Durchschnittssatzbesteuerung in der Land- und Forstwirtschaft (§ 24 UStG); hier: Absatz von Spirituosen, Absatz von zugekauften landwirtschaftlichen Produkten, Vereinfachungsregelung des Abschn. 24.6 UStAE
Nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes bestehen Defizite bei der Besteuerung der von Land- und Forstwirten ausgeführten Lieferungen von Spirituosen und von zugekauften landwirtschaftlichen Produkten.
1. Getränke und alkoholische Flüssigkeiten i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG
Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen von in der Anlage 2 nicht aufgeführten Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten wird die Steuer mit 19 % festgesetzt (§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG).
Zu den Getränken, die nicht in der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind, zählen insbesondere Wein, Obstwein und andere alkoholische Getränke, Traubenmost, Frucht- und Gemüsesäfte. Zu den alkoholischen Flüssigkeiten zählen u. a. (Roh)Alkohol und Sprit sowie vergorene, nicht zum Verzehr bestimmte Kirschmaische (Abschn. 24.2 Abs. 5 S. 2 UStAE).
Bei Lieferungen von Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten ist der Steuersatz von 19 % (§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG) höher als die Vorsteuerpauschale von 10,7 %. Es ergibt sich somit eine Zahllast von 8,3 % der Umsätze, die der Land- und Forstwirt an das Finanzamt abführen muss.
2. Absatz von Spirituosen – Abgrenzung von Produkten der ersten und zweiten Verarbeitungsstufe
Landwirtschaftliche Verschlussbrennereien, Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer stellen aus Getreide, Kartoffeln und Obst hochprozentigen ungereinigten Rohalkohol her. Die Finanzverwaltung stuft diesen Rohalkohol als Produkt der ersten Verarbeitungsstufe ein. Danach unterliegt die Lieferung von Rohalkohol, z. B. an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (Bundesmonopolverwaltung), der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG).
Trinkbranntwein (Obstbrand, Tresterbrand, Weinbrand etc.) und Likör zählen dagegen zu den Produkten der zweiten Verarbeitungsstufe. Die Lieferung von Trinkbranntwein und Likör unterliegt damit der Regelbesteuerung. Die Landwirte haben die abzugsfähige Vorsteuer anhand ihrer Aufzeichnungen und Unterlagen zu ermitteln (vgl. Abschn. 24.7 Abs. 2 und 3 UStAE). Ein pauschaler Vorsteuerabzug i. H. v. 10,7 % ist insoweit nicht zulässig.
3. Lieferung von zugekauften landwirtschaftlichen Produkten
Die Durchschnittssätze des § 24 Abs. 1 S. 1 UStG sind auf Umsätze mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe anzuwenden. Voraussetzung ist, dass die Erzeugnisse im Rahmen dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erzeugt worden sind. Die Umsätze mit zugekauften Produkten sind selbst dann von der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeschlossen, wenn es sich im typische landwirtschaftliche Produkte handelt (Abschn. 24.2 Abs. 1 UStAE). Zur zeitlichen Anwendung vgl. BStBl 2008 I S. 293.
4. Vereinfachungsregelung des Abschn. 24.6 UStAE
Der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze (z. B. Lieferungen zugekaufter Erzeugnisse, Erbringung sonstiger Leistungen, die nicht landwirtschaftlichen Zwecken dienen) können aus Vereinfachungsgründen in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden, sofern diese Umsätze voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr nicht mehr als 4.000 € [1] betragen werden (Abschn. 24.6 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 UStAE).
Unter den gleichen Voraussetzungen kann aus Vereinfachungsgründen auf die Erhebung der Steuer auf die Umsätze mit Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten verzichtet werden (Abschn. 24.6 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 UStAE) [2]. Der Land- und Forstwirt darf in diesem Fall seinem Abnehmer die Umsatzsteuer von 19 % in Rechnung stellen und den pauschalen Vorsteuerabzug des § 24 Abs. 1 S. 3 UStG i. H. v. 10,7 % beanspruchen. Der sich ergebende Differenzbetrag von 8,3 % wird insoweit nicht erhoben.
Bei der Vereinfachungsregelung handelt es sich nicht um einen Freibetrag. Vielmehr sollen Land- und Forstwirte, die nur in geringem Umfang die vorgenannten Umsätze tätigen, von der Abgabe von Voranmeldungen und Jahreserklärungen befreit werden. Daher ist Voraussetzung, dass der Land- und Forstwirt über die vorgenannten Umsätze hinaus keine weiteren Umsätze tätigt, für die Umsatzsteuer abzuführen ist (Abschn. 24.6 Abs. 2 Nr. 2 UStAE). Die Vereinfachungsregelung scheidet z. B. aus, wenn der Land- und Forstwirt eine Photovoltaikanlage betreibt oder Gebäude steuerpflichtig verpachtet.
Bei dem Betrag von 4.000 € handelt es sich unabhängig vom zutreffenden Steuersatz um einen Bruttobetrag.
Ich bitte bei den Veranlagungsarbeiten anhand des Inhalts der eingereichten Anlage L, der Anlage Weinbau und den hierzu beigefügten Gewinnermittlungen zu prüfen, ob Land- und Forstwirte Spirituosen (= Trinkbranntwein und Liköre) bzw. Umsätze mit zugekauften landwirtschaftlichen Produkten ordnungsgemäß der Regelbesteuerung unterworfen bzw. die Vereinfachungsregelung des Abschn. 24.6 UStAE zu Recht beansprucht haben.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S
7410.1.1-10/3
St33
Fundstelle(n):
UR 2011 S. 879 Nr. 22
CAAAD-90419