(Eingruppierung - Tätigkeiten an Verkehrsflughäfen gemäß §§ 8, 9 LuftSiG - Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Hessen)
Gesetze: § 1 TVG, § 9 Abs 1 LuftSiG, § 8 Abs 1 Nr 2 LuftSiG, § 8 Abs 1 Nr 4 LuftSiG, § 8 Abs 1 Nr 5 LuftSiG
Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 8 Ca 444/08 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 14 Sa 850/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Arbeitnehmers K und daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Juli bis einschließlich Dezember 2007.
2Die Beklagte ist Auftragnehmerin der L AG auf dem Flughafen Frankfurt am Main, der von der F AG betrieben wird. Der Kläger ist Treuhänder des Arbeitnehmers K nach dessen Privatinsolvenz. Der Arbeitnehmer K ist seit dem als Werkschutzmann/Wachmann bei der Beklagten beschäftigt und war im streitgegenständlichen Zeitraum für sie auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt am Main tätig.
3Im Arbeitsvertrag vom ist die Anwendung des jeweils gültigen Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Bewachungsgewerbes in Hessen vereinbart worden. Bis einschließlich Mai 2007 vergütete die Beklagte den Arbeitnehmer mit einem Stundenlohn von zuletzt 8,51 Euro brutto als „Sicherheitsmitarbeiter auf dem Flughafen“ nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom (LGTV Bew HN), der mit Ablauf des außer Kraft trat. Gleichzeitig trat mit Wirkung vom der Entgelttarifvertrag vom für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen (ETV Bew HN) in Kraft, der eine Entgeltgruppe „Sicherheitsmitarbeiter auf dem Flughafen“ nicht enthält. Die Beklagte vergütete die Tätigkeit des Arbeitnehmers K im streitgegenständlichen Zeitraum mit 6,88 Euro brutto pro Stunde nach § 2 Ziff. II Nr. 2 ETV Bew HN als „Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst im Tagesdienst“.
4Im Streitzeitraum war der Arbeitnehmer K für die Beklagte mit Kontrolltätigkeiten in zwei Frachthallen auf dem Flughafengelände befasst, die nur durch ein bewachtes Tor erreicht werden können. Im Wesentlichen war er in der Halle 451 tätig, die von der L AG genutzt wird. Daneben wurde er in geringem Umfang in einer weiteren Halle eingesetzt. In der Halle 451 wurde im streitgegenständlichen Zeitraum sowohl Fracht abgeholt, um sie außerhalb des Flughafens weiterzutransportieren, als auch Fracht von außerhalb angeliefert, um in dieser Halle zur Verladung in Frachtmaschinen zwischengelagert zu werden. Aufgabe des Arbeitnehmers war es in diesem Zeitraum, Personen auf ihre Berechtigung, die Halle zu betreten, zu kontrollieren. Dies schloss Zollbeamte und Mitarbeiter der L AG ein, die nur mit Dienstausweis Zutritt hatten. Seine Kontrolle erfolgte einerseits am Eingangstor der Halle, andererseits von einem verschlagähnlichen Raum aus, in dem sich die zur Schicht gehörenden Mitarbeiter aufhalten und den Hallenbereich teilweise überblicken konnten. Weiter war es seine Aufgabe zu überprüfen, ob die sich im Hallenbereich aufhaltenden Personen den Vorschriften gemäß Warnwesten tragen und über Zutrittsausweise verfügen, die sichtbar an der Kleidung befestigt sind. Unberechtigt sich in der Halle aufhaltende Personen hatte er anzusprechen und den zuständigen Stellen der L AG zu melden. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, bei Anlieferung und Abholung von Fracht unter Berücksichtigung der jeweiligen Frachtpapiere eine Kontrolle im Hinblick auf die Stückzahl vorzunehmen und Uhrzeit, Fahrzeugkennzeichen und Name des Abholers oder Spediteurs zu vermerken.
5In der Halle 451 befindet sich ein Gerät zur Durchleuchtung von Fracht, das nicht ständig, jedoch punktuell zum Einsatz kommt, beispielsweise bei Überlastung anderer Kontrolleinrichtungen. Diese Kontrolle wird von speziellen Sicherheitsmitarbeitern durchgeführt. Zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers K gehört es nicht, die Fracht zu durchleuchten oder zu durchsuchen.
6Nach erfolgloser Geltendmachung verfolgt der Kläger den Anspruch des Arbeitnehmers, nach § 2 Ziff. V Entgeltgruppe II ETV Bew HN mit einem Entgelt von 8,75 Euro brutto pro Stunde vergütet zu werden, mit seiner Klage weiter. Der Arbeitnehmer verrichte eine Tätigkeit gemäß §§ 8, 9 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG). Durch die tarifliche Verweisung auf die §§ 8 und 9 LuftSiG werde deutlich, dass allein der Umstand der Tätigkeit an einem Verkehrsflughafen für diese Eingruppierung genüge. Unter die streitgegenständliche Entgeltgruppe würden Mitarbeiter des Wach- und Sicherheitsgewerbes fallen, die in nicht frei zugänglichen Bereichen von Verkehrsflughäfen die Zutrittsbefugnis kontrollieren sowie die Sicherung von Gebäude und Fracht gewährleisteten. Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers befinde sich im nicht allgemein zugänglichen Bereich des Verkehrsflughafens. Es gebe keinen ungehinderten und freien Zugang zu diesem, denn es finde eine Torkontrolle an einer Pkw-Schranke und einem Drehgitter für Fußgänger statt. Der Arbeitnehmer überwache Fracht und Personen sowie den Transport von Fracht. Die Tätigkeit erstrecke sich auch darauf, Fracht sicher zu lagern, die zu und zwischen einer mehrstufigen Kontrollanlage zu transportieren sei, womit § 8 Abs. 1 Ziff. 2 LuftSiG erfüllt sei. Indem er Berechtigungsausweise überprüfe und Personen melde, die über keine Zugangsberechtigung verfügen, sei § 8 Abs. 1 Ziff. 5 LuftSiG erfüllt. Eine solche Tätigkeit diene der Sicherheit des Luftverkehrs. Für die Eingruppierung sei es unerheblich, ob eine Ausbildung im Bereich Luftsicherheit durchlaufen worden sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers K sei eine typische Werkschutzaufgabe mit dem Zweck der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Betriebsstätten der Auftraggeber der Beklagten, vergleichbar mit einer Zugangskontrolle von Betriebsstätten außerhalb des Flughafens. Mit der streitgegenständlichen Tätigkeit werde nicht der Schutz des Luftverkehrs vor Angriffen bezweckt. Die betroffenen Hallen gehörten schon nicht zum „nicht allgemein zugänglichen Bereich“ des Flughafens. Personal mit auf den Schutz des Luftverkehrs vor Angriffen gerichteten Tätigkeiten im Sinne von §§ 8, 9 LuftSiG benötige eine spezielle Ausbildung, die der Arbeitnehmer K nicht absolviert habe. Es gehöre nicht zu seinen Aufgaben, Personen zu durchsuchen oder den Zugang zu einem „nicht allgemein zugänglichen Bereich“ des Flughafens zu kontrollieren. Auch für Sicherheitsüberprüfungen von Waren sei er nicht zuständig. Soweit gelegentlich im Bereich der Halle 451 eine sicherheitsrelevante Tätigkeit stattfände, habe er damit nichts zu tun. Sie werde von Personal aus einem anderen Gebäude durchgeführt. Dazu werde die betroffene Fracht zum Röntgengerät der Halle 451 antransportiert, dort durchleuchtet, anschließend sofort wieder abtransportiert und in einen besonderen Bereich gebracht, der zu dem „nicht allgemein zugänglichen Bereich“ gehöre.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
10Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen.
11I. Das Landesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass der Arbeitnehmer K im streitgegenständlichen Zeitraum mit Tätigkeiten im Sinne von §§ 8, 9 LuftSiG befasst gewesen sei, nämlich gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG mit der sicheren Lagerung von Gepäck-, Fracht- und Versorgungsgütern. Diese Bestimmung betreffe auch Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Transport zu und zwischen einer mehrstufigen Kontrollanlage. Dabei komme es nicht auf eine unmittelbare Kontrolltätigkeit durch den Arbeitnehmer an. Denn die unmittelbare Tätigkeit des Durchleuchtens und Überprüfens sei als eigenständige Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 LuftSiG besonders aufgeführt. Es reiche aus, dass die Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kontrollanlage und den dort zu bewältigenden Aufgaben stehe. In der Halle 451 befinde sich eine Kontrollanlage, die - wenn auch nicht ständig, so doch von Fall zu Fall bei entsprechendem Bedarf und Überlastung anderer Kontrolleinrichtungen - zur Durchleuchtung von Fracht benutzt werde. Da in ein und derselben Halle, die zum nicht allgemein zugänglichen Bereich zähle, ohne räumliche Trennung durch bauliche Einrichtungen sowohl die Arbeiten im Zusammenhang mit der Kontrollanlage als auch die Lagerung sonstiger Fracht stattfinde, sei die streitgegenständliche Tätigkeit Teil der in § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG beschriebenen Aufgaben.
12II. Die hiergegen gerichtete Revision ist erfolgreich. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klage ist nicht begründet. Der Arbeitnehmer hatte im Streitzeitraum keine Tätigkeit gemäß §§ 8, 9 LuftSiG zu verrichten.
131. Auf das Arbeitsverhältnis findet der ETV Bew HN kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dieser Tarifvertrag ist nach Ablösung des LGTV Bew HN der „jeweils gültige“ iSd. Arbeitsvertrages.
142. Folgende Bestimmungen sind für den Ausgang des Rechtsstreits von Bedeutung:
a) Der ETV Bew HN enthält auszugsweise folgende Entgeltgruppen:
b) Mit der Protokollnotiz 2 zum ETV Bew HN haben die Tarifvertragsparteien bezüglich der Tätigkeiten an Verkehrsflughäfen - unter § 2 Ziff. V des ETV Bew HN - für das gesamte Bundesgebiet geltende tarifliche Regelungen, darunter die des Entgeltrahmentarifvertrages für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen vom (ERTV LuftSiG) in Bezug genommen. In § 10 Nr. 1 ERTV LuftSiG heißt es unter der Überschrift „Eingruppierungsgrundsätze“ ua.:
17c) Aufgrund der im ETV Bew HN enthaltenen Bezugnahme kommt es auf die Vorschriften des LuftSiG an. Nach § 1 LuftSiG dient dieses Gesetz dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen. Nach § 7 Abs. 1 LuftSiG hat die Luftsicherheitsbehörde zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs nach § 1 die Zuverlässigkeit verschiedener Personengruppen zu überprüfen, darunter ua. Personen, denen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens im Sinne des § 8 oder eines Luftfahrtunternehmens im Sinne des § 9 gewährt werden soll. Nach § 7 Abs. 6 LuftSiG darf einem Betroffenen ohne eine abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung, bei der keine Zweifel an seiner Zuverlässigkeit verbleiben, kein Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes gewährt werden.
§ 8 LuftSiG lautet auszugsweise:
§ 9 LuftSiG lautet im hier interessierenden Zusammenhang:
203. Die Voraussetzungen nach § 2 Ziff. V Entgeltgruppe II ETV Bew HN sind in der Tätigkeit des Arbeitnehmers K nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat das Tätigkeitsmerkmal der Tätigkeit „gem. §§ 8, 9 LuftSiG“ verkannt.
21a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (zu den Kriterien vgl. ua. - 4 AZR 180/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 97, 271) und ist - wie auch die Auslegung von Gesetzen selbst - in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (st. Rspr., zB - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240).
22b) Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es für die hier streitige Eingruppierung nicht bereits aus, dass eine Tätigkeit „an einem Verkehrsflughafen“ ausgeübt wird. In § 2 Ziff. V ETV Bew HN mit der Überschrift „Tätigkeiten an Verkehrsflughäfen“ sind drei Entgeltgruppen mit verschiedenen Voraussetzungen vorgesehen. Die streitgegenständliche Entgeltgruppe II ist nur eine davon. Bereits dadurch zeigt sich, dass nicht allein der Umstand einer Tätigkeit an einem Verkehrsflughafen zum Erfolg der Klage führen kann.
23c) Mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers K handelt es sich nicht um eine Tätigkeit „gem. §§ 8, 9 LuftSiG“, so dass seine Eingruppierung in Entgeltgruppe II entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ausscheidet.
24aa) Maßgebend für die Eingruppierung der Tätigkeit des Arbeitnehmers ist die überwiegende Tätigkeit, die von den Tarifvertragsparteien nach § 10 Nr. 1 ERTV LuftSiG als eine Tätigkeit von mehr als 50 % der tatsächlichen Jahresarbeitszeit definiert worden ist. Dazu geht aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nichts hervor. Auch der Vortrag des Klägers lässt zu den Tätigkeiten des Arbeitnehmers nicht erkennen, in welchem zeitlichen Verhältnis Tätigkeiten im Eingangsbereich der Halle einschließlich der Kontrolle von Personen auf ihre Berechtigung zum Zutritt zur Halle, Bestreifungen innerhalb der Halle und die Kontrollaufgaben bei der Abholung und Anlieferung von Fracht stehen. Es kann jedoch dahinstehen, ob bei der streitbefangenen Tätigkeit von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit auszugehen ist oder ob sie aus Teiltätigkeiten besteht, die gegebenenfalls unterschiedlich zu bewerten sein können. Denn die Tätigkeitsmerkmale sind in jedem Fall nicht erfüllt.
25bb) Die Tarifvertragsparteien des ETV Bew HN haben nicht erläutert, auf welche der vielfältigen Regelungen in §§ 8 und 9 LuftSiG sie konkret Bezug nehmen. Dazu gibt auch die in Bezug genommene und in etwa gleichlautende Regelung in § 11 ERTV LuftSiG - Arbeitnehmer mit Tätigkeiten gem. §§ 8 und 9 LuftSiG - keinen näheren Aufschluss. Die Regelungen der §§ 8 und 9 LuftSiG sind nach ihrem Zweck und Wortlaut nicht auf die Tätigkeitsbewertung von Beschäftigten gerichtet, sondern auf ein Pflichtenprogramm für Flughafen- und Luftfahrtunternehmen zur Eigensicherung ihrer Verantwortungsbereiche sowie zur Mitwirkung an behördlichen Maßnahmen (vgl. Meyer/Wysk in Grabherr/Reidt/Wysk Luftverkehrsgesetz Stand September 2009 Einl LuftSiG Rn. 14, 45) im Hinblick auf den Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs. Da die Tarifvertragsparteien nicht präzisiert haben, welche Teile dieses Pflichtenprogramms sie konkret meinen und welche Tätigkeit sie damit bewerten, sind sämtliche Regelungen der §§ 8, 9 LuftSiG in den Blick zu nehmen.
26cc) Der streitgegenständliche Eingruppierungsanspruch folgt nicht aus § 2 Ziff. V Entgeltgruppe II ETV Bew HN iVm. § 8 Abs. 1 LuftSiG.
27(1) Dabei kann dahinstehen, ob § 8 Abs. 1 LuftSiG bereits deshalb nicht einschlägig ist, weil diese Bestimmung auf den Arbeitgeber des Arbeitnehmers K, also die Beklagte, von vornherein nicht anwendbar ist.
28Dieser Auffassung ist die Beklagte, die meint, dass § 8 LuftSiG nur die Pflichten der Flugplatzbetreiber betreffe, zu denen ihr Auftraggeber jedoch nicht gehöre. Hierfür spricht zunächst, dass diese Bestimmung mit „Sicherungsmaßnahmen der Flugplatzbetreiber“ überschrieben ist und dass wesentliche Teile von ihr auf „Unternehmer eines Verkehrsflughafens“ zugeschnitten sind.
29Etwas anderes kann sich jedoch nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG ergeben, soweit Betriebsgebäude, Frachtanlagen und sonstige Betriebseinrichtungen von dem Luftfahrtunternehmen selbst oder in seinem Auftrag errichtet oder von ihm selbst betrieben werden. In solch einem Fall würde § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 LuftSiG entsprechend gelten. Dazu müsste die L AG, die Auftraggeberin der Beklagten ist, die hier fragliche Halle 451 errichtet haben oder selbst betreiben. Dazu enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts keine Feststellungen. Die Beklagte führt aus, dass die betreffenden Hallen von ihrem Auftraggeber, der L AG, angemietet worden seien.
30Ob Anmietung und Nutzung einer Halle unter „selbst betreiben“ subsumierbar ist, muss der Senat jedoch nicht entscheiden, da bereits keine der Vorgaben iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 LuftSiG erfüllt ist.
31(2) Die Tätigkeit des Arbeitnehmers K erfüllt jedenfalls keine der in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 LuftSiG enthaltenen Vorgaben.
32(a) § 8 Abs. 1 Nr. 1, 3, 6 und 7 LuftSiG sind bereits offensichtlich nicht einschlägig. § 8 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG betrifft das Erstellen und/oder Gestalten von Flughafenanlagen, Bauwerken, Räumen und Einrichtungen, wovon die streitgegenständliche Tätigkeit nicht berührt ist. § 8 Abs. 1 Nr. 3 LuftSiG nennt die Durchsuchung aufgegebenen Gepäcks, was hier unstreitig nicht zur Tätigkeit gehört. Ausdrücklich gehört nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch die unmittelbare Kontrolle der Fracht im Hinblick auf gefährliche Gegenstände und die Durchsuchung dieser Fracht nicht zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers K. Auch § 8 Abs. 1 Nr. 6 und 7 LuftSiG, betreffend die Schulung von Sicherheitspersonal und die Verbringung von Luftfahrzeugen auf Sicherheitspositionen, sind hier offenkundig nicht von Belang.
33(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt auch keine Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG vor.
34(aa) Nach dieser Bestimmung sind Post, aufgegebenes Gepäck, Fracht und Versorgungsgüter zur Durchführung der Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 sicher zu transportieren und zu lagern, wobei der Transport zu und zwischen einer mehrstufigen Kontrollanlage eingeschlossen ist.
35(bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es komme auf eine unmittelbare Kontrolltätigkeit durch den Arbeitnehmer nicht an. Die hierauf bezogene Tätigkeit des Durchleuchtens und Überprüfens sei als eigenständige Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 LuftSiG besonders aufgeführt. Es reiche, dass in einer Halle ohne räumliche Trennung durch bauliche Einrichtungen die Lagerung der Frachtstücke stattfinde und dass die Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kontrollanlage und den dort zu bewältigenden Aufgaben stehe.
36(cc) Mit dieser Begründung konnte die Berufung gegen die dem Höhergruppierungsbegehren entsprechende erstinstanzliche Entscheidung nicht zurückgewiesen werden.
37Soweit das Landesarbeitsgericht es für ausreichend hält, dass eine Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kontrollanlage und den dort zu bewältigenden Aufgaben steht und dafür auf die räumlich nicht getrennte physische Nähe der Tätigkeit zu einer Kontrollanlage oder Durchleuchtungsanlage abstellt, hat es die Tatbestandsmerkmale von § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG verkannt. Für ein solch weites Verständnis über den Wortlaut hinaus spricht nichts.
38Von den Tatbestandsmerkmalen, die ausdrücklich in § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG genannt sind, kann allein der Gesichtspunkt der Lagerung für die Bewertung der Tätigkeit des Arbeitnehmers K von Bedeutung sein. Ein Transport von Fracht ist hingegen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht Teil seiner Aufgaben. Bereits dies spricht gegen die Erfüllung der nach dem Wortlaut der Bestimmung kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG.
39Aber auch wenn nicht vorausgesetzt würde, dass sowohl Transport als auch Lagerung zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmales verwirklicht sein müssen, erfasst § 2 Ziff. V Entgeltgruppe II ETV Bew HN iVm. § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG die Lagerung von Fracht jedenfalls nur insoweit, als sie gezielt auf die Durchführung der Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 LuftSiG, also auf ein Durchsuchen, Durchleuchten und Überprüfen dieser Fracht auf verbotene Gegenstände durch die Luftsicherheitsbehörde gerichtet ist. Dies kommt durch das Wort „zur“ vor „Durchführung der Maßnahmen nach § 5 Abs. 3“ zum Ausdruck. Mit solchen Maßnahmen hat die Tätigkeit des Arbeitnehmers jedoch nichts zu tun. Ein Teil der Fracht, die in seinem Tätigkeitsbereich lagert, kommt dafür bereits nicht in Frage. Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 LuftSiG betreffen nicht die Fracht, die abgeholt und aus dem Flughafen hinaus befördert wird. Sie betreffen nur diejenige Fracht, die zur späteren Verladung in Frachtmaschinen bestimmt ist. Nur für diese stehen Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 LuftSiG an. Für eine darauf gerichtete Finalität kann jedoch nicht jegliche Lagerung von Fracht auf dem Gelände eines Verkehrsflughafens ausreichen. Bei der Tätigkeit des Arbeitnehmers ist kein Bezug zu Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 LuftSiG festgestellt und auch nicht vorgetragen worden. Es reicht dafür nicht aus, dass ein Kontrollgerät ohne bauliche Trennung in derselben Halle steht und von Zeit zu Zeit, für welche Fracht auch immer, benutzt wird.
40Schließlich betrifft die Tätigkeit des Arbeitnehmers K nicht die „sichere“ Lagerung von Fracht iSd. LuftSiG. Der Sicherheitsbegriff ist bezüglich des Gesetzes entsprechend der in § 1 LuftSiG genannten Zweckbestimmung als Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs zu verstehen. Bezüglich Frachtgut bedeutet dies nach verschiedenen Bestimmungen des LuftSiG, dass dieses daraufhin durchsucht, durchleuchtet oder anderweitig kontrolliert wird um auszuschließen, dass von ihm eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs ausgeht. Eine solche Tätigkeit übt der Arbeitnehmer nicht aus. Seine Kontrolltätigkeit hinsichtlich von Fracht bezieht sich auf andere Aspekte, nämlich darauf, dass beim Abholen und beim Abgeben keine Unregelmäßigkeiten auftreten. Er kontrolliert im Abgleich mit dem jeweiligen Frachtbrief zB die Stückzahl, Namen und weitere Daten wie Fahrzeugkennzeichen. Damit gilt seine Kontrolle der Fracht an sich und der damit verbundenen Eigentumsverhältnisse, jedoch nicht der Sicherheit des Luftverkehrs.
41(c) Auch § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LuftSiG sind nicht einschlägig.
42(aa) Nach diesen Bestimmungen sind nicht allgemein zugängliche Bereiche gegen unberechtigten Zugang zu sichern und, soweit es sich um sicherheitsempfindliche Bereiche handelt, ist der Zugang nur hierzu besonders berechtigten Personen zu gestatten. Vor dem Zugang zu den sensiblen Teilen der nicht allgemein zugänglichen Bereiche sind Personen, einschließlich der Mitarbeiter, zu durchsuchen oder in sonstiger geeigneter Weise zu überprüfen. Von ihnen mitgeführte Gegenstände und Fahrzeuge sind zu durchsuchen, zu durchleuchten oder in sonstiger geeigneter Weise zu überprüfen.
43(bb) Die Tätigkeit des Arbeitnehmers K erfüllt jedoch keine der Vorgaben von § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LuftSiG.
44(aaa) In den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts oder im Vortrag des Klägers ist nichts dafür ersichtlich, dass die streitgegenständliche Tätigkeit im Übergang von einem „nicht allgemein zugänglichen Bereich“ zu einem „sensiblen“ oder „sicherheitsempfindlichen“ Bereich oder Teil des Flughafens auszuüben ist.
45(bbb) Entgegen der Auffassung des Klägers, die das Landesarbeitsgericht geteilt hat, spricht nichts dafür, dass die fragliche Tätigkeit innerhalb eines „nicht allgemein zugänglichen Bereichs“ des Flughafens auszuüben ist oder damit der Zugang zu solch einem Bereich gesichert wird.
46Der Begriff „nicht allgemein zugänglicher Bereich“ des Flughafens in § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LuftSiG ist unter Berücksichtigung der übrigen Bestimmungen des LuftSiG auszulegen. Entgegen der Auffassung des Klägers und der Auslegung durch das Landesarbeitsgericht ist dafür nicht ausreichend, dass der Zugang zu einem Bereich nur durch Passieren eines bewachten Tores möglich ist und Zugangsberechtigungen überprüft werden. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass nach § 7 LuftSiG für Personen, denen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens gewährt werden soll, Zuverlässigkeitsüberprüfungen vorgeschrieben sind. Nach § 7 Abs. 6 LuftSiG darf einem Betroffenen ohne eine abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung, bei der keine Zweifel an seiner Zuverlässigkeit verbleiben, kein Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes gewährt werden.
47Nach diesen Vorgaben muss im Eingruppierungsrechtsstreit für eine Tätigkeit, von der behauptet wird, sie werde innerhalb eines nicht allgemein zugänglichen Bereichs eines Flughafens ausgeübt, jedenfalls vorgetragen werden, dass eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG erfolgreich bestanden worden ist. Für die Sicherung eines solchen Bereichs gegen unberechtigten Zugang gilt nichts anderes.
48Dafür dass der Arbeitnehmer diese Voraussetzung erfüllt, ergibt sich weder aus dem Klägervortrag noch aus dem Prozessstoff im Übrigen ein Anhaltspunkt. Dem Vortrag der Beklagten, die behauptet hatte, dass der Arbeitnehmer nicht über eine bestandene Zuverlässigkeitsüberprüfung verfüge und zudem aufgrund der Privatinsolvenz auch nicht verfügen könne, ist der Kläger nicht mit Tatsachenvortrag entgegengetreten.
49(ccc) Schließlich beinhaltet die Tätigkeit des Arbeitnehmers nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag des Klägers auch nicht die Durchsuchung von Personen, Gegenständen und Fahrzeugen, insbesondere nicht vor Zugang zu einem sensiblen Teil eines nicht allgemein zugänglichen Bereichs. Abgesehen davon, dass die hier fragliche Tätigkeit nicht in einem nicht allgemein zugänglichen Bereich stattfindet und schon gar nicht den Übergang zu einem sensiblen Teil sichert, ist eine Überprüfung von Berechtigungsausweisen und ein Melden von nicht berechtigten Personen weder eine Durchsuchung noch eine Überprüfung „in sonstiger geeigneter Weise“ iSd. in § 1 LuftSiG genannten Zweckbestimmung des Schutzes vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs.
50dd) Der streitgegenständliche Eingruppierungsanspruch folgt auch nicht aus § 2 Ziff. V Entgeltgruppe II ETV Bew HN iVm. § 9 LuftSiG.
51(1) Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts geht nichts hervor, was für vorzunehmende Sicherungsmaßnahmen bei der Abfertigung von Fluggästen oder der Behandlung von Fracht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG spricht. Auch behauptet der Kläger nichts Dahingehendes.
52(2) Auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 LuftSiG ist nicht erfüllt. Es fehlt bereits bezüglich der Sicherung eines nicht allgemein zugänglichen Bereichs eines Verkehrsflughafens gegen unberechtigten Zugang zumindest am Vortrag zu einer tatsächlich erfolgreich bestandenen Zuverlässigkeitsüberprüfung des Arbeitnehmers, aus dem auf seinen Einsatz in einem nicht allgemein zugänglichen Bereich iSd. LuftSiG geschlossen werden könnte. Die Sicherung eines sicherheitsempfindlichen Bereichs behauptet der Kläger selbst nicht.
53(3) Schließlich ergibt sich nichts aus der Verweisung in § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 LuftSiG auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 LuftSiG, denn sämtliche Vorgaben letzterer Bestimmung werden wie dargelegt nicht erfüllt.
54(4) § 9 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 LuftSiG treffen bereits von vornherein nicht auf eine wie auch immer geartete Kontrolltätigkeit zu, da es um Pflichten der Sicherung von Luftfahrzeugen oder Mitwirkung an Zuverlässigkeitsüberprüfungen geht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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NAAAD-85075