Einkommensteuerliche Behandlung der Aufwendungen für Studienreisen und Fachkongresse
1. Allgemeines
Aufwendungen für Studienreisen und Fachkongresse sind nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Teilnahme so gut wie ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasst ist und die Verfolgung privater Interessen (z. B. Erholung, Bildung, Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises) nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist.
Insbesondere bei Informationszwecken dienenden Auslandsgruppenreisen und Auslandsfachkongressen ist es oft schwierig, ein – für die sachgerechte Beurteilung erforderliches – eindeutiges Bild über deren Veranlassung zu erhalten. Die wichtigsten Grundsätze zur steuerlichen Behandlung derartiger Aufwendungen sind in R 12.2 EStR und in H 12.2 EStH dargestellt.
Die Abgrenzung und Entscheidung darüber, ob (private) Lebenshaltungskosten oder berufliche/betriebliche Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen. Für die einkommensteuerrechtliche Würdigung ist es demnach unerlässlich, vor einer Entscheidung insbesondere das vollständige Reiseprogramm sowie die Namen und Anschriften der übrigen Teilnehmer (vgl. 2.2 Homogener Teilnehmerkreis) anzufordern.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist die Reise für den Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzug stets als Einheit zu beurteilen. Steuerpflichtige sollen durch eine mehr oder weniger zufällig oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen/betrieblichen und privaten Interessen nicht in die Lage versetzt werden, Reiseaufwendungen nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern zu können, weil sie entsprechende Berufe/Tätigkeiten ausüben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus dem versteuerten Einkommen decken müssen.
Für derartige gemischte Aufwendungen besteht kein generelles Aufteilungs- und Abzugsverbot mehr (BStBl 2010 II, 672). Eine Aufteilung der Kosten und damit ein teilweiser Abzug als Betriebsausgaben/Werbungskosten kommt jedoch regelmäßig nur in Betracht, soweit die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge voneinander abgrenzbar sind, vgl. Rz. 18 des BStBl 2010 I, 614) und BStBl 2010 II, 687.
2. Einzelkriterien
Die berufliche/betriebliche Veranlassung einer Reise kann nicht bereits durch allgemeine Ausführungen des Steuerpflichtigen (allgemeine berufliche Bildung, allgemeine Informationsgewinnung) nachgewiesen werden. Die für Auslandsgruppenreisen aufgestellten Abgrenzungsmerkmale des BStBl 1979 II, 213 (siehe im Folgenden Tz. 2.1–2.8) gelten gemäß Rz. 18 des BStBl 2010 I, 614 weiter. Erst danach hat ggf. eine Aufteilung der Aufwendungen nach den Grundsätzen der Entscheidung des GrS 1/06 (siehe im Folgenden Tz. 2.9) zu erfolgen.
2.1. Reiseprogramm muss auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein
An den Nachweis der beruflichen/betrieblichen Veranlassung einer Auslandsgruppenreise sind nach der Rechtsprechung des BFH strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht nicht aus, wenn die Teilnehmer nur ein allgemeinberufliches Interesse kundtun, da die Förderung der allgemeinen beruflichen Bildung Teil der Allgemeinbildung ist. Vielmehr sollte das Reiseprogramm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein und der Reise offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass oder ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegen. Solche Reisen sind in der Regel ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn sie in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden, vorausgesetzt, die Verfolgung privater Interessen bildet nicht den Schwerpunkt der Reise (, BStBl 2003 II, 369 und , BFH/NV 2005, 42).
, BStBl 1997 II, 347
Das Halten eines einzigen Vortrags ist für sich genommen nicht geeignet, die Teilnahme an einem mehrtägigen Fachkongress als unmittelbar beruflich veranlasst anzusehen.
Auslandsreisen, denen ein unmittelbarer beruflicher Anlass fehlt, führen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist ( BFH/NV 2006, 739).
, BFH/NV 1997 S. 469
Die Aufwendungen einer Pastorin für eine etwa dreiwöchige Reise nach Indien, der kein unmittelbarer beruflicher Zweck oder konkreter Auftrag des Arbeitgebers zugrunde lag und die sich auch auf touristisch interessante Orte mit Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten erstreckte, sind nicht nahezu ausschließlich beruflich veranlasst und können deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
, BFH/NV 2005 S. 42 und , BFH/NV 2007 S. 621
Aufwendungen einer Lehrerin für eine (Studien-)Reise, die sich nicht von einer allgemeintouristisch geprägten Reise unterscheiden, sind keine Werbungskosten. Die Möglichkeit, gewonnene Kenntnisse und Erfahrungen für den Unterricht und/oder die Vorbereitung einer Klassenfahrt/eines Schüleraustauschs zu verwenden, rechtfertigen für sich allein keinen Werbungskostenabzug.
Die Teilnahme des Ehegatten oder anderer Angehöriger spricht regelmäßig gegen eine berufliche/betriebliche Veranlassung der Reise.
, Der Betrieb 1984 S. 24
Dafür, dass die vom Arbeitgeber bezahlte USA-Gruppenstudienreise eines seiner Arbeitnehmer wegen des Reiseverlaufs mit erheblichem Tourismusprogramm insgesamt eine private Bildungsreise darstellt, spricht insbesondere auch die Teilnahme der Ehefrau des Arbeitnehmers, wenngleich der Arbeitnehmer die Reisekosten der Ehefrau selbst getragen hat. Im Rahmen der Gesamtwürdigung von Anlass, Ablauf und Ergebnis der Reise kann die Tatsache der Teilnahme der Ehefrau (ohne berufsbezogenes Interesse) nicht außer Betracht bleiben. Die Ehegatten haben die touristischen Teile der Reise so hoch eingeschätzt, dass sie die erheblichen Reisekosten der Ehefrau auf sich genommen haben.
2.2. Homogener Teilnehmerkreis
Der Teilnehmerkreis einer vorrangig Studienzwecken dienenden Gruppenreise muss im Wesentlichen gleichartig sein. Dies trägt dem Erfordernis Rechnung, dass das Programm auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten sein muss.
2.3. Straffe Organisation und Teilnahmepflicht am Programm
Das berufsbezogene Reiseprogramm muss straff durchorganisiert sein, d.h. die Programmgestaltung darf, von Pausen oder vortragsfreien Wochenenden abgesehen, keine Zeit für private Erholungs- und Bildungsinteressen lassen.
, BFH/NV 1992 S. 240
Die Aufwendungen für die Teilnahme an einer Gruppenreise von Gerichtsreferendaren nach Budapest stellen keine Werbungskosten dar, wenn den Teilnehmern neben dem Anreisetag und Abreisetag fünf Aufenthaltstage zur Verfügung stehen und während dieser Zeit „berufsspezifische Fachveranstaltungen” lediglich an zwei Tagen stattfinden.
, BFH/NV 1997 S. 219
Eine Fortbildungsveranstaltung ist nicht straff organisiert, wenn der Veranstalter die Gestaltung der Nachmittage in das freie Belieben der Teilnehmer stellt. Dies gilt auch, wenn die Teilnehmer selbst entscheiden können, ob, wo, wie lange und in welcher Form sie den Stoff des Vormittagsprogramms nachmittags in kleinen Arbeitsgruppen vertiefen.
Neben der straffen Organisation muss das berufsbezogene Reiseprogramm den Steuerpflichtigen auch zur Teilnahme an dem Programm verpflichten. Es soll vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger die Kosten für eine straff organisierte Informationsreise steuerlich geltend macht, obwohl er sich an der Reise nur ihrem äußeren Ablauf nach bzw. am Reiseprogramm nur teilweise beteiligt hat.
Im Hinblick auf „die begrenzte geistige Aufnahmefähigkeit des Menschen” ist es jedoch unschädlich, wenn der Steuerpflichtige bei einem umfangreichen Vortragsprogramm konzentrationsbedingt an einzelnen, wenigen Veranstaltungen (gemessen an Anzahl und zeitlichem Umfang aller Fortbildungsveranstaltungen) nicht teilgenommen hat (, BStBl 2007 II S. 457 und vorhergehendes ). Steht dem Steuerpflichtigen infolge der Nichtteilnahme jedoch erhebliche Zeit für die Befriedigung privater Interessen zur Verfügung (z. B. Nichtteilnahme an zwei von 16 Veranstaltungen eines fünftägigen Seminars mit der Folge, dass ein gesamter Tag zur freien Verfügung steht), ist dies nicht durch dessen begrenzte Aufnahmefähigkeit, sondern durch private Motive veranlasst.
, BFH/NV 1997 S. 18
Findet eine berufliche Fortbildungsveranstaltung für Radiologen an einem beliebten Ferienort (Davos) während der üblichen Urlaubszeit statt und sieht das Tagungsprogramm eine vierstündige Mittagspause vor, gehören die Aufwendungen für Hin- und Rückfahrt zum Veranstaltungsort sowie der Aufenthalt zu den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten.
Die Teilnahme an den besuchten Veranstaltungen ist grundsätzlich durch detaillierte Teilnahme-/Abschlusszertifikate, Mitschriften oder andere geeignete Unterlagen nachzuweisen ( BStBl 1977 II, 829). Die Anforderungen an diesen Nachweis müssen umso strenger sein, je mehr der Tagungsort oder die Reiseroute die Verfolgung privater Interessen, wie z. B. Erholung, nahe legt oder ermöglicht. Liegen dem Steuerpflichtigen keine Teilnahmezertifikate vor, ist es ausreichend, wenn er die Teilnahme an den einzelnen Fortbildungsveranstaltungen glaubhaft machen kann (, BStBl 2007 II, 457).
Bietet die zeitliche Gestaltung des Veranstaltungsprogramms in nicht nur unbedeutendem Umfang die Möglichkeit, privaten Neigungen nachzugehen, so führt dies, auch wenn die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den Veranstaltungen feststeht, in der Regel zur Nichtabzugsfähigkeit der gesamten Aufwendungen, weil die Verfolgung privater neben der Förderung beruflicher Interessen nicht nahezu ausgeschlossen ist. Das gilt auch, wenn zwar ein umfangreiches und die Möglichkeit zur Erfüllung privater Interessen an sich nahezu ausschließendes Programm vorgesehen ist, die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den vorgesehenen und durchgeführten Veranstaltungen jedoch nicht feststeht.
Im Rahmen der Beurteilung des vorgelegten Reise-/Veranstaltungsprogramms ist zu prüfen, ob dieses eine vollständige und zuverlässige Wiedergabe des tatsächlichen Reise-/Veranstaltungsverlaufs beinhaltet (, BFH/NV 1993 S. 653).
2.4. Organisator der Reise
Die fachliche Organisation einer Reise unter fachkundiger Leitung kann für ihre berufliche/betriebliche Veranlassung sprechen. Nicht jede von einem Fachverband veranstaltete Reise ist aber als beruflich/betrieblich veranlasst zu beurteilen (, BStBl 1965 III, 279, , BStBl 1975 II, S. 70, , BStBl 1990 II, 1059 und , BStBl 1990 II, 134), weil sonst leicht durch Ausarbeitung eines Programms, an dem jeder fachlich Interessierte teilnehmen kann (aber nicht teilnehmen muss), zur Lebenshaltung gehörende Erholungs-, Besichtigungs- und Bildungsreisen zu betrieblich/beruflich veranlassten Reisen gemacht werden könnten.
2.5. Reiseziel bzw. Reiseroute
Ist die Reiseroute auseinandergezogen sowie mit häufigem Ortswechsel während des Reiseverlaufes verbunden und sind die besuchten Orte gleichzeitig beliebte Ziele des Tourismus, so ist diesen Umständen besondere Bedeutung beizumessen. Da derartige Reisen erfahrungsgemäß auch von Personen unternommen werden, die ihren Urlaub zur privaten Wissens- und Kenntniserweiterung nutzen wollen und keinerlei berufliche/betriebliche Veranlassung haben, spricht dies für eine private (Mit)Veranlassung.
, BFH/NV 1996 S. 30
Werden von einem Verkäufer für Maschinen zur Herstellung von Schnellimbissmahlzeiten im Rahmen einer Auslandsgruppenreise in den USA an verschiedenen Orten Sehenswürdigkeiten besucht, liegt keine (überwiegende) betriebliche/berufliche Veranlassung durch die Besichtigung von Fast-Food-Restaurants an diesen Orten vor.
Reist der Steuerpflichtige zu Fachtagungen und Kongressen an einen Ort, der wegen schöner Lage oder wegen seines Kultur- und Erholungswertes regelmäßig auch andere Urlaubsreisende in großem Umfang anzieht, sind bei der Beurteilung der beruflichen/betrieblichen Veranlassung ebenfalls besonders strenge Maßstäbe anzusetzen, vor allem an die straffe Organisation (s. 2.3).
2.6. Beförderungsmittel
Die Benutzung eines erholsamen Beförderungsmittels, das zeitaufwendiger und mitunter auch kostspieliger ist als das sonst günstigste Beförderungsmittel, ist nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls ein Indiz für eine private Mitveranlassung. Der Zeitaufwand für eine Reise kann vom Steuerpflichtigen grundsätzlich selbst bestimmt werden. Jedoch kann die lange Dauer einer Reise ein Anzeichen dafür sein, dass die Reise zumindest auch teilweise privat veranlasst war. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei der Teilnahme an einem Fachkongress zwischen Reise- und Kongressdauer ein Missverhältnis besteht.
, BStBl 1971 II, 524
Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die berufliche Veranlassung des Besuches eines Ärztekongresses, wenn dieser nur 4 1/2 Tage dauert und die Hin- und Rückreise (mit dem Schiff) 16 Tage beansprucht. Hält das FG die Schiffsreise für privat veranlasst, so kann es nicht mit der Begründung, sie habe keine Mehrkosten gegenüber einer Flugreise verursacht, die gesamten Kosten der Reise als Betriebsausgaben anerkennen.
, BStBl 1989 II, 19
Aufwendungen eines Steuerberaters für die Teilnahme an einem Steuerberater-Symposium, das auf einem Passagierfährschiff während einer Ostseefahrt stattfindet, sind nur insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als es sich um die Seminargebühren handelt.
2.7. Gestaltung der Wochenenden/Feiertage
Auch die Gestaltung der Wochenenden sowie der Feiertage ist in die Gesamtbetrachtung der Reise einzubeziehen. Sind diese Tage als reine Ruhetage deklariert, lässt dies nicht unbedingt auf außerberufliche Reisemotive schließen. Etwas anderes gilt, wenn sich die Ausgestaltung der Wochenenden oder Feiertage an allgemein-touristischen Zielen orientiert und in die Reisezeit besonders viele Feiertage und Wochenenden mit einbezogen sind.
, BFH/NV 1997 S. 647
Aufwendungen eines Lehrers für einen Studienkurs in England sind nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn dabei private Unternehmungen eine nicht nur unbedeutende Rolle spielen. Von zwölf Tagen, die der Lehrgang ohne An- und Abreise dauerte, waren nur sechs Tage ausschließlich mit Veranstaltungen ausgefüllt, die der beruflichen Sphäre zurechenbar sind.
2.8. Gesamtbeurteilung der Reise
Die Abgrenzung und Entscheidung, ob (private) Lebenshaltungskosten oder beruflich/betrieblich bedingte Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen zu Informationszwecken nur aufgrund einer Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls getroffen werden, wobei zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang private Gründe ggf. die Reise (mit)veranlasst haben. Die vorgenannten Kriterien sind dabei zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Die Auslandsgruppenreise ist als Einheit zu beurteilen, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise von der Organisation und der Durchführung her nur im Zusammenhang gesehen werden können.
2.9. Anwendung des
Ergibt die Gesamtbeurteilung, dass auch private Reiseinteressen von nicht untergeordneter Bedeutung vorgelegen haben, handelt es sich nach den Grundsätzen des BStBl 2010 II, 672 um gemischte Aufwendungen, die anhand ihrer beruflichen und privaten Veranlassung aufzuteilen sind, wenn dies nach objektivierbaren Kriterien möglich ist, Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht (BStBl II 2010, 687), wobei der An- und Abreisetag als neutral zu behandeln ist.
BStBl 2010 II, 687 – Irlandreise einer Lehrerin
BStBl 2011 II, 522 – Pilgerwallfahrt eines Pfarrers nach Rom und Tertiatskursfahrt nach Jordanien
BStBl 2010 II, 685 – Ausbildung zum Sportmediziner am Gardasee
BStBl 2012 II, xxx – China-Studienreise einer Lehrerin
Aufwendungen, die zusätzlich zu den Aufwendungen einer im übrigen als gemischt zu beurteilenden Reise entstehen, eindeutig von diesen abgrenzbar sind und ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasst sind (, BStBl II 1979, 213), sind ohne Aufteilung als Werbungskosten/Betriebsausgaben abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass dem Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den Aufwendungen der als gemischt beurteilten Reise sicher und leicht abgrenzbare zusätzliche Aufwendungen (z. B. für den Geschäftsbesuch bei einem Vertragspartner, für eine Besichtigung oder für die Teilnahme an einem Kongress) erwachsen sind, die nicht entstanden wären, wenn er diesen ausschließlich beruflich/betrieblich veranlassten Reiseteil nicht durchgeführt hätte. Diese zusätzlichen Aufwendungen können z. B. sein:
Eintrittsgelder
Fahrtkosten
Kongressgebühren
ggf. auch zusätzliche Unterbringungskosten und Mehraufwendungen für Verpflegung
3. Besonderheiten
3.1. Verbindung der beruflichen/betrieblichen Reise mit einem Privataufenthalt
Reisen, die sich aus einer Auslandsgruppenreise und aus einem vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt zusammensetzen, sind nicht mehr als beruflich/betrieblich veranlasst anzusehen, es sei denn, der Privataufenthalt wäre im Verhältnis zur Gruppenreise zeitlich von untergeordneter Bedeutung.
3.2. Ansatz von Pauschbeträgen als Werbungskosten/Betriebsausgaben
Sind nach den obigen Grundsätzen Aufwendungen für eine Reise als beruflich/betrieblich veranlasst anzusehen, können Aufwendungen für Übernachtungen im Ausland bis zum VZ 2008 nach R 40 Abs. 2 LStR grundsätzlich ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Aufwendungen mit Pauschbeträgen angesetzt werden (vgl. a. a. O.). Führt der Ansatz der Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland im Einzelfall jedoch zu einer unzutreffenden Besteuerung, sind diese – mangels verpflichtender gesetzlicher Regelung – gem. H 40 (Übernachtungen im Ausland) LStH nicht anzusetzen.
Ab dem VZ 2008 sind nur noch die tatsächlichen Übernachtungskosten bei einer Auswärtstätigkeit als Reisekosten und als Werbungskosten abzugsfähig soweit sie nicht vom Arbeitgeber nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei ersetzt werden (R 9.7 Abs. 2 LStR).
Mehraufwendungen für Verpflegung sind nach des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 als Werbungskosten/Betriebsausgaben anzusetzen. Bei Auslandsreisen sind die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG nach den Verhältnissen des jeweiligen Staats anzupassen. Die aktuellen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen sind im Anhang 25 zum amtlichen Lohnsteuerhandbuch abgedruckt. Für den Steuerpflichtigen besteht seit der Einführung der gesetzlichen Regelung ab dem VZ 1996 ein Rechtsanspruch auf die gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen, so dass diese auch bei einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung anzusetzen sind (, BStBl 2006 II, 567).
3.3. Kostenersatz/Zuwendung einer Reise durch den Arbeitgeber
In manchen Fällen werden die entstandenen Reisekosten durch den Arbeitgeber ganz oder teilweise erstattet. Ersetzt ein privater Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Aufwendungen für eine Reise, die nach den vorstehenden Grundsätzen nicht als weitaus überwiegend beruflich veranlasst anzusehen ist, so dass die Aufwendungen insgesamt den steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG zuzuordnen sind, so kann dies im Einzelfall zu Einnahmen des Arbeitnehmers führen, sofern die Bildungsmaßnahme nicht im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers (R 74 Abs. 2 LStR) liegt. Gleiches gilt, wenn der private Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Teilnahme an einer Reise zuwendet, die nicht als weitaus überwiegend beruflich veranlasst zu qualifizieren ist.
Bei gemischt veranlassten Reisen, deren beruflicher und privater Anteil jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Kostenbestandteile der Reise – soweit nicht eine direkte Zuordnung zum Werbungskostenbereich oder der Privatsphäre des Arbeitnehmers möglich ist (vgl. 2.1) – im Schätzungswege in Arbeitslohn und Zuwendungen im eigenbetrieblichen Interesse aufzuteilen, da § 12 Nr. 1 EStG bei der Ermittlung der Einnahmen keine sinngemäße Anwendung findet (, BStBl 2006 II, 30).
Ergibt sich hiernach aus dem Kostenersatz/der Zuwendung der Reise Arbeitslohn, handelt es sich bei den Leistungen des Arbeitgebers um steuerpflichtige Einnahmen des Arbeitnehmers. Ein steuerfreier Ersatz der Reisekosten des Arbeitnehmers nach § 3 Nr. 16 EStG kommt diesbezüglich nicht in Betracht, da diese nur dann steuerfrei ersetzt werden können, wenn sie beim Arbeitnehmer dem Grunde nach Werbungskosten darstellen (, Der Betrieb 1984 S. 24 und , BStBl 2007 II, 536).
Der Reisekostenersatz durch den Arbeitgeber könnte ein Indiz für die berufliche/betriebliche Veranlassung der Reise sein, da dies in aller Regel im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers geschieht. Dieser Umstand reicht jedoch allein nicht aus, um die berufliche/betriebliche Veranlassung zu bejahen.
Auch die Gewährung von Zuschüssen an Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst führt nicht zwangsläufig zur steuerlichen Anerkennung der verbleibenden Reisekosten. Die Aufwendungen des Arbeitnehmers für diese Reisen können in den meisten Fällen ebenfalls nicht als Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG berücksichtigt werden, da diese nicht als überwiegend beruflich veranlasst anzusehen sind; sie gehören mithin zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die private Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 EStG.
Soweit nicht (anteilig) eine Einordnung des Zuschusses als Zuwendung im eigenbetrieblichen Interesse in Betracht kommt, handelt es sich hierbei um Arbeitslohn. Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 13 EStG findet keine Anwendung, da es sich insoweit bei den aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen dem Grunde nach nicht um Werbungskosten handelt (H 14 (Prüfung, ob Werbungskosten) LStH; , a. a. O.).
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217
Fundstelle(n):
YAAAE-08175