Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Zwickau, 5 O 268/07 vom OLG Dresden, 14 U 1927/08 vom
Gründe
I. Mit notariellen Erklärungen vom gaben die Kläger gegenüber der Beklagten Angebote zum Kauf von zwei zu sanierenden Eigentumswohnungen zu Preisen von 82.500 € und von 61.500 € mit einer Bindungsfrist bis zum ab, welche die Beklagte mit notariellen Erklärungen vom annahm. Die Kaufpreise wurden durch ein den Klägern gewährtes Darlehen finanziert; die Kaufverträge wurden vollzogen.
Mit Schreiben vom kündigten die Kläger gegenüber der Beklagten die Verträge aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen und verlangten die Rücknahme der Wohnungen unter Berufung auf eine mit deren Vermittler S. vereinbarte Rückkaufsverpflichtung. Die Beklagte wies dies zurück.
Die Kläger haben - soweit hier noch von Interesse - hilfsweise ihre Vertragserklärungen wegen arglistiger Täuschung angefochten und dazu vorgetragen, dass die Beklagte sie und andere Käufer systematisch mit bewusst falschen Angaben in den Vertragsgesprächen über den Inhalt der abzuschließenden Kaufverträge (befristete Finanzierungsübernahme, 60-monatige Mietgarantie, zweijährige Rückkaufsverpflichtung) getäuscht und durch Vorlage der solche Zusagen nicht enthaltenden vorformulierten Angebotserklärungen erst in den jeweiligen Beurkundungsterminen überrumpelt habe.
Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums unter Lastenfreistellung von den in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Buchgrundschulden stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der Senat dieses Urteil mit Beschluss vom (V ZR 165/09) aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage erneut abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger
II. Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis einer arglistigen Täuschung nicht geführt.
Daran ändere die im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der den Kauf der Kläger finanzierenden Bank aufgefundene schriftliche Mietgarantieerklärung nichts. Da sich dieses Schreiben nur bei der Bank befunden habe, spreche vieles dafür, dass die Beklagte nur der Bank eine Mietgarantie vorgetäuscht habe, um die Übernahme der Finanzierung des Kaufs zu erreichen.
Die Einvernahme der Zeugen G. und M. hätte den Beweis der von den Klägern behaupteten systematischen Täuschung ebenfalls nicht erbracht. Der Zeuge G. sei erst 18 Monate nach dem Vertragsschluss bei der Beklagten tätig gewesen und habe bei seiner Vernehmung bekundet, dass er nicht sicher wisse, was den Kaufinteressenten versprochen worden sei. Der Zeuge M. habe zwar angegeben, dass in seinem Beisein oder durch ihn selbst im Namen der Beklagten Versprechungen abgegeben worden seien. Da er aber ebenfalls erst 20 Monate nach dem Vertragsschluss für die Beklagte tätig gewesen sei, seien systematische Täuschungen der Käufer im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags zwischen den Parteien nicht zwingend. Zudem habe der Zeuge M. nicht von einer Mietgarantie der Beklagten, sondern von einer kommunalen Mietgarantie gesprochen, und die Zeugenvernehmung habe auch nicht ergeben, dass der Verweis auf die Zahlung der Miete durch die Stadt falsch gewesen sei.
III. Das angefochtene Berufungsurteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) erneut in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. Das Berufungsgericht hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der ehemaligen Vermittler G. und M. nicht die weiteren Beweisangebote der Kläger durch die von diesen angebotenen Zeugen F. , Sch. und Sc. übergehen dürfen. Die unter Beweis gestellte Behauptung, auch diese Käufer seien in den Verhandlungen durch Versprechungen der Vermittler durch die Beklagte getäuscht und so zum Vertragsschluss bewogen worden, betraf allerdings nicht die von den Klägern zu beweisende Haupttatsache, vor Abgabe ihrer Angebotserklärung von der Beklagten getäuscht und durch den abweichenden, vorformulierten Text im Notartermin überrumpelt worden zu sein, sondern lediglich eine Hilfstatsache (Indiz), dass auch andere Käufer in gleicher Weise getäuscht worden seien.
2. Bei einem Indizienbeweis darf der Tatrichter zwar von einer beantragten Beweiserhebung absehen, wenn die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache nach seiner Überzeugung nicht ausreicht (BGHZ 53, 245, 261; Urt. v. - X ZR 31/98, Rn. 13 - [...]). Art. 103 Abs. 1 GG ist aber verletzt, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache die ernstliche Möglichkeit des logischen Rückschlusses auf den zu beweisenden Tatbestand bietet und der Tatrichter sich mit dem Beweisantrag in seiner Entscheidung überhaupt nicht auseinandersetzt.
So ist es hier. Das Berufungsgericht hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der ehemaligen Vermittler, wenn es denn den Beweis als nicht geführt ansah, sich mit den weiteren Beweisangeboten der Kläger auseinandersetzen müssen. Angesichts dessen, dass die als Zeugen vernommenen Vermittler nach den protokollierten Aussagen bekundet haben, dass die Verkaufsgespräche "nicht ganz der Wahrheit entsprochen hätten" (G. ) und "Sachen versprochen wurden, die nicht eingehalten worden sind" (M. ) und dass zwischen den Verkaufsgesprächen und den Beurkundungen kein Wochenende liegen sollte und daher wahrheitswidrig beurkundet worden sei, dass die Käufer bereits 14 Tage zuvor informiert worden seien (G. ), lag es nicht fern, dass auch die Kläger in der behaupteten Weise getäuscht worden sind, wenn - wie unter Beweisantritt behauptet - auch andere Käufer in der geschilderten Weise zum Vertragsschluss bestimmt und durch vorformulierte notarielle Angebotserklärungen mit abweichendem Inhalt überrumpelt wurden. Das von dem Berufungsgericht vor dem Hintergrund der Aussagen der Vermittler nicht begründete Übergehen der weiteren Beweisangebote verstieß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
3. Das Berufungsurteil beruht auch auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht unter Berücksichtigung des übergangenen, unter Beweis gestellten Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. BVerfGE 62, 392, 396; 89, 381, 392).
IV. Für die neue Verhandlung, für die der Senat von der auch im Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO bestehenden Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO (Senat, Beschluss vom - V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221, 1222) Gebrauch macht, weist der Senat darauf hin, dass die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist und einer rechtlichen Prüfung in einem Revisionsverfahren nicht standhielte.
1. Es fehlt an der im Falle eines Indizienbeweises erforderlichen zusammenfassenden Würdigung und Gesamtschau (vgl. , NJW-RR 2005, 312, 313). Die Beweiswürdigung lässt die vorgenannten, für die Richtigkeit des Vortrags einer systematischen Täuschung der Kaufinteressenten sprechenden Bekundungen der Zeugen vollkommen außer Betracht und stellt allein auf die gegen die Beweiskraft der vorstehenden Indizien sprechenden Umstände ab (spätere Tätigkeit der Zeugen für die Beklagte; unpräzise Erklärungen des Zeugen G. , Aussage des Zeugen M. über eine Mietübernahme durch die Kommune für bedürftige Mieter).
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Grad der richterlichen Überzeugungsbildung überspannt. Für den Beweis ist es nicht erforderlich, dass jede andere Deutung ausgeschlossen ist, sondern es genügt ein brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifel ausschließt (vgl. , NJW-RR 1999, 1184).
2. Im Übrigen wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des von der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkts die Begründetheit der Klage auch im Hinblick auf einen schadensersatzrechtlichen Rückabwicklungsanspruch (§§ 280 Abs. 1, 249 Satz 1 BGB) prüfen müssen. Dieser Anspruch bestünde, wenn die Beklagte die Annahme der Kaufvertragsangebote der Kläger nach einer von ihr durch Täuschung der Bank herbeigeführten Kreditzusage für die Finanzierung des Kaufs erklärt haben sollte. Die Bejahung dieses Anspruchs setzt allerdings voraus, dass die Beklagte die vorgefundene Erklärung gegenüber der Bank tatsächlich abgegeben hat, was die Beklagte bestreitet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAD-88379