Fristbeginn für die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung einer Insolvenzverwaltervergütung
Gesetze: § 6 InsO, § 7 InsO, § 9 Abs 1 S 3 InsO, § 64 Abs 2 InsO, § 569 ZPO
Instanzenzug: Az: 5 T 178/10 Beschlussvorgehend Az: 56 IN 237/02 Beschluss
Gründe
I.
1Die weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Verwalterin) ist Insolvenzverwalterin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH. Es gibt drei Parallelverfahren, die Gesellschaften der nämlichen Firmengruppe betreffen. Die Verwalterin hat beantragt, ihre Vergütung nebst Auslagen auf 61.714,45 € festzusetzen.
2Am fasste das Insolvenzgericht - Rechtspfleger - folgenden Beschluss:
"In … wird
1. das Verfahren schriftlich beendet;
2. die Vornahme der Schlussverteilung genehmigt;
3. darauf hingewiesen, dass Einwendungen gegen
a) die Schlussrechnung und das Schlussverzeichnis,
b) eine eventuell abweichende Vergütungsregelung,
c) die Auszahlung von Zuteilungsbeträgen …
von den Insolvenzgläubigern beim Insolvenzgericht schriftlich einzureichen sind bis zum , andernfalls wird nach Aktenlage entschieden.
Außerdem wird mitgeteilt, dass
a) die Vergütung der Insolvenzverwalterin festgesetzt wurde und
b) der vollständige Beschluss sowie weitere Unterlagen zur Schlussrechnung, die Tabelle sowie eventuell eingehende Widersprüche auf der Geschäftsstelle zur Einsicht ausliegen."
3Mit weiterem Beschluss vom setzte das Insolvenzgericht die Vergütung auf 51.094,66 € fest. Der Beschluss über die Ankündigung der Schlussverteilung wurde am im Internet veröffentlicht. Der Beschluss über die Festsetzung der Vergütung wurde der Schuldnerin und der Verwalterin zugestellt, jedoch nicht - auch nicht auszugsweise - veröffentlicht.
4Am hat die weitere Beteiligte zu 2 (fortan: Gläubigerin) sofortige Beschwerde gegen den Vergütungsbeschluss eingelegt. Am hat sie hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Verwalterin hat am Anschlussbeschwerde eingelegt mit dem Ziel, eine höhere Vergütung zu erhalten. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin weiterhin die Herabsetzung der Vergütung auf 9.334,06 € erreichen.
II.
5Die Rechtsbeschwerde ist nach § 64 Abs. 3, §§ 6, 7 InsO aF statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
61. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen eingelegt worden sei. Die Frist habe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO am dritten Tag nach der Veröffentlichung begonnen. Dass nicht der vollständige Vergütungsbeschluss, sondern nur derjenige Beschluss veröffentlicht worden sei, welcher die Mitteilung über die Festsetzung enthalten habe, schade nicht. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 InsO könne der Beschluss auch auszugsweise veröffentlicht werden; die festgesetzten Beträge seien gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht zu veröffentlichen. Auch der Hinweis des Rechtspflegers, dass Einwendungen gegen eine eventuell abweichende Vergütungsregelung bis zum erhoben werden könnten, ändere im Ergebnis nichts. Die Notfrist des § 569 ZPO sei als gesetzliche Frist nicht verlängerbar (§ 224 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden. Die Gläubigerin müsse sich das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO), der einem vermeidbaren, nicht unverschuldeten Rechtsirrtum unterlegen sei.
72. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Veröffentlichung des Beschlusses vom , in welchem die Festsetzung der Vergütung nur mitgeteilt wurde, hat die Frist zur sofortigen Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss nicht in Lauf gesetzt.
8a) Gemäß § 6 Abs. 2 InsO beginnt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen eine nicht verkündete Entscheidung mit deren Zustellung. Der Vergütungsbeschluss ist der Gläubigerin nicht zugestellt worden. Zum Nachweis der Zustellung genügt gemäß § 9 Abs. 3 InsO aber auch die öffentliche Bekanntmachung. Diese erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende, auch auszugsweise Veröffentlichung im Internet. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind (§ 9 Abs. 1 InsO). Für den Beschluss, in dem die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters festgesetzt werden, ordnet § 64 Abs. 2 InsO zusätzlich die Zustellung an den Verwalter, den Schuldner und gegebenenfalls die Mitglieder des Gläubigerausschusses an. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
9 b) Der Vergütungsbeschluss vom ist nicht veröffentlicht worden. Die Veröffentlichung eines anderen Beschlusses - des Beschlusses vom , in welchem die Aufhebung des Verfahrens angekündigt worden ist - vermag die in § 64 Abs. 2 InsO vorgeschriebene Veröffentlichung des Vergütungsbeschlusses nicht zu ersetzen. Die nachrichtliche Mitteilung der Festsetzung der Vergütung in der Bekanntmachung eines anderen Beschlusses reicht hierfür nicht aus.
III.
10Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich; daher ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da der Ausgangsbeschluss noch nicht veröffentlicht worden ist, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache unter Aufhebung auch dieser Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (vgl. , BGHZ 160, 176, 185). Dieses wird das Vorbringen beider Parteien zu prüfen und zu bewerten haben.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring
Fundstelle(n):
RAAAD-97935