Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 19 Ca 3565/05 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 17 Sa 1322/06 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags.
Die am geborene Klägerin war seit dem bei der P (P) als Flugbegleiterin beschäftigt. Zum wurde sie von der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Hierzu hatten die Parteien am einen Arbeitsvertrag geschlossen, nach dessen Nr. 2 sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten ua. aus den Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der Beklagten in ihrer jeweils geltenden Fassung ergaben. Der Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Kabinenpersonal der Beklagten (MTV Nr. 1 Kabine) lautet auszugsweise:
Am vollendete die Klägerin ihr 55. Lebensjahr. Die Parteien schlossen in der Folgezeit entsprechend der in § 19 Abs. 2 Unterabs. 1 MTV Nr. 1 Kabine vorgesehenen Möglichkeit zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mehrfach aufeinanderfolgende Arbeitsverträge über eine Beschäftigung in Teilzeit für den Zeitraum von jeweils einem Jahr, zuletzt am für die Zeit vom bis zum . Der letzte Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
4Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum gewandt und ihre Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Die Altersgrenze von 60 Jahren in § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine für das Kabinenpersonal sei weder aus sicherheitstechnischen noch aus anderen Gründen sachlich gerechtfertigt. Auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG in der bis zum geltenden Fassung (aF) könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Bestimmung sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewandt werden. Außerdem bestehe zwischen dem ursprünglichen unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Vertrag ein enger sachlicher Zusammenhang im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, die in § 19 Abs. 2 MTV Nr. 1 Kabine bestimmte Altersgrenze sei wirksam. Sie sei sachlich gerechtfertigt, weil sie dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder und der Passagiere diene. Unabhängig hiervon lägen die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF vor. Das Anschlussverbot in § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF stehe nicht entgegen. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig. Danach müsse ein sachlicher Zusammenhang mit einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag gegeben sein. Vor der letzten im Streit stehenden Befristung sei die Klägerin jedoch ebenfalls bereits befristet beschäftigt gewesen. Selbst vor dem habe sie nicht in einem unbefristeten Arbeitsvertrag im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF gestanden. Auch ein Arbeitsverhältnis mit einer Altersgrenze sei befristet.
7Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Mit Beschluss vom hat der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Parallelverfahren (- 7 AZR 253/07 (A) - BAGE 128, 134) ausgesetzt. In diesem Rechtsstreit hat der Senat dem Gerichtshof nach Art. 234 EG aF folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Der Gerichtshof hat mit Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397) in der Parallelsache für Recht erkannt:
Gründe
10Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung am geendet. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Für die in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal gibt es keinen sachlichen Grund. Die Befristung ist auch nicht sachgrundlos nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gerechtfertigt. Die Unionsrechtskonformität dieser Bestimmung kann dahinstehen. Ihrer Anwendbarkeit steht im Streitfall bereits § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entgegen. Der nach dieser Bestimmung erforderliche enge sachliche Zusammenhang liegt auch vor, wenn zwischen einem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Arbeitsvertrag mehrere, sich nahtlos aneinander anschließende befristete Arbeitsverträge lagen. Das ergibt die unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift. Unbefristet im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF sind Arbeitsverträge auch, wenn sie auf unbestimmte Zeit geschlossen, aber mit kollektivrechtlichen, an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfenden Altersgrenzen verbunden sind. Hiernach besteht in vorliegendem Fall ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem unbefristeten Vertrag vom und dem letzten, am geschlossenen befristeten Vertrag. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.
11A. Die in zulässiger Weise bereits vor Ablauf der Befristung erhobene Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG ist begründet. Die Befristung ist weder durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt noch als sachgrundlose Befristung wirksam.
12I. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses besteht kein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG.
131. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Dazu gehören auch tarifliche Altersgrenzen (vgl. - Rn. 15 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; - 7 AZR 438/09 - Rn. 26 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10). Auch diese bedürfen daher zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG ( - aaO).
142. Für die in § 19 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3 MTV Nr. 1 Kabine enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal gibt es keinen sachlichen Grund. Der Senat hat das in seinem Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 18 bis 22, BAGE 128, 134) im Einzelnen ausgeführt und im Urteil vom (- 7 AZR 1021/08 - Rn. 14 bis 24, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8) bestätigt. Hieran hält der Senat fest. Bei der Beurteilung des Sicherheitsrisikos, dessen Vermeidung einen Sachgrund für eine tarifliche Altersgrenze darstellen kann, haben die Tarifvertragsparteien zwar einen von den Gerichten für Arbeitssachen zu beachtenden Einschätzungsspielraum. Bei der streitbefangenen Altersgrenze haben sie diesen Spielraum aber überschritten. Beim Einsatz von Kabinenpersonal besteht kein annähernd vergleichbares Risiko für die Sicherheit des Flugverkehrs wie beim Einsatz des Cockpit-Personals, für das der Senat in der Vergangenheit eine Altersgrenze von 60 Jahren als sachlich gerechtfertigt erachtet hat. Fälle, in denen der altersbedingte Ausfall eines Flugbegleiters andere Menschen in ernste Gefahr bringen könnte, sind derart unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet sind, eine generelle Altersgrenze von 60 Jahren zu rechtfertigen (vgl. (A) - Rn. 14 bis 22, aaO unter Bezugnahme auf - 7 AZR 140/01 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 102, 65; - 7 AZR 1021/08 - Rn. 14 bis 24, aaO). Die Altersgrenze ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil das Kabinenpersonal Ansprüche aus einer tariflich geregelten Übergangsversorgung erwerben kann. Eine Übergangsversorgung ist allenfalls geeignet, eine an sich sachlich gerechtfertigte Altersgrenze als „noch eher“ zumutbar erscheinen zu lassen ( - Rn. 23, aaO).
15II. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF gerechtfertigt. Der Streitfall verlangt keine abschließende Klärung der Unionsrechtskonformität dieser Regelung. Vielmehr führt bereits die unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF dazu, dass sich die Beklagte nicht auf die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF berufen kann.
161. Die Vereinbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF mit dem Unionsrecht ist nicht abschließend geklärt. Wie sich aus den im Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - BAGE 128, 134) formulierten Fragen und deren Begründung ergibt, hat der Senat Zweifel daran, ob § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF mit Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG des Rates vom zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sowie mit § 5 Abs. 1 der durch die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom durchgeführten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung) zu vereinbaren ist. Diese Zweifel sind durch das Urteil des Gerichtshofs vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397) nicht vollständig beseitigt. Diese Entscheidung verhält sich nicht abschließend zur Unionsrechtskonformität des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF. Der Gerichtshof hat vielmehr für Recht erkannt, § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung sei dahin auszulegen, dass der Begriff „enger sachlicher Zusammenhang zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber“ in § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF auf bestimmte - näher beschriebene - Sachverhalte anzuwenden sei.
172. Der Senat gelangt nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses vom (- 7 AZR 253/07 (A) - BAGE 128, 134) zu der Beurteilung, dass es vorliegend letztlich auf die Unionsrechtskonformität des § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF deshalb nicht ankommt, weil der Anwendung der Vorschrift im Streitfall § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entgegensteht. Der nach dieser Vorschrift erforderliche „enge sachliche Zusammenhang“ besteht auch dann, wenn zwischen dem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag und dem letzten befristeten Vertrag mehrere sich nahtlos aneinander anschließende befristete Verträge lagen. Soweit dem Vorlagebeschluss vom (- 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 27, aaO) etwas anderes entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest. Der Annahme eines vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrags im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht nicht entgegen, wenn auf den früheren, auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag eine kollektivrechtliche, an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfende Altersgrenze Anwendung fand.
18a) Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ist die Befristung nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist nach § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt. Auch bei einem zeitlich sehr viel längeren Abstand liegt ein enger sachlicher Zusammenhang zu dem früheren unbefristeten Arbeitsvertrag im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF dann vor, wenn während der gesamten Zeit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für dieselbe Tätigkeit und mit demselben Arbeitgeber durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge fortgeführt wurde. Das ergibt die unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF.
19aa) Der Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht einem solchen weiten Verständnis der Bestimmung nicht entgegen.
20(1) Der Begriff „vorhergehend“ ließe zwar auch ein Verständnis zu, wonach der enge sachliche Zusammenhang zu einem unmittelbar vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag bestehen muss. Zwingend ist dies aber nicht. Vom Wortlaut ebenso gedeckt ist ein Verständnis, wonach ein vorhergehender Vertrag auch dann vorliegen kann, wenn zwischen ihm und dem letzten Vertrag noch andere Verträge liegen (ebenso zu § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG 1996 - zu B V 3 b der Gründe, BAGE 95, 186).
21(2) Auch die Gesetzesformulierung „enger sachlicher Zusammenhang“ zwingt insoweit zu keinem bestimmten Verständnis. Wie der Senat zu der entsprechenden Formulierung in der vormaligen Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG 1996 ausgeführt hat, kann eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich sein (vgl. - zu B V 3 c der Gründe, BAGE 95, 186; - 7 AZR 537/99 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 96, 155; - 7 AZR 376/00 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 97, 317). Ein enger sachlicher Zusammenhang ist begrifflich jedenfalls nicht ausgeschlossen, wenn zwischen dem letzten, der Befristungskontrolle unterliegenden Arbeitsvertrag und dem das Anschlussverbot auslösenden unbefristeten Arbeitsvertrag mehrere Jahre liegen, in denen der Arbeitnehmer jeweils mit im Wesentlichen unveränderten Arbeitsbedingungen befristet beschäftigt war.
22bb) Die Gesetzessystematik verbietet ein weites Verständnis des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ebenfalls nicht. Aus § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF folgt nicht etwa, dass ein enger sachlicher Zusammenhang im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF immer dann auszuschließen wäre, wenn der Zeitraum zwischen den Verträgen deutlich mehr als sechs Monate beträgt. Zum einen regelt § 14 Abs. 3 Satz 3 TzBfG aF ausdrücklich nur den umgekehrten Fall, in dem der zeitliche Abstand weniger als sechs Monate beträgt. Zum anderen hat er ersichtlich in erster Linie die Fallgestaltungen im Auge, in denen zwischen den Verträgen keine Zeit der Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber lag.
23cc) Auch aus der Gesetzesgeschichte lassen sich zwingende Schlussfolgerungen für die Auslegung von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF nicht gewinnen.
24dd) Entscheidend für die Auslegung sind unionsrechtliche Gesichtspunkte. Hierbei schließt sich der Senat den Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] Rn. 40 bis 49, EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397) an.
25(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die nationalen Gerichte das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der fraglichen Richtlinie unionsrechtskonform auslegen, um das in ihr festgestellte Ergebnis zu erreichen und somit der Pflicht aus Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 113, Slg. 2004, I-8835). Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt dazu, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden alles in ihrer Zuständigkeit liegende unternehmen, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt ( - [Deutsche Lufthansa] Rn. 55, EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397; - C-378/07 bis 380/07 - [Angelidaki ua.] Rn. 200, Slg. 2009, I-3071). Die unionsrechtskonforme Auslegung darf allerdings nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. - [Deutsche Lufthansa] Rn. 54, aaO; - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki ua.] Rn. 199, aaO). Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens urteilt der Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV nur über die Auslegung des Unionsrechts. Er ist nicht befugt, durch Vorabentscheidung über die Auslegung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu entscheiden ( und C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 30 mwN, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20). Die Entscheidungen des Gerichtshofs sind wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht verbindlich, wenn der Gerichtshof seine Kompetenz offensichtlich überschreitet und dieser Verstoß im Hinblick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sowie die rechtsstaatliche Gesetzesbindung erheblich ins Gewicht fällt ( - [Honeywell] Rn. 61, BVerfGE 126, 286).
26(2) Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ist im vorliegenden Fall geboten und möglich. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397).
27(a) Der Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom (- C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397) seine Kompetenzen nicht überschritten. Indem er entschieden hat, dass das Unionsrecht notwendig eine bestimmte Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF gebiete, hat er keine Auslegung des nationalen Rechts, sondern eine solche des Unionsrechts vorgenommen. Der Umstand, dass das Vorabentscheidungsersuchen des Senats hierauf nicht gerichtet war, führt nicht zu einer offensichtlichen Kompetenzüberschreitung des Gerichtshofs.
28(b) Nach der Beurteilung des Gerichtshofs führt § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF dazu, dass das soziale Schutzniveau aller älteren Arbeitnehmer gesenkt wird, indem ihnen alle Schutzmaßnahmen vorenthalten werden, die in § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung genannt sind und einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge verhindern sollen ( - [Deutsche Lufthansa] Rn. 40, 41, EzA TzBfG § 14 Nr. 69 = NZA 2011, 397). § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ist die einzige Begrenzung der durch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF eröffneten Möglichkeit, bei Personen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, eine unbeschränkte Zahl aufeinanderfolgender sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge abzuschließen ( - [Deutsche Lufthansa] Rn. 48, aaO). Um den Anwendungsbereich dieser einzigen Beschränkung nicht zu begrenzen, ist es unionsrechtlich geboten, einen „engen sachlichen Zusammenhang“ im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF auch in Fällen anzunehmen, in denen zwischen dem befristeten letzten und dem früheren unbefristeten Vertrag ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt, sofern während dieser gesamten Zeit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für dieselbe Tätigkeit und mit demselben Arbeitgeber durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge fortgeführt wurde ( - [Deutsche Lufthansa] Rn. 57, aaO). Eine andere Auslegung liefe der Zielsetzung der Rahmenvereinbarung und ihres § 5 Nr. 1 zuwider, die darin besteht, die Arbeitnehmer gegen unsichere Beschäftigungsverhältnisse zu schützen und den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu verhindern ( - [Deutsche Lufthansa] Rn. 50, aaO).
29(c) Dem schließt sich der Senat an.
30b) Der Annahme eines vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrags im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF steht nicht entgegen, wenn auf den auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag eine kollektivrechtliche, an ein fortgeschrittenes Lebensalter anknüpfende Altersgrenze Anwendung findet. Solche Verträge haben den Charakter von konsolidierten „Normalarbeitsverhältnissen“. Sie werden häufig als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“ bezeichnet, ohne dass damit die Altersgrenze abbedungen wäre (vgl. - Rn. 19 bis 23 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10). Im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF sind sie „unbefristet“. Auch das folgt aus der Auslegung der Vorschrift. Zwar unterwirft der Senat in ständiger Rechtsprechung auch tarifliche Altersgrenzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (vgl. - Rn. 15 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; - 7 AZR 438/09 - Rn. 26 mwN, aaO). Das bedeutet aber nicht, dass alle mit einer tariflichen Altersgrenze verbundenen Arbeitsverträge dem Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF entzogen wären. Anderenfalls verlöre diese Regelung weitgehend ihren Anwendungsbereich. Das wiederum wäre mit ihrer unionsrechtlich gebotenen, § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF beschränkenden Funktion kaum vereinbar. Jedenfalls wäre ein solches Verständnis des § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF ohne ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen nicht möglich. Im Übrigen würde die Befristungskontrolle in einer Weise verschränkt, die mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität kaum vereinbar wäre. In Fällen, in denen ein Vertrag mit einer Altersgrenze - etwa von 60 oder 65 Jahren - während seiner Laufzeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres durch einen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF befristeten Vertrag abgelöst würde, müsste nämlich bei dessen Überprüfung inzident die Wirksamkeit der vormals vereinbarten, erst zu einem späteren Zeitpunkt wirkenden Altersgrenze überprüft werden.
313. Danach hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum geendet. Zwar sind die Voraussetzungen einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG aF erfüllt. Im Zeitpunkt des am zuletzt vereinbarten befristeten Arbeitsvertrags hatte die Klägerin bereits das 58. Lebensjahr vollendet. Gleichwohl ist die Befristung aufgrund des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF unzulässig. Zu dem vorhergehenden am begründeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, das nach Erreichen der Altersgrenze von 55 Jahren am endete, besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Dieser Zusammenhang ist dadurch hergestellt, dass die Klägerin ab dem aufgrund von fünf aufeinanderfolgenden sachgrundlos zulässigen befristeten Arbeitsverträgen weiterbeschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis vom war im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG aF unbefristet. Dem steht nicht entgegen, dass der durch arbeitsvertragliche Bezugnahme geltende § 19 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 MTV Nr. 1 Kabine eine Altersgrenze von 55 Jahren vorsieht.
32B. Der Klageantrag zu 2. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Mit diesem Antrag macht die Klägerin den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Rechtsstreits ( - BAGE 48, 122) geltend. Der Rechtsstreit ist mit der Verkündung der Entscheidung des Senats über den Klageantrag zu 1. rechtskräftig abgeschlossen. Der Senat hat daher nicht zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht dem Weiterbeschäftigungsantrag zu Recht stattgegeben hat (st. Rspr., vgl. - Rn. 25, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).
C. Die Beklagte hat die Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Fundstelle(n):
MAAAE-06614