BGH Beschluss v. - IX ZR 102/09

Insolvenzanfechtung: Tatsächliche Vermutung für Kenntnis eines Aufsichtsratsmitglieds der Schuldnerin vom Benachteiligungsvorsatz

Gesetze: § 129 InsO, § 133 Abs 1 S 2 InsO

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 7 U 130/08 Urteilvorgehend LG Neuruppin Az: 6 O 9/05

Gründe

1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

2Die Frage, ob bei der Beurteilung nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO die Kenntnis eines Aufsichtsratsmitglieds der Schuldnerin von denjenigen Tatsachen, über die der Aufsichtsrat pflichtgemäß durch den Vorstand unterrichtet werden muss, zu vermuten ist, bedarf keiner grundsätzlichen Klärung. Sie ist ohne weiteres zu verneinen. Die Rechtspflicht des Vorstands einer Aktiengesellschaft, den Aufsichtsrat periodisch über die Geschäftslage der Gesellschaft zu informieren, führt nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise mit einem solch hohen Grad von Wahrscheinlichkeit zu einer tatsächlichen Kenntnis des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds von den berichtspflichtigen Tatsachen zum Zeitpunkt der Berichtspflicht, dass von einem typischen Geschehensablauf gesprochen werden könnte, der es rechtfertigte, ohne weiteren Nachweis von einer entsprechenden Kenntnis des Aufsichtsratsmitgliedes auszugehen. Das Gesetz regelt im Übrigen in den Vorschriften der §§ 129 ff InsO im Einzelnen, in welchen Fällen bei Personen, die dem Schuldner im Sinne von § 138 InsO nahe stehen (zu ihnen gehört im Streitfall die Beklagte), subjektive Tatbestandsvoraussetzungen der Insolvenzanfechtung vermutet werden können. Die von der Beschwerde befürwortete Vermutung hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

3Entscheidungserhebliche Verletzungen des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) können nicht festgestellt werden. Der Senat hat die diesbezüglichen Rügen der Beschwerde geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Kayser                                   Gehrlein                                   Vill

                      Fischer                                      Grupp

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
WM 2011 S. 1429 Nr. 30
ZIP 2011 S. 1418 Nr. 30
LAAAD-86681