BVerwG Beschluss v. - 4 B 11/12

Zum Aushangerfordernis für die Öffentlichkeit einer Verhandlung

Gesetze: § 155 VwGO, § 169 S 1 GVG

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 1 B 11.224 Urteil

Gründe

1Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

21. Die Beschwerde rügt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der mündlichen Verhandlung im Sitzungssaal des Rathauses der Beigeladenen vor dem Sitzungssaal keine Terminstafel ausgehängt habe.

3Eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung (§ 55 VwGO i.V.m. § 169 Satz 1 GVG), die einen absoluten Revisionsgrund darstellen würde (§ 138 Nr. 5 VwGO), ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Eine Verhandlung ist nach der Rechtsprechung des Senats schon dann in dem von § 55 VwGO in Verbindung mit § 169 Satz 1 GVG geforderten Sinne "öffentlich", wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der Verhandlung grundsätzlich jedermann zugänglich sind; die genannten Vorschriften gebieten nicht, dass die mündliche Verhandlung in jedem Fall durch Aushang bekannt gemacht werden muss (Beschlüsse vom - BVerwG 4 CB 71.70 - Buchholz 310 § 55 VwGO Nr. 3, vom - BVerwG 4 CB 70.76 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 5 VwGO Nr. 1 und vom - BVerwG 4 C 39.89 - juris Rn. 3). Ein solcher Aushang ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die mündliche Verhandlung außerhalb des Gerichtsgebäudes stattfindet. Insbesondere wenn die mündliche Verhandlung in einem Rathaus oder einem vergleichbaren Gebäude durchgeführt wird, wird es allerdings in der Regel zweckmäßig sein, an der Anschlagtafel und am Sitzungssaal auf die Verhandlung hinzuweisen. Ob eine auswärtige mündliche Verhandlung jedenfalls im Gerichtsgebäude durch Aushang bekannt gemacht werden muss, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn die von der Beschwerde selbst wiedergegebene Äußerung des Vorsitzenden gibt keinen Anlass zu Zweifeln, dass dies hier geschehen ist.

42. Als weiteren Verfahrensmangel rügt die Beschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, sich mit der Frage der offensichtlich nicht beabsichtigten Härte für die Klägerin zu befassen, weil er irrigerweise angenommen habe, dass die Grundzüge der Planung berührt seien. Auch diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerde verkennt, dass bei der Prüfung, ob der Vorinstanz ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, von deren materiellrechtlicher Rechtsauffassung auszugehen ist, selbst wenn diese verfehlt sein sollte. Soweit sie geltend macht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass hier die Grundzüge der Planung berührt seien, von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg abweiche, legt sie die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dar. Hierzu hätte sie eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formulieren und angeben müssen, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll ( BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328).

53. Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei von dem Beschluss des Senats vom - BVerwG 4 B 18.00 - (BRS 63 Nr. 41) abgewichen. Sie legt eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO jedoch nicht in der erforderlichen Weise dar. Es fehlt die Bezeichnung eines abstrakten entscheidungstragenden Rechtssatzes, mit dem die Vorinstanz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widersprochen hat (Beschluss vom a.a.O.). Die Beschwerde macht lediglich geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze zur Beantwortung der Frage, ob eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, falsch angewandt. Eine solche Kritik an der Rechtsanwendung im Einzelfall kann weder einer Divergenz- noch einer Grundsatzrüge zum Erfolg verhelfen. Im Übrigen verkennt die Beschwerde, dass es im Beschluss vom nicht - wie hier - um eine Abweichung von Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche im Wege der Befreiung, sondern um eine planerische Änderung der festgesetzten Art der baulichen Nutzung ging.

64. Die Beschwerde meint, die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Relevanz der Überschreitung der Baugrenzen für die planerischen Grundüberlegungen der Beigeladenen seien "einfach falsch". Die Revision kann jedoch nur aus den in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründen zugelassen werden. Einen solchen legt die Beschwerde nicht dar. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze und damit ein Verfahrensmangel läge nur vor, wenn der Verwaltungsgerichtshof einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss gezogen hätte. Das ist nicht der Fall.

75. Auch die abschließende Kritik der Beschwerde an der Sachverhaltswürdigung und der Bestimmung der Grundzüge der hier in Rede stehenden Bauleitplanung durch den Verwaltungsgerichtshof ist nicht geeignet, einen Grund für die Zulassung der Revision darzulegen.

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Fundstelle(n):
AAAAE-07548