Ständige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde
Gesetze: § 133 Abs 3 S 3 VwGO
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Az: 1 KN 7/09 Urteil
Gründe
1Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2Ob dem Antragsteller - wie die Beigeladene meint - bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine Revision im Normenkontrollverfahren fehlt, nachdem er seine Klage gegen die der Beigeladenen auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung zurückgenommen hat, kann offen bleiben. Denn die Gründe für die Zulassung der Revision, die er geltend macht, werden in der Beschwerdebegründung nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt. Unabhängig hiervon sind die erhobenen Rügen auch nicht begründet.
31. Der Antragsteller ist Eigentümer eines reetgedeckten Hauses, das sich im Gebiet des ursprünglichen Bebauungsplans, nicht aber des mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Änderungsplans befindet. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Der angefochtene Bebauungsplan treffe für sein Grundstück keine Regelungen. Der Antragsteller könne auch nicht in seinem Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) verletzt sein. Angesichts der Entfernung zwischen dem Grundstück des Antragstellers und dem Plangebiet und der dazwischen liegenden Wohnhäuser und Verkehrseinrichtungen könne weder das im Änderungsplan zugelassene Wohngebäude noch seine Nutzung das Grundstück des Antragstellers beeinträchtigen. Die Befürchtung, dass sich durch die Zulassung eines Wohnhauses mit Hartdach das Niveau der Bebauung im Gebiet des Bebauungsplans verschlechtere, betreffe ausschließlich objektiv-rechtliche städtebauliche Aspekte. Selbst wenn die Veränderung die Belange des Antragstellers beträfe, so wären diese Belange nicht in die Abwägung einzustellen, weil die Veränderung geringfügig sei.
4Der Antragsteller macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche mit diesen Ausführungen von dem BVerwG 4 BN 9.03 - (Buchholz 406.11 § 8 BauGB Nr. 13) ab. Aus dieser Entscheidung zum Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) lasse sich ableiten, dass die konzeptionellen Grundzüge der Darstellungen eines Flächennutzungsplans dann und solange unangetastet blieben, wie Darstellung im Flächennutzungsplan und Festsetzung im Bebauungsplan „in ein und dieselbe Richtung weisen“. Bei der hier erfolgten Darstellung einer Gemeinbedarfsfläche nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB und der daraus „entwickelten“ Festsetzung als allgemeines Wohngebiet gebe es einen solchen konzeptionellen Gleichklang nicht; das Entwicklungsgebot sei verletzt. Hierdurch werde die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt. Diese sei darauf gerichtet, das homogene Erscheinungsbild einer einheitlichen Einzelhausbebauung zu erhalten. Hierauf dürfe sich der Antragsteller berufen.
5Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darzulegen. Hierfür muss die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ( BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Der Antragsteller benennt weder einen Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB noch einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Antragsteller durch eine Verletzung des Entwicklungsgebots in seinem Anspruch auf gerechte Abwägung seiner Belange verletzt sein kann (zu dieser Frage vgl. BVerwG 4 BN 1.07 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 174). Derartige Rechtssätze sind in den angeführten Entscheidungen auch nicht enthalten. Das Oberverwaltungsgericht hat sich zum Entwicklungsgebot nicht geäußert. Der Antragsteller hatte einen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB auch nicht - jedenfalls nicht schriftsätzlich - geltend gemacht. Außerdem bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich hier aus einem etwaigen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot ein abwägungsbeachtlicher Belang des Antragstellers ergeben könnte. Im Übrigen hat sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom zwar zum Entwicklungsgebot, nicht aber zu Fragen der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geäußert.
62. Als Verfahrensmangel macht der Antragsteller eine Verletzung der Aufklärungspflicht geltend. Das Oberverwaltungsgericht sei von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Es habe den Flächennutzungsplan und die bestehende Abweichung hiervon seiner Tatbestandsschilderung und seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt.
7Damit ist ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz ebenfalls nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Bei der Prüfung, ob der Vorinstanz ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist von deren materiellrechtlicher Rechtsauffassung auszugehen, selbst wenn diese verfehlt sein sollte ( BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4). Das Oberverwaltungsgericht hat die Antragsbefugnis des Antragstellers aus den dargelegten Gründen verneint. Welcher Anlass ausgehend von dieser Rechtsauffassung bestanden haben sollte, Feststellungen zum Inhalt des Flächennutzungsplans zu treffen, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
8Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstelle(n):
XAAAD-56123