BGH Beschluss v. - II ZB 6/10

Handelsregisterverfahren: Beschwerderecht eines Notars bei Zurückweisung einer Gesellschafterliste; Zulässigkeit der Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile

Leitsatz

1. Weigert sich das Registergericht wegen formaler Beanstandungen, eine von einem Notar eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, hat der Notar ein eigenes Beschwerderecht .

2. Die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile in der Gesellschafterliste ist dann zulässig, wenn jeder Geschäftsanteil durch die Angabe der bisherigen Nummerierung zweifelsfrei zu identifizieren bleibt .

Gesetze: § 40 Abs 1 GmbHG, § 40 Abs 2 GmbHG, § 59 Abs 1 FamFG

Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 6 W 40/09 Beschlussvorgehend AG Coburg Az: HRB 428 Beschluss

Gründe

1I. Der Antragsteller beurkundete in seiner Eigenschaft als Notar die Übertragung sämtlicher insgesamt zwölf Geschäftsanteile an einer GmbH auf einen neuen Gesellschafter. Nachdem der Gesellschafterwechsel wirksam geworden war, reichte er zum Handelsregister eine aus sieben Spalten bestehende Gesellschafterliste ein:

Unter den laufenden Nummern 1 bis 12 der ersten Spalte waren die Namen, Geburtsdaten und Wohnorte der bisherigen Gesellschafter sowie deren Geschäftsanteile nach Anzahl, Nennbetrag pro Stück und Summe der Nennbeträge eingetragen. Diese Eintragungen waren durchgestrichen. Unter den laufenden Nummern 13 bis 24 folgte jeweils der Name des neuen Gesellschafters mit den fortgeschriebenen Angaben zu den zwölf erworbenen Geschäftsanteilen einschließlich der Angabe der bisherigen Nummern. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Registergericht die Aufnahme der eingereichten Gesellschafterliste in den für das Registerblatt bestimmten Registerordner abgelehnt, weil die einmal festgelegte Nummerierung der Geschäftsanteile auch nach einem Gesellschafterwechsel beizubehalten sei.

2Die hiergegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht (OLG Bamberg, ZIP 2010, 1394) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Registergericht stehe zwar kein materielles Prüfungsrecht hinsichtlich der nach § 40 Abs. 2 GmbHG einzureichenden Gesellschafterliste zu. Es habe jedoch zu prüfen, ob die Liste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspreche, da die Norm gläubigerschützend im Sinne von § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG sei. Im Rahmen dieser Prüfungskompetenz habe das Registergericht die Umnummerierung der Geschäftsanteile zu Recht beanstandet. Auf die Erforderlichkeit der Beibehaltung der einmal festgelegten Nummerierung deute bereits der Wortlaut des § 40 Abs. 1 GmbHG hin. Außerdem sei die Norm im Zusammenhang mit der ebenfalls neu gefassten Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG zum Inhalt der Gesellschafterliste bei Neugründung einer GmbH zu sehen, wonach bereits bei der Gründung der Gesellschaft jedem vorhandenen Geschäftsanteil eine laufende Nummer zugeordnet werde. Mit der neuen Gesellschafterliste seien daher nur die vorgenommenen Änderungen zu dokumentieren, während die nicht von Änderungen betroffenen Eintragungen der früheren Gesellschafterliste beibehalten werden müssten. Schließlich entspreche die Beibehaltung der Nummerierung der Geschäftsanteile auch dem Sinn und Zweck der Regelung des § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG. Die durch das MoMiG erheblich aufgewertete Gesellschafterliste habe die Funktion eines Rechtsscheinträgers erhalten und verlange deshalb nach einer übersichtlichen und eindeutigen Darstellung, aus der für einen Dritten zweifelsfrei erkennbar sei, welche Geschäftsanteile zum aktuellen Zeitpunkt vorhanden seien und von wem der einzelne Geschäftsanteil derzeit gehalten werde. Diesen Erfordernissen werde eine Gesellschafterliste aber nur dann gerecht, wenn die einmal vorgenommene Nummerierung in den nachfolgenden Listen beibehalten werde.

3Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner weiterverfolgt.

4II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt - unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen - zur Weisung an das Registergericht, die vom Antragsteller eingereichte Gesellschafterliste in den für das Registerblatt bestimmten Registerordner aufzunehmen.

51. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) das seit geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren einleitende Antrag - hier in Form der Einreichung der Gesellschafterliste - am , also nach Inkrafttreten der Neuregelung, bei Gericht eingegangen ist.

6Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des beteiligten Notars ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ohne Erfolg geblieben ist.

72. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Notars gegen den angefochtenen Beschluss des Registergerichts zu Unrecht zurückgewiesen, da diese zulässig und begründet ist.

8a) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Nach dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in "Angelegenheiten nach diesem Gesetz" statt, also in Angelegenheiten nach dem FamFG. Zu diesen Angelegenheiten gehört auch die in § 9 Abs. 1 Handelsregisterverordnung (HRV) geregelte Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner, denn die in der HRV ergänzend geregelten Verfahrensvorschriften beruhen auf der Verordnungsermächtigung des § 387 Abs. 2 FamFG.

9Der einreichende Notar ist auch dazu befugt, die Beschwerde im eigenen Namen einzulegen. Das folgt zwar noch nicht aus § 59 Abs. 2 FamFG. Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59 Abs. 2 FamFG müssen immer auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein (, FamRZ 2003, 1738, 1740 zu § 20 FGG; Unger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 59 Rn. 25). Das ist hier aber der Fall. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in eigenen Rechten beeinträchtigt ist. Durch die Ablehnung des Registergerichts, die vom Notar gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, wird (auch) der Notar in eigenen Rechten beeinträchtigt. Soweit die Beschwerdebefugnis des Notars von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung mit der Erwägung in Abrede gestellt wird, der Notar habe seiner persönlichen Amtspflicht bereits mit der Einreichung der Liste genügt, so dass ihn die Zurückweisung der Liste durch das Registergericht nicht mehr in eigenen Rechten beeinträchtige (OLG Köln, FGPrax 2010, 202), vermag der Senat dem nicht zu folgen.

10§ 40 Abs. 2 GmbHG verpflichtet einen Notar, der an Veränderungen des Gesellschafterbestandes mitgewirkt hat, unverzüglich nach deren Wirksamwerden die geänderte Gesellschafterliste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben, zum Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln. Der Notar kommt mit der Einreichung der Liste zum Handelsregister einer ihm obliegenden Amtspflicht nach, die ihm als Folgeverpflichtung aus seiner Mitwirkung an der Anteilsübertragung erwächst (OLG Köln, FGPrax 2010, 202; Altmeppen/Roth, GmbHG, 6. Aufl., § 40 Rn. 14; Scholz/Schneider, GmbHG, 10. Aufl., § 40 Rn. 38). Weist das Registergericht eine vom Notar eingereichte Gesellschafterliste zurück, macht es ihm die Erfüllung seiner Amtspflicht streitig. Wäre die Zurückweisung berechtigt, stünde der Notar weiterhin gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG in der Amtspflicht, eine (korrigierte) Gesellschafterliste einzureichen (im Ergebnis ebenso OLG Jena, ZIP 2010, 831, 832).

11b) Die Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist auch begründet. Das Registergericht hat die eingereichte Gesellschafterliste zu Unrecht zurückgewiesen.

12Dabei kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Registergericht das Recht oder die Pflicht hat, die eingereichte Gesellschafterliste zu prüfen (vgl. hierzu OLG München, NJW-RR 2009, 972, 973; OLG Jena, ZIP 2010, 831; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., Anh. § 387 Rn. 5a; Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 1105; Melchior/Schulte, Handelsregisterverordnung, § 9 Rn. 6; Gutachten DNotI-Report 2009, 190, 193; Mayer, ZIP 2009, 1037, 1039; Scholz/Schneider, GmbHG Nachtrag MoMiG, 10. Aufl., § 40 Rn. 36; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rn. 75; Wachter, GmbHR 2010, 596, 597, ders., NZG 2009, 1001, 1002). Denn jedenfalls hat es die von dem Antragsteller eingereichte Liste zu Unrecht beanstandet.

13Die Umnummerierung der abgetretenen Geschäftsanteile unter Kennzeichnung ihrer Herkunft ist zulässig (§ 40 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Gliederungskontinuität, wie er beispielsweise für den Jahresabschluss angeordnet ist (§ 265 Abs. 1 HGB), in Bezug auf die Gesellschafterliste nicht aufgestellt. Ohnehin kann eine Stetigkeit der Nummerierung nicht in allen Fällen durchgehalten werden, etwa nach einer Teilung oder Zusammenlegung von Geschäftsanteilen, erst recht wenn vormals geteilte Geschäftsanteile anschließend mit anderen Geschäftsanteilen zusammengelegt werden. In solchen Fällen wird teils die Vergabe von Abschnittsnummern (1.1, 1.2, ...), teils die Verwendung ergänzender Buchstaben (1a, 1b, ...) und teils die Vergabe der nächst freien Nummern vorgeschlagen (vgl. OLG Jena, ZIP 2010, 831, 832; Wicke, MittBayNot 2010, 283, 284; Gutachten DNotI-Report 2010, 147, 148 f.). Das Gesetz macht hierzu - soweit der Begriff der "laufenden Nummern" erfüllt bleibt - keine zwingende Vorgabe, obwohl das Problem bereits im Gesetzgebungsverfahren bekannt war (vgl. die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins Nr. 43/07 vom zum Regierungsentwurf des MoMiG, Rn. 28). Sind in manchen Fällen Brüche in der Gliederungskontinuität unvermeidlich, besteht keine Notwendigkeit, in allen übrigen Abtretungsfällen die Stetigkeit der Nummerierung zu fordern, solange die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse unter einer Umnummerierung nicht leidet und jeder Geschäftsanteil durch die Angabe der bisherigen Nummerierung zweifelsfrei zu identifizieren bleibt. Reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, die allerdings regelmäßig für eine Beibehaltung der Nummerierung sprechen, berühren die Rechtsgültigkeit der eingereichten Liste nicht. Inhaltliche Zweifel daran, welche Geschäftsanteile bestanden und durch welche Abtretungsketten diese in die Hand des neuen Gesellschafters gelangt waren, konnten hier nicht aufkommen. Durch das Durchstreichen der laufenden Nummern 1 bis 12 sowie durch die Veränderungsnachweise unter den laufenden Nummern 13 bis 24 ist die Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet.

14Daher hätte das Oberlandesgericht der Beschwerde stattgeben und das Registergericht zur Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner anweisen müssen. Dieses kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

Strohn                               Reichart                                      Drescher

                  Born                                  Nedden-Boeger

Fundstelle(n):
DB 2011 S. 8 Nr. 15
DB 2011 S. 865 Nr. 15
DNotZ 2011 S. 940 Nr. 12
DStR 2011 S. 12 Nr. 16
DStR 2011 S. 779 Nr. 16
GmbHR 2011 S. 133 Nr. 9
GmbHR 2011 S. 474 Nr. 9
NJW 2011 S. 1809 Nr. 25
NJW 2011 S. 6 Nr. 17
NWB-Eilnachricht Nr. 16/2011 S. 1308
StBW 2011 S. 516 Nr. 11
StuB-Bilanzreport Nr. 10/2011 S. 395
WM 2011 S. 754 Nr. 16
ZIP 2011 S. 5 Nr. 15
ZIP 2011 S. 765 Nr. 16
JAAAD-80283