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Werbungskosten und nachträgliche Schuldzinsen bei privaten Veräußerungsgeschäften
Ein Lehrstück zur Auslegung steuerrechtlicher Normen und zur Rechtsfortbildung im Steuerrecht
Der BFH hat zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Schuldzinsen nach Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung i. S. von § 17 EStG eine neue Diskussion um den Begriff der Werbungskosten ausgelöst. Bereits zwei Finanzgerichte haben die Frage aufgeworfen, ob diese Rechtsprechungsänderung nicht auch auf nachträgliche Schuldzinsen im Zusammenhang mit privaten Veräußerungsgeschäften übertragen werden müsse. Die Beantwortung dieser Frage erfordert eine sorgfältige Analyse des Begriffs der Werbungskosten nach Maßgabe des Nettoprinzips und des ihm immanenten Veranlassungsgrundsatzes.
I. Auslegung und Fortbildung steuerrechtlicher Vorschriften
In der Rechtswissenschaft steht das Verstehen sprachlicher Äußerungen, d. h. die Erfassung ihres normativen Sinnes, im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. Namentlich Gesetze erschließen sich häufig nicht unmittelbar. Sie bedürfen regelmäßig der Reflektion und Auslegung. Auslegen meint dabei, den Sinn eines als mehrdeutig erkannten Textes zu erarbeiten. Dazu vergegenwärtigt man sich die denkbaren verschiedenen Bedeutungen eines Ausdrucks oder einer Wortfolge und fragt danach, welche dieser Möglichkeiten maßgeblich ist.