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Kaufmännisches Bestätigungsschreiben und Schweigen im Handelsverkehr
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition von Schweigen und Bestätigungsschreiben bei Handelsgeschäften
Im allgemeinen Rechtsverkehr und auch im Zivilrecht gilt der Grundsatz, dass bloßes Schweigen keine Willenserklärung darstellt. Schweigen gilt nur ausnahmsweise als Willenserklärung. Einige dieser Ausnahmen sieht das Handelsrecht vor. Im Rahmen von Handelsgeschäften zwischen Kaufleuten kommt dem Schweigen unter bestimmten Umständen die Bedeutung einer Zustimmung zu. Dies gilt insbesondere bei dem im HGB nicht ausdrücklich geregelten kaufmännischen Bestätigungsschreiben. Unter bestimmten Voraussetzungen muss der Kaufmann unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Reagiert er nicht auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben und schweigt, so darf dies als Annahme gewertet werden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung sieht das HGB bei Anträgen gegenüber einem Kaufmann vor. Auch in diesem gesetzlich geregelten Fall kann das Schweigen des Kaufmanns unter bestimmten Voraussetzungen als Annahme des Antrags gelten.
II. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
1. Allgemeines
Die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben haben sich ursprünglich aus Handelsbräuchen entwickelt, stellen mittlerweile aber Gewohnheitsrecht dar. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben hat den Zweck, den genauen Inhalt eines verhandelten Vertrags zu Beweiszwecken zu fixieren. Durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben soll somit Sicherheit und Klarheit im Handelsverkehr geschaffen werden. In rechtlicher Hinsicht stellt das Bestätigungsschreiben eine Beweisurkunde dar, die bei widerspruchsloser Hinnahme durch den Empfänger eine unwiderlegbare Vermutung für den Abschluss, aber auch den Inhalt des Vertrags schafft.
2. Persönliche und sachliche Voraussetzungen
In persönlicher Hinsicht sind die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht nur auf Kaufleute beschränkt. Sie gelten vielmehr auch, wenn der Empfänger des Schreibens als Kaufmann kraft Rechtsschein auftritt oder es sich bei ihm um einen Kleingewerbetreibenden, Landwirt oder Freiberufler handelt. Nach der Rechtsprechung ist lediglich entscheidend, dass der Empfänger des Schreibens in kaufmannsähnlicher Weise am Geschäftsverkehr teilnimmt.
In sachlicher Hinsicht muss das Geschäft für beide Vertragsteile in die berufliche oder gewerbliche Sphäre fallen. Rechtsgeschäfte aus der Privatsphäre kommen somit für ein Bestätigungsschreiben nicht in Betracht.
3. Sonstige Voraussetzungen
Die Vertragsparteien müssen in geschäftlichem Kontakt, also in Vertragsverhandlungen, getreten sein. Die Rechtsprechung verlangt mündliche, fernmündliche oder telegrafische Kommunikation. Bei rein schriftlichen Verhandlungen ist nach der Rechtsprechung für ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kein Raum. Aus dem Inhalt des Bestätigungsschreibens muss der Wille des Bestätigenden, den wesentlichen Inhalt des als geschlossen bezeichneten Vertrages endgültig und vollständig wiederzugeben, erkennbar sein. Daran fehlt es, wenn bei Vertragsverhandlungen ein wichtiger Punkt erkennbar nicht geregelt worden ist. Des Weiteren muss das Bestätigungsschreiben in zeitlich engem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen abgesandt werden und zugegangen sein.
4. Wirkungen des Schweigens
Geht ein Widerspruch dem Absender nicht rechtzeitig zu, wird dessen Zustimmung fingiert. Die Fiktion führt zu der unwiderlegbaren Vermutung, dass zuvor ein Vertrag mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens geschlossen worden ist. Hierauf können sich beide Vertragsparteien berufen. Bezüglich der Vollständigkeit gilt allerdings nur eine widerlegliche Vermutung. Auf weitere Abreden können sich somit beide Parteien berufen.
5. Grenzen der Zustimmungsfiktion
In folgenden Fällen wird das Schweigen des Empfängers nicht als Zustimmung angesehen:
Der Bestätigende hat das Bestätigungsschreiben bewusst unrichtig abgefasst.
Der Inhalt des Bestätigungsschreibens weicht vom Inhalt des Vereinbarten so stark ab, dass mit einem Einverständnis des Empfängers nicht gerechnet werden kann.
Bei sich kreuzenden Bestätigungsschreiben, die inhaltlich divergieren, ist eine Zustimmung des Empfängers nicht zu erwarten, dessen Widerspruch daher auch nicht nötig.
Die Grundsätze über das Bestätigungsschreiben gelten schließlich nicht, wenn der Empfänger des Bestätigungsschreibens sich eine schriftliche Annahme vorbehalten hat.
Eine Anfechtung des Bestätigungsschreibens wegen Willensmängeln auf Seiten des Empfängers kommt hingegen nicht in Betracht: Ein Irrtum über die rechtliche Bedeutung des Schweigens wäre ein unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum. Eine Anfechtung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil sonst der Zustimmungsfiktion ihre Bedeutung genommen würde. Auch die irrtümliche Annahme, dass das Bestätigungsschreiben das Ergebnis der Verhandlungen zutreffend widerspiegelt, ist für eine Anfechtung unbeachtlich.
6. Besonderheiten im elektronischen Rechtsverkehr
Kommt der Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zustande, so muss dem Besteller der Zugang seiner Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege bestätigt werden (§ 312i Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB). Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Düsseldorf ist eine automatisch gerierte und mit „Auftragsbestätigung” überschriebene Email als Vertragsannahme zu werten.