftsatz zum Antrag des Generalbundesanwalts vom , die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluss zu verwerfen, Stellung genommen.

5Der Senat hat über die Revision des Angeklagten - unter Berücksichtigung auch der in der Stellungnahme der Verteidigung vom neu vorgetragenen Argumente - eingehend beraten und dann dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO entschieden. Der Umstand, dass er der Rechtsauffassung der Revision nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. ; ).

Nack                                          Wahl                                   Hebenstreit

                         Graf                                        Jäger

Fundstelle(n):
GAAAE-10857