Insolvenzverfahren: Stundung der Verfahrenskosten bei möglicher Ratenzahlung des Schuldners
Gesetze: § 4a Abs 1 InsO, § 4a Abs 3 S 2 InsO
Instanzenzug: LG Trier Az: 6 T 15/11 Beschlussvorgehend AG Trier Az: 23 IN 16/11 Beschluss
Gründe
I.
1Der früher selbständige und heute als Arbeitnehmer beschäftigte Schuldner hat eine am geborene Tochter, die noch zur Schule geht und der er unterhaltsverpflichtet ist. Am hat er die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens, Restschuldbefreiung und die Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO beantragt. Das Insolvenzgericht hat, soweit im Verfahren der Rechtsbeschwerde noch von Belang, den Stundungsantrag zurückgewiesen und ihm aufgegeben, innerhalb von zwei Wochen einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.000 € zur Deckung der Verfahrenskosten zu zahlen. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er den Stundungsantrag weiter.
II.
2Dem Schuldner war gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er hat nach frist- und formgerecht eingelegter Rechtsbeschwerde und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe frist- und formgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Rechtsbeschwerde begründet, § 234 ZPO.
III.
3Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 4d Abs. 1, §§ 6, 7 InsO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch im Übrigen zulässig, weil die angefochtene Entscheidung von der Senatsrechtsprechung zu § 4a InsO abweicht. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
41. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 4a Abs. 1 InsO lägen nicht vor. Dazu müsste das Vermögen des Schuldners, also die spätere Insolvenzmasse, nicht ausreichen, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Das sei nicht der Fall. Das Insolvenzgericht habe bei der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Stundung die maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Ansehung der Pfändungsgrenzen berücksichtigt.
52. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6Die Verfahrenskosten sind dem Schuldner nur dann nach § 4a Abs. 1 InsO zu stunden, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) zu decken. Dabei ist dieses Vermögen nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 35 bis 37 InsO über die Insolvenzmasse zu bestimmen (, NZI 2008, 47 Rn. 8), so dass auch der Neuerwerb, insbesondere - wie vorliegend - pfändbares Arbeitseinkommen, zu berücksichtigen ist (, NZI 2003, 665).
7Schon die nicht begründete Annahme des Beschwerdegerichts, das Vermögen des Schuldners reiche aus, um die Verfahrenskosten zu decken, erweist sich als nicht richtig. Das Beschwerdegericht legt dieser Wertung offensichtlich die Berechnung des Insolvenzgerichts zugrunde, wonach nach Zahlung des Kostenvorschusses in Höhe von 1.000 € die restlichen Verfahrenskosten aus dem während des Verfahrens erzielten pfändbaren Einkommen zu bestreiten sind. Denn eine eigene, von der des Insolvenzgerichts abweichende Berechnung der voraussichtlich anfallenden Verfahrenskosten und des Vermögens des Schuldners nimmt das Landgericht nicht vor. Aus der vom Landgericht übernommenen Bewertung des Insolvenzgerichts ergibt sich jedoch, dass der Schuldner kein anderes Vermögen hat als sein als Neuerwerb zu qualifizierendes, erst noch zu erzielendes pfändbares Arbeitseinkommen und dass diese zu erwartenden Einnahmen voraussichtlich nicht ausreichen werden, die Verfahrenskosten zu decken; denn sonst hätte das Insolvenzgericht keinen Kostenvorschuss angefordert.
8Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Verfahrenskosten selbst dann zu stunden, wenn der Schuldner unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer des Bewilligungszeitraums die in den jeweiligen Verfahrensabschnitten - Eröffnungsverfahren, Hauptverfahren, Wohlverhaltensperiode - anfallenden Kosten (§ 4a Abs. 3 Satz 2 InsO) im Wege der Ratenzahlung, nicht aber in einer Einmalzahlung aufbringen kann (vgl. aaO, 665 f; vom - IX ZB 205/05, ZInsO 2006, 773 Rn. 11; vom - IX ZB 149/05, NZI 2008, 47 Rn. 8). Das aber ist nach den Feststellungen des Insolvenzgerichts, die das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, gerade nicht der Fall. Dem Schuldner steht nämlich nach diesen Berechnungen ein pfändbares Einkommen von monatlich nur 347,05 € zur Verfügung, er soll aber 1.000 € an das Insolvenzgericht zahlen.
9Da die für § 4a InsO erforderlichen Feststellungen getroffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
10Über den bereits gestellten Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten für die Wohlverhaltensphase wird das Insolvenzgericht zur gegebenen Zeit zu entscheiden haben.
IV.
11Über die Kosten war nicht zu entscheiden. Gerichtsgebühren sind in Bezug auf die Beschwerde gemäß §§ 4a, 6, 7 InsO weder im Beschwerde- noch im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallen, weil die Rechtsmittel des Schuldners Erfolg hatten (Nr. 2361, 2364 KV GKG). In Bezug auf die sofortige Beschwerde gemäß §§ 793, 850f ZPO ist zwar die Gebühr (Nr. 2121 KV GKG) angefallen, weil das Beschwerdegericht insoweit rechtskräftig die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat. Insoweit haftet der Schuldner jedoch schon als Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 1 Abs. 4 und Abs. 1 Nr. 1 GKG. Da es sich bei dem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO und dem Antrag auf Änderung des unpfändbaren Betrages nach § 850f ZPO um zwei selbständige Anträge handelt, können die Gebühren aus Nr. 2121 und 2361 KV GKG nebeneinander anfallen, auch wenn das Insolvenzgericht über die beiden Anträge in einem Beschluss entschieden, der Schuldner nur eine sofortige Beschwerde eingelegt und das Beschwerdegericht sodann ebenfalls in einem Beschluss entschieden hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., KV 1810 Rn. 8).
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring
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Fundstelle(n):
NAAAE-02707