BFH Beschluss v. - III B 5/10

Urteil des BFH ist kein rückwirkendes Ereignis; Rückgängigmachung des Kaufvertrages über eine Wohnung, für die der Erwerber eine Investitionszulage erhalten hat

Gesetze: AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, InvZulG § 3 Abs. 1 Satz 2

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vorgetragenen Zulassungsgründe liegen nicht vor oder wurden nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.

2 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3 a) Die Rechtsfrage, ob ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) —im Streitfall das Senatsurteil vom III R 27/03 (BFHE 215, 442, BStBl II 2007, 332)— als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) beurteilt werden kann, ist nach gefestigter Rechtsprechung zu verneinen und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Die zitierte Vorschrift erfordert ein Ereignis, das den nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalt „nachträglich” anders gestaltet und sich steuerlich in die Vergangenheit auswirkt, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Die rechtliche Beurteilung von Ereignissen ist nicht selbst ein Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (von Wedelstädt in Beermann/ Gosch, AO § 175 Rz 46; s.a. , BFHE 154, 493, BStBl II 1989, 75, und vom XI R 36/95, BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399).

4 b) Die weitere —sinngemäß— formulierte Rechtsfrage, ob bei der Rückgängigmachung eines Kaufvertrages die Rücktrittserklärung, das Urteil eines Zivilgerichts, durch das der Veräußerer zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt worden ist, oder erst die tatsächliche Rückabwicklung als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzusehen ist, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages über eine der von der Klägerin veräußerten Wohnungen hatte auf die Zulagenbegünstigung der darauf entfallenden nachträglichen Herstellungsarbeiten keinen Einfluss, da die Erweiterung des Kumulationsverbots nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Investitionszulagengesetzes 1999 durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 vom (BGBl I 2000, 1850) der Gewährung von Investitionszulage an die Klägerin im Streitfall nicht entgegenstand (Senatsurteil in BFHE 215, 442, BStBl II 2007, 332). Die Rückabwicklung wirkte sich somit zulagenrechtlich nicht in die Vergangenheit aus, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO lag nicht vor.

5 2. Soweit die Klägerin die Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von Rechtsprechung des BFH rügt (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), genügt die Beschwerde nicht den Darlegungserfordernissen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO und ist daher unzulässig. Zur Darlegung einer Divergenz muss ein Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 36/05, BFH/NV 2007, 69, und vom II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846). Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang genannten BFH-Entscheidungen vom II 244/56 U (BFHE 72, 203, BStBl III 1961, 77), vom II B 113/87 (BFH/NV 1989, 597), vom XI R 98/97 (BFHE 190, 13, BStBl II 2000, 115) und vom II B 157/01 (BFH/NV 2002, 1548) befassen sich zwar zum Teil mit dem Begriff des rückwirkenden Ereignisses i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Klägerin hat jedoch keinen Rechtssatz herausgearbeitet, der in Widerspruch zu einem im angefochtenen Urteil enthaltenen Rechtssatz stehen könnte. Unabhängig hiervon kommt es nach den vorstehenden Ausführungen (unter 1.b) auf die Frage eines rückwirkenden Ereignisses nicht an.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2011 S. 415 Nr. 3
PAAAD-60627