Kein ordnungsgemäß durchgeführter Ergebnisabführungsvertrag bei „vergessener” Verrechnung mit vororganschaftlichen Verlusten
Leitsatz
Ein Ergebnisabführungsvertrag ist nicht tatsächlich durchgeführt, wenn der Jahresüberschuss der Organgesellschaft nicht mit einem vororganschaftlichen Verlustvortrag verrechnet, sondern an den Organträger abgeführt wird.
Gesetze: KStG 1998 § 14 Nr. 4 Satz 2AktG § 301 Satz 1
Instanzenzug: (EFG 2007, 1104) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, war im Streitjahr 1998 u.a. an der U-GmbH und der B-GmbH beteiligt. Mit beiden Gesellschaften hatte die Klägerin als Organträgerin einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV) geschlossen.
2U-GmbH
3Der EAV mit der U-GmbH datiert vom . Unter diesem Datum wurde zunächst das Stammkapital der U-GmbH, das bis auf 500 DM von der Klägerin gehalten wurde, auf 14 Mio. DM erhöht. Zugleich kam es zum Abschluss des EAV, der rückwirkend zum Geltung haben sollte und im Januar 1999 ins Handelsregister eingetragen wurde. In § 2 des Vertrags, der Regelungen zur Gewinnabführung enthält, heißt es: „Abzuführen ist —vorbehaltlich der Bildung oder Auflösung von Rücklagen nach Absatz 2— der ohne die Gewinnabführung entstehende Jahresüberschuss, vermindert um einen etwaigen Verlustvortrag aus dem Vorjahr.”
4Zum wies die Bilanz der U-GmbH einen Verlustvortrag von 5.567.000 DM aus. Im Jahr 1998 erwirtschaftete die U-GmbH einen weiteren Verlust von 2.615.000 DM.
5Im Jahr 1999 erzielte die U-GmbH einen Gewinn von 2.756.632 DM. In der Gewinn- und Verlustrechnung des am unterzeichneten Jahresabschlusses 1999 wies die U-GmbH aber ein Ergebnis von 0 DM aus, weil aufgrund des Gewinnabführungsvertrags mit der Klägerin ein Betrag von 2.756.632 DM „abgeführt” worden sei. Der Betrag war dem Verrechnungskonto der Klägerin bei der U-GmbH gutgeschrieben worden, das auch nach der Gutschrift noch immer einen Sollsaldo von 1.841.695,57 DM auswies. Dieser war in der Bilanz der U-GmbH als Forderung aktiviert.
6Durch Vertrag vom veräußerte die Klägerin mit Wirkung zum Anteile am Stammkapital der U-GmbH im Nennwert von 6.999.500 DM an die W-GmbH. Der Vertrag sah vor, dass Gewinne des Jahres 1999 und etwaige noch nicht ausgeschüttete Gewinne früherer Jahre der Klägerin zustehen sollten.
7Mit demselben Vertrag vom wurde die U-GmbH rückwirkend auf den in eine GmbH & Co. KG (U-KG) umgewandelt. Die Klägerin und die W-GmbH übernahmen Kommanditeinlagen in Höhe von je 4 Mio. DM durch Verrechnung mit dem Eigenkapital der U-GmbH auf den .
8In einer Gesellschafterversammlung der U- wurde der Jahresabschluss 1999 in der Fassung vom festgestellt; die Klägerin übernahm das Jahresergebnis. Am wurde der EAV zwischen der Klägerin und der U-KG gekündigt (Eintragung im Handelsregister am ).
9Am kam es zu einer Gesellschafterversammlung der U-KG. In dem Protokoll dazu heißt es:
10„Im Frühjahr 2000 ist der gesamte im Geschäftsjahr 1999 bei der U-GmbH angefallene Gewinn an die damalige Alleingesellschafterin [Klägerin] ausgeschüttet worden. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass die [Klägerin] 50 % der Anteile an der U-GmbH an die W-GmbH veräußern würde und im Zusammenhang mit der Veräußerung die U-GmbH mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum in eine Kommanditgesellschaft unter der Firma U-KG mit einem im Verhältnis zur U-GmbH um 6 Mio. DM reduzierten Gesellschaftskapital (Kommanditkapital) umgewandelt werden würde. Im Unternehmenskaufvertrag ist zwischen der [Klägerin] und der W-GmbH vereinbart worden, dass der Gewinn für das Geschäftsjahr 1999 im Innenverhältnis allein der [Klägerin] zusteht ...
11Für den Fall, dass die [Klägerin] verpflichtet gewesen sein sollte, den an sie ausgeschütteten Gewinn der U-GmbH zurückzuzahlen, ist dieser etwaige Anspruch durch den auf den rückwirkend erfolgten Formwechsel in eine Kommanditgesellschaft unter gleichzeitiger Herabsetzung des Haftkapitals um 6 Mio. DM auf 8 Mio. DM Festkommanditkapital und wegen der fristlosen Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages obsolet geworden.
12Sollte dies nicht der Fall sein, sind sich sämtliche Gesellschafter der U-KG darüber einig, dass aufgrund der im Unternehmenskaufvertrag getroffenen Vereinbarung, dass der Gewinn des Geschäftsjahres 1999 allein der [Klägerin] zusteht, ein eventuell von der [Klägerin] zurückgezahlter Betrag anschließend sofort an die [Klägerin] von der U-KG zurückzuzahlen ist.
13Die Gesellschafter stellen fest, dass demgemäß einer etwa bestehenden Forderung der U-KG auf Rückzahlung des im Jahre 2000…ausgezahlten Gewinns…der Anspruch der [Klägerin] auf diesen Gewinn aus dem Unternehmenskaufvertrag entgegensteht. Sie beschließen daher, dass ein evtl. Rückzahlungsanspruch…nicht geltend gemacht wird ...”
14Nach einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Organschaft sei wegen einer dem EAV widersprechenden Ergebnisverwendung nicht durchgeführt worden und deshalb nicht anzuerkennen. Daraufhin legten die steuerlichen Berater der U-KG eine berichtigte Bilanz auf den vor und nahmen dazu Bezug auf das Protokoll einer Gesellschafterversammlung der U- in dem es heißt:
15„Der Jahresabschluss der U-KG, vormals U-GmbH, für das Geschäftsjahr 1999 wird hiermit gem. Anlage A 1 dahingehend berichtigt, dass der Jahresüberschuss in Höhe von 2.756.632,33 DM mit dem bestehenden Verlustvortrag zum in Höhe von 5.566.773,95 DM verrechnet wird. Der verbleibende Verlust von 2.810.141,62 DM wird auf neue Rechnung vorgetragen. Der Gesellschafterbeschluss vom wird durch die vorgenannten Beschlüsse nicht berührt, sondern bleibt inhaltlich vollständig bestehen und wird hiermit bestätigt.”
16In der berichtigten Bilanz werden eine (weitere) Forderung in Höhe von 2.756.632,33 DM und ein gleich hoher Jahresüberschuss ausgewiesen.
17Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte gleichwohl der Auffassung des Prüfers und erließ geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1998 und 1999 für die U-GmbH, in denen die Organschaft nicht mehr berücksichtigt wurde. Eine nach erfolglosem Einspruchsverfahren zunächst erhobene Klage wurde später zurückgenommen.
18Ebenfalls ergingen am geänderte Gewinnfeststellungsbescheide 1998 und 1999 gegenüber der Klägerin, in denen das Organschaftsverhältnis nicht mehr berücksichtigt wurde.
19B-GmbH
20Das Organschaftsverhältnis mit der B-GmbH ist demgegenüber unstreitig. Streit besteht über Wertberichtigungen auf Forderungen gegenüber der L GmbH & Co. KG (L-KG), die die B-GmbH in ihrer Bilanz auf den vorgenommen hat.
21Die B-GmbH hatte für die L-KG Bauvorhaben durchgeführt, darunter die Bauvorhaben K, B, WM und WE. Im Jahr 1998 hatte die B-GmbH Restforderungen aus dem Projekt K in Höhe von 1.080.346,99 DM brutto und aus dem Projekt B in Höhe von 860.569,45 DM brutto eingeklagt. Wegen der Restforderungen aus den Bauvorhaben WM in Höhe von 828.128,22 DM brutto und WE von 2.141.814,41 DM brutto waren im Jahr 1998 Beweissicherungsverfahren von der L-KG angestrengt worden. Alle Verfahren dauerten am noch an. Die L-KG hatte jeweils Abweisung der Klage beantragt und dies zum Teil mit Baumängeln, zum Teil aber auch mit der Aufrechnungsmöglichkeit aufgrund eigener Gegenansprüche begründet.
22In ihrer Bilanz auf den hatte die B-GmbH bereits Wertberichtigungen auf die Forderungen aus dem Bauvorhaben K in Höhe von 147.000 DM, dem Bauvorhaben B in Höhe von 85.000 DM und dem Bauvorhaben WM in Höhe von 310.000 DM vorgenommen. Diese wurden in der Bilanz auf den beibehalten.
23In einem Vergleich vom , der auch noch andere Bauvorhaben betraf und an dem neben der B-GmbH auch die SF-GmbH beteiligt war, verpflichteten sich die Leistungsempfänger zur Zahlung eines Bruttobetrags von 2.600.000 DM zur Abgeltung aller Ansprüche. B-GmbH und SF-GmbH vereinbarten anschließend, dass der B-GmbH davon 341.194,26 DM zustehen sollten. Die darüber hinausgehenden Beträge buchte die B-GmbH zum aus.
24Im Einspruchsverfahren gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1998 vom beantragte die Klägerin erstmals, den Verlust aus der organschaftlich veranlassten Übernahme des Ergebnisses der B-GmbH um 1.978.425,52 DM zu erhöhen, weil die Forderungen der B-GmbH gegen die L-KG bereits zum um diesen Betrag hätten abgeschrieben werden müssen. Der Bilanzansatz der Forderungen sei nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv falsch gewesen, weshalb es sich um eine Bilanzberichtigung und nicht nur um eine Bilanzänderung handele. Auf offene Forderungen in Höhe von 4.270.312,24 DM seien im Jahr 2000 nur 296.690,97 DM gezahlt worden. Dies sei ein Indiz dafür, dass zum eine weitere Wertberichtigung in Höhe von ca. 2 Mio. DM hätte vorgenommen werden müssen.
25Mit beiden Einwendungen gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1998 vom hatte die Klägerin im Einspruchsverfahren keinen Erfolg.
26Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) nur insoweit statt, als es weitere Verluste aus dem Organschaftsverhältnis mit der B-GmbH in Höhe von insgesamt 1.334.195 DM anerkannte. Darin enthalten ist eine Gewinnminderung in Höhe von 981.279 DM aufgrund einer vom FG geschätzten Minderung des Teilwerts der Forderung aus dem Bauvorhaben WM. Hierzu hatte die Klägerin vor dem FG vorgetragen, es müsse eine noch weiter gehende Teilwertabschreibung auf 500.000 DM vorgenommen werden. Denn die Anwälte, die die Chancen und Risiken eines Klageverfahrens gegen die L-KG untersucht hätten, wären mit einem Schreiben vom zu dem Ergebnis gekommen, dass für das Objekt WM höchstens 500.000 DM realisiert werden könnten. Das FG war diesem Vorbringen nicht gefolgt. In den Entscheidungsgründen seines Urteils führte es aus, die Anwälte hätten nur sehr grob geschätzt; die Klägerin habe keine Fakten vorgetragen, die eine Teilwertabschreibung auf 500.000 DM belegten. Insbesondere aus dem späteren Vergleich könne kein Rückschluss gezogen werden. Stattdessen schätzte das FG griffweise einen auf 50 % der Nettoforderung gesunkenen Teilwert von 1.291.279 DM. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1104 veröffentlicht.
27Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren in beiden Punkten weiter.
28Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte auf ./. ... DM festgestellt werden.
29Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
30Über das Vermögen der Klägerin ist am…2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
II.
31Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
321. Das Revisionsverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochen. Die Insolvenz einer Personenhandelsgesellschaft berührt das Verfahren der Gewinnfeststellung nicht, da seine steuerlichen Folgen nur die Gesellschafter persönlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Vermögensbereich der Personengesellschaft betreffen (Senatsurteil vom IV R 52/04, BFHE 219, 129, BStBl II 2009, 705, m.w.N.).
332. Der Klägerin ist das Einkommen der U-GmbH im Streitjahr 1998 nach § 14 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG 1998) nicht zuzurechnen.
34a) Verpflichtet sich eine GmbH durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S. des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG), ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der GmbH (Organgesellschaft) dem Träger des Unternehmens (Organträger) nach § 14 i.V.m. § 17 KStG 1998 zuzurechnen, wenn die Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 bis 5 KStG 1998 erfüllt sind.
35Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht sämtlich erfüllt. Es fehlt, wie das FG zutreffend entschieden hat, an einer Durchführung des EAV i.S. des § 14 Nr. 4 Satz 2 KStG 1998. Nach dieser Regelung muss der EAV während seiner ganzen Geltungsdauer von mindestens fünf Jahren tatsächlich durchgeführt werden. Wird er in einem dieser Jahre nicht tatsächlich durchgeführt, fehlt es damit ggf. auch rückwirkend von Anfang an an den Voraussetzungen für eine Zurechnung des Einkommens beim Organträger.
36Tatsächlich durchgeführt wird ein EAV i.S. des § 14 Nr. 4 Satz 2 KStG 1998, wenn er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird, also die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Gewinne tatsächlich vertragsgemäß an den Organträger abgeführt werden (, BFHE 177, 429). Der tatsächlichen Durchführung steht dabei nicht entgegen, wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen der Finanzverwaltung und dem Unternehmen über den Ansatz oder die Bewertung von Bilanzposten entstehen und es später zu Mehrergebnissen aufgrund einer Betriebsprüfung kommt (BFH-Urteil in BFHE 177, 429).
37Nicht als vertragsgemäße Abführung kann es aber angesehen werden, wenn die Organgesellschaft einen höheren als den in § 301 AktG vorgesehenen und im EAV vereinbarten Gewinn an den Organträger abführt. Soweit hierzu im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten wird, es handele sich bei dem „Vergessen” der Verrechnung mit einem Verlustvortrag um einen geringfügigen und danach unbeachtlichen Verstoß gegen eine Nebenpflicht (so Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz 680.2), kann der Senat sich dieser Auffassung schon dem Grunde nach und damit unabhängig von der Höhe des Verlustvortrags nicht anschließen (gleicher Ansicht Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 14 KStG, Rz 181; Neumann in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 310).
38Nach § 2 des hier vereinbarten EAV wird in Übereinstimmung mit § 301 AktG geregelt, dass der ohne die Gewinnabführung entstehende Jahresüberschuss vermindert um einen etwaigen Verlustvortrag aus dem Vorjahr abzuführen sei. Im Jahr 1999 entsprach die Gewinnabführung nicht diesen Regelungen. In ihrem Jahresabschluss für das Jahr 1999 schrieb die U-GmbH den Jahresüberschuss von 2.756.632 DM dem Verrechnungskonto der Klägerin bei der U-GmbH gut, so dass sich der Sollsaldo des Kontos verminderte. Eine Verrechnung mit dem Verlustvortrag des Vorjahres unterblieb.
39An der fehlerhaften Durchführung des Vertrags ändert sich nichts dadurch, dass erst im August 2001 in einer Gesellschafterversammlung der U-KG beschlossen wurde, der Klägerin solle der gesamte Gewinn des Jahres 1999 zustehen, eine etwaige Rückzahlungspflicht der Klägerin habe sich im Zusammenhang mit der zwischenzeitlichen Umwandlung erledigt, jedenfalls würden keine Rückzahlungsansprüche geltend gemacht. Dieser Beschluss lässt das Ergebnis der fehlerhaften Gewinnabführung vielmehr ausdrücklich bestehen.
40Die fehlerhafte Durchführung konnte auch nicht durch die Aufstellung einer sog. berichtigten Bilanz im April 2004 geheilt werden. Zwar schließt die Bilanz mit einem Jahresüberschuss und dem Vortrag des Verlusts auf weitere Rechnung ab. Sie enthält aber nicht die erforderliche Verrechnung mit dem Verlustvortrag. Vielmehr ergibt sich aus dem Gesellschafterbeschluss über die berichtigte Bilanz, dass der frühere Gesellschafterbeschluss vom August 2001 unberührt und inhaltlich vollständig bestehen bleiben solle. Die „Berichtigung” der Bilanz stellt sich danach als rein formaler Akt dar, aus dem keine materiellen Folgen gezogen werden. Daran, dass das Vermögen der Klägerin um einen Betrag in Höhe des Jahresüberschusses von 2.756.632 DM vermehrt worden ist, obwohl ihr dieser Betrag infolge des bestehenden Verlustvortrags nicht zustand, ändert die „berichtigte” Bilanz nichts. Es bleibt damit auch unter Berücksichtigung dieser Bilanz dabei, dass der EAV nicht vertragsgemäß durchgeführt worden ist.
41b) Auf die von den Beteiligten und dem FG erörterte Frage, ob die Bilanz wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung für die U-GmbH noch mit steuerlicher Wirkung berichtigt werden konnte, kommt es danach für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Nicht entscheidungserheblich ist zudem, ob eine formelle und materielle Korrektur der fehlerhaften Gewinnabführung zu einem späteren Zeitpunkt den Mangel der tatsächlichen Durchführung des EAV rückwirkend überhaupt beseitigen kann (bejahend etwa Berger, Der Betrieb 2005, 903).
423. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass das der Klägerin zuzurechnende Einkommen der B-GmbH niedriger sei als vom FG angesetzt.
43Die Schätzung des FG, wonach der Teilwert der Forderung der B-GmbH gegen die L-KG aus dem Bauvorhaben WM zum Bilanzstichtag 1.291.279 DM betragen habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das (BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941) die Auffassung vertritt, das FG habe keine eigene Schätzungsbefugnis gehabt, sondern sei an den im Wege einer Bilanzberichtigung von der B-GmbH herabgesetzten Wert von 500.000 DM gebunden, kann der Senat dem nicht folgen.
44Zwar kommt dem Ermessen des Kaufmanns bei der Schätzung einer Wertminderung besondere Bedeutung zu. Maßgebend ist, ob ein vorsichtig bewertender Kaufmann nach der allgemeinen Lebenserfahrung aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls die Annahme eines —teilweisen— Forderungsausfalls herleiten darf (BFH-Urteil in BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941). Dieser Sichtweise kommt eine Befriedungsfunktion zu, weil sie einerseits verhindert, dass der Steuerpflichtige seine ursprünglichen Einschätzungen in Bezug auf für die Bilanzierung erforderliche Prognosen, Schätzungen oder Beurteilungen von hypothetischen Kausalverläufen nachträglich —je nach Opportunität— revidieren kann. Andererseits bewahrt sie den Steuerpflichtigen davor, dass die Finanzverwaltung durch nachträgliche Ermittlungen versucht, die Tatsachengrundlage der Bilanz zu erschüttern (, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739). Eine solche Bindung an die Schätzung des Kaufmanns setzt aber voraus, dass die Schätzung auf der erkennbaren und nachvollziehbaren Auswertung aller für den Kaufmann verfügbaren Tatsachen beruht und diese Tatsachen einen Schluss auf den geschätzten Wert zulassen.
45Unstreitig beruht die erstmals im Einspruchsverfahren geltend gemachte Schätzung des Teilwerts von 500.000 DM allein auf der Schätzung der Anwälte im Schreiben vom über die Chancen und Risiken der seinerzeit anhängigen Zivilprozesse. Eine nachvollziehbare Begründung, warum die Forderung gerade in Höhe eines Betrags von 500.000 DM werthaltig gewesen sein sollte, wurde in dem Schreiben nicht gegeben. Das Anwaltsschreiben war die einzige Erkenntnisquelle der Klägerin; weitere Tatsachen wurden nicht ermittelt oder ausgewertet.
46Daraus hat das FG zu Recht gefolgert, dass eine Bindung an die subjektive Einschätzung der Klägerin nicht bestand. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das FG eine eigene Schätzungsbefugnis angenommen hat. Es konnte auch dem Grunde nach eine griffweise Schätzung vornehmen, weil geeignete Tatsachen, an die für die Schätzung betragsmäßig hätte angeknüpft werden können, nicht erkennbar waren. Ob die Schätzung der Höhe nach zutreffend war, kann der Senat revisionsrechtlich nicht überprüfen. Die mit der Schätzung verbundenen Unsicherheiten gehen zu Lasten der Klägerin, die die Feststellungslast für eine höhere Wertminderung zu tragen hat.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2014 II Seite 481
AG 2011 S. 87 Nr. 3
BB 2011 S. 368 Nr. 6
BFH/NV 2011 S. 151 Nr. 1
BFH/PR 2011 S. 55 Nr. 2
BStBl II 2014 S. 481 Nr. 10
DB 2010 S. 2706 Nr. 49
DStR 2010 S. 2505 Nr. 49
DStRE 2011 S. 59 Nr. 1
DStZ 2011 S. 180 Nr. 6
EStB 2011 S. 16 Nr. 1
FR 2011 S. 322 Nr. 7
GStB 2011 S. 6 Nr. 2
GmbH-StB 2011 S. 6 Nr. 1
GmbHR 2011 S. 40 Nr. 1
HFR 2011 S. 187 Nr. 2
KÖSDI 2011 S. 17270 Nr. 1
NJW 2011 S. 10 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2010 S. 4060
StB 2011 S. 4 Nr. 1
StBW 2011 S. 56 Nr. 2
StuB-Bilanzreport Nr. 24/2010 S. 955
WPg 2011 S. 91 Nr. 2
TAAAD-57533