Rechtsanwaltsgebühren: Bemessung der Verfahrensgebühr im Notarbeschwerdeverfahren
Leitsatz
In einem Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO bemisst sich die bei dem Landgericht entstehende Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 RVG-VV .
Gesetze: § 15 Abs 2 BNotO, Nr 3500 RVG-VV
Instanzenzug: Az: 1 W 542/08 Beschlussvorgehend Az: 84 T 256/08 Beschluss
Gründe
I.
1Der Beteiligte zu 1 erhob Beschwerde gegen die Weigerung eines Notars, Grundschuldbriefe an ihn herauszugeben, die dieser aufgrund eines mehrseitigen Treuhandverhältnisses auch für die Beteiligte zu 2 verwahrt. Das Landgericht wies die Beschwerde zurück und ordnete die Erstattung der außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 2 durch den Beteiligten zu 1 an.
2Das Landgericht hat antragsgemäß eine 1,3-Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 zugunsten der Beteiligten zu 2 festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Kammergericht die Festsetzung dahin geändert, dass nur eine 0,5-Gebühr nach RVG VV Nr. 3500 zu erstatten ist. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung der Kostenfestsetzung des Landgerichts.
II.
3Das Beschwerdegericht meint, die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO bestimme sich nach RVG VV Nr. 3500 und nicht nach der für erstinstanzliche Verfahren geltenden Nr. 3100. Die Stellung des erstinstanzlichen Gerichts nehme im Fall des § 15 BNotO der Notar ein; dessen Entscheidung werde von dem Landgericht als Beschwerdegericht überprüft. Dass bei Beschwerden nach § 111 BNotO aF und bei Notarkostenbeschwerden (§ 156 KostO) der Ansatz einer Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug in Betracht komme, beruhe auf einer abweichenden Ausgestaltung dieser Verfahren. Eine höhere Gebühr folge auch nicht aus der Vorbemerkung 3.2.1 des RVG VV, in der bestimmte, enumerativ aufgezählte Beschwerdeverfahren den Berufungen gleichgestellt würden. Die Notarbeschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO sei dort nicht erwähnt; die Bestimmung finde auch keine entsprechende Anwendung. Die Vergütung nach RVG VV Nr. 3500 sei schließlich nicht unangemessen, insbesondere finde eine Anrechnung der Geschäftsgebühr, welche für die anwaltliche Vertretung eines Beteiligten im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Ansuchen an den Notar entstehe, nach der Regelung des § 15 Abs. 2 RVG nicht statt.
III.
4Die nach § 70 Abs. 1 FamFG, § 15 Abs. 2 Satz 2 BNotO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht nimmt zutreffend an, dass sich die Verfahrensgebühr für die Vertretung der Beteiligten zu 2 vor dem Landgericht nach RVG VV Nr. 3500 bestimmt.
51. a) Gemäß RVG VV Nr. 3500 entsteht in Verfahren über Beschwerden eine Verfahrensgebühr von 0,5, sofern nicht im Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Das Verfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO ist ein Beschwerdeverfahren gegen die Weigerung des Notars, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen; dabei nimmt der Notar die Stelle der ersten Instanz ein (, NJW 2001, 2181, 2182). Dieses Verständnis folgt aus dem Begriff der Beschwerde; ihm steht der Begriff "Antrag auf gerichtliche Entscheidung" gegenüber, durch den beispielsweise in § 111 BNotO aF und bei der Anfechtung notarieller Kostenberechnungen (§ 156 KostO) das Verfahren des erstinstanzlich tätigen Gerichts bezeichnet wird (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl., § 15 Rn. 121; Reithmann in Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl., § 15 Rn. 77).
6b) Dem Charakter als Beschwerdeverfahren entspricht es, dass eine Entscheidung nach § 15 Abs. 2 BNotO nur noch mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden kann (vgl. OLG Hamm, DNotZ 1985, 56 sowie Reithmann in Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl., § 15 Rn. 97, jeweils noch zu § 28 FGG). Demgegenüber ist ein im Verfahren nach § 156 KostO ergangener Beschluss des Landgerichts mit der Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 156 Abs. 3 KostO) und - im dritten Rechtszug - mit der Rechtsbeschwerde (§ 156 Abs. 4 Satz 1 KostO) anfechtbar. Auch der Instanzenzug des Verfahrens nach § 111 BNotO aF war abweichend geregelt (vgl. § 111 Abs. 3 Satz 1 BNotO aF); zudem ist der Anfechtungsgegenstand (Verwaltungsakte auf dem Gebiet des Notarberufsrechts) mit dem des § 15 Abs. 2 BNotO (Verweigerung einer Amtstätigkeit gegenüber einem Rechtsuchenden) nicht vergleichbar. Angesichts dieser Unterschiede kann zugunsten der Rechtsbeschwerde nichts daraus hergeleitet werden, dass für die Vertretung in den Verfahren nach § 111 BNotO aF und § 156 KostO der Ansatz einer Gebühr nach RVG VV Nr. 3100 für zutreffend erachtet wird (vgl. OLG Köln, DNotZ 2009, 396; Lemke in Schippel/Braker, BNotO, 8. Aufl., § 111 aF Rn. 58 [für § 111 BNotO aF] sowie LG Berlin, RVGreport 2006, 306; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 156 Rn. 37 [für § 156 KostO]).
72. a) Ohne Rechtsfehler nimmt das Beschwerdegericht ferner an, dass im Gesetz keine andere Gebühr als diejenige nach Nr. 3500 bestimmt ist. Eine solche lässt sich für das Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO insbesondere nicht aus RVG VV Nr. 3200 in Verbindung mit der Vorbemerkung 3.2.1 entnehmen. Die dortige Aufzählung der Beschwerdeverfahren, für die die Gebühren wie bei einem Berufungsverfahren (1,6 fache Verfahrensgebühr) festzusetzen sind, ist enumerativ und damit abschließend (vgl. OLG München, NJW-RR 2006, 1727; OLG Schleswig, ZEV 2006, 366, 367).
8b) Eine entsprechende Anwendung der Regelung käme nur in Betracht, wenn die Aufzählung eine planwidrige Lücke enthielte, wenn also das Notarbeschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO so weit mit den in RVG VV Vorb. 3.2.1 genannten vergleichbar wäre, dass angenommen werden müsste, der Gesetzgeber habe vergessen, es in die Aufzählung aufzunehmen. Hierfür fehlt aber jeder Anhaltspunkt. Den in der Vorbemerkung 3.2.1 genannten Verfahren ist gemeinsam, dass sie die Hauptsache eines streitigen Verfahrens betreffen und deshalb dem Berufungsverfahren vergleichbar sind (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 213). Ein streitiges Verfahren betrifft die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO schon deshalb nicht, weil an ihr nicht notwendigerweise mehrere Parteien mit widerstreitenden Interessen beteiligt sind; dabei ist zu berücksichtigen, dass der Notar nicht Antragsgegner des Verfahrens ist (, NJW 2001, 2181, 2182). Aber auch in Fällen, in denen dem Notarbeschwerdeverfahren - wie hier zwischen den Beteiligten - ein ungeklärtes Rechtsverhältnis zugrunde liegt, unterscheidet es sich deutlich von der Hauptsache eines streitigen Verfahrens. Denn die gerichtliche Feststellung, ob der Notar berechtigt ist, eine bestimmte Amtshandlung zu verweigern, bedeutet für die Beteiligten nur eine Zwischenentscheidung; eine abschließende Klärung ihres Rechtsverhältnisses ist damit nicht verbunden.
IV.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Krüger Stresemann Czub
Roth Brückner
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 10 Nr. 48
NJW-RR 2011 S. 286 Nr. 4
NAAAD-55513