BGH Urteil v. - VIII ZR 47/11

Mietrechtsstreit um Schadenersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen: Inhaltskontrolle für eine Klausel über das "Weißen" von Decken und Wänden; Abgrenzung von Individualvereinbarung und Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Gesetze: § 305c BGB, § 535 BGB

Instanzenzug: LG Limburg Az: 3 S 149/10 Urteilvorgehend AG Limburg Az: 4 C 925/09

Tatbestand

1Der Beklagte war bis zum Mieter einer Wohnung der Klägerin in L.     . Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.

2Zu den Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag in § 3 folgende - vorgedruckte - Bestimmungen:

"…

4. Die Schönheitsreparaturen trägt □ Vermieter □ Mieter.

 Hat der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen, so hat er spätestens bei Ende des Mietverhältnisses alle bis dahin - je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung - erforderlichen Arbeiten auszuführen.

Der Verpflichtete hat die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung regelmäßig und fachgerecht vornehmen zu lassen.

Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere:

Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwänden sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.

5. Grundsätzlich werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen fällig:

in Küchen, Bädern und Duschen                                                  alle                        Jahre,

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten,              alle                        Jahre,

in anderen Nebenräumen                                                            alle                        Jahre.

…"

3Bei Ziffer 4 ist "Mieter" angekreuzt. Von wem das Vertragsformular zur Verfügung gestellt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Nachdem sich der Beklagte geweigert hatte, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses zu renovieren, ließ die Klägerin die Schönheitsreparaturen durch Handwerker ausführen.

4Die Klägerin hat Zahlung von 5.317,27 € nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 4.409,08 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

5Die Revision hat Erfolg.

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7Der Beklagte sei der Klägerin wegen unterlassener Schönheitsreparaturen zum Schadensersatz verpflichtet. Es könne offen bleiben, ob es sich bei dem von den Parteien verwendeten Vertragsformular um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Auch wenn dies zutreffe, sei die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen in § 3 Ziffer 4 des Mietvertrags wirksam auf den Beklagten abgewälzt worden. Diese Bestimmung stelle keine unzulässige Bedarfsklausel dar und erlege dem Beklagten auch keine unbedingte Endrenovierungspflicht auf. Schließlich liege auch keine unzulässige Kombination von Anfangs- und Endrenovierungspflicht vor.

II.

8Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass eine formularmäßige Überwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 3 Ziffer 4 des Mietvertrags schon deswegen - insgesamt - unwirksam ist, weil sie eine den Mieter unangemessen benachteiligende Farbvorgabe für die Ausführung der Dekoration enthält. Nach der - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch im Individualprozess gebotenen (vgl. , BGHZ 176, 244 Rn. 19) - kundenfeindlichsten Auslegung der Formularklausel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist die Pflicht des Mieters zum "Weißen" von Decken und Wänden dahin zu verstehen, dass ein Anstrich mit weißer Farbe vorzunehmen ist (Senatsurteil vom - VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716 Rn. 8). In dieser Auslegung liegt nach der Rechtsprechung des Senats eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, weil er auch während des laufenden Mietverhältnisses in der vorgegebenen Farbwahl dekorieren muss und dadurch in seiner persönlichen Lebensgestaltung eingeschränkt wird, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht (Senatsurteil vom - VIII ZR 344/08, aaO Rn. 9 f.; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 175/09, WuM 2010, 184 Rn. 3).

III.

9Somit kann das Urteil des Berufungsgerichts, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob es sich bei dem von den Parteien verwendeten Vertragsformular um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

Ball                                                     Dr. Milger                                            Dr. Hessel

                      Dr. Achilles                                                Dr. Fetzer

Fundstelle(n):
RAAAD-94082