Eingruppierung eines Facharztes in die Entgeltgruppe Ä5 TV-Ärzte HE - Übertragung der Leitung durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers - vergleichbare sonstige Organisationseinheit
Gesetze: § 10 Abs 1 Entgeltgr Ä5 Buchst a TV-Ärzte HE, § 10 Abs 1 Entgeltgr Ä5 Buchst b TV-Ärzte HE, § 10 Abs 2 TV-Ärzte HE
Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 4 Ca 2311/07 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 2 Sa 36/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers ab dem nach dem Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken vom , geschlossen zwischen dem Land Hessen und dem Marburger Bund (TV-Ärzte Hessen).
2Der Kläger ist seit März 2002 als Arzt bei dem beklagten Land im Klinikum der J tätig. Er ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und absolvierte Weiterbildungen zum Familientherapeuten sowie in der Neuropathologie. Der Kläger leitet in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, die unter der Leitung des Direktors Prof. Dr. P steht, auf dessen Zuweisung die Therapiestation für Jugendliche sowie die Sprechstunde für Essstörungen. Die Essstörungssprechstunde, die wöchentlich dienstags von 10.00 bis 12.00 Uhr stattfindet, bietet Betroffenen und deren Angehörigen einen telefonischen Erstkontakt, dem idR ein ambulanter Termin folgt. Nach einer Diagnosephase folgen ggf. weitere ambulante Termine oder eine stationäre Aufnahme. Dem Bereich Essstörungen sind neben dem Kläger ein weiterer Arzt, ein Psychologe sowie ein Psychologe in Ausbildung zugewiesen.
3Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung vom findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TV-Ärzte Hessen, der zum in Kraft getreten ist, in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Ab vergütet das beklagte Land den Kläger nach der Entgeltgruppe Ä 4 TV-Ärzte Hessen.
4Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom , ihn ab nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zu vergüten, hat der Kläger die hierauf gerichtete Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen. Bei dem Bereich Essstörungen handele es sich um einen Funktionsbereich im Sinne der einschlägigen Protokollnotiz. Seine Beauftragung zur Leitung dieses Bereichs durch Prof. Dr. P sei in Absprache mit der Verwaltung erfolgt. Seine Leitungsfunktion sei vielfach dokumentiert, beispielsweise im Organigramm der Klinik, im Telefonverzeichnis, im Qualitätsmanagementhandbuch und den Patienteninformationen. Zudem erfülle er auch die Vorraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen, denn er leite eine größere Organisationseinheit; insofern bedürfe es nicht der Unterstellung von fünf Ärzten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen,
6Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Dem Kläger sei nicht durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers eine Leitungsfunktion im tarifrechtlichen Sinne übertragen worden. Es fehle bereits an der entsprechenden ausdrücklichen Anordnung. Zudem handele es sich bei Essstörungen um eine isoliert zu betrachtende Erkrankung; die Betreuung einer auf deren Behandlung gerichteten Sprechstunde oder auch eines entsprechenden Bereichs stelle keinen Funktionsbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen dar. Wegen ihrer geringen Größe sei die vom Kläger betreute Einheit auch nicht als sonstige Organisationseinheit im Sinne der begehrten Entgeltgruppe anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
8Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Da es für eine abschließende Entscheidung an Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
9I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle an einer ausdrücklichen Übertragung der Leitung der Essstörungsambulanz „durch den Arbeitgeber“. Diese tarifliche Vorgabe behalte dem Krankenhausträger die Entscheidung über eine Übertragung entsprechender Leitungskompetenz vor. Eine derartige Entscheidung fehle vorliegend. Konkludentes Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers sei dagegen nicht maßgebend. Deshalb könne es dahinstehen, ob die Essstörungsambulanz ein Funktionsbereich bzw. eine vergleichbare Organisationseinheit iSd. Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen sei. Dies sei im Übrigen zweifelhaft, soweit es sich lediglich um eine Untereinheit der Institutsambulanz handele und der Bereich der Essstörungen von Kindern und Jugendlichen auch nicht ein Spezialgebiet im Sinne der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen darstelle. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Kläger im Bereich der Essstörungen mit dem nach § 10 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen notwendigen Umfang seiner Arbeitskraft tätig sei, da ihm daneben auch die Leitung der Therapiestation für Jugendliche obliege.
10II. Mit dieser Begründung konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat das Tatbestandsmerkmal der ausdrücklichen „Anordnung des Arbeitgebers“ verkannt. Der Senat kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden. Anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob bei dem Kläger zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmales der begehrten Vergütungsgruppe erfüllen.
1. Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare TV-Ärzte Hessen enthält folgende für die Eingruppierung des Klägers maßgebende Bestimmungen:
122. Nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen kann mit den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Klage nicht deshalb abgewiesen werden, weil dem Kläger die Leitungsfunktion nicht durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers übertragen worden wäre. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sehen die tarifvertraglichen Bestimmungen nicht vor, dass allein der Träger eines Krankenhauses als juristische Person „persönlich“ für eine Übertragung der Leitungsfunktion iSd. Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zuständig ist.
13a) Nach dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen muss durch „ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung ... übertragen“ worden sein. Zu der bezüglich der Vorgabe der „Übertragung durch den Arbeitgeber“ vergleichbaren Vorgabe der „Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber“ iSd. ersten Fallgruppe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL und iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA hat der Senat in mehreren Entscheidungen vom (ua. - 4 AZR 495/08 - NZA 2010, 895), die erst nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts ergangen sind, ausgeführt, dass hierdurch keine, von allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt worden ist ( - 4 AZR 495/08 - Rn. 56, aaO; vgl. für die nachfolgenden Entscheidungen insbesondere - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 ff.).
14aa) Entscheidend ist die Übertragung der Leitungsfunktion für den/die tariflich näher bezeichnete/n Funktionsbereich oder die Organisationseinheit. Dafür maßgebend ist der Inhalt des Arbeitsverhältnisses bei Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen bezogen auf die Tätigkeitsmerkmale des § 10 TV-Ärzte Hessen. Hierfür kommt es nach § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen bei der Eingruppierung von Ärzten nicht in erster Linie auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an, sondern auf die auszuübende Tätigkeit.
15(1) § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen ist ohne Einschränkung für sämtliche Entgeltgruppen anzuwenden, also ebenso wie für alle anderen Entgeltgruppen auch für die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen. Das Anknüpfen an die „auszuübende“ Tätigkeit zeigt, dass auch im TV-Ärzte Hessen der Grundsatz der Tarifautomatik gelten soll. Danach ist die Eingruppierung ein Akt der Rechtsanwendung, dem keine rechtsgestaltende Wirkung zukommt. Dies entspricht der Wirkungsweise der tariflichen Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), an dem ehemals auch die hiesigen Tarifvertragsparteien als Tarifvertragspartei und Mitglied einer Tarifvertragspartei beteiligt waren, und der insoweit in § 22 Abs. 2 BAT im Wortlaut mit der Eingruppierungsnorm des § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen übereinstimmt. Aus dem Erfüllen der tariflichen Tätigkeitsmerkmale ergibt sich unmittelbar ein entsprechender tariflicher Vergütungsanspruch, ohne dass es einer Maßnahme des Arbeitgebers bedarf (ua. - mwN, BAGE 65, 163, 166; - 4 AZR 945/06 - NZA-RR 2008, 358).
16(2) Diese Grundsätze sind durch die Vorgabe der Übertragung der Leitung eines Funktionsbereichs oder einer den Vorgaben entsprechenden Organisationseinheit durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers in dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen nicht berührt. Diese Anforderung setzt nicht die Tarifautomatik, die mit der auszuübenden Tätigkeit einhergeht, außer Kraft. Hierfür fehlt es an jedem Anhaltspunkt, der gerade angesichts der offensichtlichen Anknüpfung an die Eingruppierungsnorm des BAT und darüber hinaus auch angesichts des Wortlautes von § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen einer besonderen Deutlichkeit bedurft hätte. Deshalb kann es dahinstehen, ob eine solche „Eingruppierung durch Statuszuweisung“ tariflich überhaupt möglich wäre oder ob sie nicht wegen der daraus folgenden ungleichen Vergütung für dieselbe Arbeit (hier: arbeitsvertraglich geschuldete Ausübung der Leitungsfunktion für einen Funktionsbereich oder eine den Vorgaben entsprechende Organisationseinheit) gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG verstieße.
17(3) Es handelt sich bei der Tarifregelung vielmehr um eine Klarstellung der Tarifvertragsparteien über die zivilrechtliche Zurechenbarkeit der entsprechenden Aufgabenzuweisung, die in der Vergangenheit wegen fehlender vergütungsrechtlicher Folgen häufig allein der Leitung der Klinik im Rahmen ihrer Personalhoheit überlassen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben damit - jedenfalls für entsprechende Übertragungen der Leitung eines Funktionsbereichs oder einer den Vorgaben entsprechenden Organisationseinheit in der Vergangenheit - jedoch keine, von allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt und auch keine besonderen Formerfordernissse an eine etwa vom Arbeitgeber erteilte Vollmacht begründet (ua. - Rn. 56, NZA 2010, 895; - 4 AZR 862/08 - Rn. 43; - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 ff.).
18(4) Dem Tatbestandsmerkmal „durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers ... übertragen“ kommt insofern eigenständige Bedeutung zu, als damit klargestellt wird, dass der Arbeitsvertrag durch bloße organisatorische Maßnahmen oder verwaltungsinterne Anweisungen nicht geändert werden kann, sondern es dafür einer darauf gerichteten Willenserklärung des Arbeitgebers oder einer ihm zivilrechtlich zurechenbaren Aufgabenzuweisung bedarf (so für die ausdrückliche Unterstellung von Angestellten iSd. VergGr. IIa BAT-O - zu B II 2 b aa der Gründe, ZTR 2008, 604).
19(5) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus der Regelung bezüglich der Zahlung einer persönlichen Zulage in § 12 Abs. 1 TV-Ärzte Hessen nichts anderes. Dort ist Voraussetzung der Zulagenzahlung im Falle einer vorübergehenden höherwertigen Tätigkeit die „Übertragung“ derselben, ohne dass der Arbeitgeber wortwörtlich genannt worden ist. Dies stützt jedoch keine differenzierende Betrachtung. Auch für die eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zulagenzahlung auslösende Regelung in § 12 Abs. 1 TV-Ärzte Hessen kommt allein der Arbeitgeber als Übertragender einer höherwertigen Tätigkeit in Betracht.
20bb) Ob eine vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen dem Arzt von der Klinikleitung übertragene Leitungsfunktion dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, ist eine Frage des Einzelfalls (insoweit übertragbar - Rn. 61, NZA 2010, 895). Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses, insbesondere der Umfang der Arbeitsverpflichtung, die Grenzen des Direktionsrechts und die Notwendigkeit einer Vertragsänderung auf der einen Seite und die konkrete Organisation der Klinik durch den Arbeitgeber, insbesondere die Erkennbarkeit oder Bekanntmachung eventueller Beschränkungen der Personalhoheit der Klinikleitung auf der anderen Seite können nur anhand der konkreten Umstände beurteilt werden.
21(1) Maßgebend ist grundsätzlich nicht die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, sondern das, was nach dem Arbeitsvertrag die geschuldete Arbeit ist ( - ZTR 2008, 604). Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann allerdings für die Auslegung des Arbeitsvertrages, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit vor allem dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder wenig Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die - wie auch immer bestimmte - vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit (vgl. ua. - Rn. 45).
22(2) Bedient sich der Arbeitgeber bei der Leitung einer Klinik der Dienste eines Chefarztes oder Direktors und überlässt diesem die nähere Ausgestaltung der Organisation der Klinik und die personelle Zuweisung der Aufgaben, ist der Arbeitgeber an die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden. Die Klinikleitung muss allgemein als befugt angesehen werden, für den Arbeitgeber das Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer, also auch dem Arzt, wirksam auszuüben (vgl. ua. - Rn. 49; - 4 AZR 166/09 - Rn. 22).
23(3) Auch wenn die Klinikleitung keine dahin gehende ausdrückliche Vollmacht hat, kann die in der Zuweisung oder der Vereinbarung der neuen Tätigkeit möglicherweise liegende konkludente Vertragsänderung dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Duldungs- und vor allem der Anscheinsvollmacht, nach der dem Vertretenen die mangelnde Sorgfalt und Nachlässigkeit in seinen eigenen Angelegenheiten angelastet werden kann, gleichwohl zuzurechnen sein. Die Kliniken sind arbeitsvertragsrechtlich keine Freiräume. Wenn Arbeitgeber, die die Kliniken nach Gutdünken organisieren können (so - AP BAT § 24 Nr. 14), bestimmte leitende Mitarbeiter aus der objektivierbaren und berechtigten Sicht der Arbeitnehmer mit der Vertretungsmacht des Arbeitgebers ausstatten, müssen sie sich das vertragsrechtlich zurechnen lassen. Dem entspricht, dass ein Arzt dann, wenn ihm von der Klinikleitung eine bestimmte Aufgabe übertragen wird, im Regelfall davon ausgehen darf und muss, dass die Klinikleitung hierzu vom Arbeitgeber befugt ist. Andernfalls würde ihm zugemutet, jeweils zu prüfen, ob es eine vom Arbeitgeber erlassene Zuständigkeitsvorschrift gibt und ob diese durch seine Klinikleitung eingehalten worden ist (vgl. ua. - Rn. 52 f.; - 4 AZR 166/09 - Rn. 25 f.).
24(4) Die Zuweisung einer Tätigkeit an einen Arzt, die dieser danach längere Zeit ausübt, ist in der Regel arbeitsvertraglich gedeckt, dh. entweder hält sich die Maßnahme im Bereich des bisherigen Direktionsrechts oder sie stellt eine Änderung des Arbeitsvertrages dar. Jedenfalls handelt es sich dabei in der Regel um die auszuübende Tätigkeit des Arztes. Dass sich aufgrund des neuen Vergütungssystems dadurch für ihn möglicherweise eine höhere Vergütung ergibt, ist eine bloße Folge des neuen Tarifvertrages und ändert nichts an der von dem Kläger arbeitsvertraglich auszuübenden und dementsprechend tariflich zu bewertenden Tätigkeit (näher ua. - Rn. 49).
25(5) Von besonderer Bedeutung kann in diesem Zusammenhang ferner sein, wie der Arbeitgeber nach dem Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen auf die Organisations- und Verantwortungsstruktur reagiert hat, die zu diesem Zeitpunkt bestand. Selbst wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen die Übertragung der Leitung für einen Funktionsbereich oder eine den Vorgaben entsprechende Organisationseinheit dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen wäre, könnte er sich hierauf nicht berufen, wenn er die bisherige Zuordnung von Aufgaben trotz einer durch die Überleitung in das neue Tarifsystem veranlassten Überprüfung unbeanstandet lässt (übertragbar insoweit zu den Anforderungen an eine Übertragung im Tarifsinne - Rn. 43 ff. zum TV-Ärzte/VKA sowie - 4 AZR 495/08 - Rn. 56 ff., NZA 2010, 895 und - 4 AZR 568/08 - Rn. 64 ff., zur gleichartigen Regelung im TV-Ärzte/TdL).
26b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Klageanspruch des Klägers nicht an der Anforderung einer „ausdrücklichen Anordnung“ durch den Arbeitgeber. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
27Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht einer „ausdrücklichen Anordnung“ nicht entgegen, dass sie nicht „persönlich“ durch den Arbeitgeber erfolgte, sondern durch den Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Prof. Dr. P. Wie das Landesarbeitsgericht selbst annimmt, hat dieser dem Kläger seinen Tätigkeits- und Aufgabenbereich ausdrücklich übertragen. Der Kläger leitete jedenfalls seit Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters auf Zuweisung von Prof. Dr. P die Sprechstunde für Essstörungen und die Therapiestation für Jugendliche. Dies ist die der tariflichen Bewertung nach § 10 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen zugrunde zu legende Tätigkeit, denn es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass die Verantwortlichkeit des Klägers nicht den Vorgaben des Direktors der Klinik entsprochen hätte. Im Gegenteil hat dieser durch ein Schreiben vom der Verwaltung des Klinikums bestätigt, dass der Kläger die „Leitung der Essstörungsambulanz“ inne hat.
28Ob allerdings diese Leitungstätigkeit als „Leitung eines entsprechenden Funktionsbereiches“ zu qualifizieren und mit der Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist, wie es in dem genannten Schreiben ebenfalls zum Ausdruck kommt, ist keine vom Chefarzt oder Klinikdirektor zu entscheidende Frage der Übertragung der Tätigkeit, sondern misst sich allein an den weiteren tarifvertraglichen Anforderungen.
293. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beantwortet werden kann. Es kann nicht beurteilt werden, ob bei der für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeit des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters als Leiter der Sprechstunde für Essstörungen und der Therapiestation für Jugendliche zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmales der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen erfüllen. Den Parteien ist Gelegenheit zur Präzisierung ihres Vortrages zu geben. Dies gebietet - auch unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast im Eingruppierungsrechtsstreit - der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche Tätigkeitsmerkmale, die gemessen an der komplexen Wirklichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dementsprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen, ist den Parteien eine entsprechende Gelegenheit zu geben. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass weder dem Kläger noch dem Landesarbeitsgericht die Senatsentscheidungen vom zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung teilweise identischer Tätigkeitsmerkmale in den Bereichen des TV-Ärzte/VKA und des TV-Ärzte/TdL bekannt waren und dass insbesondere zur Auslegung des hier einschlägigen TV-Ärzte Hessen noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen war.
30a) Zunächst wird es darauf ankommen, die tariflich relevante Tätigkeit des Klägers näher zu bestimmen. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bieten für die tarifliche Bewertung der vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Der Aufgabenbereich des Klägers ist im Tatbestand des Berufungsurteils nicht näher beschrieben. Ersichtlich ist lediglich, dass der Kläger innerhalb der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters die Leitung der Essstörungssprechstunde - oder Essstörungsambulanz - sowie die Leitung der Therapiestation für Jugendliche inne hat. Erwähnt wird in der Akte teilweise der „Bereich Essstörungen“, wobei unklar bleibt, ob dieser deckungsgleich mit der Essstörungssprechstunde und/oder der Essstörungsambulanz ist. Unklarheit besteht auch hinsichtlich der Therapiestation für Jugendliche; es wird nicht deutlich, ob die Essstörungssprechstunde oder -ambulanz darin integriert ist oder getrennt davon besteht und inwieweit der Kläger sich auch für die Leitung der Therapiestation für Jugendliche auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen beruft. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist insbesondere auch nicht ersichtlich, wie konkret die Tätigkeit des Klägers für die Essstörungssprechstunde und für die Therapiestation für Jugendliche aussieht, welchen zeitlichen Umfang diese beanspruchen, was konkret seine Leitungsfunktion ausmacht, wie beide Bereiche ausgestaltet sind und welche Weisungsbefugnisse er für ärztliches und nichtärztliches Personal inne hat. Für den Bereich Essstörungen ist ersichtlich, dass drei weitere Personen, darunter ein Arzt, darin tätig sind. Nicht ersichtlich ist, ob diese den Weisungen des Klägers unterliegen. Für die Therapiestation für Jugendliche, soweit der Kläger sich darauf für sein Klagebegehren überhaupt beruft, ist kein Unterstellungsverhältnis erkennbar.
31b) Die nach § 10 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte Hessen maßgebenden Arbeitsvorgänge der tariflich relevanten Tätigkeit des Klägers sind nicht bestimmt worden und auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bisher auch nicht bestimmbar. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte Hessen entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Nach der Rechtsprechung zu § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT, die wegen wortgleicher Formulierung und übereinstimmender Tarifvertragsparteien oder entsprechender Mitgliedschaft auch insoweit übertragbar ist, ist der Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien vorgegebener Rechtsbegriff. Unter einem Arbeitsvorgang ist nach ständiger Rechtsprechung eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen. Entscheidendes Bestimmungskriterium ist das Arbeitsergebnis (vgl. näher - Rn. 17 mwN zum ebenfalls übereinstimmenden Begriff des Arbeitsvorgangs im TV-Ärzte/VKA). Dabei kann die gesamte Tätigkeit des Klägers nur dann einem einzigen einheitlichen Arbeitsvorgang zugeordnet werden, wenn die Leitung der Essstörungssprechstunde und die Leitung der Therapiestation für Jugendliche demselben einheitlichen Arbeitsergebnis dienen. Für den Fall, dass lediglich die Leitung der Essstörungssprechstunde geeignet ist, die Anforderungen der begehrten Entgeltgruppe zu erfüllen, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht in Zweifel gezogen, dass ein diesbezüglich isolierter Arbeitsvorgang mindestens die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers ausmacht.
324. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung erübrigt sich auch nicht deshalb, weil die Klage bereits auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes entscheidungsreif wäre (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist insbesondere nicht unabhängig von den noch erforderlichen Feststellungen in jedem Falle abzuweisen, weil ohne weiteres feststünde, dass die Tätigkeit des Klägers weder nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a noch der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist. Vielmehr bedarf es auch, was die einzelnen Tatbestandsmerkmale der vom Kläger in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale angeht, - gegebenenfalls - weiterer tatsächlicher Feststellungen.
33a) Nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen werden Fachärztinnen oder Fachärzte mit fakultativer Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in ihrem Fachgebiet und mit entsprechender Tätigkeit, denen durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung eines entsprechenden Funktionsbereichs oder einer vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind, vergütet.
34aa) Der Kläger ist Facharzt im tariflichen Sinne, denn er ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
35bb) Bisher kann nicht abschließend entschieden werden, ob die von dem Kläger - offenbar erfolgreich iSd. der Protokollnotiz zu den Entgeltgruppen Ä 4 Buchst. a und Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen - absolvierten Weiterbildungen als fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in seinem Fachgebiet, dh. in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, anzusehen sind. Bisher ist solches weder festgestellt noch ersichtlich. Zwar wurde klägerseitig in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, dass darüber in der Vergangenheit Einvernehmen zwischen den Parteien bestanden habe. Jedoch kann gegebenenfalls bestehendes Einvernehmen nicht einen auf Grundlage der einschlägigen Weiterbildungsordnung konkretisierten Klägervortrag ersetzen.
36cc) Ebenfalls kann derzeit nicht entschieden werden, ob die Tätigkeit des Klägers nicht nur seinem Fachgebiet, sondern auch seiner Weiterbildung entspricht. Nur wenn die Tätigkeit beiden Qualifikationen, also seiner fachärztlichen Qualifikation sowie der erfolgreich absolvierten fakultativen Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entspricht, ist diese Voraussetzung erfüllt. Mit dem Begriff der Entsprechung haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass nicht eine teilweise Überschneidung von Ausbildung und Tätigkeit ausreicht, sondern dass ein „Gegenstück“ gemeint ist. Insoweit übertragbar ist die Senatsrechtsprechung, nach der eine „entsprechende“ Tätigkeit nicht bereits dann vorliegt, wenn die durch die Aus- und Weiterbildung erworbenen Fähigkeiten lediglich nützlich oder wünschenswert sind, sondern nur dann, wenn die Tätigkeit sich auf die konkrete Fachrichtung der jeweiligen Aus- und Weiterbildung bezieht und die Tätigkeit die durch die Aus- und Weiterbildung erworbenen Fähigkeiten gerade erfordert (vgl. ua. - zu II 2 c cc bbb der Gründe, BAGE 108, 224, 235). Ausbildung und Tätigkeit entsprechen sich also nur dann, wenn die gesamte tariflich geforderte fachärztliche Ausbildung und Weiterqualifikation für die auszuübende Tätigkeit erforderlich ist. Auch dazu fehlen bisher tatsächliche Feststellungen.
37dd) Es kann auch nicht abschließend entschieden werden, ob es sich bei der Therapiestation für Jugendliche und/oder der Sprechstunde für Essstörungen um einen der fakultativen Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung des Klägers in seinem Fachgebiet - der Kinder- und Jugendpsychiatrie - entsprechenden Funktionsbereich oder um eine vergleichbare sonstige Organisationseinheit im Tarifsinne handelt. Lediglich die letzte in diesem Tätigkeitsmerkmal genannte Fallgestaltung - die der ständigen Unterstellung von mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzten - kann im Fall des Klägers ausgeschlossen werden, da ersichtlich nur ein Arzt neben ihm beschäftigt ist, für den zudem die Frage der Unterstellung noch nicht tatsächlich geklärt ist.
38(1) Nach der dritten Protokollnotiz zur Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen sind Funktionsbereiche wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets. Damit ist der Begriff des Funktionsbereichs von den Tarifvertragsparteien in dem Sinne gebraucht worden, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien oder Mitglieder von Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen der Vergütungsordnung zum BAT zugrunde lag (vgl. für den TV-Ärzte/TdL - Rn. 33 mwN, NZA 2010, 895 zur VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5; für den TV-Ärzte/VKA - 4 AZR 166/09 - zur VergGr. Ib Fallgr. 4 iVm. Protokollerklärung Nr. 3). Als Beispiele für Funktionsbereiche wurden beispielsweise in der Protokollerklärung Nr. 3 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom ua. die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die Herzkatheterisierung benannt. Im TV-Ärzte Hessen finden sich dagegen keine Beispiele für Funktionsbereiche. Die Tarifvertragsparteien haben auch nicht auf andere Art und Weise deutlich gemacht, ob die Bestimmung eines Funktionsbereichs wie in der Tarifpraxis zum BAT weitgehend durch Rückbeziehung auf Beschlüsse des Gruppenausschusses der VKA (bzw. im Tarifbereich der bei den Ländern beschäftigten Ärzte auf die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft der Länder -TdL-, vgl. dazu ausf. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese VergO BL Stand März 2009 Anlage 1a Teil I Allgemeiner Teil Erl. 41.2) erfolgt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der jeweils aktuelle Stand der Medizin zutreffender in den Weiterbildungsordnungen und in der Fachliteratur widerspiegelt und ggf. auch durch Sachverständigengutachten zu belegen wäre. Jedenfalls ist die Frage der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Funktionsbereichs“ anhand einer Einzelfallbetrachtung zu beantworten. Sie ist aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht möglich.
39(2) Die Tarifvertragsparteien haben nicht definiert, was sie unter einer „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ verstehen. Anhaltspunkte ergeben sich im Zusammenhang mit den anderen beiden Fallgestaltungen des Tätigkeitsmerkmales der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen nur insofern als die „Vergleichbarkeit“ sich jedenfalls auf den Vergleich mit einem Funktionsbereich bezieht. Da dieser nicht vorrangig mit einer quantitativen Größenanforderung belegt worden ist, sondern sich nach seiner medizinisch-inhaltlichen Bedeutung bestimmt, ist die „vergleichbare sonstige Organisationseinheit“ ebenfalls medizinisch definiert, ohne jedoch eine Anerkennung als Funktionsbereich vorauszusetzen. Eine quantitative Größenanforderung ist insofern zusätzlich einzubeziehen als auch Funktionsbereiche regelmäßig über eine bestimmte Mindestgröße verfügen. Orientierung bietet insofern die letzte der in dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen genannte Fallgestaltung, nämlich die ständige Unterstellung von mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzten. Zwar ist diese genau definierte Zahl hier weder für den Funktionsbereich noch für die „vergleichbare sonstige Organisationseinheit“ vorgeschrieben. Jedoch liegt darin, dass die Tarifvertragsparteien die drei hier fraglichen Fallgestaltungen des Tätigkeitsmerkmales gleich bewerten, ein Anhaltspunkt, der als einer von verschiedenen Aspekten in die Betrachtung einfließen kann, um im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen, ob eine medizinisch bestimmte Organisationseinheit unter den unbestimmten Rechtsbegriff der „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ fällt.
40Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt aber jedenfalls die Tatsache, dass es sich bei der vom Kläger betreuten Einheit um eine Untereinheit der Institutsambulanz handelt, nicht schon von vornherein aus, dass insoweit die Anforderung einer „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ erfüllt ist. Der Begriff „Organisationseinheit“ beinhaltet zwar, dass eine organisatorisch abgrenzbare Einheit mit gewisser organisatorischer Verselbständigung vorausgesetzt ist. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass diese nicht innerhalb einer übergeordneten Organisationseinheit angesiedelt sein kann.
41Eine mit einem Funktionsbereich „vergleichbare sonstige Organisationseinheit“ iSd. Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen wird in der Regel allerdings nur dann gegeben sein, wenn die Einheit auf unbestimmte Dauer oder jedenfalls für einen nicht unerheblichen Zeitraum eingerichtet ist und ihren Zweck mit eigener Ausstattung, eigenen Sachmitteln und Räumen sowie mit eigenem nichtärztlichen und ärztlichen Personal erfüllt. Dagegen genügt die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal für die Abgrenzung einer Organisationseinheit nicht (vgl. im Ergebnis ähnlich - Rn. 35 - 38, NZA 2010, 895 für das Merkmal „Teilbereich einer Klinik oder Abteilung“ iSd. Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL).
42b) Es kann derzeit auch nicht abschließend festgestellt werden, dass die Tätigkeit des Klägers nicht nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist.
43Nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen werden Fachärztinnen oder Fachärzte mit entsprechender Tätigkeit in ihrem Fachgebiet, für das in der Weiterbildungsordnung eine fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist, denen durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung einer größeren Organisationseinheit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind, vergütet.
44aa) Der Kläger ist zwar als Facharzt im tariflichen Sinne in seinem Fachgebiet, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, tätig.
45bb) Es fehlt bislang aber noch jeder klägerische Vortrag dazu, ob in der einschlägigen Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer oder einer Vorgängerregelung eine entsprechende fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist. Zu berücksichtigen ist dabei die „Protokollnotiz zu Ä 4 b), Ä 5 b)“ TV-Ärzte Hessen.
cc) Ebenso kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger einer „größeren Organisationseinheit“ im Tarifsinne als Leiter vorsteht. Im Gegensatz zur „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen kommt es hierfür nicht auf eine medizinische Spezialisierung an, jedoch ist eine Mindestgröße der Organisationseinheit im og. Sinne erforderlich.
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