Widerruf der Bestellung eines mit ca. 2 Mio. Euro überschuldeten Steuerberaters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei
behaupteter Finanzierung des bisherigen Lebensstandards durch die Ehefrau und Tätigkeit als angestellter Geschäftsführer einer
Steuerberatungsgesellschaft
Leitsatz
1. Durch das Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich nichts an der gesetzlichen Grundentscheidung geänder, dass den Beruf
des Steuerberaters nur ausüben dürfen soll, wer in geordneten Vermögensverhältnissen lebt. Allein die Möglichkeit, die wirtschaftliche
Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, insbesondere durch Restschuldbefreiung
(§§ 286 ff. InsO) zu bereinigen, ist für das Vorliegen des Widerrufstatbestands des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG unerheblich.
2. Der Widerruf der Bestellung als Steuerberater ist nicht zu beanstanden, wenn nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung
des Steuerberaters bei einem Vermögen von ca. 4.000 Euro und Verbindlichkeiten von knapp 2 Mio. Euro das Insolvenzverfahren
über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet worden ist und weder die Vermutung des Vermögensverfalls noch die Gefährdung
von Mandanteninteressen substantiiert wiederlegt worden ist. Der Vortrag, dass ein in Vermögensverfall geratener Steuerberater
wegen des Risikos des Widerrufs keine kriminellen Handlungen begehen würde, und die nicht näher belegte Behauptung, mit dem
Einkommen der Ehefrau ohne Probleme den bisherigen Lebensstandard aufrecht erhalten zu können, stellen keine konkreten Argumente
in diesem Sinne dar.
3. Soweit der ehemalige Steuerberater sich darauf beruft, dass er nunmehr als angestellter Steuerberater einer Steuerberatungsgesellschaft
nach seinem Arbeitsvertrag keinen direkten Kontakt mit Mandanten haben dürfe, ihm auch eine anderweitige Steuerberatungstätigkeit
im Rahmen des Arbeitsvertrags untersagt sei und dass er seinen bisherigen Mandantenstamm verpachten wolle, kann das die Vermutung
des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG insbesondere dann nicht widerlegen, wenn der Steuerberater Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft
bleiben will, nach dem Anstellungsvertrag Nebentätigkeiten zulässig sind, die vertraglichen Verbote der Kontaktaufnahme mit
Mandanten sowie einer anderweitigen Steuerberatungstätigkeit nicht effektiv kontrolliert werden können und trotz der beabsichtigten
Verpachtung des bisherigen Mandantenstamms eine weitere Beauftragung durch die bisherigen Mandanten nicht ausgeschlossen ist.
4. Die Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG steht mit der nach Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit in Einklang
und ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
Fundstelle(n): EFG 2012 S. 876 Nr. 9 DAAAD-97876
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