Betriebliche Altersversorgung früherer Arbeitnehmer der Deutschen Reichsbahn
Gesetze: Anlage II Kap VII H Abschn III Nr 2 EinigVtr, § 256a Abs 2 SGB 6, § 307a Abs 2 SGB 6, §§ 11ff EisenbV, § 8 DBRRkVtrAnl 11
Instanzenzug: Az: 41 Ca 11608/08 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 15 Sa 1129/09 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung.
2Der 1943 geborene Kläger war ab dem zunächst bei der Deutschen Reichsbahn in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und zuletzt bei der Beklagten, die als Nachfolgerin der Deutschen Reichsbahn in Berlin den S-Bahn-Verkehr betreibt, als Disponent BL (Schichtleiter) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag zum .
3In der DDR bestand eine einheitliche Sozialpflichtversicherung mit Versicherungsschutz vor den Risiken des Alters, der Invalidität und des Todes. Sie erfasste nahezu alle Erwerbstätigen (Werktätige) und war auf zwei Träger verteilt. In der Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten waren die abhängig Beschäftigten, die Mitglieder im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) werden konnten, pflichtversichert. Selbständige und Genossenschaftsmitglieder wurden in der staatlichen Versicherung der DDR versichert.
In der grundsätzlich einheitlichen Sozialpflichtversicherung gab es für bestimmte Berufsgruppen jedoch vorteilhafte Sonderregelungen. Dies galt auch für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn. Die Altersversorgung der Eisenbahner wurde erstmals durch Anordnung über die Einführung einer Altersversorgung für Eisenbahner vom (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Verkehrswesen Teil: DR Nr. 11/1956 S. 41; im Folgenden: Anordnung 1956) geregelt. Diese bestimmte ua.:
5Die Verordnung über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner in der Deutschen Demokratischen Republik vom (GBl. I S. 1211, im Folgenden: EisenbahnerVO 1956) hat die Versorgung der Eisenbahner unverändert gelassen.
Mit Wirkung zum trat der Rahmenkollektivvertrag für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn vom (Tarif-Reg.-Nr.: 40/60, im Folgenden: RKV-DR) in Kraft, der die Regelungen aus der Anordnung 1956 im Wesentlichen übernahm und weiter ausgestaltete und der in der Fassung des Dritten Nachtrages vom (Tarif-Reg.-Nr.: 9/64) auszugsweise folgende Regelungen enthielt:
Mit Wirkung zum trat die Verordnung über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner vom (GBl. I S. 217, im Folgenden: EisenbahnerVO 1973) in Kraft, die auszugsweise folgende Bestimmungen enthielt:
Die Versorgungsordnung der Deutschen Reichsbahn, die erstmals als Anlage 3 zum Gegenstand des RKV-DR in der Fassung des 31. Nachtrages vom gemacht wurde - dies entspricht der Anlage 11 des 53. Nachtrages zum RKV-DR vom (registriert beim Ministerrat der DDR, Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, Tarif-Reg.-Nr.: 110/89, im Folgenden: VersO Deutsche Reichsbahn) - enthielt auszugsweise folgende Regelungen:
Im Zuge der Deutschen Einheit wurde im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom (BGBl. II S. 889; im Folgenden: Einigungsvertrag) Folgendes vereinbart:
Mit Wirkung zum trat der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Reichsbahn (im Folgenden: AnTV-DR) in Kraft. Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:
Schließlich trat zum der Tarifvertrag über die betriebliche Zusatzversorgung für die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der DB AG (im Folgenden: ZVersTV) in Kraft, der nunmehr Folgendes bestimmt:
12Seit dem bezieht der Kläger gesetzliche Altersrente, in deren Berechnung auch Anwartschaften der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der DDR eingeflossen sind. Die Beklagte zahlte zunächst ab dem eine Vorruhestandsrente gemäß § 12 ZVersTV in Höhe von 62,83 Euro an den Kläger. Seit dem erhält der Kläger eine betriebliche Altersrente gemäß § 10 ZVersTV in gleicher Höhe, die die Mindestrente des § 15 ZVersTV von 51,13 Euro übersteigt.
13Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente von 128,33 Euro für die Monate Januar bis August 2008 (insgesamt: 1.026,64 Euro) begehrt und sich zuletzt auf die §§ 2, 9 der Anlage 11 zum RKV-DR in der Fassung des 53. Nachtrages vom berufen. Durch diesen Nachtrag sei die VersO Deutsche Reichsbahn iVm. dem Einigungsvertrag sekundäres Bundesrecht geworden. Dieses sei durch die Vereinbarung des AnTV-DR nicht außer Kraft getreten. Hierzu hat er erstinstanzlich unter Berufung auf Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A - Arbeitsrechtsordnung - Abschnitt III zum Einigungsvertrag die Auffassung vertreten, dass der AnTV-DR den RKV-DR nur mit Ausnahme der Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung abgelöst habe. In § 36 AnTV-DR sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die betriebliche Altersversorgung „noch geregelt werde“. Damit hätten die Tarifparteien zum Ausdruck gebracht, dass noch keine neue Regelung über die betriebliche Altersversorgung zur Ablösung der Regelungen aus dem RKV-DR getroffen worden sei. In Ermangelung einer neuen Regelung bis zum heutigen Tage müssten die Regelungen des RKV-DR folglich fortbestehen. Ferner habe der AnTV-DR den RKV-DR nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H - Gesetzliche Rentenversicherung - Abschnitt III zum Einigungsvertrag gar nicht zum ablösen können, da eine Ablösung frühestens zum möglich gewesen wäre. Auch eine Ablösung erst zum habe nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen. Nur eine solche Auslegung werde Art. 14 GG gerecht. Die in der DDR erworbenen und im Einigungsvertrag anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen seien gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Folglich unterliege auch die Altersversorgung der ehemals bei der Deutschen Reichsbahn Beschäftigten dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG.
14Auch der ZVersTV habe die Regelungen aus dem RKV-DR nicht abgelöst. Es habe sich lediglich um eine nicht abschließende Teillösung gehandelt. Für die von der Deutschen Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG übergeleiteten Arbeitnehmer hätten ausweislich der Ausführungsbestimmung noch gesonderte Regelungen erfolgen sollen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
16Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17Sie hat die Ansicht vertreten, die EisenbahnerVO 1973 und die VersO Deutsche Reichsbahn seien mit Ablauf des aufgrund der Regelungen im Einigungsvertrag außer Kraft getreten. Mit Schließung dieser Versorgungsordnung seien die Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden. Die Anlage 11 zum RKV-DR, die lediglich wörtlich den Inhalt der VersO Deutsche Reichsbahn wiedergebe, habe keinen eigenständigen rechtlichen Charakter als Rahmenkollektivvertrag gehabt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
19Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zwar insgesamt zulässig, sie ist jedoch unbegründet.
20I. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zulässig.
21Der Feststellungsantrag ist nicht auf einen konkreten Zeitraum beschränkt und deshalb als Zwischenfeststellungsklage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO auszulegen (vgl. - Rn. 20, BAGE 127, 62). Ein gesondertes Feststellungsinteresse ist für die Zwischenfeststellungsklage nicht erforderlich.
22Der Feststellungsantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. dieser Vorschrift gerichtet. Zwar können nach § 256 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen bzw. auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. - Rn. 12, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Vorliegend geht es um die Frage, auf welche Anspruchsgrundlage der Kläger seinen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gegenüber der Beklagten stützen kann und damit verbunden um die Klärung des Umfangs der Leistungspflicht.
23II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein weiterer Anspruch auf betriebliche Altersversorgung zu.
241. Zwar hatten die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn ursprünglich aufgrund der Anordnung 1956 iVm. dem RKV-DR vom einen Anspruch auf Altersversorgung gegen die Deutsche Reichsbahn. Diese Versorgung der Eisenbahner wurde aber bereits durch die EisenbahnerVO 1973 in die Sozialpflichtversicherung in der DDR überführt. Die Deutsche Reichsbahn war insoweit nicht mehr Schuldnerin der Versorgung. Folglich schuldet auch die Beklagte als Nachfolgerin der Deutschen Reichsbahn dem Kläger keine weitere Betriebsrente.
25a) Die Zuordnung zur Sozialversicherung entspricht schon der Rechtsentwicklung in der DDR.
26aa) Für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn, die grundsätzlich der Sozialpflichtversicherung unterlagen, wurde erstmals durch die Anordnung 1956 ein Sondersystem der Altersversorgung eingeführt, deren Träger nach § 1 Abs. 2 Anordnung 1956 die Deutsche Reichsbahn als Staatsunternehmen der DDR und Vorgängerin der Beklagten war. § 8 Anordnung 1956 regelte, dass die Berechnung und Auszahlung aller Renten durch die Deutsche Reichsbahn erfolgt. Die EisenbahnerVO 1956 änderte hieran zunächst nichts. Die Regelungen aus der Anordnung 1956 wurden sodann in der Ursprungsfassung des RKV-DR vom unter Ziff. 2 übernommen und näher ausgestaltet. Auch der RKV-DR sah in Ziff. 2.103 vor, dass Träger der Altersversorgung die Deutsche Reichsbahn war. Anträge waren nach Ziff. 2.901 bei der zuständigen Dienststelle des Beschäftigten zu stellen. In der Fassung des Dritten Nachtrages vom blieben die Regelungen des RKV-DR zur Altersversorgung - abgesehen von einer Umstellung auf Paragraphen - unverändert.
27bb) Das Sondersystem der Altersversorgung für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn wurde mit Inkrafttreten der EisenbahnerVO 1973, mit der die EisenbahnerVO 1956 zum selben Zeitpunkt aufgehoben wurde (vgl. § 22 Abs. 2 Buchst. a EisenbahnerVO 1973), grundlegend geändert. Nach § 11 Abs. 2 EisenbahnerVO 1973 galten für die Gewährung und Berechnung der Renten und nach § 12 Abs. 1 EisenbahnerVO 1973 für die Gewährung und Berechnung der Zusatzaltersrenten nunmehr die Rechtsvorschriften der Sozialversicherung. Einzelheiten sollten gemäß § 15 EisenbahnerVO 1973 durch den Minister für Verkehrswesen im Einvernehmen mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne und in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie dem Zentralvorstand der Industriegewerkschaft Transport- und Nachrichtenwesen geregelt werden. Auf dieser Grundlage wurde sodann die VersO Deutsche Reichsbahn erlassen, die als Anlage 3 zum Gegenstand des RKV-DR in der Fassung des 31. Nachtrages vom gemacht wurde und der Anlage 11 des 53. Nachtrages zum RKV-DR vom entspricht. In der VersO Deutsche Reichsbahn ist in § 8 Abs. 1 bestimmt, dass Rentenanträge (Versorgungen und Zusatzrenten) bei der zuständigen Verwaltung der Sozialversicherung des Kreisvorstandes des FDGB zu stellen sind. Gemäß § 8 Abs. 3 VersO Deutsche Reichsbahn ist für die Behandlung von Einsprüchen die Beschwerdekommission für Sozialversicherung des FDGB zuständig. Bereits aus diesen Zuständigkeiten ist ersichtlich, dass die Versorgung einschließlich der Zusatzversorgung der Eisenbahner ab diesem Zeitpunkt Teil der Sozialpflichtversicherung war und sich keine Ansprüche mehr unmittelbar gegen die Deutsche Reichsbahn ergaben.
28Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Versorgungsordnung als Anlage in den RKV-DR aufgenommen wurde. Dies führt insbesondere nicht dazu, dass der Anspruch ausschließlich - oder daneben - als Anspruch gegenüber der Deutschen Reichsbahn bestand. Dies folgt bereits daraus, dass nach dem Recht der DDR die Rahmenkollektivverträge in der Hierarchie der arbeitsrechtlichen Normativakte denen einer höheren Ebene nachgeordnet waren und sich ihre Regelungskompetenz daher nach den höherrangigen Normativakten, hier der in der Präambel zur VersO Deutsche Reichsbahn genannten EisenbahnerVO 1973, richtete. Das dem bundesdeutschen Arbeitsrecht bekannte Günstigkeitsprinzip war dem Arbeitsrecht der DDR fremd (vgl. Dombrowsky Vom Tarifsystem der DDR zur Tarifautonomie der Bundesrepublik S. 8; Brunner Einführung in das Recht der DDR 2. Aufl. S. 124). Regelungen, wonach sich Ansprüche gegen die Deutsche Reichsbahn und nicht gegen den FDGB als Träger der Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten richteten, sah der RKV-DR demnach nicht vor. Dies hätte der EisenbahnerVO 1973 widersprochen, die in § 11 auf das Recht der Sozialversicherung verwies und in § 15 nur die Regelung von Einzelheiten der „Übereinstimmung“ mit gewerkschaftlichen Organisationen überließ.
29cc) Dass die Versorgung der Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn schon mit Inkrafttreten der EisenbahnerVO 1973 iVm. der VersO Deutsche Reichsbahn in die Sozialpflichtversicherung überführt wurde, entspricht zudem sowohl der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als auch der des Bundesverfassungsgerichts (vgl. , 1 BvR 1028/03 - zu 2 der Gründe, SozR 4-2600 § 256a Nr. 1; - zu 1 a bb der Gründe, BSGE 90, 197; vgl. auch jüngst - Rn. 20, zitiert nach juris). Dies gilt auch für die „alte Versorgung“ iSd. § 9 der VersO Deutsche Reichsbahn, die für den Kläger maßgeblich wäre (vgl. , 1 BvR 1028/03 - zu 2 der Gründe, aaO; - zu B der Gründe, BSGE 78, 41).
30b) Diese Rechtslage wurde im Einigungsvertrag fortgeschrieben.
31aa) Zwar wird die Fortgeltung der Rahmenkollektivverträge im Allgemeinen in Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A - Arbeitsrechtsordnung - Abschnitt III statuiert. Dagegen wird das Schicksal der VersO Deutsche Reichsbahn - im Klammerzusatz konkret bezeichnet als Anlage 11 zum RKV-DR - in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H - Gesetzliche Rentenversicherung - Abschnitt III gesondert geregelt. Die Vertragspartner des Einigungsvertrages gingen erkennbar davon aus, dass die Versorgung der Eisenbahner bereits in der DDR Teil der Sozialpflichtversicherung geworden war und sich nicht als „betriebliche Altersversorgung“ gegen die Deutsche Reichsbahn richtete. Da die Rahmenkollektivverträge meist arbeitsrechtliche Regelungen enthielten, ist deren Fortgeltung im Allgemeinen zutreffend dem Abschnitt „Arbeitsrechtsordnung“ zugewiesen worden. Dagegen wurde die Anlage 11 zum RKV-DR dem Abschnitt „Gesetzliche Rentenversicherung“ zugewiesen.
32bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angezogenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts betreffend die Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom (GBl. I S. 301; im Folgenden: AO 1954). Anders als bei der Versorgung der Eisenbahner handelte es sich bei der AO 1954 um eine besondere Form der betrieblichen Versorgungsleistungen. Gemäß § 10 Abs. 1 AO 1954 wurden sie nämlich aus Mitteln des Betriebes gezahlt und nach § 11 Abs. 1 AO 1954 waren für die Durchführung der Anordnung die Betriebsleitungen verantwortlich, die bis zum auch den Kreis der Berechtigten festzustellen hatten. Es handelte sich auch lediglich um eine Zusatzversorgung und nicht um eine Vollversorgung. Die Versorgung nach der AO 1954 war somit gerade nicht Teil der Sozialpflichtversicherung der DDR. Die Parteien des Einigungsvertrages haben den betrieblichen Charakter der Versorgungsleistungen hier trotz der Einordnung in das Sachgebiet „Gesetzliche Rentenversicherung“ unterstrichen, indem sie den Regelungsbereich der Rechtsetzung der Tarifvertragsparteien unterworfen haben (vgl. zum Ganzen - zu II der Gründe, AP Einigungsvertrag Anlage II Kap VIII Nr. 6 = EzA BGB § 242 Ruhegeld-DDR Nr. 2; - 3 AZR 242/95 - zu II 2 der Gründe, BAGE 82, 203).
33c) Die Besonderheiten der Versorgung der Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn sind schließlich auch im Bundesrecht der gesetzlichen Rentenversicherung gesondert berücksichtigt worden. So betrug bei der Berechnung der Sozialversicherungsrente der Steigerungssatz für rentennahe Jahrgänge (Renteneintritt bis ) gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 iVm. § 35 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung vom (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG - BGBl. I S. 1606) 1,5 vom Hundert, wenn die Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn mindestens zehn Jahre ununterbrochen ausgeübt wurde. Zudem wurde das SGB VI durch das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom (2. AAÜG-ÄndG - BGBl. I S. 1939) geändert. Es wurden § 256a Abs. 2, § 307a Abs. 2 SGB VI eingefügt. Danach gelten bei der Ermittlung der Entgeltpunkte für Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn vor dem für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Bemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst die Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung als gezahlt. Für Versicherte, die bereits am zehn Jahre ununterbrochen bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt waren, gelten im Zeitraum vom bis zum für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Bemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst die Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung bis zu höchstens 650,00 Mark monatlich als gezahlt.
34Dies zeigt, dass auch der Bundesgesetzgeber davon ausgeht, dass die Versorgungsansprüche der Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn ausschließlich in der Sozialversicherung Berücksichtigung gefunden haben. Bei Erlass des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) vom (BGBl. I S. 1606, 1677) hat er deshalb die Ansprüche nach den §§ 11 bis 15 der EisenbahnerVO 1973 gerade nicht als solche aus einem Zusatzversorgungssystem (oder aus einem Sonderversorgungssystem) qualifiziert (vgl. - zu B der Gründe, BSGE 78, 41).
35d) Die späteren tariflichen Regelungen haben die in der DDR bestehenden Vorschriften über die Eisenbahnerversorgung nicht in der Weise aufgenommen, dass sie Betriebsrentenansprüche gegen die Deutsche Reichsbahn oder ihre Nachfolger begründet haben.
362. Soweit der Kläger mit der Revision behauptet, die sozialgerichtliche Rechtsprechung ginge einheitlich davon aus, dass die erhobenen Ansprüche aus dem RKV-DR nicht in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden seien, ist dies unzutreffend. Soweit die Sozialgerichte die Klagen abgewiesen haben, gehen auch sie von einer Überführung in die Sozialpflichtversicherung schon in der DDR aus. Sie führen aus, dass den ehemaligen Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn kein Anspruch auf zusätzliche Berücksichtigung aller in der DDR erworbenen Ansprüche zustehe und die im Rahmen der Wiedervereinigung getroffene Systementscheidung der Gewährung einer „an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse angepassten“ Eisenbahnerversorgung zusätzlich zu einer SGB VI-Rente entgegenstehe (vgl. ausdrücklich - zu B der Gründe, BSGE 83, 104).
373. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus den §§ 42, 47 des RKV-DR idF des Dritten Nachtrages vom , auf den sich der Kläger zunächst ebenfalls berufen hat und der in § 42 Abs. 3 RKV-DR aF einen unmittelbaren Anspruch gegen die Deutsche Reichsbahn vorsah. Diese Fassung des RKV-DR ist durch die jeweils zeitlich nachfolgenden Nachträge abgelöst worden.
III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Fundstelle(n):
BB 2012 S. 251 Nr. 4
DB 2012 S. 2876 Nr. 50
YAAAE-06072