OFD Rheinland - S 3300 - 1015 - St 242

Arbeitshilfe zur Anwendung der neuen Grundbesitzbewertung

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Im Folgenden werden Hilfestellungen und Lösungsvorschläge zur Anwendung der neuen Grundbesitzbewertung nach dem 6. Abschnitt des BewG zur Verfügung gestellt.

Hinweis:

Es ist beabsichtigt, ab Ende diesen Jahres aufgrund des neuen Rechts eine Anpassung des Erlasses vom (S 3300 - 163 - V A 6) zur gewichtenden Arbeitsweise in der Bewertungsstelle), dessen Inhalte in die EB-FAGO aufgenommen werden, unter Beteiligung der OFDen vorzunehmen. Dabei möchten die OFDen gerne auf die Erfahrungen der Finanzämter zurück greifen und Praktiker in die Anpassung einbinden. Im Vorfeld dazu können die Finanzämter bereits jetzt Anregungen und Hinweise zur Anwendung der neuen Grundbesitzbewertung an die Sachbearbeiter der OFDen herantragen.

1. Zeitlicher Anwendungsbereich des Grundstücksmarktberichts

Es ist die Auffassung zu vertreten, dass analog zur Vorgehensweise bei den Bodenrichtwerten die Werte des Grundstücksmarktberichts anzuwenden sind, die vom Gutachterausschuss vor dem Bewertungsstichtag „zuletzt zu ermitteln” waren. Der im Grundstücksmarktbericht angegebene Untersuchungszeitraum ist nicht maßgebend. Dementsprechend werden mit den aus dem Markt erhobenen Daten zukünftige Wertermittlungen durchgeführt.

Danach gilt z. B. der Marktbericht 2010, der den Untersuchungszeitraum 1.1. - beinhaltet, für alle Bewertungsstichtage des Jahres 2010. Sollte eine Grundbesitzwertfeststellung vor Bekanntgabe des Berichts erfolgen bzw. notwendig sein, so ist diese unter Vorbehalt der Nachprüfung auf Grundlage des vorangegangenen Grundstücksmarktberichts durchzuführen. Eine Änderung ist nach Bekanntgabe des aktuellen Grundstücksmarktberichts und dessen Auswertung durch das Kompetenzteam zu prüfen.

2. Nutzung von Vergleichsfaktoren; § 183 BewG

2.1 Zu Ein- und Zweifamilienhäusern gibt es häufig keine Vergleichspreise/-faktoren.

Es ist gefragt worden, ob die Unterscheidung zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern, Reihenhäusern und Doppelhäusern zu berücksichtigen ist bzw. ob vom örtlichen Gutachterausschusses (GAA) ermittelte Vergleichsfaktoren für Reihenhäuser beispielsweise auch für freistehende Einfamilienhäuser angewendet werden können.

Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Die Unterscheidung ist mithin zu berücksichtigen. Demnach können z. B. Vergleichsfaktoren für Reihenhäuser nur zur Bewertung von Reihenhäusern herangezogen werden.

2.2 Wohnungseigentum:

Eine hinreichende Übereinstimmung der Zustandsmerkmale der Vergleichsgrundstücke liegt vor, wenn sie insbesondere hinsichtlich ihrer Lage, Art und Maß der baulichen Nutzung, Größe, Erschließungszustand und Gebäudealter mit dem zu bewertenden Grundstück weitgehend übereinstimmen bzw. die Abweichungen in sachgerechter Weise berücksichtigt werden können. Folgende Fragen haben sich dazu ergeben:

a) Fehlt ein Merkmal (z. B. das Gebäudealter), sind die Vergleichsfaktoren dann immer noch oder nicht mehr geeignet?

Abschnitt 12 Abs. 2 Satz 2 Erlasse GrV ( zur Bewertung des Grundvermögens (BStBl 2009 I S. 590)) enthält nur eine beispielhafte Aufzählung wertrelevanter Zustandsmerkmale („insbesondere …“). Den Vorgaben des GAA ist grundsätzlich zu folgen. Der GAA wird nur die Zustandsmerkmale angeben, die für die Ermittlung des Vergleichsfaktors wertrelevant waren.

Ermittelt der GAA allerdings für eine Grundstücksart nur einen Durchschnittspreis (Kaufpreismittel) aus allen Kaufpreisen ohne Berücksichtigung unterschiedlicher wertbeeinflussender Merkmale, handelt es sich nicht um geeignete Vergleichsfaktoren (Abschnitt 12 Abs. 2 Satz 6 Erlasse GrV).

Für Wohnungseigentum (Eigentumswohnungen) sollten regelmäßig mindestens folgende Klassifizierungsmerkmale vorliegen: Baujahrsklasse, Wohnungsgröße der Vergleichswohnung (z. B. 75 m2) oder eine Wohnungsgrößenspanne (z. B. 60 bis 80 m2) und die Lage (z. B. einfach, mittel, gut, sehr gut). In ländlichen Bereichen (Dorfgebiete) ist die Angabe der Lage ggf. auch entbehrlich.

b) Sind die vom GAA veröffentlichten Vergleichsfaktoren lückenhaft (z. B. nicht für alle Baualtersgruppen Vergleichsfaktoren ermittelt),

  • kann dann interpoliert werden oder

  • muss wegen der fehlenden Werte das Sachwertverfahren nach § 182 Abs. 4 BewG angewendet werden oder

  • sind die Tabellen gänzlich ungeeignet?

Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Eigenständige Interpolationen, um fehlende Werte einzelner Baualtersgruppen rechnerisch zu ergänzen, sind nicht zulässig. Das Wohnungseigentum, welches der Baualtersgruppe zuzurechnen ist, für die vom GAA kein Vergleichsfaktor ermittelt wurde, ist im Sachwertverfahren zu bewerten. Die Anwendbarkeit der gesamten Tabelle bzw. der vom GAA für andere Baualtersgruppen ausgewiesenen Vergleichfaktoren bleibt hiervon unberührt. In Rücksprachen mit dem GAA bzw. vom Vertreter der zuständigen Finanzbehörde im GAA sollte die Notwendigkeit der Vergleichsfaktoren unterstrichen werden, um zukünftig ggf. eine weitere Minimierung der Lücken zu erreichen.

c) Die Vergleichswohnung ist 75 m2 groß. Muss für Wohnungen unter 60 m2 und über 90 m2 dann grundsätzlich das Sachwertverfahren angewendet werden?

Weichen die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks um mehr als 20 % vom Vergleichsgrundstück ab, kann eine hinreichende Übereinstimmung nicht mehr unterstellt werden (Abschnitt 12 Abs. 4 Erlasse GrV). Infolgedessen wäre nicht das Vergleichs- sondern das Sachwertverfahren einschlägig. Hat der GAA allerdings Umrechnungskoeffizienten für abweichende Wohnflächen ermittelt, ist die weitergehende Anwendung anhand dieser Umrechnungskoeffizienten zu prüfen.

d) Sind Schaubilder mit Kurven geeignet, um Umrechnungsfaktoren (z. B. für die Wohnungsgröße) abzulesen?

Schaubilder mit Kurven sind geeignet, um Umrechnungskoeffizienten abzulesen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

e) Oftmals gelten die Werte (Vergleichsfaktoren) nur für unvermietete Wohnungen. Für vermietete Wohnungen ist ein Abschlag von 10 bis 20 % zu machen. Fällt dies unter die 20 %-Grenze (Abschnitt 12 Abs. 4 Erlasse GrV)?

Den Vorgaben des GAA ist zu folgen. Der vom GAA ermittelte Vermietungsabschlag fällt nicht unter die Grenze des Abschnitts 12 Abs. 4 Erlasse GrV.

f) Kann bei Angabe von Spannen (z. B. bei Garagen) der Mittelwert herangezogen werden?

Liegen bei den Angaben der Spannen ausreichend Differenzierungsmerkmale seitens des GAA vor, sind die entsprechend vorgegebenen Werte aus der Spanne zugrunde zu legen. Anderenfalls ist, in analoger Anwendung der Rechtsprechung zu den Bodenrichtwerten, regelmäßig nicht der Mittelwert sondern der unterste Wert der Spanne anzusetzen. In Rücksprachen mit dem GAA sollte angeregt werden, insoweit Festwerte zu ermitteln und zu veröffentlichen.

3. Rohertrag, übliche Miete; § 186 BewG

3.1 Wie kann in Fällen, in denen es keine Mietspiegel gibt, die übliche Miete ermittelt werden? Hier müssten ggf. in Zusammenarbeit mit der Veranlagungsstelle und der Betriebsprüfungsstelle Mietverträge gesammelt und ausgewertet werden. Wer wäre dafür zuständig?

Diese Problematik kann nur im konkreten Einzelfall gelöst werden. Eine Möglichkeit, generell in Zusammenarbeit mit der Veranlagungsstelle und der Betriebsprüfungsstelle Mietverträge zu sammeln und auszuwerten, wird nicht gesehen.

3.2 Übliche Miete (Abschn. 18 Erlasse GrV) wird in Spannen angegeben

Nach der ertragsteuerlichen BFH-Rechtsprechung () ist denkgesetzlich jeder Mietwert als ortsüblich anzusehen, den der Mietspiegel im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen ausweist. Dies führt (wie das , BStBl 2006 II S. 71) dazu, dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung jeweils auf die niedrigste ortsübliche Miete abgestellt wird. Sind diese Urteile auch auf die Grundbesitzbewertung übertragbar (mit den weiteren Folgen für die 20 %-Grenze)? Wenn eine Übertragbarkeit nicht vorliegen sollte,

  1. welche Miete ist in diesen Fällen dann anzusetzen?

  2. wann ist ein Mietgutachten anzufordern?

zu a) In Mietspiegeln wird regelmäßig der um Ausreißer bereinigte Durchschnitt aller erhobenen Mietwerte in Form des Mittelwertes und Mietspannen angegeben, um den Besonderheiten des Einzelfalls besser Rechnung tragen zu können. Dabei ist die Begründung für die Angabe der Spannenwerte vielgestaltig (z. B. Abbildung von Wohnwertunterschieden, Einbezug von Mieten aus alten und neuen Mietvertragsabschlüssen, etc.).

Grundsätzlich ist der im Mietspiegel ausgewiesene Mittelwert anzusetzen. Bei ausreichenden Anhaltspunkten für einen konkreten niedrigeren oder höheren Wert ist dieser Wert anzusetzen.

Für die Überprüfung der Ortsüblichkeit von tatsächlich erzielten Mieten ist auf den jeweils unteren Wert oder den jeweils oberen Wert der Spanne abzustellen. D. h. eine Miete, die mehr als 20 % niedriger ist als der untere Wert der Spanne bzw. die mehr als 20 % höher ist als der Wert der oberen Spanne, ist nicht mehr ortsüblich.

Im Zusammenhang mit immer mehr Mietspiegeln stehen Online-Berechnungsprogramme zur Verfügung, die eine weitere Konkretisierung der Spannenwerte mit vertretbarem Aufwand ermöglichen.

zu b) Aus § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG ergibt sich, dass für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke die Anwendung des Ertragswertverfahrens nach § 184 BewG nur in Betracht kommt, wenn eine übliche Miete ermittelbar ist. Kann das Finanzamt eine übliche Miete nicht ermitteln, so ist die Ermittlung des Grundbesitzwerts im Sachwertverfahren (als Auffangverfahren) vorzunehmen.

Begehrt der Steuerpflichtige dennoch die Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren, so hat er die Möglichkeit, die übliche Miete mittels eines Mietgutachtens oder auf andere geeignete Art und Weise (u. a. Mietdatenbank) nachzuweisen. Das Finanzamt fordert kein Mietgutachten an. Eine Unterrichtung des Steuerpflichtigen durch das Finanzamt über das Vorliegen einer üblichen Miete erfolgt nicht.

4. Bewirtschaftungskosten; § 187 BewG

Anwendbarkeit der II. Berechnungsverordnung

Handelt es sich i. S. des § 187 Abs. 2 BewG um geeignete Erfahrungssätze, wenn der örtliche GAA die Bewirtschaftungskosten der II. Berechnungsverordnung (II. BV) als regional üblich ansieht und diese in seinem Ableitungsmodell für die Liegenschaftszinssätze verwendet?

Die Bewirtschaftungskosten nach der II. BV betragen (aktueller Stand ):

I. Verwaltungskosten nach § 26 Abs. 2 und 3 sowie § 41 Abs. 2 II. BV (zu Nr. 3.5.2.3 WertR):


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bis 254,79 €
jährlich je Wohnung, bei Eigenheimen, Kaufeigenheimen und
Kleinsiedlungen je Wohngebäude
bis 304,64 €
jährlich je Eigentumswohnung, Kaufeigentumswohnung und Wohnung in der Rechtsform eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts nach § 41 Abs. 2 II. BV
bis 33,23 €
jährlich für Garagen oder ähnliche Einstellplätze

Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres um den Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Verbraucherpreisindex für Deutschland für den der Veränderung vorausgehenden Monat Oktober gegenüber dem Verbraucherpreisindex für Deutschland für den der letzten Veränderung vorausgehenden Monat erhöht oder verringert hat.

II. Instandhaltungskosten nach § 28 Abs. 2 und Abs. 5 II. BV (zu Nr. 3.5.2.4 WertR):


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bis 7,87 €/m2
Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am
Ende des Kalenderjahres weniger als 22 Jahre zurück liegt
bis 9,97 €/m2
Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am
Ende des Kalenderjahres mindestens 22 Jahre zurück liegt
bis 12,74 €/m2
Wohnfläche je Jahr für Wohnungen, deren Bezugsfertigkeit am
Ende des Kalenderjahres mindestens 32 Jahre zurück liegt
Im Falle einer Modernisierung der baulichen Anlage, die zu einer Verlängerung der
Restnutzungsdauer geführt hat, ist im Rahmen der Verkehrswertermittlung von einem fiktiven Baujahr (Bezugsfertigkeit) auszugehen.
Zu- und Abschläge:
abzgl. 0,22 €
jährlich je m2 Wohnung, bei eigenständig gewerblicher
Leistung von Wärme i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der HeizkostenV
abzgl. 1,17 €
jährlich je m2 Wohnung, wenn der Mieter die Kosten der
kleinen Instandhaltung i. S. d. § 28 Abs. 3 Satz 2 II. BV trägt
zzgl. 1,11 €
jährlich je m2 Wohnung, wenn ein maschinell betriebener
Aufzug vorhanden ist
zzgl. bis 9,41 €
jährlich je m2 Wohnung, wenn der Vermieter die Kosten der
Schönheitsreparaturen i. S. d. § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV trägt
Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres nach Maßgabe des vorstehenden für die Verwaltungskosten maßgeblichen Grundsatzes.
Die Instandhaltungskosten, einschließlich Schönheitsreparaturen, für Garagen oder
ähnliche Einstellplätze betragen:
bis 75,33 €
je Garagen- oder Einstellplatz im Jahr (§ 28 Abs. 5 II. BV)
Die genannten Beträge verändern sich ab dem 1.1. eines jeden dem folgenden dritten Jahres nach Maßgabe des vorstehenden für die Verwaltungskosten maßgeblichen Grundsatzes.

III. Mietausfallwagnis nach § 29 Abs. 2 II. BV (zu Nr. 3.5.2.5 WertR):

Als Erfahrungssätze können angesetzt werden:


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2 %
der Nettokaltmiete bei Mietwohn- und gemischt genutzten
Grundstücken
4 %
der Nettokaltmiete bei Geschäftsgrundstücken

Die Bewirtschaftungskosten nach der II. BV können nur dann i. S. des § 187 Abs. 2 BewG als geeignete Erfahrungssätze angesehen werden, wenn

  • die Anwendung der II. BV durch den GAA im Grundstücksmarktbericht mit dem örtlichen Marktgeschehen begründet wird (ein alleiniger Hinweis auf die Ansätze der II. BV im Modell zur Ableitung des Liegenschaftszinssatzes genügt nicht) und

  • die Spannenangaben der II. BV nachvollziehbar konkretisiert wurden (z. B. stets Ansatz der o. g. Höchstwerte, Verzicht auf die o. g. Zu- und Abschläge zu den Instandhaltungskosten, Festwerte bzw. andere nachvollziehbare feste Modellannahmen).

In Rücksprache mit dem örtlichen GAA sollte diese Thematik erörtert und die Angabe von Festwerten angestrebt werden.

5. Bodenwertverzinsung bei übergroßen Grundstücken; § 185 Abs. 2 BewG

Umgriffsfläche (Abschn. 20 Abs. 3 Erlasse GrV)

Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den aufstehenden Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, ist hinsichtlich der Ermittlung des Bodenwertverzinsungsbetrags von einer sogenannten Umgriffsfläche auszugehen. Eine genaue Definition für die Umgriffsfläche gibt der Gesetzgeber nicht vor. Sie ist auch nicht im Baurecht definiert. Was ist daher als Umgriffsfläche zu verstehen?

Eine generelle Definition für die Umgriffsfläche ist nicht möglich. Es bleibt stets eine Einzelfallentscheidung.

Für Grundstücke, die wesentlich größer sind als es einer den aufstehenden Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht (übergroße Grundstücke), greift bei der Berechnung des Bodenwertverzinsungsbetrages eine gesetzlich normierte Ausnahme. Ist danach für die übersteigende Grundstücksteilfläche eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung zulässig und möglich, ohne dass mehrere wirtschaftliche Einheiten vorliegen, ist diese Teilfläche bei der Verzinsung des Bodenwertes nicht zu berücksichtigen (§ 185 Abs. 2 S. 3 BewG).

Nach Abschnitt 20 Abs. 3 der Erlasse GrV gilt, dass bei der Bodenwertverzinsung übergroßer Grundstücke nur die der jeweiligen Bebauung zurechenbare Grundstücksfläche anzusetzen ist. Letztere entspricht regelmäßig der bebauten Fläche einschließlich der sog. Umgriffsfläche.

Ein übergroßes Grundstück wird regelmäßig zu verneinen sein, wenn die Grundstücksgröße nicht mindestens das Fünffache der bebauten Fläche übersteigt. Die bebaute Fläche (Grundfläche des Gebäudes) kann über FLN -> Geo-Server (Beim Programm „Geoserver“ die Gesamtstrecke der Gebäudeaußenwände (Gebäudeumfang) messen und anschließend die Fläche über die Funktion „Messwert“ anzeigen lassen. Es handelt sich dabei um Circa-Werte.) ermittelt werden. Aber auch wenn die Grundstücksgröße das Fünffache der bebauten Fläche übersteigt, liegt nicht zwingend ein übergroßes Grundstück vor. Vielmehr muss die selbständig nutzbare Teilfläche hinreichend groß und so gestaltet sein, dass eine Nutzung z. B. als Lagerfläche, Abstellfläche, Gartenfläche oder Schrebergarten möglich ist.

Auf Grundstücke im Innenstadtbereich kann die vorgenannte Vereinfachungsregelung grundsätzlich nicht angewendet werden, da hier die Bebauung sehr viel dichter und somit die GFZ sehr viel höher ist. Im Innenstadtbereich ist regelmäßig von einer niedrigeren Umgriffsfläche auszugehen.

Bei der Prüfung, ob ein übergroßes Grundstück vorliegt, sind zudem die örtlichen Gewohnheiten (z. B. altes Baugebiet, in dem alle Grundstücke relativ groß ausfallen und bisher keine Nachverdichtungen durchgeführt wurden) und die allgemeinen Grundsätze der gewichtenden Arbeitsweise zu beachten.

6. Liegenschaftszinssatz; § 188 BewG

6.1 Liegenschaftszinssatz in Spannen

Wie ist zu verfahren, wenn Liegenschaftszinssätze in Spannen angegeben werden und die Anfrage beim GAA nicht zum Erfolg führt?

Es sind vorrangig die Liegenschaftszinssätze anzusetzen, die durch den örtlichen Gutachterausschuss ermittelt worden sind (§ 188 Abs. 2 Satz 1 BewG; vgl. Auswertung des Kompetenzteams). Stellt der örtliche Gutachterausschuss keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung, gelten die typisierten Zinssätze des § 188 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BewG.

Problematisch kann die Anwendung der Liegenschaftszinssätze sein, wenn der Gutachterausschuss die Zinssätze in Wertspannen angegeben hat. In diesen Fällen ist nach Abschnitt 22 Abs. 3 der Erlasse GrV der für das zu bewertende Grundstück individuell anzuwendende Liegenschaftszinssatz beim örtlichen Gutachterausschuss zu erfragen.

Sofern die Anfrage an den Gutachterausschuss seitens des Kompetenzteams oder des einzelnen Bearbeiters nicht zum Erfolg führt (weil z. B. die Auskünfte kostenpflichtig sind) oder eine zeitnahe Ermittlung des anzuwendenden Liegenschaftszinssatzes nicht zu realisieren ist (weil es z. B. zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen bis zur Nennung des Liegenschaftszinssatzes kommt oder weil Anfragen nur schriftlich an den Gutachterausschuss gerichtet werden können), bestehen keine Bedenken, wenn die Finanzämter folgende Vereinfachungsregeln anwenden:

  • Liegt der gesetzliche Liegenschaftszinssatz nach § 188 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BewG innerhalb der vom Gutachterausschuss angegebenen Spanne, ist der gesetzliche Liegenschaftszinssatz der Grundbesitzbewertung zu Grunde zu legen.

  • Liegt der gesetzliche Zinssatz außerhalb der Spanne, ist der Liegenschaftszinssatz innerhalb der Spanne zu wählen, der dem gesetzlichen Liegenschaftszinssatz am nächsten liegt. Dies ist der obere oder untere Grenzwert der Spanne.

  • Trägt der Steuerpflichtige vor, dass der Liegenschaftszinssatz für das zu bewertende Grundstück von dem auf Grundlage der vorgenannten Vereinfachungsregeln angewendeten Liegenschaftszinssatz abweicht, steht dem Steuerpflichtigen der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für die gesamte wirtschaftliche Einheit nach § 198 BewG offen.

Abgrenzung:

Kein Liegenschaftszinssatz in Spannen liegt vor, wenn der Gutachterausschuss den Liegenschaftszinssatz als festen Wert (Mittelwert) vorgibt und zusätzlich nach oben und nach unten eine Standardabweichung benennt. In diesem Fall ist als Liegenschaftszinssatz der vorgegebene Festwert anzusetzen.

6.2 Können Liegenschaftszinssätze aus Diagrammen (Kurven) abgelesen werden?

Diagramme (Kurven) sind geeignet, um Liegenschaftszinssätze abzulesen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

6.3 Wie ist die Wahl des Liegenschaftszinssatzes vorzunehmen, wenn im Grundstücksmarktbericht von abweichenden Grundstücksarten als denen in § 181 BewG ausgegangen wird?

In den Grundstücksmarktberichten sind bei der Angabe von Liegenschaftszinssätzen (und ggf. auch bei den Bewirtschaftungskosten) häufig von den Grundstücksarten des § 181 BewG abweichende Grundstückstypen zu finden. Dieser Einteilung des Gutachterausschusses ist zu folgen, da nur so eine ausreichende Berücksichtigung der örtlichen Lage auf dem Grundstücksmarkt gewährleistet ist. Die Liegenschaftszinssätze sind somit auch dann anwendbar, wenn eine andere Einteilung der Grundstücke als die des § 181 BewG vorgenommen wurde. In Extremfällen kann es dazu führen, dass sich bei der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit die Grundstücksart bei der Wahl nach § 181 BewG von der zur Wahl des Liegenschaftszinssatzes (bzw. der Bewirtschaftungskosten) unterscheidet und damit zwei Prüfungen durchgeführt werden müssen.

Wird z. B. im Grundstücksmarktbericht hinsichtlich des Liegenschaftszinssatzes zwischen Drei- und Mehrfamilienhäusern unterschieden, so ist der Liegenschaftszinssatz für ein Dreifamilienhaus anzuwenden, wenn ein Grundstück nach § 181 BewG mit der Grundstücksart Mietwohngrundstück lediglich drei Wohnungen enthält.

7. Restnutzungsdauer; § 185 BewG

7.1 Bestimmung der Gesamtnutzungsdauer

Wie ist die Gesamtnutzungsdauer im Ertrags- und Sachwertverfahren bei mehreren Gebäuden/Gebäudeteilen zu bestimmen? Wie sind die Gesamtnutzungsdauer und die Regelherstellungskosten für ein Mehrfamilienhaus, welches als Wohnunterkunft für die Arbeitnehmer des Betriebs genutzt wird, auf einem Geschäftsgrundstück zu bestimmen?

Die Bestimmung der typisierten wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ist im Abschnitt 23 Abs. 2 Erlasse GrV erläutert. Diese Grundsätze gelten für das Ertragswertverfahren und gem. Abschnitt 31 Abs. 1 Satz 2 Erlasse GrV auch für das Sachwertverfahren.

Für Mietwohngrundstücke bzw. gemischt genutzte Grundstücke gilt für alle Gebäude bzw. Gebäudeteile – unabhängig von ihrer Nutzung – zwingend die Gesamtnutzungsdauer von 80 bzw. 70 Jahren. Eine Bewertung von Mietwohngrundstücken ist zudem nur im Ertragswertverfahren möglich.

Bei Geschäftsgrundstücken ist Folgendes zu beachten:

a) Gebäude mit nichtselbständigen Gebäudeteilen

Es gilt grundsätzlich die Gesamtnutzungsdauer, die dem durch die Hauptnutzung des Gebäudes bestimmten Gesamtgepräge entspricht (Abschnitt 23 Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 und Abschnitt 31 Abs. 1 Satz 2 Erlasse GrV). Ist keine der Nutzungen prägend, ist für dieses Gebäude von durchschnittlichen Gesamtnutzungsdauern der jeweiligen Gebäudeklassen der Anlage 22 auszugehen (Abschnitt 24 Abs. 4 Erlasse GrV – gilt entsprechend im Sachwertverfahren).

b) Grundstück mit mehreren selbständigen Gebäuden oder mit mehreren selbständigen Gebäudeteilen

Die Gesamtnutzungsdauer richtet sich nach der Gebäudeklasse für das jeweilige Gebäude bzw. den jeweiligen selbständigen Gebäudeteil (Anlage 22 BewG). Zur Bestimmung der Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren bzw. der Alterswertermittlung im Sachwertverfahren wird in diesen Fällen ergänzend auf Abschnitt 24 Abs. 1 bis 3 bzw. Abschnitt 32 Abs. 1 Erlasse GrV verwiesen.

ba) Gesamtnutzungsdauer und Regelherstellungskosten für nicht aufgeführte Gebäudeklassen (z. B. Mehrfamilienhaus im Sachwertverfahren)

Befindet sich auf einem Geschäftsgrundstück ein selbständiges Gebäude/selbständiger Gebäudeteil für das bzw. den in den Anlagen zum BewG keine Gebäudeklasse ausgewiesen ist, sind die Gesamtnutzungsdauer aus der Gesamtnutzungsdauer vergleichbarer Gebäudeklassen (vgl. Abschnitt 23 Abs. 2 Satz 3 Erlasse GrV) und die Regelherstellungskosten aus den Regelherstellungskosten vergleichbarer Gebäudeklassen (vgl. Abschnitt 27 Abs. 2 Erlasse GrV) abzuleiten.

Befindet sich auf einem Geschäftsgrundstück beispielsweise ein Mehrfamilienhaus, welches als Wohnunterkunft für die Arbeitnehmer des Betriebs genutzt wird, ist es sachgerecht, für dieses Gebäude die Gesamtnutzungsdauer für Mietwohngrundstücke (80 Jahre nach Anlage 22) und die Regelherstellungskosten für die Gebäudeklasse 2.11 heranzuziehen. Die Regelherstellungskosten für die Gebäudeklasse 2.11 (Wohneigentum) wurden aus den Regelherstellungskosten des Geschosswohnungsbaus abgeleitet.

7.2 Begriff „durchgreifende Modernisierung“ i. S. v. Abschn. 23 Abs. 4 Erlasse GrV

In der Tabelle 1 werden die Begriffe „Erneuerung“, „Verbesserung“ und „Änderung“ verwendet. Wann kann man von „modernisiert“ sprechen? Können die Punktzahlen der Tabelle 1 je nach Ausstattung anteilsmäßig aufgeteilt werden, wenn ein Modernisierungselement nicht vollständig renoviert wird (z. B. nur ein Teil der Fenster eines Gebäudes werden erneuert)? Kann begrifflich von einer Modernisierung ausgegangen werden, wenn die Erneuerung eines Modernisierungselements aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe erfolgt? Heute sollen mindestens 20 % erneuerbare Energiequellen mit eingesetzt werden (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien – EEG – v. ).

Aus welchem Anlass die Modernisierungen durchgeführt werden, hat auf die Wertrelevanz keinen Einfluss. Hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten ist auf die überwiegende Erneuerung/Verbesserung der jeweiligen einzelnen Bauteile abzustellen. Wird beispielsweise bei einer Heizungsanlage der Heizkessel und der Schornstein erneuert, ist von einer Verbesserung der Heizungsanlage auszugehen. Der Punktwert nach Tabelle 1 (2 Punkte) für die Verbesserung der Heizungsanlage ist nicht aufzuteilen.

8. Bruttogrundfläche; § 190 Abs. 1 und Anlage 24 BewG

8.1 Reicht es aus, die Brutto-Grundfläche (BGF) überschlägig aus der Akte zu ermitteln, wenn der Stpfl. keine oder eine falsche BGF angibt (Alternative: Akten im Bauamt einsehen)?

Hat der Steuerpflichtige die BGF nicht bzw. offensichtlich unzutreffend ermittelt, ist zunächst die Rücksprache mit dem Steuerpflichtigen zu suchen und um entsprechende Nacherklärung bzw. Nachbesserung zu bitten. Konnte aus den Angaben des Steuerpflichtigen – trotz erfolgter Nachfrage – keine BGF ermittelt werden, kommt eine Schätzung im Sinne der Ausführungen unter 8.3 in Betracht. Nur in Ausnahmefällen sollte die Mithilfe eines Bausachverständigen oder eine Akteneinsicht in die Bauakte erwogen werden.

8.2 Nutzung elektronischer Verzeichnisse

Die Steuerpflichtigen haben in der Regel keine Unterlagen zur Berechnung der BGF. Auch werden häufig keine oder falsche Angaben zur BGF gemacht (werden). Nur in wenigen Fällen kann die BGF überschlägig aus den Unterlagen der Einheitsbewertung abgeleitet werden. Da einige Gemeinden die Daten zu Bauvorhaben digitalisiert haben und entsprechende Programme mit diesen Daten anbieten, stellt sich die Frage, ob elektronische Verzeichnisse zur Ermittlung der BGF genutzt werden können?

Soweit Möglichkeiten zur Nutzung von elektronischen Verzeichnissen/Geoportalen besteht, sollten diese ausgeschöpft werden.

8.3 Umrechnungsfaktoren Wohnfläche in BGF

Gibt es weitere Möglichkeiten, die BGF zu ermitteln?

Es bestehen keine Bedenken, bei der überschlägigen Verprobung der vom Steuerpflichtigen angegebenen BGF oder bei nicht erklärter bzw. nicht ermittelbarer BGF (vgl. Punkt 8.1) folgende Vereinfachungsregelungen anzuwenden:

a) Sofern alle Ebenen (Keller, Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss) eines Gebäudes in etwa gleich groß sind, soll die BGF des Gebäudes durch Multiplizierung der bebauten Grundfläche mit der Anzahl der Ebenen des Gebäudes ermittelt werden. Die bebaute Grundfläche kann mit Hilfe des Programms „Geoserver“ ermittelt werden.

b) Nachrangig zur vorgenannten Vorgehensweise kann die BGF wie folgt geschätzt werden:

  • Für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke kann ein Umrechnungsfaktor von der Hauptnutzfläche (HNF) auf die BGF der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Das Vorhandensein von Keller- und/oder Dachgeschoss kann im Rahmen dieser Tabelle vernachlässigt werden.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundstücksart
Umrechnungsfaktor
Personal- und Schwesternwohnheime
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,65 m2 BGF
Altenwohnheime
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,85 m2 BGF
Hotels
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,8 m2 BGF
Krankenhäuser
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,5 m2 BGF
Kindergärten, Kindertagesstätten
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,0 m2 BGF
Schulen, Berufsschulen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,8 m2 BGF
Hochschulen, Universitäten
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF
Funktionsgebäude für Sportanlagen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,55 m2 BGF
Turnhallen, Sporthallen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
Hallenbäder
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,0 m2 BGF
Kur- und Heilbäder
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF
Tennishallen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,2 m2 BGF
Reitsporthallen mit Stallungen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,35 m2 BGF
Kirchen
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,45 m2 BGF
Gemeindezentren, Bürgerhäuser
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,65 m2 BGF
Saalbauten, Veranstaltungszentren
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,45 m2 BGF
Vereinsheime, Jugendheime, Tagesstätten
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
Einkaufsmärkte
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,3 m2 BGF
Kaufhäuser, Warenhäuser
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
Ausstellungsgebäude
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,4 m2 BGF
Bankgebäude
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 1,7 m2 BGF
Gerichtsgebäude
1 m2 HNF erfordert durchschnittlich 2,05 m2 BGF

Für die übrigen Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzten Grundstücke kann analog zum Wohnungs- und Teileigentum ein Umrechnungsfaktor von 1,55 mal der Wohn- und Nutzfläche (Wohnfläche der Wohnungen und die Nutzfläche der Gewerbeeinheiten, jedoch ohne Keller) hilfsweise zur Ermittlung der BGF herangezogen werden.

  • Laut Anmerkung zur Gebäudeklasse 2 der Anlage 24 BewG kann für Wohnungseigentum in Mehrfamilienhäusern (Mietwohngrundstücken) ein Umrechnungsfaktor von 1,55 auf die Wohnfläche (WF) zur Ermittlung der BGF verwendet werden. Aus Vereinfachungsgründen kann dieser Umrechnungsfaktor grundsätzlich insgesamt auf das Wohnungs- und Teileigentum angewandt werden. Sofern das Wohnungs- und Teileigentum baulich wie ein Ein- oder Zweifamilienhaus gestaltet ist, sind hilfsweise die Umrechnungsfaktoren der nachfolgenden Tabelle für EFH und ZFH heranzuziehen.

  • Bei Wohngebäuden kann auf die nachfolgenden – in den Normalherstellungskosten 1995 (NHK 1995) genannten – Umrechnungsfaktoren von Wohnfläche auf BGF zurückgegriffen werden. Die angegebenen Werte gelten für freistehende Einfamilien-Wohnhäuser und für Einfamilien-Reihenhäuser (Kopf- und Mittelhaus). Diese Werte können aus Vereinfachungsgründen hilfsweise auch bei Zweifamilienhäusern angewendet werden. Es ist zu beachten, dass hinsichtlich des Kellergeschosses lediglich darauf abgestellt wird, ob dieses vorhanden ist oder nicht; anders als beim Dachgeschoss hat der Ausbauzustand insoweit keinen Einfluss.

Umrechnungsfaktoren von Wohnfläche auf BGF für EFH und ZFH:

9. Regelherstellungskosten; § 190 Abs. 1 und Anlage 24 BewG

9.1 Welche Gebäudeklasse (GKL) ist zur Bewertung von Teileigentum (TE) heranzuziehen?

Über GKL 5 ist TE in Abhängigkeit von der baulichen Gestaltung den vorstehenden Gebäudeklassen (Anlage 24 II BewG) zuzuordnen. Zur Bewertung eines TE (z. B. Rechtsanwalts- oder Arztpraxis) in einem mehrgeschossigen Wohnhaus kann es sachgerecht sein, die RHK der GKL 2.11 für Wohnungseigentum heranzuziehen, wenn bei dem mehrgeschossigen Wohnhaus nachträglich eine Wohnung als Rechtsanwalts- oder Arztpraxis genutzt wird. Grundsätzlich gilt, dass bei der Bewertung des Teileigentums im Sachwertverfahren zur Bestimmung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und der Gebäudeklasse regelmäßig nur auf die Nutzung des Teileigentums abzustellen ist.

9.2 Bewertung von Tiefgaragen bei der Grundstücksart Wohnungs- und Teileigentum

Bei Wohnungs- und Teileigentum mit Tiefgaragen wird grundsätzlich von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen. Ist in diesen Fällen eine Bewertung im Vergleichswertverfahren nicht möglich, da der Grundstücksmarktbericht keine Vergleichswerte oder -faktoren für diese Einheiten beinhaltet (z. B. auch wenn der Grundstücksmarktbericht zwar Vergleichswerte oder -faktoren für Wohnungen zur Verfügung stellt, aber keine Aussage zum Wertansatz der Garage trifft), ist die Bewertung im Sachwertverfahren vorzunehmen. In diesem Rahmen muss der Garagenstellplatz gesondert angesetzt werden. Eine Trennung der wirtschaftlichen Einheit dergestalt, dass das Wohnungs- und Teileigentum im Vergleichswertverfahren und die Garage als sonstig bebautes Grundstück im Sachwertverfahren bewertet wird, ist nicht zulässig.

Im Rahmen des Sachwertverfahrens kann, wenn die BGF nicht bekannt oder nur schwer zu ermitteln ist, in Anlehnung an die Ermittlung der BGF einer Eigentumswohnung, diese wie folgt ermittelt werden:

BGF = tatsächliche Stellplatzfläche (Länge × Breite) × 1,55

Da u. a. die Lage des zum Wohnungs- bzw. Teileigentum gehörenden Tiefgaragen-Stellplatzes (z. B. horizontal unter dem Gebäude bzw. vertikal neben dem Gebäude) regelmäßig nicht eindeutig bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand feststellbar ist, kann aus Vereinfachungsgründen zur Ermittlung der RHK insoweit die GKL 3.353 (Tiefgaragen) herangezogen werden. Dabei ist nicht entscheidungsrelevant, ob es sich bei der Garage um Sonder- oder Teileigentum handelt.

9.3 Ansatz eines fiktiven Baujahrs

Bei der Alterswertminderung ist bei entsprechender Voraussetzung ein fiktives Baujahr anzusetzen (Abschnitt 31 Abs. 2 Erlasse GrV). Trifft dies auch auf die Regelherstellungskosten zu?

Ein fiktiv späteres Baujahr ist anzunehmen, wenn in den letzten 10 Jahren durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem in Abschnitt 31 Abs. 3 der Erlasse GrV eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben. Dieses Baujahr ist nicht nur bei der Ermittlung der Alterswertminderung zu berücksichtigen, sondern ebenfalls bei der Entscheidung, welche Regelherstellungskosten der Anlage 24 II BewG maßgeblich sind. Diese Regelung berücksichtigt, dass aufgrund der Modernisierung die originäre Bausubstanz in einem solchen Umfang verändert wurde, dass die Verwendung der Regelherstellungskosten des ursprünglichen Baujahres nicht mehr zutreffend ist.

Die vorstehenden Ausführungen geltend gleichermaßen für ein fiktiv früheres Baujahr.

9.4 Erweiterte Gebäudeklassensammlung

Gibt es Hilfsmöglichkeiten für die Ableitung von nicht aufgeführten Gebäudeklassen?

Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (GND) der Grundstücksarten bzw. der verschiedenen Gebäudeklassen richtet sich nach Anlage 22 BewG. Die dort aufgeführten Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzten und sonstig bebauten Grundstücke sind ebenfalls den Gebäudeklassen der in Anlage 24 II BewG aufgeführten Regelherstellungskosten zu Grunde gelegt worden (vgl. Gebäudeklasse 3). Gemäß Tz. 6 der Anlage 24 II BewG gilt die Auffangklausel, wonach für nicht aufgeführte Gebäudeklassen die Regelherstellungskosten (sowie die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer) aus vergleichbaren Gebäudeklassen abzuleiten sind. Diese Auffangklausel ist dadurch bedingt, dass bei der Ableitung der Regelherstellungskosten aus den Normalherstellungskosten einige Gebäudeklassen typisierend zusammengefasst wurden.

Der nachfolgenden Tabelle können einige Ableitungsbeispiele entnommen werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nicht aufgeführte
Gebäudeklasse
Ist vergleichbar mit
GND
GKL
Restaurant
Hotel
60 Jahre
3.27
Tankstellen
Parkhäuser (offene
Ausführung, Parkpaletten)
50 Jahre
3.351
Discountermärkte
Einkaufsmärkte, Großmärkte, Läden
40 Jahre
3.41
Gemeindezentren,
Bürgerhäuser
Vereinsheime
50 Jahre
3.34
Theater, Saalbauten,
Veranstaltungszentren
Vereinsheime
50 Jahre
3.34
Jugendheime, Tagesstätten
Vereinsheime
50 Jahre
3.34
Turn- und Sporthallen
Funktionsgebäude für Sporthallen
50 Jahre
3.36
Kur- und Heilbäder
Hallenbäder
50 Jahre
3.37
Kirchen, Stadt-Dorfkirche,
Kapelle, Moschee
Vereinsheime
50 Jahre
3.34
Pferdeställe
Reitsporthallen
40 Jahre
3.43
Tierställe allgemein
Reitsporthallen
40 Jahre
3.43
landwirtschaftliche
Mehrzweckhallen u. ä.
Reitsporthallen
40 Jahre
3.43

9.5 Für landwirtschaftlich genutzte Gebäude gibt es nach der Tabelle in Anlage 24 II BewG keine passende GKL und damit keine direkt anwendbaren Regelherstellungskosten. Wie ist bei land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden zu verfahren?

Regelherstellungskosten (RHK) für landwirtschaftlich genutzte Wirtschaftsgebäude hat der Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten. Nur in Ausnahmefällen, also in Liquidationsfällen, kommt die Bewertung der Wirtschaftgebäude mit dem gemeinen Wert in Betracht. Für die Ermittlung des Liquidationswerts der Wirtschaftsgebäude gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des BauGB erlassenen Vorschriften (Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 3 AEBewLuF). Insoweit kann unmittelbar auf die NHK 2000 (Typ 32.1 bis 33.4) zurückgegriffen werden.

Werden beispielsweise für ehemals landwirtschaftlich genutzte Scheunen RHK benötigt, kann entsprechend der Auffangklausel 6 (Anlage 24 II BewG) der Wert für diese Gebäude von den Gebäudeklassen 3.43 (Reithallen) und 4. (Kleingaragen und Carports) abgeleitet werden.

10. Wertzahlen/Sachwertfaktoren; § 191 BewG

10.1 Können Sachwertfaktoren (Marktanpassungsfaktoren – MAF) aus Kurven in den Grundstücksmarktberichten der GAA abgeleitet werden bzw. sind dies geeignete MAF?

MAF, die aus Kurven in den Grundstücksmarktberichten der GAA ablesbar sind, sind als geeignete MAF anzusehen. Bei Rücksprache mit dem GAA sollte jedoch auf die Ableseproblematik hingewiesen, die genauen Daten erfragt und ggf. Änderungen für die Zukunft angeregt werden.

10.2 Die Anwendung der Wertzahlen im Sachwertverfahren führt in Einzelfällen (Grenzfälle) zu ungewollten Wertverschiebungen.

Beispiel:

Bei einem vorläufigen Sachwert in Höhe von 200.000 € und einem BRW von 200 €/m2 ergibt sich eine Wertzahl von 1,0 und ein Grundbesitzwert von 200.000 €. Bei einem vorläufigen Sachwert von 201.000 € und einem BRW von 200 €/m2 beträgt die Wertzahl 0,9 und der Grundbesitzwert 180.900 €. Bei einem geringfügig höheren Ausgangswert ergibt sich somit ein wesentlich niederer Bedarfswert. Dies erscheint ein unzutreffendes Ergebnis zu sein. Ist eine Härteausgleichsregelung angezeigt? Anlage 25 BewG lässt keine andere Auslegung, insbesondere keine Interpolation zwischen den einzelnen Wertzahlen, zu. Die Eröffnung der Interpolation wäre mithin nur infolge einer Gesetzesänderung möglich. Eine gesonderte Härteausgleichsregelung würde der vom Gesetzgeber gewollten Typisierung widersprechen.

10.3 Ist ein Grundstück in Vorder- und Hinterland aufzuteilen und stellte der örtliche GAA sowohl für Vorder- und Hinterland Bodenrichtwerte fest, stellt sich die Frage, welcher Bodenrichtwert für die Anwendung der Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren heranzuziehen ist (nur BRW für das Vorderland oder Durchschnittswert aus Vorder- und Hinterland).

Für die Anwendung der Wertzahlen bzw. Sachwertfaktoren ist in diesen Fällen ausschließlich der Bodenrichtwert für das Vorderland heranzuziehen. Nur dieser Bodenrichtwert dient als Maßstab für die Wirtschaftskraft der Region bzw. der Kaufkraft der Nachfrager nach Grundstücken in dieser Lage. Dies entspricht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr.

Der geringere Bodenrichtwert für das Hinterland hat sich bereits anteilig auf den Boden- bzw. den vorläufigen Sachwert ausgewirkt.

11. Sonderfälle: Prognose des Liegenschaftszinssatzes bei unbebauten Erbbaurechten

Welcher Liegenschaftszinssatz ist bei unbebauten Erbbaurechten zu berücksichtigen?

Ist das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück unbebaut, besteht der Grundbesitzwert des Erbbaurechts nach Abschnitt 36 Abs. 2 der Erlasse GrV allein aus dem kapitalisierten Unterschiedsbetrag zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins am Bewertungsstichtag (§ 193 Abs. 4 BewG). Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts ergibt sich aus der Multiplikation des Bodenwerts nach § 179 BewG und des Liegenschaftszinssatzes.

Sowohl die Bestimmung des Liegenschaftszinssatzes als auch des Vervielfältigers nach Anlage 21 BewG ist von der Eingruppierung in eine Grundstücksart abhängig. Grundsätzlich ist hierbei der Angabe des Steuerpflichtigen im Erklärungsvordruck zur beabsichtigten Nutzung zu folgen. Macht der Steuerpflichtige trotz Nachfrage insoweit keine Angaben, bestehen keine Bedenken, wie folgt zu verfahren:

  • Mangels tatsächlichen Vorhandenseins eines Gebäudes kann zunächst auf die geplante Nutzung seitens des Erbbaurechtsgebers bzw. -nehmers abgestellt werden (vgl. Erbbaurechtsvertrag).

  • Bestehen noch keine konkreten Nutzungspläne, kann von der vorgesehenen Bebauung und Nutzung laut Bauleitplan (Bebauungsplan/Flächennutzungsplan) auf die Grundstücksart geschlossen werden.

  • Liegt auch kein Bauleitplan vor, ist das für den Steuerpflichtigen günstigste Ergebnis zu wählen.

Dies gilt in entsprechender Form auch für die Bewertung des Erbbaugrundstücks nach § 194 BewG, d. h. bei der Wahl des Abzinsungsfaktors nach Anlage 26 BewG und des Vervielfältigers nach Anlage 21 BewG.

12. Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts; § 198 BewG

Zu welchem Zeitpunkt kann der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG erbracht bzw. verlangt werden?

Der Stpfl. hat bereits im Rahmen der Abgabe der Erklärung die Möglichkeit ein Verkehrswertgutachten vorzulegen. Die Grundbesitzbewertung nach Maßgabe des BewG ist jedoch stets durchzuführen. Ist der auf der Grundlage der Vorschriften nach § 199 BauGB nachgewiesener Wert niedriger, ist dieser festzustellen.

Zu beachten ist, dass ab dem die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) die bisher geltende Wertermittlungsverordnung (WertV) aus dem Jahr 1988 ablöst. Ist das Gutachten nach Inkrafttreten der ImmoWertV nach den Vorschriften der WertV 88/98 erstellt worden, wurde die unzutreffende Verordnung angewandt. Lediglich aus Gründen der Praktikabilität können übergangsweise diese, durch externe Sachverständige erstellten Wertermittlungen bis längstens hilfsweise als Verkehrswertermittlungen anerkannt werden. Zu Einzelheiten wird auf Tz. 2.5.1 des BVS-Handbuchs hingewiesen.

13. Basiswerte

Ist für dieselbe wirtschaftliche Einheit innerhalb eines Jahres nach der Feststellung des Grundbesitzwertes erneut ein Grundbesitzwert festzustellen, so kann der Wert der ersten Feststellung auch der zweiten Feststellung zu Grunde gelegt werden, wenn innerhalb des Jahres keine wesentliche Veränderung eingetreten ist (Basiswertregelung, vgl. Tz. 73 Abs. 3 des Erlasses vom bzw. Abschnitt 2 Abs. 13 AEFestVerf vom ).

Diese Regelung gilt nur in den Fällen, in denen für beide Stichtage ein Grundbesitzwert nach §§ 138 ff. BewG oder für beide Stichtage ein Grundbesitzwert nach §§ 157 ff. BewG zu ermitteln ist. Der Ansatz des Wertes einer Feststellung nach §§ 138 ff. BewG (altes Recht) bei einer späteren Feststellung nach §§ 157 ff. BewG (neues Recht) ist nicht zulässig.

Inhaltlich gleichlautend
OFD Rheinland v. - S 3300 - 1015 - St 242
Oberfinanzdirektion Münster v. - S 3014 b - 70 - St 24 - 35

Fundstelle(n):
AAAAD-58799