Zweck des § 171 Abs. 4 AO
Gesetze: AO § 171 Abs. 14
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet.
2 1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) zuzulassen, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) keinen Verfahrensmangel geltend gemacht hat, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Unabhängig davon, ob das Finanzgericht (FG) zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) „ausweislich der Akten” zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder stillschweigend der Umsatzsteuervoranmeldung zugestimmt hat oder ob sich —so die Klägerin— eine Zustimmung des FA aus der Zusendung einer Abtretungsanzeige (Bl. 77 FG-Akte) ergibt, beruht das Urteil des FG hierauf nicht, weil es sich hierbei nur um eine Hilfserwägung handelt. Denn das FG hat das Vorliegen eines Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 171 Abs. 14 AO im Wesentlichen deshalb abgelehnt, weil es aufgrund der Voranmeldung nicht zu einer Zahlung gekommen ist. Ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO setzt eine Zahlung ohne rechtlichen Grund voraus („Ist eine Steuer, eine Steuervergütung…ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden ...”). Ein Rückforderungsanspruch i.S. des § 37 Abs. 2 AO ist daher nur der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht —ohne rechtlichen Grund— ausgezahlter Vorsteuerüberschüsse (, BFH/NV 1995, 853; vom VII R 191/82, BFHE 143, 412, BStBl II 1985, 488, nicht dagegen der Anspruch auf Vorsteuerabzug, der auf Entlastung von der Steuer gerichtet ist, die der leistende Unternehmer —mit rechtlichem Grund— als Teil des Preises auf den Leistungsempfänger abgewälzt hat (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 16 Rz 43 ff.).
3 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zum Zwecke der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
4 a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, innerhalb der Beschwerdefrist eine abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung für die Allgemeinheit zukommen soll (z.B. , BFH/NV 2007, 1705). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss hinreichend konkretisiert und in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargelegt werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Darzulegen ist, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2011, 1165, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer darüber hinaus begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Frage für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des BFH vorgebracht worden sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1165, m.w.N.; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33, m.w.N.). Gleiches gilt für den von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), der ein Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung ist. In beiden Fällen muss es sich um eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage handeln (z.B. , BFH/NV 2007, 902).
5 b) Die Beschwerde erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
6 Die Klägerin hat es versäumt, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren. Die im Schriftsatz vom formulierte Rechtsfrage ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. Ganz abgesehen davon hat sich die Klägerin weder mit der Rechtsprechung zu § 171 Abs. 14 AO auseinandergesetzt, noch dargelegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Insbesondere soweit die Klägerin meint, § 171 Abs. 14 AO sei verfassungswidrig, fehlt es schon an der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung hierzu. Denn es ist geklärt, dass der Zweck des § 171 Abs. 14 AO darin besteht, zu Gunsten des FA zu vermeiden, dass der Steuerpflichtige mit der Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekannt gegeben worden, innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist eine Erstattung der gezahlten Steuern verlangen kann, ohne dass das FA die Steuerfestsetzung innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheids nachholen könnte (, BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430). Dass diese Regelung verfassungsgemäß ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (Beschluss vom 2 BvR 1114/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2003, 718).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AO-StB 2012 S. 82 Nr. 3
BFH/NV 2012 S. 373 Nr. 3
IAAAE-00555