Restschuldbefreiungsverfahren: Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung bei Nichtabführung nur zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichender Beträge
Leitsatz
Eine Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung liegt auch dann vor, wenn die vom Schuldner nicht abgeführten Beträge lediglich zur (teilweisen) Deckung der Verfahrenskosten ausreichen .
Gesetze: § 296 Abs 1 InsO
Instanzenzug: LG Gießen Az: 7 T 401/10 Beschlussvorgehend AG Friedberg (Hessen) Az: 61 IN 97/04
Gründe
I.
1Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner auf Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 die Restschuldbefreiung versagt, weil er der Pfändung unterliegende Beträge aus seinem Einkommen nicht an den Treuhänder abgeführt und damit seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft verletzt habe (§ 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Er beantragt nunmehr Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.
II.
2Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO), denn eine Rechtsbeschwerde wäre unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Begründung des Antrags auf Prozesskostenhilfe zeigt nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte oder eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre. Ein solcher Zulässigkeitsgrund ist auch sonst nicht ersichtlich.
31. Die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgte auf einen zulässigen, von der weiteren Beteiligten zu 1 unter Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes gestellten Antrag (§ 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Die objektiven Voraussetzungen des geltend gemachten Versagungsgrundes hat das Beschwerdegericht ordnungsgemäß festgestellt. Die hiergegen gerichteten Einwendungen im Prozesskostenhilfeantrag sind nicht geeignet, diese Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Soweit der Schuldner im Prozesskostenhilfegesuch entgegen den Feststellungen der Vorinstanzen vorbringt, er habe mit dem Treuhänder vereinbart, dass er in größeren Abständen, etwa alle drei bis vier Monate seine Lohnabrechnungen dem Treuhänder vorlegen solle, damit dieser die Pfändungsbeträge ermitteln und ihm mitteilen könne, handelt es sich hierbei um neues tatsächliches Vorbringen, das im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich wäre und mithin eine anderweite Beurteilung nicht rechtfertigen könnte.
42. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung hat das Beschwerdegericht die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Rechtssätze zugrunde gelegt (vgl. etwa , WM 2009, 2328 Rn. 11 mwN). Das Beschwerdegericht ist ferner davon ausgegangen, dass eine Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung auch dann vorliegt, wenn durch die Obliegenheitsverletzung nur Massegläubiger, wozu auch die Staatskasse bezüglich der Verfahrenskosten gehört, benachteiligt werden (ebenso LG Göttingen NZI 2008, 625; Wenzel, in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 296 Rn. 5; Graf-Schlicker/Kexel, InsO 2. Aufl. § 296 Rn. 2).
5Nach der Rechtsprechung des Senats ist für das Anfechtungsrecht anerkannt, dass durch eine Masseunzulänglichkeit eine Gläubigerbenachteiligung nicht ausgeschlossen wird. Andernfalls würde das Ziel des Insolvenzverfahrens, die Gläubiger - und dazu zählen auch die Massegläubiger - zu befriedigen, nicht erreicht und die Anfechtungsgegner erhielten einen nicht gerechtfertigten Vorteil (, ZIP 2001, 1641, 1643; vom - IX ZR 213/06, ZIP 2008, 701 Rn. 14; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 37; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 105). Für die Frage der Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung im Rahmen des § 296 Abs. 1 InsO kann nichts anderes gelten (vgl. HK-InsO/Landfermann, aaO § 296 Rn. 4). Damit scheidet auch insoweit eine Grundsatzbedeutung aus. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung von Prozesskostenhilfe. Eine Bewilligung kommt nicht in Betracht, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder durch die in der Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als schwierig "erscheint" (vgl. BVerfG NJW 1991, 413, 414; , NJW-RR 2003, 130, 131; vom - IX ZA 30/10, NZI 2011, 104 Rn. 5).
63. Eine Heilung der Obliegenheitsverletzung ist nicht eingetreten, weil der Zufluss der in Rede stehenden Beträge erst nach Aufdeckung der Verletzungshandlung durch den Treuhänder erfolgt ist (vgl. , WM 2011, 416 Rn. 2 mwN).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2011 S. 6 Nr. 20
NJW 2011 S. 8 Nr. 22
WM 2011 S. 950 Nr. 20
OAAAD-83005