FG Baden-Württemberg Urteil v. - 14 K 1357/11 EFG 2011 S. 1621 Nr. 18
Gesetze:
DBA CHE Art. 15a Abs. 1
DBA CHE Art. 15a Abs. 2 S. 2
DBA CHE Art. 15a Abs. 3
DBA CHE Art. 15
DBA CHE Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
DBA CHE Art. 4 Abs. 2a
EStG§ 1 Abs. 1
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3
Verhandlungsprotokoll zum DBA-Schweiz Nr. II. 1
Verhandlungsprotokoll zum DBA-Schweiz Nr. II. 2
Verhandlungsprotokoll zum DBA-Schweiz Nr. II. 4
ArGV 1 Art. 14 Abs. 1.
Grenzgängereigenschaft eines in der Schweiz Teilzeit beschäftigten Arztes mit Rufbereitschaft (Pikettdienst)
Leitsatz
1. Zählt der Pikettdienst (Rufdienst) nicht als Arbeitszeit und wird dieser unterbrochen, leistet der im Inland ansässige
und in der Schweiz nichtselbstständig tätige Arzt keinen Dienst, der sich über mehrere Tage erstreckt. Der Pikettdienst ist
danach nicht als einheitlicher Arbeitseinsatz im Sinne des Nr. II. 1 des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll zum
DBA-Schweiz anzusehen.
2. Infolgedessen sind alle Tage, an denen der Arzt über Mitternacht hinaus seinem Arbeitgeber neben der normalen Arbeit für
Pikettdienste zur Verfügung steht, isoliert zu betrachten. Sie bilden keine Einheit und damit nicht nur einen Nichtrückkehrtag
i. S. d. Art. 15a Abs. 2 S. 2 DBA-Schweiz.
3. Ein beruflich bedingter Nichtrückkehrtag ist jedoch nicht gegeben, wenn der Arzt über die Tagesgrenze hinaus Rufbereitschaft
hat und ihm nach dem Ende des Rufdienstes eine Rückkehr an den inländischen Wohnsitz zumutbar ist. Dies gilt auch dann, wenn
der Pikettdienst keine Arbeitszeit ist.
4. Arbeitstage i. S. d. Art. 15a DBA-Schweiz sind die in dem Arbeitsvertrag vereinbarten Tage. Allein der Hinweis auf eine
Teilzeitbeschäftigung von 80 % und eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden führt nicht zu einer anteiligen Kürzung der Nichtrückkehrtage,
wenn aus den vorgelegten Arbeitsverträgen zu schließen ist, dass sich die berufliche Tätigkeit auf 100 % der Wochenarbeitszeit
erhöhen kann und die Arbeitszeit nicht auf einzelne Tage der Woche beschränkt ist, so dass sich der Steuerpflichtige nicht
nur an einzelnen Tagen im anderen Staat aufgehalten hat.
5. Das FG ist weder an die Bescheinigung des Schweizer Arbeitgebers über die Nichtrückkehrtage noch an die Würdigung der Schweizer
Steuerbehörden gebunden, auch wenn die Folge eine Doppelbesteuerung ist. Ob und inwieweit die nicht im Inland erzielten Einkünfte
eines unbeschränkt Steuerpflichtigen zugleich in einem ausländischen Staat der Besteuerung unterworfen werden, bleibt für
die inländische Steuerpflicht grundsätzlich ohne Bedeutung.
6. Hat die Schweiz eine vom DBA nicht gedeckte Besteuerung vorgenommen, ist dies nicht in der Weise auszugleichen, dass die
überhöhte Schweizer Steuer im Inland voll angerechnet wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2011 S. 2710 Nr. 44 EFG 2011 S. 1621 Nr. 18 IWB-Kurznachricht Nr. 24/2011 S. 906 BAAAD-88180
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