BVerwG Beschluss v. - 6 B 4.10

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: OVG Nordrhein-Westfalen, OVG 15 A 2318/07 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: nein

Gründe

Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts erheblich war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Im Hinblick auf den gegenüber der Klägerin festgesetzten und in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren einzig noch umstrittenen Studienbeitrag für das Sommersemester 2007 will die Beschwerde geklärt wissen: "Stehen Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG der Einführung allgemeiner Studiengebühren auch für solche Studierende entgegen, die ihr Studium bereits vor Verkündung des Gebührengesetzes begonnen haben und die auch für ein Studium inner- halb der Regelstudienzeit zu Studiengebühren herangezogen werden?" Damit zeigt sie keine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf.

Die Auffassung der Klägerin, die Erhebung von Studienbeiträgen auf der Grundlage von § 2 Abs. 1, §§ 7, 21 des nordrhein-westfälischen Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetzes - StBAG - vom (GV. NRW. S. 119) in Verbindung mit der Studienbeitragssatzung der Universität Bielefeld verstoße in Bezug auf solche Studierende, die bei Einführung der allgemeinen Studienbeiträge bereits an dieser Universität eingeschrieben waren, gegen das bundesverfassungsrechtliche Prinzip des Vertrauensschutzes, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung irrevisiblen Landesrechts vermag eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der - als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr; s. nur Beschlüsse vom - BVerwG 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43 und vom - BVerwG 6 B 7.08 - Buchholz 451.20 § 12 GewO Nr. 1 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Dem diesbezüglichen Darlegungserfordernis wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgeblichen Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnormen verstoßen wird und inwiefern sich bei deren Auslegung Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen. Daran fehlt es hier.

In Bezug auf die in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern neu eingeführten allgemeinen Studiengebühren bzw. -beiträge ist geklärt, dass deren Anwendung auf solche Studierende, die zum Stichtag bereits immatrikuliert waren, an den Anforderungen einer unechten Rückwirkung zu messen ist, weil sie auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft einwirkt (s. BVerwG 6 C 10.09 -). Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Betroffenen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung ver- trauen durften und dieses Vertrauen schutzwürdiger ist als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen (stRspr des BVerfG, vgl. - BVerfGE 96, 330 <340>, - BVerfGE 101, 239 <263> m.w.N.). In diesem Zusammenhang hat der Senat ebenfalls geklärt, dass ein schutzwürdiges Vertrauen der Studierenden auf die unveränderte Fortgeltung der prinzipiellen Abgabenfreiheit des Studiums angesichts der seit den 1990er Jahren geführten politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen, die von einem im Jahr 2003 beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemachten Normenkontrollverfahren gegen den damaligen § 27 Abs. 4 HRG über die Gebührenfreiheit des Erststudiums begleitet wurden (s. - BVerfGE 112, 226), für die Zukunft nicht entstehen konnte. Ein rechtlich beachtliches Vertrauen der Studierenden konnte sich vielmehr von vornherein nur darauf beziehen, dass eine etwaige gesetzliche Neuregelung ihnen die Fortsetzung des Studiums nicht finanziell unmöglich machen und sie nicht unvermittelt und übergangslos mit der Abgabenerhebung konfrontieren werde (s. Urteil vom a.a.O.).

Von diesen Grundsätzen hat sich auch das Oberverwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil leiten lassen. Es hat angenommen, dass der Landesgesetzgeber den Bestandsinteressen der bei Erlass der Neuregelung bereits immatrikulierten Studierenden dadurch hinreichend Rechnung getragen hat, dass für sie der früheste Zeitpunkt der Beitragserhebung auf das Sommersemester 2007 hinausgeschoben wurde (§ 21 StBAG). Ferner enthält das nordrheinwestfälische Studienbeitragsrecht ausreichende Schutzvorkehrungen, die sicherstellen, dass (auch) die schon eingeschriebenen Studierenden nicht zur Aufgabe ihres Studiums aufgrund fehlender finanzieller Mittel gezwungen sind (s. auch BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 20 ff.). Ein darüber hinausgehender grundsätzlicher Klärungsbedarf in Bezug auf die bundesverfassungsrechtlichen Maßstäbe des Vertrauensschutzes wird von der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Fundstelle(n):
CAAAD-62098