Bewertungsrechtliche Behandlung der Betriebsgrundstücke und des gewillkürten Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer;
Im Hinblick auf das – zur bewertungsrechtlichen Behandlung der Betriebsgrundstücke und das (BStBl 2004 II S. 985) – zum gewillkürten Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt Folgendes:
1. Ansatz der Betriebsgrundstücke
1.1 Grundstücke bei Einzelgewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen
Bei Einzelgewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen richtet sich die Zugehörigkeit von Grundbesitz zu einem Betrieb grundsätzlich nach §§ 95, 96 BewG. Gehört ein Grundstück nach ertragsteuerlichen Grundsätzen in vollem Umfang zum notwendigen Betriebsvermögen, bildet es bewertungsrechtlich stets ein Betriebsgrundstück.
Ist ein Grundstück ertragsteuerlich wegen verschiedener Nutzungs- und Funktionszusammenhänge in selbständige Wirtschaftsgüter im Sinne von R 13 Abs. 4 EStR aufgeteilt, ist das Grundstück je nach dem Wert, zu dem es dem Gewerbebetrieb des Einzelunternehmers dient, bewertungsrechtlich in vollem Umfang entweder Grundvermögen oder als Betriebsgrundstück zu beurteilen (§ 99 Abs. 2 Satz 1 und 2 BewG). Dient ein Grundstück zu mehr als der Hälfte seines Werts dem Gewerbebetrieb, ist es Betriebsgrundstück. Dabei ist das Verhältnis der Werte maßgebend, die sich nach den bewertungsrechtlichen Vorschriften ergeben (§§ 138 ff BewG).
Inwieweit das Grundstück dem Grunde nach einem Betrieb dient, ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden. Dabei ist darauf abzustellen, ob das Grundstück bei der steuerlichen Gewinnermittlung notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen bildet. Gewillkürtes Betriebsvermögen kann nur gebildet werden, wenn ein Grundstück oder ein Grundstücksteil fremdbetrieblich oder zu fremden Wohnzecken vermietet ist.
Voraussetzung hierfür ist, dass das Grundstück oder der Grundstücksteil objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (R 13 Abs. 7 und 9 EStR).
Ein ertragsteuerlich in vollem Umfang bilanziertes Grundstück wird zu 25 v.H. zu eigenen (notwendiges Betriebsvermögen) und zu 75 v.H. zu fremden gewerblichen Zwecken (gewillkürtes Betriebsvermögen) genutzt.
Es liegt bewertungsrechtlich ein Betriebsgrundstück vor, da das Grundstück in vollem Umfang dem Gewerbebetrieb dient.
Ein ertragsteuerlich zu 75 v.H. (fremdgewerblich vermietete Lagerflächen) als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanziertes Grundstück wird daneben zu 25 v.H. zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Der Grundstückswert (§ 146 BewG) beträgt 195.000 €; der auf die Lagerflächen entfallende Grundstückswert beträgt 90.000 €. Dies entspricht einem Wertanteil von rd. 46 v.H.
Das Grundstück gehört bewertungsrechtlich zum Grundvermögen.
1.2 Grundstücke bei Beteiligung von fremden Dritten
Sind an einem Grundstück neben dem Betriebsinhaber (Einzelgewerbetreibende und freiberuflich Tätige) andere Personen (z. B. der Ehegatte) beteiligt, ist das Grundstück stets Grundvermögen, auch wenn der Anteil des Betriebsinhabers ganz oder teilweise zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen gehört (§ 99 Abs. 2 Satz 3 BewG). Das gilt auch für den Grundstücksanteil eines Gesellschafters, der ertragsteuerlich als Sonderbetriebsvermögen bilanziert ist.
1.3 Grundstücke bei Personengesellschaften
Ist ein Grundstück oder ein Grundstücksteil Eigentum einer Personengesellschaft, liegt unabhängig von der Nutzung stets ein Betriebsgrundstück (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 99 Abs. 2 Satz 4 BewG) vor. Steht ein Grundstück oder ein Grundstücksteil im Eigentum eines, mehrerer oder aller Gesellschafter, liegt bewertungsrechtlich ein Betriebsgrundstück vor, wenn das Grundstück oder der Grundstücksteil bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft gehört (§§ 95, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG) und zu mehr als der Hälfte seines Grundbesitzwerts der Personengesellschaft dient (§ 99 Abs. 2 Satz 1 BewG).
Inwieweit ein Grundstück oder ein Grundstücksteil dem Grunde nach dem Gewerbebetrieb dient, hängt davon ab, ob ertragsteuerlich notwendiges oder gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen vorliegt (R 13 Abs. 12 EStR).
Befinden sich in einem Fall alle Grundstücksanteile im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter oder im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, liegt stets ein Betriebsgrundstück vor.
1.4 Verfahren
Das jeweilige Lagefinanzamt stellt in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt in den einschlägigen Fällen fest, dass bewertungsrechtlich ein Betriebsgrundstück vorliegt (§ 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BewG). Diese Feststellung kann durch Ergänzungsbescheid im Sinne von § 179 Abs. 3 AO nachgeholt werden. Die ertragsteuerliche Beurteilung entfaltet für die bewertungsrechtliche Einordnung als Betriebsgrundstück keine Bindungswirkung.
Ist zweifelhaft, ob ein Grundstück oder ein Grundstücksteil im Besteuerungszeitpunkt ertragsteuerlich zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört, sind erhöhte Anforderungen an den Nachweis zu stellen. Dieser kann beispielsweise anhand der zeitnahen Aufnahme in ein laufend zu führendes Bestandsverzeichnis oder vergleichbare Aufzeichnungen (z. B. Ermittlung eines Einlagewerts) erfolgen.
2. Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
Abweichend von R 114 Abs. 3 Satz 3 ErbStR i. V. m. R 13 Abs. 16 EStR kann bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden (vgl. IV B 2 – S 2134 – 2/04, BStBl 2004 I S. 1064). Voraussetzung dafür ist, dass ein Wirtschaftsgut objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern. Das bis zum Besteuerungszeitpunkt ertragsteuerlich zugeordnete, gewillkürte Betriebsvermögen ist nach §§ 95, 96 BewG in die Vermögensaufstellung zu übernehmen.
3. Schlussbestimmungen
R 117 Abs. 1 Satz 1 ErbStR ist nicht mehr anzuwenden.
In Beispiel 3 zu H 117 „Abgrenzung Betriebsgrundstück bei gemischter Nutzung” ist ErbStH abweichend von der bisher vertretenen Auffassung nicht auf den eigengewerblich genutzten Grundstücksteil, sondern auf die nach dem Ertragsteuerrecht zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücksteile abzustellen.
Der Erlass ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Er ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder.
Thüringer Finanzministerium v. - S
3240 A– 2 – 204
Fundstelle(n):
XAAAE-07617