Selbstständiges Beweisverfahren: Kostentragung bei unterbliebener Beweisaufnahme wegen Erledigung
Gesetze: § 269 Abs 3 ZPO, § 485 ZPO, § 494a Abs 1 ZPO
Instanzenzug: LG Lüneburg Az: 3 T 66/09 Beschlussvorgehend AG Winsen Az: 23 H 21/08
Gründe
I.
1Der Antragsteller beantragte im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 485 ZPO) die Feststellung von Mängeln eines von ihm gekauften Wohnmobils. Noch bevor ein Gutachten eingeholt werden konnte, besserte die Antragsgegnerin zu 1 das Wohnmobil mit Zustimmung des Antragstellers nach. Der Antragsteller teilte daraufhin dem Gericht mit, "die Sache (sei) damit erledigt".
2Die Parteien streiten darum, ob dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen sind.
3Das dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens (in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 4 ZPO) auferlegt. Das Beschwerdegericht hat durch Beschluss des Einzelrichters vom die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Anträge der Antragsgegnerinnen zu 1 und zu 2, dem Antragsteller die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin zu 2 die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.
II.
4Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (, BGHZ 154, 200, 201).
5Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, in denen er einen Zulassungsgrund bejaht, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (, aaO S. 202 ff.; Senatsbeschluss vom - VIII ZB 81/09, WuM 2010, 385 Rn. 6).
6Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
7Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Im selbständigen Beweisverfahren ist eine Kostenentscheidung außer in den hier nicht einschlägigen Fällen der §§ 490, 492, 494a Abs. 2 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen, da sie dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Ausnahmsweise kann eine Kostenentscheidung unter anderem dann in Betracht kommen, wenn die Beweisaufnahme in dem selbständigen Beweisverfahren (so wie hier) tatsächlich nicht durchgeführt worden ist und deshalb keine Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 494a Abs. 1 ZPO möglich ist (Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 494a Rn. 7). Soweit dem Antragsteller jedoch eine Klage auf Feststellung offen steht, dass der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war (vgl. , NJW-RR 2004, 1005 Rn. 10), kann er in jenem Verfahren eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfasst, erreichen. Eine einseitige Erledigungserklärung ist im selbständigen Beweisverfahren nicht zulässig; sie ist regelmäßig in eine Antragsrücknahme mit der Kostenfolge entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO umzudeuten (, NZBau 2005, 42 Rn. 11).
Ball Dr. Hessel Dr. Achilles
Dr. Schneider Dr. Bünger
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LAAAD-54666