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Handelsrechtliche Vorschriften für Bürgschaften, Zinsen, Kontokorrent
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Besonderheiten bei Handelsgeschäften
Für Handelsgeschäfte gelten gegenüber dem allgemeinen Privatrecht Besonderheiten. Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Liegt ein Handelsgeschäft vor, so findet Handelsrecht Anwendung, welches häufig Abweichungen und Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen bürgerlichen Recht vorsieht. Die Anwendung der besonderen handelsrechtlichen Vorschriften setzt voraus, dass das Geschäft mindestens für eine Vertragsseite ein Handelsgeschäft ist. Die im Nachfolgenden zu behandelnden besonderen handelsrechtlichen Vorschriften finden daher auch dann Anwendung, wenn nur eine Vertragspartei Kaufmann ist.
II. Bürgschaft
Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Hauptschuld einzustehen. Nach den Regelungen im BGB muss die Erklärung in Schriftform erfolgen.
Die Formvorschrift für die Bürgschaftserklärung gilt für den Kaufmann nicht, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist. Der Grund für diese Formerleichterung liegt darin, dass Kaufleute wegen ihrer größeren Geschäftserfahrung als weniger schutzwürdig angesehen werden. Die Befreiung vom Formerfordernis ist dispositiv.
Dem Bürgen steht grundsätzlich die Einrede der Vorausklage zu. Dies bedeutet, dass der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat, sog. Einrede der Vorausklage.
Eine Ausnahme gilt, wenn der Bürge Kaufmann ist. In diesem Fall haftet er selbstschuldnerisch, d.h. ihm steht also die für die bürgerlich-rechtliche Bürgschaft vorgesehene Einrede der Vorausklage nicht zu. Hintergrund für diese Regelung ist auch hier, dass der kaufmännische Bürge wegen seiner größeren Geschäftserfahrung als weniger schutzwürdig als eine Privatperson angesehen wird und damit auch strenger haftet. Die handelsrechtliche Regelung zur selbstschuldnerischen Bürgschaft des Kaufmanns ist allerdings eine dispositive Regelung. Folglich kann der Kaufmann die Einrede der Vorausklage im Bürgschaftsvertrag vertraglich vereinbaren. In diesem Fall finden wiederum die Vorschriften des BGB Anwendung.
Praxistipp: In der Praxis sind mündliche Bürgschaften, Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnisse äußerst selten. Praktische Bedeutung hat die Formfreiheit bei der sog. Blankobürgschaft. In diesen Fällen unterschreibt der Bürge ein Formular blanko und ermächtigt den Gläubiger mündlich, seine Erklärung zu vervollständigen.
In der Praxis spielt die Bürgschaft insbesondere bei Bauleistungen als sog. Vertragserfüllungsbürgschaft eine besondere Rolle. Nach aktueller Rechtsprechung können Abschlagszahlungsregelungen, die vorsehen, dass der Auftraggeber trotz vollständig erbrachter Werkleistung einen Teil des Werklohns einbehalten darf, zur Unwirksamkeit einer Sicherungsabrede betreffend eine Vertragserfüllungsbürgschaft führen, wenn sie in Verbindung mit dieser bewirken, dass die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten das Maß des Angemessenen überschreitet .
III. Zinsen
Nach den Vorschriften des BGB beträgt der gesetzliche Zinssatz 4 %. Vertraglich können aber auch nach allgemeinem Zivilrecht andere Zinssätze vereinbart werden. Das HGB erhöht den Zinssatz für beiderseitige Handelsgeschäfte auf 5 %. Auch dem Kaufmann steht es allerdings frei, einen anderen Zinssatz zu vereinbaren. Ein abweichender Zinssatz kann sich ferner auch aufgrund bestimmter Handelsbräuche ergeben.
Die Zinsschuld kann entweder auf Gesetz oder auf Vertrag beruhen. Auf Gesetz beruht die Zinsschuld beim Aufwendungsersatz.
Für Verzugszinsen gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Der Verzugszins beträgt 5 %-Punkte über Basiszins. Ist an dem Rechtsgeschäft ein Verbraucher nicht beteiligt, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 %-Punkte über dem Basiszins. Weiterhin sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern. Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften entsteht die Zinspflicht erst mit Verzug oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit, also in dem Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch vor Gericht geltend gemacht wird. Der Grund dafür, dass der Kaufmann bereits ab Fälligkeit seiner Forderung Zinsen verlangen kann, liegt darin, dass er nicht von verspäteten Zahlungen profitieren soll.
Eine Forderung ist fällig, wenn der Gläubiger die Leistung gemäß vertraglicher Abrede oder kraft Gesetzes verlangen kann. Vor Stellung der Rechnung liegt keine Fälligkeit vor. Eine gewährte Stundung kann die Fälligkeit hinausschieben. Gerät der Gläubiger in Annahmeverzug, entfällt die Zinspflicht.
Wie das allgemeine Zivilrecht gewährt auch das Handelsrecht keine Zinseszinsen. Auch im Handelsverkehr gilt, dass Zinseszinsen im Voraus nicht vereinbart werden können. Eine Ausnahme gilt nur für Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften.