Fragen und Antworten zum Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO
Die folgende Übersicht enthält Fragen, zu denen die Finanzverwaltung bislang Stellung genommen hat.
Bei diesem Fragen- und Antwortenkatalog handelt es sich um eine Orientierungshilfe für die Anwendung des Verzögerungsgeldes. Eine Rechtsbindung geht hiervon nicht aus. Die Entscheidung im Einzelfall bleibt dem zuständigen Finanzamt vorbehalten.
Der Fragen- und Antwortenkatalog wird nach Bedarf aktualisiert. Seine jeweils aktualisierte Fassung wird im Internet bekannt gegeben.
1. Welchen Zweck hat das Verzögerungsgeld?
Das Verzögerungsgeld dient dazu, den Steuerpflichtigen zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zeitnah anzuhalten, insbesondere Anordnungen der Finanzbehörde Folge zu leisten, wie z. B. die Buchführung wieder ins Inland zu verlagern oder den Mitwirkungspflichten nach § 200 AO im Rahmen einer Außenprüfung nachzukommen.
2. Hat das Verzögerungsgeld den gleichen Charakter wie ein Zwangsmittel i. S. d. § 328 AO?
Nein. Es handelt sich um ein Druckmittel eigener Art. Die für Zwangsmittel geltenden Vorschriften der §§ 328 ff. AO finden keine Anwendung.
3. In welchen Fällen kann das Verzögerungsgeld festgesetzt werden?
Das Verzögerungsgeld kann festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige
der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner im Ausland befindlichen elektronischen Buchführung oder Teilen davon nicht nachkommt,
seiner Pflicht zur Mitteilung der unter § 146 Abs. 2a Satz 4 AO genannten Umstände nicht unverzüglich nachkommt,
den Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO nicht, nicht zeitnah oder nicht in vollem Umfang einräumt,
Auskünfte im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig erteilt,
angeforderte Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig vorlegt,
seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde verlagert hat.
4. Kann ein Verzögerungsgeld im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht nur im Rahmen einer Außenprüfung festgesetzt werden?
Ja.
5. Kann ein Verzögerungsgeld nur in Fällen festgesetzt werden, bei denen elektronische Bücher und Aufzeichnungen im Ausland geführt und aufbewahrt werden?
Nein. Um eine Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die ihre elektronischen Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Ausland führen, gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die dies im Inland tun, zu vermeiden, gilt die Anwendung des Verzögerungsgeldes für alle gleichermaßen.
6. Ist bei einem Verstoß i. S. d. § 146 Abs. 2b AO zwingend ein Verzögerungsgeld festzusetzen?
Nein. Die Finanzbehörde hat ein Ermessen, ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Ermessenserwägungen sind spätestens bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nachzuholen (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO, § 102 FGO).
Ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Gesetz sieht grundsätzlich keine Berücksichtigung von Verschuldensgründen vor. Ein Verzögerungsgeld kann bei einem Verstoß i. S. v. § 146 Abs. 2b AO auch dann festgesetzt werden, wenn aus dem Mitwirkungsverstoß andere negative Folgerungen gezogen werden (z. B. Versagung des Betriebsausgabenabzugs).
7. Kann auch bei einem Kleinstbetrieb ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden?
Ja. Allein der Umstand, dass der Steuerpflichtige ein Kleinstunternehmer ist, macht die Festsetzung des Verzögerungsgeldes nicht unverhältnismäßig.
8. Kommt eine Festsetzung auch bei Prüfungen gemäß § 193 Abs. 2 AO in Betracht?
Ja, die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes ist unabhängig von der Rechtsgrundlage der Außenprüfung zulässig.
9. Darf nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens noch ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden?
Grundsätzlich kann auch nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Sofern sich der Steuerpflichtige aufgrund der verlangten Mitwirkung selbst belasten würde, wird aber von der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes abgesehen.
10. Gegen wen ist das Verzögerungsgeld festzusetzen?
Das Verzögerungsgeld wird gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt. Die Bekanntgabe der Festsetzung kann an einen Empfangsbevollmächtigten erfolgen (§ 122 AO).
11. Muss die Aufforderung zur Mitwirkung schriftlich erfolgen?
Nein, eine bestimmte Form ist nicht vorgesehen. Die Anforderung und Fristsetzung wird aus Beweissicherungsgründen schriftlich erfolgen.
12. Welche Anforderungen sind an das Mitwirkungsverlangen zu stellen?
Es ist nicht erforderlich, dass das Mitwirkungsverlangen zu Steuernachforderungen führen wird. Die Möglichkeit einer steuerlichen Relevanz reicht aus. Das Mitwirkungsverlangen muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
13. Welche Fristsetzung für die Vorlage der Unterlagen/Erteilung der Auskunft bzw. der Einräumung des Datenzugriffs ist angemessen?
Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Buchführungsunterlagen und der Datenzugriff bereits zu Beginn der Prüfung bereitgestellt werden müssen. Im Sinne einer ökonomischen und rationellen Prüfungsdurchführung ist es unabdingbar, dass angeforderte Auskünfte und Unterlagen zeitnah erteilt bzw. zur Verfügung gestellt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine möglichst kurzfristige Terminierung erforderlich. Der Datenzugriff muss unverzüglich ermöglicht werden.
Der Umstand, dass die elektronischen Bücher und Aufzeichnungen im Ausland geführt und aufbewahrt werden, rechtfertigt keine längere Frist als bei vergleichbaren Inlandsfällen.
14. Muss das Verzögerungsgeld vorher angedroht werden?
Nein. Allerdings ist der Steuerpflichtige vor der Festsetzung des Verzögerungsgelds auf die Möglichkeit der Festsetzung hinzuweisen (§ 91 AO). In den Fällen, in denen der Steuerpflichtige seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung ins Ausland verlagert hat, ist ein vorheriger Hinweis nicht erforderlich.
15. Hat die Festsetzung des Verzögerungsgeldes in zeitlicher Nähe zur Verweigerung der Mitwirkung zu erfolgen?
Das Verzögerungsgeld sollte zeitnah nach Ablauf der Frist festgesetzt werden.
16. Welche Kriterien können für die Höhe des Verzögerungsgeldes maßgebend sein?
Das Verzögerungsgeld beträgt mindestens 2.500 Euro und höchstens 250.000 Euro. Innerhalb dieser gesetzlichen Bandbreite können insbesondere nachfolgende Kriterien für die Bemessung der Höhe von Bedeutung sein:
Dauer der Fristüberschreitung
Gründe der Pflichtverletzung
Wiederholte Verzögerung bzw. Verweigerung
Ausmaß der Beeinträchtigung der Außenprüfung
Unternehmensgröße
Mangelnde Mitwirkung
Wiederholte Verzögerungsgeldfestsetzungen
17. Können mehrere Verzögerungsgeldfestsetzungen in einem Schreiben zusammengefasst werden?
Ja. Das Verzögerungsgeld kann für jede einzelne Pflichtverletzung getrennt oder zusammen für verschiedene Pflichtverletzungen in einem Sammelverwaltungsakt gemeinsam in jeweils bestimmter Höhe festgesetzt werden.
18. Ist eine erneute Festsetzung wegen derselben Pflichtverletzung möglich?
Ja. Eine erneute Aufforderung mit Fristsetzung ist jedoch erforderlich.
19. Ist die Beitreibung des Verzögerungsgeldes bei Vorlage der angeforderten Unterlagen wie beim Zwangsgeld einzustellen?
Nein. Eine dem § 335 AO entsprechende Regelung findet sich in § 146 Abs. 2b AO nicht. Auch nach Vorlage der Unterlagen bzw. erfolgter Mitwirkung ist ein bereits festgesetztes Verzögerungsgeld zu entrichten.
20. Welche Behörde ist bei Mitwirkungen des BZSt für die Festsetzung des Verzögerungsgeldes zuständig?
Bei Mitwirkungen des BZSt nach § 19 Abs. 1 FVG bleibt die nach § 195 Satz 1 AO zuständige Landesfinanzbehörde für das Mitwirkungsverlangen und die Festsetzung des Verzögerungsgeldes die zuständige Stelle.
BMF v. - IV A
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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAD-83693