BGH Beschluss v. - 4 StR 417/11

Sicherungsverwahrung: Anforderungen an die Begründung bei Feststellung eines Hangs

Gesetze: § 66 Abs 1 S 1 Nr 3 StGB vom , § 66 Abs 3 StGB vom , § 267 Abs 6 S 1 StPO

Instanzenzug: LG Schwerin Az: 31 KLs 17/10

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Diebstahls und schweren Raubes schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten Po.    zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten und den Angeklagten P.      zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten P.      in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

2Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagte mit ihren Revisionen und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Lediglich das Rechtsmittel des Angeklagten P.      hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.

3Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Po.    nicht ergeben.

II.

4Entsprechendes gilt hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs, soweit der Angeklagte P.      verurteilt worden ist. Die Anordnung der Unterbringung dieses Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand.

51. Das Landgericht hat die formellen Voraussetzungen der Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB a.F., die bei der vor dem begangenen Anlasstat nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des Art. 316e Abs. 1 und 2 EGStGB sowie der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom – 2 BvR 2365/09 (NJW 2011, 1931, Tz. 172) getroffenen Fortgeltungsanordnung weiterhin anzuwenden ist, rechtsfehlerfrei bejaht.

62. Die Gesamtwürdigung, auf deren Grundlage die Strafkammer zur Annahme eines Hangs des Angeklagten zu schweren Gewalttaten im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. i.V.m. der genannten Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts gelangt ist, leidet indes an einem Begründungsmangel, weil der Senat nicht prüfen kann, ob die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtsfehlerfrei angenommen worden sind.

7a) Gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO muss die Anordnung einer Maßregel aus sich heraus verständlich im Urteil begründet werden. Wird, was regelmäßig der Fall sein wird, die Feststellung eines Hangs auch mit den Vorverurteilungen des Täters begründet, dürfen sich die Urteilsgründe nicht mit der bloßen Mitteilung dieser Verurteilungen nach Schuldspruch und Strafmaß begnügen (, NStZ 2007, 478, Tz. 5). Vielmehr müssen die Urteilsgründe im Zusammenhang mit der Darstellung des Werdegangs des Täters eine eingehende Mitteilung der Einzelheiten seiner Vortaten und ihrer Genese enthalten (BGH aaO; vgl. auch , NStZ-RR 1998, 6 Tz. 5, 6).

8b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

9Das Landgericht hat die für die Annahme eines Hanges erforderliche Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der delinquenten Entwicklung des Angeklagten seit seiner ersten Straftat im Alter von 14 Jahren vorgenommen und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass die Verbüßung der in der Vergangenheit verhängten, auch langjährigen Freiheitsstrafen diesen nicht nachhaltig zu beeindrucken vermocht habe. Die Feststellungen zur Person und zum Werdegang des Angeklagten enthalten insoweit aber nur die Mitteilung der Tat- und Urteilsdaten sowie der Schuld- und der Rechtsfolgenaussprüche. Es fehlen nähere Darlegungen zu den verübten Taten, zu ihren Begleitumständen und zu Art und Folgen der jeweils verübten Gewalt. Die Maßregelanordnung, die im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund der nur knapp mitgeteilten Delikte auch unter Berücksichtigung der nach Maßgabe der Entscheidung des gebotenen strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht fern liegt, entzieht sich daher der gebotenen umfassenden rechtlichen Überprüfbarkeit durch den Senat.

Ernemann                                       Roggenbuck                                       Cierniak

                           Franke                                               Quentin

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Fundstelle(n):
WAAAD-98739