BGH Beschluss v. - III ZR 89/11

Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof: Ablehnung eines Antrags auf Bestellung eines Notanwalts; Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags

Gesetze: § 78b Abs 1 ZPO, § 114 S 1 ZPO, § 233 ZPO, § 234 ZPO, § 544 Abs 2 ZPO

Instanzenzug: Az: I-18 U 111/10 Urteilvorgehend Az: 2b O 279/08

Gründe

11. Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Zu den zumutbaren Anstrengungen gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere, dass die Partei den Kostenvorschuss zahlt, den sie dem mit ihrer Vertretung beauftragten Rechtsanwalt schuldet (vgl. z.B. BGH, Beschlüsse vom - XII ZR 222/93, BGHR ZPO § 78b Vertretungsbereitschaft 1 und vom - IX ZB 45/09, ZInsO 2010, 1662 Rn. 1 mwN). Der Partei obliegt es im Rahmen der ihr zumutbaren Anstrengungen weiterhin, diesen Vorschuss so rechtzeitig vollständig zu zahlen, dass der Rechtsanwalt die Vertretung nicht berechtigterweise mit der Begründung ablehnen kann, ihm verbleibe keine angemessene Zeit mehr, die Sache mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten. Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden.

2Der Kläger hatte zunächst die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof S.    mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt. Diese haben mittlerweile das Mandat niedergelegt. Aus seinem eigenen Vorbringen und dem von ihm vorgelegten E-Mail-Verkehr mit seinen Rechtsanwälten, geht hervor, dass die Mandatsniederlegung darauf beruhte, dass der Kläger die Kostenvorschussforderung der Anwälte nicht vollständig beglichen hatte. Zwar mag er dies, wenn überhaupt, einen oder zwei Tage vor Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nachgeholt haben. Innerhalb dieser kurzen Zeit war aber eine sachgerechte Bearbeitung der Sache durch die Rechtsanwälte nicht mehr möglich, die aus diesem Grund auch die Wiederaufnahme des Mandats ablehnten.

32. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren scheidet ebenfalls aus, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO). Die bereits verlängerte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 2 ZPO) ist mittlerweile verstrichen, ohne dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt.

4Allerdings ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels zu gewähren, wenn sie um Prozesskostenhilfe nachsucht und vernünftigerweise nicht damit rechnen muss, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde (st. Rspr. z.B. BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140, 141; vom - XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 1313 Rn. 26 jew. mwN und vom - VIII ZR 153/09, WuM 2009, 691 Rn. 6). Dies setzt allerdings, worauf der Senat den Kläger hingewiesen hat, voraus, dass das Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Frist eingereicht wird und dem Antrag die ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die insoweit nötigen Belege beigefügt sind (st. Rspr. z.B. BGH, Beschlüsse vom aaO und vom aaO Rn. 24; siehe auch , BGHZ 16, 1, 3). Dem hat der Kläger nicht genügt.

5Zwar hat er noch am letzten Tag der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde per Telefax ein Prozesskostenhilfegesuch nebst Anlagen eingereicht, dessen fünf Seiten ausweislich der in den Kopfzeilen enthaltenen Sendedaten vollzählig beim Bundesgerichtshof eingegangen sind. Jedoch hat der Kläger die zweite Seite des Vordrucks der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht übermittelt, so dass die Antragsunterlagen unvollständig und damit nicht ordnungsgemäß sind. Bei dieser Sachlage konnte der Kläger auch aus inhaltlichen Gründen nicht damit rechnen, dass sein Antrag bewilligt werde. Er gibt an, bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.200 € abzüglich Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen sowie Werbungskosten in Höhe von insgesamt 650 € einen monatlichen Unterhalt von 1.000 € an seine Ehefrau zu entrichten. Dies ist, da Angaben zu möglichen weiteren Einkünften fehlen, bereits rechnerisch unschlüssig und lässt offen, wie der Kläger seinen Lebensunterhalt bestreitet. Darauf, dass überdies der französischsprachige Steuerbescheid der belgischen Finanzbehörde trotz entsprechenden Hinweises durch den Senat entgegen § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet war, kommt es für die Entscheidung nicht mehr an.

63. Da die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt ist, beabsichtigt der Senat, diese zu verwerfen.

Schlick                                  Dörr                                     Herrmann

                     Seiters                               Tombrink

Fundstelle(n):
GAAAD-92496