Verletzung der Belehrungspflicht im Besteuerungsverfahren nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO führt zu keinem Verwertungsverbot
Gesetze: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG § 3 Abs. 9, UStG § 3a, FGO § 74, FGO § 108, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 142, AO § 393 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig.
2 Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legt die behaupteten Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügend dar.
3 1. Der Kläger bringt zwar vor, das Finanzgericht (FG) habe nicht über seinen Antrag vom entschieden, ihm gemäß § 142 Abs. 1 und 2 FGO i.V.m. § 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und den jetzigen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, so dass ihm rechtliches Gehör verweigert worden sei (vgl. dazu z.B. , Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2002, 531; Entscheidungen des V C 1.75, BVerwGE 51, 277; vom 6 B 121/98, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 1999, 587; , BFH/NV 2008, 245; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 142 Rz 101). Dies trifft aber nicht zu. Das FG hat den PKH-Antrag des Klägers durch Beschluss vom abgelehnt.
4 2. Der Kläger rügt, das FG hätte nach der Zurückweisung des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers das Verfahren bis zur Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten aussetzen müssen.
5 a) Die Zurückweisung eines Prozessbevollmächtigten ist kein Merkmal, das gemäß § 74 FGO zur Aussetzung des Verfahrens führt. Ein Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstoßes gegen § 74 FGO kann schon aus diesem Grund nicht vorliegen.
6 b) Das FG hat die mündliche Verhandlung am , zu der der Kläger nach Zurückweisung seines Prozessbevollmächtigten mit Beschluss vom ordnungsgemäß am (beides zugestellt am ) geladen war, unter Berücksichtigung des Antrags des Klägers vom vertagt.
7 c) Die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung verletzt nur dann den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör, wenn erhebliche Gründe für eine Aufhebung oder Verlegung geltend gemacht worden sind (§ 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO). Eine schlüssige Rüge dieses Verfahrensmangels erfordert daher die Darlegung, dass zur Begründung des Verlegungsantrags derart erhebliche Gründe substantiiert vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510; vom I B 219/04, BFH/NV 2006, 73, m.w.N.).
8 Das FG hat dem Kläger unter Hinweis auf den ihm zugestellten Beschluss über die Zurückweisung des bisherigen Prozessbevollmächtigten aufgegeben, bis zum mitzuteilen, ob er einen neuen Bevollmächtigten bestellen werde. Noch vor der Ladung des Klägers zum Termin der mündlichen Verhandlung (dem Kläger am zugestellt) hat das den Antrag des Klägers auf PKH als unbegründet zurückgewiesen.
9 Welche erheblichen Gründe er für eine Verschiebung des Termins zur mündlichen Verhandlung durch das FG gegenüber dem FG geltend und glaubhaft gemacht hat, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
10 3. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom unter Hinweis auf ein gegen den Kläger ergangenes Strafurteil geltend macht, die tatsächlichen Feststellungen des FG seien unzutreffend, kann dieser Vortrag schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der behauptete Verfahrensfehler erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist () geltend gemacht worden ist.
11 4. An der schlüssigen Darlegung eines Verfahrensfehlers fehlt es auch, soweit der Kläger behauptet, er sei ungeachtet eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht belehrt worden und das FG hätte seine Angaben daher nicht berücksichtigen dürfen. Denn im Besteuerungsverfahren besteht kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind, weshalb auch eine Verletzung der Belehrungspflicht des § 393 Abs. 1 Satz 4 der Abgabenordnung im Besteuerungsverfahren grundsätzlich zu keinem Verwertungsverbot führt (, BFH/NV 2010, 432; vom XI R 11/01, BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328).
12 5. Die Behauptung, die im Tatbestand auf Seite 3 der Vorentscheidung wiedergegebenen Erklärungen des Klägers aus einer Vernehmung am habe der Kläger nicht abgegeben, so dass das Urteil insoweit unrichtig sei, betrifft keinen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend zu machenden Verfahrensfehler. Einwendungen gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit des dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Tatbestandes sind diese ausschließlich im eigenständigen Verfahren zur Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 108 FGO, das nur vom FG durchgeführt werden kann, zu prüfen und zu entscheiden (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 956 Nr. 6
VAAAE-06569