Berichtigung des Protokolls nach § 94 FGO; Beschwerde gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung grundsätzlich nicht statthaft; keine Umdeutung einer sofortigen Beschwerde in eine Anhörungsrüge
Gesetze: FGO § 94, FGO § 128 Abs. 1, FGO § 133a, ZPO § 164
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Einkommensteuer 2001 auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil vom . abgewiesen. Nach Zustellung des Urteils beantragten der Kläger mit Schriftsatz vom und die Klägerin mit Schriftsatz vom unter anderem die Berichtigung und Ergänzung des Protokolls über den Erörterungstermin am . Sie begehrten die Aufnahme einzelner Tatsachen und Tatsachenwürdigungen in das Protokoll.
2 Durch Beschluss vom lehnte der im Erörterungstermin protokollführende Berichterstatter die Anträge ab. Die im Antrag des Klägers vom und der Klägerin vom angeführten Begründungen seien auf Tatbestandsergänzungen gerichtet oder enthielten Beweiswürdigungen.
3 Die Kläger erhoben mit Schriftsatz vom „sofortige Beschwerde”, der der Berichterstatter —ohne ausdrücklichen Beschluss— nicht abgeholfen hat. Die Kläger tragen sinngemäß vor, dass der für den Rechtsstreit maßgebliche Sachverhalt vom FG unvollständig ermittelt worden sei, einzelne Tatsachen unzutreffend gewürdigt sowie bestimmte Tatsachen, Beweisangebote und Anträge fehlerhaft nicht berücksichtigt worden seien.
4 II. Die Beschwerde ist unzulässig.
5 1. Der Senat legt den mit Schriftsatz vom eingelegten Rechtsbehelf als Beschwerde i.S. des § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus. Das klägerische Begehren richtet sich gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung durch den Berichterstatter, so dass als Rechtsbehelf die Beschwerde nach § 128 Abs. 1 FGO in Betracht kommt. Eine „sofortige Beschwerde” kennt die FGO nicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 128 Rz 1).
6 2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung ist nicht statthaft. Nach § 94 FGO i.V.m. § 164 Abs. 1 der Zivilprozessordnung können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit berichtigt werden. Als unvertretbare Verfahrenshandlung kann eine solche Protokollberichtigung jedoch nur durch den Instanzrichter, der das Protokoll unterschrieben hat, und gegebenenfalls den hinzugezogenen Protokollführer vorgenommen werden. Eine Beschwerde (§ 128 Abs. 1 FGO) gegen die Berichtigung oder die Ablehnung der Berichtigung ist deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich nicht statthaft. Eine Ausnahme davon gilt nur dann, wenn vorgetragen wird, die Berichtigung sei zu Unrecht als verfahrensrechtlich unzulässig abgelehnt oder die Entscheidung über den Berichtigungsantrag sei von einer nichtberechtigten Person vorgenommen worden oder leide sonst an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2006, 102, m.w.N.).
7 Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Berichtigungsantrag wurde aus sachlichen Gründen von dem zuständigen Instanzrichter abgelehnt, der die Niederschrift über den Erörterungstermin vom unterschrieben hatte; durchgreifende schwerwiegende Verfahrensmängel in Bezug auf die Entscheidung über den Berichtigungsantrag sind nicht erkennbar. Das Beschwerdevorbringen der Kläger betrifft nicht Mängel des Berichtigungsverfahrens, sondern beschränkt sich auf die Geltendmachung von materiell-rechtlichen Fehlern und Verfahrensfehlern des finanzgerichtlichen Hauptsacheverfahrens, die —aus Sicht der Kläger— zur inhaltlichen Unrichtigkeit des Protokolls des Erörterungstermins führen.
8 3. Der Senat kann über die vorliegende Beschwerde entscheiden, obwohl der Berichterstatter nicht zuvor gemäß § 130 FGO durch förmlichen Beschluss über deren Abhilfe entschieden hat. Da wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde keine Abhilfe möglich ist, steht der Abgabe an das FG und einer nochmaligen Vorlage an den BFH der Grundsatz der Prozessökonomie entgegen (vgl. , BFH/NV 1997, 517, m.w.N.).
9 4. Im Übrigen ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Protokollberichtigung entfallen. Der Senat hat die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision durch Beschluss vom als unbegründet zurückgewiesen; dadurch ist das FG-Urteil rechtskräftig geworden.
10 5. Die Beschwerde ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. außerordentlichen Beschwerde zulässig. Eine außerordentliche Beschwerde ist als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf seit Einführung des § 133a FGO generell nicht mehr statthaft (vgl. , BFH/NV 2006, 2114, m.w.N.).
11 6. Eine Umdeutung des ausdrücklich als „sofortige Beschwerde” bezeichneten Rechtsbehelfs in eine Anhörungsrüge nach § 133a FGO kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass für die Kläger ein zur Vertretung vor dem BFH befugter Prozessbevollmächtigter handelt; insoweit ist es ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige mit ihren Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 160/07, nicht veröffentlicht —n.v.—, juris; vom V B 114/08, BFH/NV 2009, 400, und vom VI S 11/08, n.v., juris).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 1166 Nr. 7
ZAAAD-82709