Anrechnung von Versorgungsbezügen auf betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst
Gesetze: Art 9 Abs 3 GG, Art 74 GG, Art 74a GG, Art 125a GG, § 55 BeamtVG vom , § 105 S 1 BeamtVG, § 108 Abs 1 BeamtVG, Art 1 Abs 2 BeamtVG BY, Art 117 BeamtVG BY, Art 56 KomWBG BY, Abschn V KomWBG BY
Instanzenzug: Az: 32 Ca 8549/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 10 Sa 511/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Landeshauptstadt berechtigt ist, auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ein Ruhegehalt anzurechnen, das dem Kläger aufgrund der Wahrnehmung eines kommunalen Wahlamtes zusteht.
Der Kläger ist 1944 geboren. Er trat am in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Das Arbeitsverhältnis unterfällt kraft beiderseitiger Tarifbindung dem „Tarifvertrag zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München vom “ (im Folgenden: TV-EV). Dieser lautet auszugsweise:
3Der Kläger war ab dem Erster Bürgermeister der Gemeinde F und bei der Beklagten zur Wahrnehmung dieses kommunalen Wahlamtes unter Fortfall seiner Vergütung beurlaubt. Das Arbeitsverhältnis zur Beklagten endete durch Aufhebungsvertrag vom zum , das Bürgermeisteramt bei der Gemeinde F endete mit dem .
4Seit dem erhält der Kläger Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund für langjährig Versicherte. Er bezieht seit dem zudem aufgrund eines Bescheides der Gemeinde F eine beamtenrechtliche Versorgung des Bayerischen Versorgungsverbandes iHv. monatlich 2.362,81 Euro; für den Monat Februar 2007 erhielt er anteilig 1.772,11 Euro. Eine Anrechnung der von der Beklagten gewährten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sieht dieser Bescheid nicht vor.
5Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, auf seinen Antrag hin erhalte er ab dem eine vorgezogene Betriebsrente wegen Alters. Nach Anrechnung seiner Versorgungsbezüge aus dem kommunalen Wahlamt auf die sich errechnende Rente in Höhe von 966,99 Euro monatlich verbleibe lediglich die nach dem TV-EV garantierte Mindestversorgung von 26,00 Euro monatlich.
6Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Tarifvertrag schließe eine Anrechnung der seitens der Gemeinde F gewährten Versorgungsleistungen auf die von der Beklagten zu zahlende Betriebsrente aus. Die Beklagte sei daher verpflichtet, ihm eine zusätzliche monatliche Rente von 940,99 Euro zu gewähren.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
10Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage ist, soweit sie sich auf Zahlung einer zusätzlichen monatlichen Betriebsrente in Höhe von 940,99 Euro brutto ab März 2007 richtet, begründet. Insoweit war daher das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Auch hinsichtlich der für Februar 2007 begehrten Zahlung hätte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen dürfen. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage insoweit begründet ist. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen, so dass der Rechtsstreit insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen ist.
11I. Die Klage ist zulässig.
121. Der Kläger macht wiederkehrende Leistungen geltend. Seine Klage ist darauf gerichtet, dass die Beklagte sowohl rückwirkend seit Eintritt des Versorgungsfalls als auch künftig monatlich an ihn über den Betrag von 26,00 Euro hinaus weitere 940,99 Euro zahlt. Gem. § 32 Abs. 1 TV-EV werden die Rentenzahlungen monatlich im Voraus erbracht. Der Kläger begehrt somit die Zahlung für die einzelnen Monate jeweils zum Monatsersten.
13Für die so verstandene Klage liegen die Voraussetzungen des § 258 ZPO vor. Betriebsrentenleistungen hängen von keiner Gegenleistung ab. Für eine Klage auf künftige Ruhegeldzahlungen muss im Gegensatz zu § 259 ZPO nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde ( - zu A 2 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62).
142. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger verlangt Zahlung an sich selbst und damit längstens für die Dauer seines Lebens. Das musste er nicht ausdrücklich in den Klageantrag aufnehmen ( - Rn. 18, AP BetrAVG § 2 Nr. 58 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 30).
15II. Die Klage ist hinsichtlich der geltend gemachten Differenzbeträge ab März 2007 begründet. In Bezug auf die für Februar 2007 begehrte Zahlung bedarf es weiterer Feststellungen.
161. Dem Kläger steht seit März 2007 nach dem TV-EV eine Betriebsrente in rechnerisch unstreitiger Höhe von 966,99 Euro monatlich zu. Da die Beklagte ihm monatlich eine Betriebsrente in Höhe von 26,00 Euro zahlt, hat er Anspruch auf den von ihm begehrten Differenzbetrag in Höhe von 940,99 Euro monatlich. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Versorgungsbezüge des Klägers, die er als kommunaler Wahlbeamter der Gemeinde F erhält, auf den Betriebsrentenanspruch anzurechnen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 18 Abs. 2 Satz 1 (a) TV-EV die Anrechnung der Versorgungsbezüge auf die Betriebsrente vorsieht. Dies widerspräche jedenfalls § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes in der am geltenden Fassung. Diese Vorschrift ist im Streitfall anwendbar. Sie regelt nicht nur, inwieweit Versorgungsbezüge neben Renten aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes zu zahlen sind, sondern schließt gleichzeitig die Anrechnung von Versorgungsbezügen auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes aus.
17a) Das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) ist in der am geltenden Fassung (Bekanntmachung vom , BGBl. I S. 3858, zuletzt geändert durch Gesetz vom , BGBl. I S. 1942) nach seinem § 1 Abs. 1 auch auf Gemeindebeamte wie den Kläger anwendbar. Es gilt in dieser Fassung nach Art. 125a Abs. 1 GG und der derzeitigen Fassung des § 108 Abs. 1 BeamtVG für kommunale Wahlbeamte im Freistaat Bayern als Bundesrecht weiter.
18aa) Art. 125a Abs. 1 GG regelt die Rechtsfolgen ua. der Aufhebung des Art. 74a GG und der Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG mit Wirkung zum durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom (BGBl. I S. 2034, in Kraft getreten gem. Art. 2 am Tag nach der Verkündung, verkündet am ). Mit diesem Gesetz wurde die Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern neu geregelt. Soweit ua. durch die Änderung der genannten Bestimmungen der Bund keine Zuständigkeit zur Gesetzgebung mehr hat, gilt als Bundesrecht erlassenes Recht, das aufgrund der Änderungen nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, nach Art. 125a Abs. 1 GG als Bundesrecht fort, bis es durch Landesrecht ersetzt worden ist.
19bb) Das BeamtVG fällt unter diese Regelung, soweit es nicht die Bundesbeamten betrifft. Es wurde insoweit als Bundesrecht auf der Grundlage des aufgehobenen Art. 74a Abs. 1 GG erlassen. Danach stand dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung ua. für die Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, zu, soweit er nicht für die Rechtsverhältnisse der Bundesbediensteten nach Art. 73 Nr. 8 GG die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit hatte. Art. 74a GG wurde ersatzlos aufgehoben und hinsichtlich des in den Ländern geltenden Beamtenrechts durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG ersetzt. Danach steht dem Bund zwar noch die konkurrierende Gesetzgebung für die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zu, jedoch ist das Versorgungsrecht ausdrücklich ausgenommen. Das BeamtVG könnte daher, soweit es die Gemeindebeamten betrifft, nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden.
20cc) Das BeamtVG in der am geltenden Fassung gilt somit für die Gemeindebeamten als Bundesrecht so lange fort, bis es durch Landesrecht ersetzt ist. Dies ist für die kommunalen Wahlbeamten im Freistaat Bayern nicht geschehen. Zwar wurde in Bayern inzwischen das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz vom erlassen (GVBl. S. 410). Dies ersetzt nach seinem Art. 117 weitgehend das BeamtVG. Jedoch gilt die Neuregelung nicht für kommunale Wahlbeamte. Hinsichtlich dieses Personenkreises wird vielmehr in Art. 1 Abs. 2 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes auf ein besonderes Gesetz verwiesen. Ein solches wurde bislang nicht erlassen.
21Soweit das Bayerische Gesetz über kommunale Wahlbeamte in Art. 56 iVm. Abschn. V Versorgungsregelungen enthält, konnten diese das BeamtVG nicht ersetzen, weil sie vor dem erlassen wurden. Sie bestanden bereits am (Bekanntmachung vom , GVBl. S. 616, zuletzt geändert durch Gesetz vom , GVBl. S. 570) und traten daher ihrerseits im Wesentlichen nach § 105 Satz 1 iVm. § 109 Abs. 1 BeamtVG in seiner Ursprungsfassung (Gesetz vom , BGBl. I S. 2485) an diesem Tag außer Kraft. Nach diesen Bestimmungen wurden dem BeamtVG entsprechende oder widersprechende Rechtsvorschriften, also auch Landesgesetze, mit Inkrafttreten des BeamtVG am aufgehoben.
22b) § 55 BeamtVG in der am geltenden Fassung steht einer Anrechnung der Versorgungsbezüge des Klägers auf seine von der Beklagten bezogene Betriebsrente entgegen. Die Bestimmung ist auf den Streitfall anwendbar. Sie verbietet eine Anrechnung von Versorgungsbezügen auf Leistungen der zusätzlichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst.
23aa) Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 BeamtVG in der am geltenden Fassung werden Versorgungsbezüge neben Renten aus einer zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes nur bis zu der in § 55 Abs. 2 BeamtVG näher bestimmten Höchstgrenze gezahlt. Soweit also ein Versorgungsempfänger Leistungen einer zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes bezieht, ordnet die Bestimmung eine Kürzung der Versorgungsbezüge an, jedoch keine Verringerung der zusätzlichen Altersrente für Angehörige des öffentlichen Dienstes.
24bb) Diese Bestimmung ist auf die Versorgungs- und Betriebsrentenansprüche des Klägers anwendbar.
25(1) Bei der von der Beklagten geleisteten Betriebsrente handelt es sich um eine zusätzliche Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes, da sie neben der gesetzlichen Sozialversicherungsrente gezahlt wird. Entgegen der Ansicht der Beklagten beschränkt sich § 55 BeamtVG nicht darauf, das Verhältnis von Versorgungsbezügen zu Renten zu regeln, die von den für den öffentlichen Dienst typischen Versorgungskassen wie beispielsweise der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gezahlt werden. Für eine derartige Einschränkung gibt der Wortlaut des Gesetzes nichts her. Auch sein Zweck, eine Überversorgung aus öffentlichen Kassen zu vermeiden, steht einer derartigen Beschränkung entgegen.
26(2) Es kann offenbleiben, ob - wie die Beklagte meint - der TV-EV seinerseits eine Anrechnung der Beamtenversorgung auf die tariflich geregelte Betriebsrente vorsieht. Auch dann ginge die gesetzliche Regelung vor (vgl. Plog/Wiedow BBG Stand April 2011 § 55 BeamtVG Rn. 16 f.).
27(3) Ebenso wenig ist die Anwendung von § 55 BeamtVG deswegen ausgeschlossen, weil die Gemeinde F bislang die von der Beklagten zu leistende Betriebsrente nicht auf die Beamtenversorgung angerechnet hat.
28Nach § 3 BeamtVG in der hier maßgeblichen am geltenden Fassung gilt hinsichtlich der Beamtenversorgung eine strenge Gesetzesbindung: Weder ist der Dienstherr berechtigt, eine über die gesetzlichen Ansprüche hinausgehende Versorgung zu gewähren, noch kann der Beamte auf seine Versorgungsbezüge verzichten. Die Gemeinde F ist deshalb verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Betriebsrente des Klägers auf die Beamtenversorgung anzurechnen.
29cc) § 55 BeamtVG in der am geltenden Fassung regelt nicht nur die Anrechnung von zusätzlichen Altersversorgungsleistungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes auf die Beamtenversorgung, er schließt darüber hinaus die Anrechnung der Beamtenversorgung auf diese Leistungen aus. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck unter Berücksichtung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
30(1) § 55 BeamtVG dient dazu, Doppelversorgungen zu verhindern. Dies ergibt sich für das Zusammentreffen von Beamtenversorgung mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG in der hier maßgeblichen Fassung, wonach Versorgungsbezüge neben Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zum Erreichen bestimmter Höchstgrenzen gezahlt werden. Gleiches gilt nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG in der hier anwendbaren Fassung für zusätzliche Leistungen der Altersversorgung für öffentlich Bedienstete.
31§ 55 BeamtVG ist eine Nachfolgeregelung zu § 160 des Bundesbeamtengesetzes und § 85a des Beamtenrechtsrahmengesetzes, die durch Gesetz vom (BGBl. I S. 1007) erlassen wurden. Systematisch waren diese Regelungen genauso ausgestaltet wie § 55 BeamtVG in der hier maßgeblichen Fassung. Ihnen lag ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung zugrunde (BT-Drucks. IV/2174). Danach war Ziel dieser Regelungen der Abbau von Doppelversorgung insbesondere durch den Bezug von Beamtenversorgung einerseits und gesetzlicher Rente andererseits. Dafür wurden drei Möglichkeiten gesehen: Die „Gewährung beider Versorgungen mit Beseitigung der Folgen der Doppelversorgung durch eine Ruhensregelung im Beamtenrecht“, die „Gewährung nur der Beamtenversorgung mit Ablösung“ der anderen Versorgungsanwartschaften und die „Gewährung beider Versorgungen mit Beseitigung der Ursachen der Doppelversorgung im Beamtenrecht“. Der Gesetzesentwurf hat sich für die erste Lösungsmöglichkeit entschieden; die Beseitigung der Doppelversorgung sollte durch eine Ruhensregelung im Beamtenrecht erreicht werden (BT-Drucks. IV/2174 S. 18 f.). Diesen gesetzlichen Regelungen und damit auch § 55 BeamtVG in der hier maßgebenden Fassung lag also die Zielrichtung zugrunde, für das Problem der Doppelversorgung beim Zusammentreffen von Beamtenversorgung und anderen Leistungen wie der zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes ausschließlich im Beamtenversorgungsrecht Festlegungen zu treffen. Damit ist eine Anrechnung von Beamtenversorgung auf die anderen Leistungen, die zu einer Doppelversorgung führen, nicht vereinbar.
32(2) Die spätere Rechtsentwicklung hat daran nichts geändert. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich in anderem Zusammenhang die Beseitigung einer Doppelversorgung nicht im Beamtenversorgungsrecht geregelt hat.
33Nach § 71 Abs. 4 SGB VI bleiben an sich rentensteigernde beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Rente unberücksichtigt, soweit sie bei einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ruhegehaltsfähig sind. Diese Vorschrift ersetzt § 37c des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 1260c der Reichsversicherungsordnung. Diese Bestimmungen wurden durch das 20. Rentenanpassungsgesetz (, BGBl. I S. 1040) erlassen. Sie dienten der Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung. In diesem Zusammenhang wurde eine als Privilegierung angesehene Doppelversorgung durch Anordnung der Ruhegehaltsfähigkeit der genannten Zeiten für die Beamtenversorgung oder eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen einerseits und deren Berücksichtigung bei der Berechnung der gesetzlichen Rente andererseits dadurch beseitigt, dass die genannten Zeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Rente unberücksichtigt bleiben (ausführlich: - BVerfGE 70, 101). Die Beseitigung der Doppelversorgung wurde in diesem Fall also nicht im Beamtenversorgungsrecht, sondern im Sozialversicherungsrecht geregelt. Dabei handelt es sich um eine nur die gesetzliche Rentenversicherung betreffende punktuelle Ausnahme von der im Grundsatz aufrechterhaltenen gesetzlichen Systematik, nach der das Problem der Doppelversorgung ausschließlich im Beamtenversorgungsrecht geregelt ist.
34c) § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG in der am geltenden Fassung ist auch von den Tarifvertragsparteien zu beachten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit wird dadurch nicht verletzt.
35aa) Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Die durch diese Norm garantierte Koalitionsfreiheit kann durch Gesetz zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt. Der Gesetzgeber kann Fragen regeln, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können, wenn er mit seiner Normsetzung den Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Belange bezweckt und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird (vgl. nur - zu B 1 und 3 der Gründe, BVerfGE 103, 293).
36bb) § 55 BeamtVG dient dem Schutz derartiger mit Verfassungsrang ausgestatteter Belange. Die Vorschrift regelt mit dem Verbot der Anrechnung von Beamtenversorgung auf die zusätzliche Altersrente der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zwar Fragen des Arbeitsrechts, nämlich die Betriebsrentenansprüche der im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer gegenüber ihren öffentlichen Arbeitgebern. Die Bestimmung regelt aber gleichzeitig die Versorgungsansprüche gegenüber dem Dienstherrn aus einer Tätigkeit als Beamter. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Das beinhaltet einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber ( - zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 121, 205). Von diesem werden Regelungen erfasst, die den Abbau von Überversorgung beim Zusammentreffen von Beamtenversorgung und sonstiger im öffentlichen Dienst erworbener Altersversorgung bezwecken und die eine wirtschaftliche Auszehrung der Beamtenversorgung begrenzen.
37Der damit verbundene Eingriff in die Tarifautonomie ist verhältnismäßig. Er begrenzt lediglich in einem Einzelaspekt die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien in Bezug auf die Versorgungsregelungen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes.
382. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger der geltend gemachte Differenzbetrag auch bereits für Februar 2007 zusteht. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger hat im Monat Februar 2007 noch Bezüge als kommunaler Wahlbeamter erhalten. Insoweit kommt ein Ruhen seiner Betriebsrente nach § 21 TV-EV in Betracht. Dazu fehlt es bislang an Vorbringen der Parteien und Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.
III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstelle(n):
ZAAAD-91418