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Inhalt, Erteilung und Missbrauch der Prokura
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition der Prokura
Das Handelsrecht kennt spezielle Vollmachten, nämlich die Prokura und die Handlungsvollmacht. Für diese Vollmachten gelten neben den speziellen Vorschriften im HGB die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen über die Stellvertretung. Der Umfang der Prokura ist gesetzlich festgelegt und kann im Außenverhältnis durch Rechtsgeschäft nur in Ausnahmefällen beschränkt werden. Die Position des Prokuristen im Geschäftsleben hat sich stark verändert. Während der Prokurist bei der Konzeption des HGB als direkt dem Geschäftsinhaber nachgeordnet angesehen wurde, hat sich die Stellung des Prokuristen im Laufe der Jahre abgeschwächt. Insbesondere in Großunternehmen ist der Prokurist heute zu einem nachgeordneten Entscheidungsträger weit unterhalb der Vorstands- und Geschäftsführerebene geworden. Bisweilen dient die Prokura auch weniger praktischen Erfordernissen der Außenvertretung als vielmehr der bloßen Hervorhebung von Führungskräften im nachgeordneten Bereich gegenüber ihren Mitarbeitern.
II. Erteilung der Prokura
Prokura kann nur erteilt werden von
Kaufleuten,
Handelsgesellschaften,
eingetragenen Genossenschaften,
juristische Personen,
kaufmännische Unternehmen von Gebietskörperschaften,
Erbengemeinschaften.
Auch Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlasspfleger, die das Handelsgeschäft fortführen, können Prokura erteilen. Nach einer aktuellen Entscheidung kann auch der Apotheker, obgleich für ihn das Gebot der persönlichen Leitung der Apotheke besteht (§ 7 ApoG), Prokura erteilen ( (Wx). Keine Prokura können hingegen erteilen
Kleingewerbetreibende,
Partner einer Partnergesellschaft ,
der Prokurist selbst.
Prokuristen können nur natürliche Personen, darunter auch der Kommanditist oder ein stiller Gesellschafter, sein.
Die Prokura ist ausdrücklich zu erteilen, wobei das Wort „Prokura” nicht notwendigerweise verwendet werden muss, wenn diese zweifelsfrei gemeint ist. Formulierungen wie z. B. Ermächtigung zur Zeichnung „ppa” oder „Vollmacht i. S. v. § 48 HGB” reichen aus. Bei der sog. Außenvollmacht erfolgt die Prokuraerteilung gegenüber Dritten. Die Prokuraerteilung kann auch durch öffentliche Kundgabe der Bevollmächtigung entstehen, z. B. über das Handelsregister.
Die Zuständigkeit für die Erteilung einer Prokura bestimmt sich stets nach der Verfassung des Unternehmens, welches Prokura erteilen will. Bei der oHG bedarf die Bestellung eines Prokuristen der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter. Bei der GmbH wird die Prokura durch den Geschäftsführer erteilt. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist dabei im Innenverhältnis nötig.
Die Prokura kann mehreren Personen gemeinschaftlich erteilt werden, sog. Gesamtprokura. In diesen Fällen können die Prokuristen nur gemeinschaftlich vertreten. Die passive Vertretung, also der Empfang von Willenserklärungen erfolgt hingegen durch einen Gesamtprokuristen allein.
Möglich ist die sog. halbseitige Gesamtprokura:
A wird Einzelprokura erteilt und B wird Gesamtprokura dahingehend erteilt, dass er nur gemeinsam mit A handeln darf.
Ein Unterfall der halbseitigen Gesamtprokura ist die gemischte Gesamtprokura:
Die Prokura des A wird an die Mitwirkung eines (allein-) oder gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafters oder Vorstands oder Organmitglieds gebunden.
Unzulässig ist hingegen die Gesamtvertretung des einzigen vertretungsberechtigten Gesellschafters mit einem Prokuristen. Dies würde den Grundsatz der Selbstorganschaft verletzen.
Die Erteilung der Prokura ist vom Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. In der Anmeldung ist anzugeben, ob die Prokura als Gesamtprokura erteilt worden ist. Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise zum Handelsregister anzumelden. Wie alle Anmeldungen zum Handelsregister muss auch die Prokuraanmeldung elektronisch in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden.