Wohnungseigentumsverfahren: Zulässigkeit der Beschlussanfechtungsklage bei Einreichung der Eigentümerliste erst in zweiter Instanz
Gesetze: § 44 Abs 1 S 2 WoEigG, § 97 Abs 2 ZPO
Instanzenzug: Az: 11 S 211/09 Urteilvorgehend AG Radolfzell Az: 3 C 251/09
Tatbestand
1Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger zu 2 (im Folgenden: Kläger) hält u.a. den am unter TOP 6 f gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer über die Umlage der Instandhaltungsrücklage für rechtswidrig oder sogar für nichtig.
2Die innerhalb der Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG erhobene Beschlussanfechtungsklage hat er gegen die "Wohnungseigentümer des Grundstücks H. str. 1, R. Flst.-Nr. 2377" gerichtet und angefügt: "Die vorläufige Bezeichnung der Beklagten richtet sich nach § 44 Abs. 1 WEG". Die Klage ist dem Verwalter zugestellt worden.
3Das Amtsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. In der Berufungsinstanz ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erforderliche Benennung der Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entgegen der Ankündigung in der Klageschrift unterblieben sei. Der Kläger hat daraufhin eine Liste mit Namen und ladungsfähigen Anschriften der Beklagten vorgelegt.
4Das Landgericht hat die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er den Antrag, den Beschluss für ungültig, hilfsweise für nichtig zu erklären, weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Gründe
I.
5Das Berufungsgericht meint, die Klage sei unzulässig, weil die Beklagten entgegen § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz mit Namen und ladungsfähiger Anschrift benannt worden seien.
II.
6Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
71. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Klage - wie nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG geboten - gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist.
8Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klageschrift in diesem Punkt nicht mehrdeutig. Zwar heißt es dort, dass Beklagte "die Wohnungseigentümer des Grundstücks …" seien, und nicht - was zutreffend gewesen wäre - "die übrigen Wohnungseigentümer des Grundstücks…". Gleichwohl besteht kein Zweifel daran, dass Letzteres gemeint war. Das ergibt sich daraus, dass im Regelfall davon auszugehen ist, dass diejenige Person(en) als Partei anzusehen ist (sind), die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (vgl. , NJW-RR 2008, 582, 583 mwN). Das sind nicht alle, sondern nur die übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers. Bei verständiger Würdigung kann ausgeschlossen werden, dass der Kläger sich - unzulässigerweise - auch selbst verklagen wollte.
9Nicht zu folgen ist der Revisionserwiderung auch insoweit, als sie meint, der Kläger habe später "klargestellt", dass sich die Klage gegen den Verband, also die Wohnungseigentümergemeinschaft, richte. Allerdings hat der Kläger später, in einem Schriftsatz in zweiter Instanz, Unverständliches vorgetragen. Nach dem gerichtlichen Hinweis auf die - immer noch - fehlende Eigentümerliste hat er unter Hinweis auf § 44 Abs. 2 Satz 2 WEG gemeint, deren Vorlage bedürfe es nicht, wenn - wie hier - eine Beiladung der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht erfolgt sei. Daraus ist indes - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - nicht zu schließen, der Kläger habe den Verband verklagen wollen. Zum einen betrifft § 44 Abs. 2 Satz 2 WEG kein gegen den Verband gerichtetes Verfahren, sondern - wie die in Bezug genommene Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG deutlich macht - eine Klage gegen einen oder einzelne Wohnungseigentümer oder gegen den Verwalter. Zum anderen läge in dem Wechsel von den zunächst verklagten (übrigen) Wohnungseigentümern auf den Verband eine Klageänderung (für den umgekehrten Fall: Senat, Urteil vom - V ZR 73/09, NJW 2010, 446, 447), die von dem Kläger allenfalls angekündigt und von dem Berufungsgericht jedenfalls nicht zugelassen worden ist. Der Kläger hat sie schließlich auch nicht weiterverfolgt, sondern die Eigentümerliste mit den Namen und ladungsfähigen Anschriften der beklagten (übrigen) Wohnungseigentümer eingereicht. Das wiederum belegt, dass die Klage sich nach wie vor gegen diese richtet.
102. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei unzulässig, weil die Eigentümerliste mit den Namen und ladungsfähigen Anschriften der Beklagten nicht - wie es § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG fordert - bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nachgereicht worden ist. Richtig ist, dass die Klage in erster Instanz wegen dieses Versäumnisses als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen (Senat, Urteil vom - V ZR 190/10, NJW 2011, 1738). Der Senat hat indes - freilich zeitlich nach dem angefochtenen Urteil - entschieden, dass dieser Zulässigkeitsmangel, nicht anders als andere Zulässigkeitsmängel, im Berufungsrechtszug geheilt werden kann (Urteil vom - V ZR 99/10, WuM 2011, 481). Er hat dies zwar nur für das Fehlen der ladungsfähigen Anschriften entschieden, weil sich das Versäumnis in dem konkreten Fall darauf beschränkte. Dasselbe gilt aber - naheliegend - auch für das Fehlen der Namensangaben. Die Klage kann dann in zweiter Instanz nicht mehr als unzulässig abgewiesen werden. Auf die materielle Ausschlussfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG bleibt der zunächst gegebene und später geheilte Zulässigkeitsmangel ebenfalls ohne Auswirkungen (Senat aaO). Zum Schutze der Beklagten ist allerdings zu prüfen, ob die Verfahrensweise des Klägers Kostenfolgen nach § 97 Abs. 2 ZPO hat.
III.
11Das angefochtene Urteil unterliegt daher der Aufhebung; die Sache ist zur Prüfung der Begründetheit der Klage an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland
Fundstelle(n):
NJW 2012 S. 997 Nr. 14
PAAAD-97230