BFH Urteil v. - VIII R 13/10

Insolvenzverwaltertätigkeit mit qualifizierten Mitarbeitern übt sonstige selbständige Beschäftigung aus

Leitsatz

Einkünfte aus einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter sind, auch wenn sie von Rechtsanwälten erzielt werden, grundsätzlich den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen.
Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter eine Mehrzahl qualifizierter Mitarbeiter beschäftigt, er jedoch über das „Ob” der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entscheidet und die Umsetzung der Entscheidungen seiner Kontrolle unterliegt.
Ein Insolvenzverwalter kann das jeweilige Insolvenzverfahren auch dann leitend und eigenverantwortlich betreiben, wenn er überregional an drei Standorten tätig ist und Subunternehmen mit der Verwertung der Insolvenzmassen beauftragt.
Vergleichbar .

Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, InsO § 56

Instanzenzug: ,Zerl (Verfahrensverlauf),

Gründe

1I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt. Nachdem er zunächst als Sozius in verschiedenen Kanzleien überwiegend auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig war, übte er seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter und Rechtsanwalt ab dem Jahre 1995 in einer Einzelkanzlei mit Zweigstellen in drei Städten aus. Er wurde —mit Ausnahme der ersten Jahre, in denen die Zahl geringer war— jährlich von verschiedenen Amtsgerichten mit der Verwaltung von Insolvenzfällen beauftragt. Die Bestellungen zum Insolvenzverwalter lauten alle auf seinen Namen. Die Abwicklung der Verfahren erstreckte sich oft über mehrere Jahre.

2Der Kläger beschäftigte in den Jahren 1995 bis 1998 durchgehend zwei, in den Jahren 1999 bis 2000 drei Rechtsanwälte sowie fortlaufend einen „I-Ökonom”, fünf bis sieben Fachkräfte (eine Industriekauffrau sowie Rechtsanwalts- und Steuergehilfinnen) und einige Hilfskräfte (z.B. Anwaltssekretärinnen und Studenten). Zur Bewertung und Verwertung von Massegegenständen wurden ausschließlich Subunternehmer (Gutachter und Verwerter) von dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter herangezogen.

3Seine Einkünfte ermittelte der Kläger durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und erklärte sie in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1995 bis 2000 unter der Berufsangabe „Rechtsanwalt/Konkursverwalter” als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.

4Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer und forderte keine Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 2000 an.

5Am ordnete das FA beim Kläger eine Außenprüfung u.a. wegen der Gewerbesteuer für die Jahre 1995 bis 2000 an und erließ bereits vor Beginn der Prüfung am einen Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995. Gegen den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.

6Der Außenprüfer ging unter Berufung auf die (BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202) und vom IV R 48/01 (BFHE 204, 80, BStBl II 2004, 363) davon aus, dass der Kläger aus seiner Konkurs-/Insolvenzverwaltertätigkeit (im Weiteren einheitlich als Insolvenzverwaltertätigkeit bezeichnet) gewerbliche Einkünfte erziele. Lediglich die Rechtsberatung außerhalb der Insolvenzverwaltertätigkeit stelle eine abgrenzbare, zu freiberuflichen Einkünften führende Tätigkeit dar.

7Im Anschluss an die Außenprüfung änderte das FA den Gewerbesteuermessbescheid 1995 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordung und erließ zeitgleich erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1996 bis 2000, in denen es die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltertätigkeit als Gewinn aus Gewerbebetrieb ansetzte. Außerdem erließ es Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1995 bis 2000.

8Gegen die Bescheide legte der Kläger fristgerecht mit der Begründung Einspruch ein, er habe in seiner Kanzlei zu mehr als 90 % fremde Rechtsangelegenheiten für Mandanten besorgt. Die in der Insolvenzabteilung verrichteten Tätigkeiten übe er selbst und höchstpersönlich in seiner Funktion als Partei kraft Amtes aus. Lediglich der angestellte „I-Ökonom” arbeite ihm in bestimmten Bereichen zu. Die von ihm angestellten Rechtsanwälte könnten und würden als Berufsanfänger diese Aufgaben nicht wahrnehmen.

9Die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 866 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

10Mit der umfassend begründeten Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

11Er beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1995 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.

12Das FA beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

141. In rechtsschutzgewährender Auslegung des Klagebegehrens geht der Senat auch aufgrund der Revisionsbegründung davon aus, dass Gegenstand des Revisionsbegehrens lediglich die Aufhebung der angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung, nicht aber die Aufhebung der Zerlegungsbescheide ist.

152. Zu Unrecht hat das FG die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter wegen Beteiligung fachlich vorgebildeter Angestellter an der Tätigkeit als gewerblich angesehen und deshalb der Gewerbesteuer unterworfen. Die Einkünfte sind vielmehr als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen und unterliegen dementsprechend nicht der Gewerbesteuerpflicht; auf die vom Kläger aufgeworfene Frage eines Anspruchs auf Erlass der streitigen Gewerbesteuer oder auf Gewährung von Vertrauensschutz gegen eine verschärfende höchstrichterliche Rechtsprechung (hier durch die BFH-Entscheidung in BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202) kommt es danach nicht an.

16a) Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des BFH eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (, BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306; vom IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl II 1973, 730; vom IV R 152/86, BFHE 157, 148, BStBl II 1989, 729).

17Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn die Tätigkeit —wie im Streitfall— durch einen Rechtsanwalt ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist (BFH-Urteil in BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202 mit kritischer Anmerkung Frystatzki, Ertragsteuerberater 2005, 308; Gerling, Festschrift für Greiner, 2005, 41; Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 93a, 93b des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, Entscheidung des ; , BFH/NV 2008, 1874). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Zur Begründung verweist er auf das Urteil vom im Verfahren VIII R 50/09, BFHE 232, 162.

18b) Die danach —selbst bei Ausübung durch einen Rechtsanwalt— den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnende Insolvenzverwaltertätigkeit ist entgegen der Auffassung des FA nicht wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter an der Abwicklung der einzelnen Insolvenzverfahren als gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 EStG zu beurteilen. Die abweichende Auffassung des FG beruht auf der bislang vom BFH im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG vertretenen sog. Vervielfältigungstheorie, nach der die sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG grundsätzlich persönlich —d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte— ausgeübt werden muss (, BFHE 86, 305, BStBl III 1966, 489 mit zustimmender Anmerkung Gollub, Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 18, Rechtsspruch 388; vom I R 123/69, BFHE 101, 215, BStBl II 1971, 239; vom IV R 126/91, BFHE 175, 284, BStBl II 1994, 936; in BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202: Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; ebenso Blümich/Hutter, § 18 EStG Rz 108; Schmidt/Wacker, EStG, 29. Aufl., § 18 Rz 23; Kanzler, Finanz-Rundschau 1994, 114; , EFG 2009, 669, rechtskräftig).

19An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auf den die alleinige Zuständigkeit für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit übergegangen ist, nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit ebenfalls auf das Urteil des Senats vom VIII R 50/09 verwiesen.

20c) Die somit auch für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zulässige Mitarbeit fachlich Vorgebildeter setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt. Insoweit ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden.

21aa) Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist (, BFHE 83, 154, BStBl III 1965, 557; vom IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681) und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet (, BFHE 93, 468, BStBl II 1968, 820; , BFHE 151, 147, BStBl II 1988, 17; , BFHE 189, 569; , BFH/NV 2006, 48, m.w.N.).

22Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung —selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet— den erforderlichen „Stempel der Persönlichkeit” des Steuerpflichtigen (, BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507; vom XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732; vom XI R 59/05, BFH/NV 2007, 1319).

23bb) Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen (BFH-Entscheidung vom V B 112/96, BFH/NV 1997, 800). Sie wird insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der Insolvenzordnung (InsO) zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört.

24 (1) Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als kaufmännisch-praktische Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse (vgl. BFH-Urteil in BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306) einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere kaufmännisch-praktische Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des Berufsträgers. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat ebenfalls auf sein Urteil vom VIII R 50/09.

25 (2) Danach ist für die Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den „Stempel der Persönlichkeit” desjenigen tragen, dem nach § 56 InsO das Amt des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist.

26Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das „Ob” bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z.B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 InsO), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 InsO) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen.

27Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn er das „Wie”, nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z.B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der InsO für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen, anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 InsO keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben (vgl. zu diesen Abwicklungsmaßnahmen auch , EFG 2007, 1523). Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (vgl. Smid, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht —DZWIR— 2002, 265; Schmid, DZWIR 2002, 316).

28 (3) Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden (Mitlehner, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung 2002, 190; Leibner, DZWIR 2002, 273; Stahlschmidt, Betriebs-Berater 2002, 1727). Dies gilt umso mehr, als die Insolvenzverwaltertätigkeit als kaufmännisch-praktische Aufgabe (BFH-Urteil in BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306) weniger durch einen „persönlichen Dienst am Kunden” als vielmehr durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften und einen dadurch bedingten hohen Mitarbeitereinsatz geprägt wird (vgl. zu diesem Unterscheidungskriterium BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1997, 800; BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681; vom V B 62/96, BFH/NV 1998, 224; in BFHE 189, 569; vom XI B 1/07, BFH/NV 2007, 2280; vom XI B 126/96, BFH/NV 1999, 822 - jeweils zum Pflegedienst).

29Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisations- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das „Ob” der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat und die Umsetzung der Entscheidungen seiner Kontrolle unterliegt.

303. Nach diesen Grundsätzen ist nach Maßgabe der tatsächlichen Feststellungen des FG die im Streitfall ausgeübte Insolvenzverwaltertätigkeit als (sonstige) selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu beurteilen.

31Die gegenteilige Auffassung des FG gründet sich allein auf die Feststellung, dass Gegenstand der Tätigkeit der angestellten Rechtsanwälte und sonstigen Hilfspersonen nicht nur vorbereitende und mechanische, sondern auch Fachwissen erfordernde qualifizierte Arbeiten waren und der Kläger damit von aufwendigen Tätigkeiten seiner überregional an drei Standorten betreuten Insolvenzfälle entlastet wurde. Der Kläger habe in den Streitjahren an drei Standorten sieben bis neun Angestellte beschäftigt, von denen zwei und ab dem Jahr 1999 drei die gleiche Berufsausbildung wie der Kläger als Rechtsanwalt sowie die übrigen jeweils Ausbildungen als Steuerfachgehilfen oder Rechtsanwaltsfachangestellte gehabt hätten. Ferner habe er sich in den Streitjahren weiterer Hilfskräfte (z.B. Anwaltssekretärinnen und Studenten) bedient und Subunternehmen mit der Verwertung der Insolvenzmassen beauftragt. Seine Angestellten seien auch ganz überwiegend im Rahmen der Insolvenzverwaltung tätig geworden. Darüber hinaus lägen die Kanzleistandorte weit voneinander entfernt. Der Kläger sei des Weiteren jährlich von verschiedenen Amtsgerichten mit der Verwaltung neuer Insolvenzen beauftragt worden.

32Diese Einwände berücksichtigen indessen nicht, dass eine Entlastung durch Mitarbeiter nach den Ausführungen unter II.2. nur dann die durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gezogenen Grenzen überschreitet, wenn ein Insolvenzverwalter die von ihm höchstpersönlich zu treffenden Entscheidungen über das „Ob” der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen seinen Mitarbeitern überlässt und damit nicht mehr leitend und eigenverantwortlich das jeweilige Insolvenzverfahren betreibt. Eine solche Aufgabenverschiebung des Klägers hin zu den angestellten Mitarbeitern oder beauftragten Subunternehmern hat das FG nicht festgestellt; sie ist auch den Akten im Übrigen nicht zu entnehmen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1309 Nr. 8
WAAAD-86472