Keine sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Beteiligung einer Grundstücks-GmbH an vermögensverwaltender Personengesellschaft
Leitsatz
Einer grundstücksverwaltenden GmbH, die als Komplementärin an einer ihrerseits vermögensverwaltenden KG beteiligt ist, ist nicht die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren.
Gesetze: GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2EStG 1997 § 15 Abs. 3 Nr. 2AO § 39 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug: (EFG 2009, 1664) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die im Streitjahr 1998 eine von vier Komplementären der vermögensverwaltend tätigen, nicht i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewerblich geprägten G-KG war. Die G-KG verwaltete und vermietete ein Bürogebäude; darüber hinausgehende Tätigkeiten übte sie nicht aus. Die Klägerin war weder zu ihrer Geschäftsführung noch zu ihrer Vertretung befugt.
2Die von ihr beanspruchte sog. erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wurde ihr vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) versagt.
3Die Klage gegen den Bescheid über den dementsprechend festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 12 K 6154/05 B statt; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 1664 abgedruckt.
4Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
6Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Das FG hat die Voraussetzungen der sog. erweiterten Gewerbeertragskürzung zu Unrecht als gegeben erachtet.
71. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes (Vermögensverwaltung). Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (dazu grundlegend , BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359, m.w.N.). Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt daher die sog. erweiterte Kürzung aus.
82. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen werden von der Klägerin infolge ihrer Beteiligung an der G-KG nicht erfüllt.
9a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat (z.B. Urteil vom I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992, 628), verstößt das Halten einer Kommanditbeteiligung durch ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, ebenfalls grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Zum einen fehlt es an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen oder einer gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1997 gewerblich geprägten Personenhandelsgesellschaft sind, einkommensteuerrechtlich grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen —und nicht zu dem ihrer Gesellschafter— gehören. Diese Rechtslage ist auch für § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG maßgebend. Zum anderen ist das Halten der Beteiligung aber auch deswegen kürzungsschädlich, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehört. An dieser Rechtsprechung, der sich der VIII. Senat des BFH angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom VIII B 56/00, BFH/NV 2001, 817; s. auch BFH-Urteil in BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359), ist festzuhalten.
10Davon ausgehend verhält es sich aber nicht anders, wenn die Beteiligungsgesellschaft keine i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1997 gewerblich geprägte Gesellschaft, sondern eine „rein” vermögensverwaltend tätige Immobilien-KG ist. Auch dann ist das Halten der Komplementärbeteiligung eine Tätigkeit, die nicht zu dem abschließenden Katalog an steuerlich unschädlichen (Neben-)Tätigkeiten des Grundstücksunternehmens gehört. Vielmehr handelt es sich bei der G-KG um eine sog. Zebragesellschaft und erwirtschaftet die Komplementär-GmbH in diesem Rahmen kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte, nicht aber —wie die KG— solche aus Vermietung und Verpachtung (im Ergebnis ebenso z.B. Wendt, Finanz-Rundschau —FR— 2003, 159; Gosch in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 92; Schnitter in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 GewStG Rz 65; wohl auch Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 1 Rz 117 und 125, dort offenbar in Abgrenzung zur „bloßen” Kommanditbeteiligung; anders Paprotny in Deloitte, GewStG, § 9 Nr. 1 GewStG Rz 31 a.E.). So gesehen ist die Übernahme der Komplementärstellung entgegen der Vorinstanz nicht mit der —kürzungsunschädlichen (vgl. , BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434)— Gestellung von Sicherheiten im Rahmen einer Grundstücksverwaltung vergleichbar.
11b) Unabhängig davon kann der von der Untergesellschaft verwaltete und genutzte Immobilienbestand auch nicht —wie aber tatbestandlich erforderlich— als ausschließlich „eigener” Grundbesitz der Obergesellschaft zugerechnet werden. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) ändert daran nichts. Denn bei dem von der KG genutzten Grundbesitz handelt es sich um deren Gesamthandsvermögen, und die bei einer sog. Zebragesellschaft vorzunehmende Einkunftsqualifikation auf Gesellschafterebene führt dementsprechend dazu, dass jedenfalls bei der Klägerin teilweise von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden muss, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen ist (s. Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 1 Rz 117 —unter Hinweis auf , BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679—; Wendt, FR 2003, 159; auch Schlagheck, Die steuerliche Betriebsprüfung 2000, 115, 119; insoweit ablehnend z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 21; Demleitner, Betriebs-Berater 2010, 1257). Gewerbesteuerspezifische Überlegungen im Allgemeinen und hierbei kürzungsspezifische Überlegungen im Besonderen bedingen kein anderes Verständnis; maßgeblich ist vielmehr (auch) insoweit die zivilrechtliche Grundlegung.
12c) Es kann angesichts dessen dahinstehen, ob Sinn und Zweck der sog. erweiterten Kürzung das hier vertretene Rechtsverständnis erzwingen. Ausschlaggebend ist, dass das Gesetz die —verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene— Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig macht. Sind diese nicht vollen Umfangs erfüllt, ist sie nicht zu gewähren. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich darin frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Vergünstigung, wie hier der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (Senatsbeschluss vom I R 24/01, BFHE 200, 54, BStBl II 2003, 355).
13d) Schließlich rechtfertigt auch die bisherige steuerliche Behandlung der Situation durch das FA in der Vergangenheit keine Klagestattgabe. Schutzwürdiges Vertrauen entsteht dadurch in Anbetracht der Abschnittsbezogenheit auch der Gewerbesteuer nicht.
143. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben und die Klage war abzuweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2011 II Seite 367
AO-StB 2011 S. 134 Nr. 5
BB 2011 S. 1189 Nr. 19
BB 2011 S. 534 Nr. 9
BFH/NV 2011 S. 703 Nr. 4
BFH/PR 2011 S. 183 Nr. 5
BStBl II 2011 S. 367 Nr. 6
DB 2011 S. 455 Nr. 8
DStR 2011 S. 360 Nr. 8
DStRE 2011 S. 325 Nr. 5
DStZ 2011 S. 258 Nr. 8
EStB 2011 S. 133 Nr. 4
FR 2011 S. 434 Nr. 9
GmbHR 2011 S. 384 Nr. 7
HFR 2011 S. 425 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2011 S. 677
StB 2011 S. 99 Nr. 4
StBW 2011 S. 205 Nr. 5
StuB-Bilanzreport Nr. 5/2011 S. 196
WPg 2011 S. 336 Nr. 7
AAAAD-61763