Nachvertragliches Wettbewerbsverbot - Wahlrecht des Arbeitnehmers bei unverbindlichen Vorvertrag - Schriftform - Gesamturkunde
Leitsatz
Ein Vorvertrag, der den Arbeitnehmer ohne zeitliche Begrenzung zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet, ist für den Arbeitnehmer unverbindlich. Aufgrund des unverbindlichen Vorvertrags kann der Arbeitnehmer wie bei einem bedingten Wettbewerbsverbot entweder Wettbewerbsfreiheit ohne Karenzentschädigung oder Wettbewerbsenthaltung zu den Bedingungen des Vorvertrags wählen.
Gesetze: § 74 Abs 1 HGB, § 74a Abs 1 S 1 HGB, § 126 Abs 2 BGB
Instanzenzug: Az: 25 Ca 293/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 8 Sa 35/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung.
2Der Kläger war vom bis zum als Referent für Logistik und allgemeine Verwaltung bei der Beklagten beschäftigt. Seine monatliche Vergütung betrug 3.782,04 Euro brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im Januar 2007 betriebsbedingt zum . Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wurde mit Urteil vom abgewiesen, die Berufung des Klägers mit Urteil vom zurückgewiesen. Seit dem erhielt der Kläger Arbeitslosengeld iHv. 1.582,50 Euro monatlich.
Im Arbeitsvertrag der Parteien vom heißt es in § 10 Abs. 4:
4Am Schluss der Vertragsurkunde unter den Unterschriften der Beklagten ist vermerkt: „Anlage Wettbewerbsverbot“.
5Die Anlage zum Arbeitsvertrag enthält die Überschrift „WETTBEWERBSVERBOT“ sowie den Namen und die Anschrift des Klägers. Danach verpflichtet sich der Mitarbeiter, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses jede Betätigung auf dem Gebiet der Kaffeeveredelung und der Koffeinaufbereitung zu unterlassen. Die Beklagte verpflichtet sich, für die Dauer des Verbots eine jährliche Entschädigung iHv. 50 % der vom Mitarbeiter im Jahr vor Beendigung des Vertragsverhältnisses bezogenen vertragsgemäßen Leistungen in monatlichen Teilbeträgen zahlen, wobei eine Anrechnung des anderweitigen Erwerbs gem. § 74c HGB stattfinden soll. Die Anlage schließt mit einer Unterschriftszeile und dem maschinenschriftlichen Namen des Klägers. Sie wurde nicht unterzeichnet.
6Mit Schreiben vom erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er werde sich an das Wettbewerbsverbot halten. Aufgrund des Vorvertrags stehe ihm ein Wahlrecht zu. Zugleich verlangte der Kläger Zahlung der Karenzentschädigung.
7Der Kläger hat geltend gemacht, dass für die Zeit vom bis zum ein Wettbewerbsverbot zustande gekommen sei. Der Vorvertrag verstoße gegen die §§ 74 ff. HGB, weil die Verpflichtung zum Abschluss eines Wettbewerbsverbots nicht auf den Zeitraum bis zum Ausspruch einer Kündigung beschränkt worden sei. Ein derartiger Vorvertrag habe die gleiche Wirkung wie ein bedingtes Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer habe daher ein Wahlrecht, ob er Wettbewerb unterlasse. Für diesen Fall könne er die Karenzentschädigung verlangen. Sie betrage monatlich 1.891,02 Euro brutto, für die Zeit von Juli 2007 bis August 2008 mithin 26.474,28 Euro. Anderweitigen Verdienst habe er abgesehen von dem innerhalb des Rahmens von § 74c HGB liegenden Arbeitslosengeld nicht erzielt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
9Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei kein Wettbewerbsverbot zustande gekommen. Es sei lediglich der spätere Abschluss in Aussicht gestellt worden, ohne dass sie hiervon Gebrauch gemacht habe. Der Vorvertrag sei nichtig, da die in Bezug genommene Anlage weder unterschrieben noch mit dem Arbeitsvertrag fest verbunden worden sei. Außerdem habe der Kläger das ihm ggf. zustehende Wahlrecht nicht rechtzeitig ausgeübt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Gründe
11Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Wirkung des Vorvertrags nicht zutreffend beurteilt. Der Rechtsstreit ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts noch nicht zur Entscheidung reif. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Form des § 74 Abs. 1 HGB iVm. § 126 Abs. 2 BGB gewahrt ist.
12I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann sich der Anspruch auf Karenzentschädigung aus der Abrede in § 10 Abs. 4 des Arbeitsvertrags vom in Verb. mit der Anlage zum Arbeitsvertrag ergeben. Eine weitere Vereinbarung der Parteien über das Wettbewerbsverbot war hierfür nicht erforderlich.
131. Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit der von beiden Parteien vertretenen Auslegung zu Recht das Zustandekommen eines Vorvertrags angenommen. Vorverträge sind schuldrechtliche Vereinbarungen, durch die die Verpflichtung begründet wird, demnächst einen anderen schuldrechtlichen Vertrag, den Hauptvertrag zu schließen. Die Verpflichtung kann im Vorvertrag von beiden Teilen oder nur von einem Teil eingegangen werden und entsprechend dem Zweck des Vorvertrags von bestimmten Voraussetzungen abhängen (vgl. - NJW 1990, 1233, 1234; - VII ZR 307/86 - BGHZ 102, 384, 388 ff.). Ein Vorvertrag kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dem Abschluss des Hauptvertrags Hindernisse rechtlicher oder tatsächlicher Art entgegenstehen, die Parteien eine zweckentsprechende Bindung aber schon jetzt begründen wollen, um sich die Zweckerreichung für später zu sichern ( - NJW 1962, 1812, 1813). Im Streitfall sollte der Kläger bindend verpflichtet werden, eine Wettbewerbsabrede mit feststehendem Inhalt abzuschließen, wenn die Beklagte dies verlangte. Das Verlangen sollte nach Ablauf der Probezeit des Klägers „jederzeit“ möglich sein. Eine Bindung der Beklagten war nicht vorgesehen.
142. Vorverträge sind aufgrund der Vertragsfreiheit auch bei Wettbewerbsverboten im Grundsatz zulässig. Es kann dafür ein berechtigtes Interesse bestehen, wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrags die künftige Entwicklung des Mitarbeiters, die Weiterentwicklung der schutzwerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit nicht hinreichend absehbar sind (Buchner Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 2. Aufl. C 215; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 5. Aufl. Rn. 319). Deshalb wird auch die einseitige Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Verlangen des Arbeitgebers zu einem späteren Zeitpunkt ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, nicht von vornherein als unzulässig angesehen (Bauer/Diller Rn. 318 mit Nachweisen auch für die Gegenmeinung). Andererseits ist der Arbeitnehmer einer erheblichen Unsicherheit ausgesetzt, wenn er nicht weiß, ob er im Anschluss an das Arbeitsverhältnis eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen darf. Das Bundesarbeitsgericht hat eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers darin gesehen, dass die Verpflichtungen bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses ungewiss bleiben, und deshalb auf Unverbindlichkeit eines entsprechenden Vorvertrags für den Arbeitnehmer erkannt ( - zu 2 der Gründe, AP GewO § 133f Nr. 22). Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird angenommen, dass ein Vorvertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, jedenfalls dann unzulässig ist, wenn die dem Arbeitgeber eingeräumte Option nicht auf den Zeitraum bis zum Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer oder bis zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags beschränkt wird (Schaub/Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 58 Rn. 47; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Wettbewerbsverbot Rn. 16; Bauer/Diller Rn. 318, 320; Buchner C 214 ff.; derselbe in AR-Blattei-SD Stand Dezember 2007 1830.3 Rn. 187 f.; Grüll/Janert Die Konkurrenzklausel 5. Aufl. S. 19; Hiekel in Tschöpe Arbeitsrecht 6. Aufl. Teil 2 F Rn. 18). Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine unbillige Erschwerung des Fortkommens auch dann vorliegen kann, wenn die Option des Arbeitgebers bis zu diesem Zeitpunkt beschränkt ist, bedarf keiner Entscheidung.
15Die Sach- und Interessenlage stellt sich ohne feste zeitliche Begrenzung der Verpflichtung für den Arbeitnehmer ebenso wie bei einem unzulässig bedingten Wettbewerbsverbot dar. Da die Verpflichtung zur Wettbewerbsenthaltung gegen Zahlung der Entschädigung von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängen soll, diese aber ungewiss ist, könnte der Arbeitnehmer bei der für ihn erforderlichen weiteren Planung weder von einem Wettbewerbsverbot mit Entschädigung noch von der Zulässigkeit eines Wettbewerbs ausgehen (vgl. - AP HGB § 74 Nr. 60 = EzA HGB § 74 Nr. 53; - 3 AZR 85/85 - AP HGB § 74 Nr. 51 = EzA HGB § 74 Nr. 48; - 3 AZR 265/83 - AP HGB § 74 Nr. 50 = EzA HGB § 74 Nr. 47; ErfK/Oetker 10. Aufl. § 74 HGB Rn. 12; Schaub/Schaub § 58 Rn. 49; Bauer/Diller Rn. 75 und 326 ff.). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers für die Wahl dieser Konstruktion besteht nicht. Es liegt gerade anders als bei der Vereinbarung einer festen zeitlichen Grenze für das Inkrafttreten des Wettbewerbsverbots (vgl. Senat - 10 AZR 532/04 - AP HGB § 74 Nr. 78).
163. Der Vorvertrag der Parteien sollte den Kläger „jederzeit“ binden, ohne dass dieser mit einem Anspruch rechnen konnte. Eine derart weitgehende Verpflichtung erschwert das Fortkommen unbillig und ist deshalb unzulässig. Der Vorvertrag ist für den Kläger entsprechend § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich.
174. Die Unverbindlichkeit des Vorvertrags für den Kläger bedeutet nicht lediglich, dass der Kläger die Wettbewerbsabrede nicht eingehen musste, weil die vereinbarte Option unwirksam war und von der Beklagten nicht ausgeübt werden konnte. Vielmehr kommen dem Kläger die Ansprüche zu, als ob die Beklagte die Option ausgeübt hätte. Voraussetzung ist, dass der Kläger seinerseits für das Wettbewerbsverbot optiert hat.
18a) Die Rechtsfolge des unverbindlichen Vorvertrags ist keine andere als die des unzulässig bedingten Wettbewerbsverbots (hierzu insbesondere - AP HGB § 74 Nr. 60 = EzA HGB § 74 Nr. 53; - 3 AZR 85/85 - AP HGB § 74 Nr. 51 = EzA HGB § 74 Nr. 48; - 3 AZR 265/83 - AP HGB § 74 Nr. 50 = EzA HGB § 74 Nr. 47). Die nachträgliche Wettbewerbsbeschränkung und der Anspruch auf die Zahlung einer Karenzentschädigung sollen in beiden Fällen von einer Entscheidung des Arbeitgebers abhängig gemacht werden. Besteht dafür kein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers, gebietet es der Schutz des Arbeitnehmers, diesem die Entscheidung zu überlassen. Nur so kann die eintretende Ungewissheit beendet und der Arbeitgeber entsprechend § 74a HGB an der dem Arbeitnehmer auferlegten Bindung seinerseits festgehalten werden.
19b) Dieser Rechtsfolge steht der Charakter des Vorvertrags, insbesondere das Fehlen des Hauptvertrags mangels Ausübung der Option seitens des Arbeitgebers nicht entgegen. Auch bei einem vom Willen des Arbeitgebers abhängig gemachten und damit unzulässig bedingten Wettbewerbsverbot bleibt unberücksichtigt, dass der Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot gerade nicht in Kraft gesetzt hat und es damit an der vorgesehenen Bedingung fehlt. Der Arbeitnehmer kann entscheiden, ob er sich an das Wettbewerbsverbot halten will oder nicht (vgl. - BAGE 112, 376, 379; - 9 AZR 929/98 - zu II a der Gründe; - 3 AZR 85/85 - AP HGB § 74 Nr. 51 = EzA HGB § 74 Nr. 48; - 3 AZR 573/77 - BAGE 30, 23; ErfK/Oetker § 74 HGB Rn. 20; MüArbR/Wank 3. Aufl. § 107 Rn. 18; Schaub/Schaub § 58 Rn. 52; Küttner/Reinecke Wettbewerbsverbot Rn. 17). Entscheidet er sich für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots, wird das bis dahin nur unverbindliche Wettbewerbsverbot wirksam.
20c) Auf die verwendete vertragliche Konstruktion kommt es dementsprechend nicht an. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits entschieden, dass sowohl aufschiebend als auch auflösend bedingte Wettbewerbsverbote zu einer Umgehung der gesetzlichen Schutzvorschriften führen können ( - 3 AZR 85/85 - zu 2 b der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 51 = EzA HGB § 74 Nr. 48). Nichts anderes gilt, wenn die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung dadurch umgangen wird, dass die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit von der vorherigen Zustimmung durch den Arbeitgeber abhängig gemacht wird ( - zu 2 der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 50 = EzA HGB § 74 Nr. 47; - 3 AZR 471/66 - BAGE 20, 162, 168). Das Erfordernis eines Verlangens des Arbeitgebers auf Abschluss des Wettbewerbsverbots ist nicht anders zu bewerten als das Erfordernis einer Erklärung, das Wettbewerbsverbot in Kraft zu setzen. Auch wenn für einen wirksamen Hauptvertrag noch die Annahme seitens des Arbeitnehmers erforderlich ist, kann der Vorvertrag doch bereits Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche auslösen (vgl. - NJW 2007, 1817, 1818). Der wirksame Vorvertrag begründet einen Anspruch des Arbeitgebers auf Abschluss des Wettbewerbsverbots, so dass sich der Arbeitnehmer in derselben Situation wie im Falle des bedingten Wettbewerbsverbots sehen muss.
21II. Einem Anspruch auf Karenzentschädigung steht nicht entgegen, dass der Kläger sein Wahlrecht gegenüber der Beklagten erst Ende Juli 2007 ausgeübt hat.
221. Der Anspruch auf Karenzentschädigung bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sich zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entscheidet. Seine Entscheidung muss endgültig sein und den gesamten Karenzzeitraum umfassen ( - zu I 2 c der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 60 = EzA HGB § 74 Nr. 53). Mit der Wettbewerbsenthaltung entsteht der Anspruch auf die Entschädigung. Das Bundesarbeitsgericht hat die Entbehrlichkeit einer besonderen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber mit dem Schutz des Arbeitnehmers begründet, der auf die Verbindlichkeit eines in Wahrheit unverbindlichen Wettbewerbsverbots vertraue und sich des Wettbewerbs enthalte.
232. Bei einem unverbindlichen Vorvertrag kann der Arbeitnehmer nicht in gleicher Weise auf die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots vertrauen. Solange der Arbeitgeber den Abschluss des Wettbewerbsverbots nicht verlangt hat, besteht zwar eine Unsicherheit, ob das Verlangen noch gestellt werden wird, ggf. auch, ob es überhaupt noch wirksam gestellt werden kann. Der Arbeitnehmer darf aber ohne jede Erklärung des Arbeitgebers kaum davon ausgehen, er müsse sich bereits jetzt des Wettbewerbs enthalten. Der Arbeitgeber wird anders als in den gesetzlich geregelten Fällen des unverbindlichen Wettbewerbsverbots regelmäßig keine Veranlassung haben, den Arbeitnehmer entsprechend § 264 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Vornahme der Wahl aufzufordern. Das spricht dafür, bei einem unverbindlichen Vorvertrag auf Abschluss des Wettbewerbsverbots eine rechtzeitige Erklärung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber darüber zu verlangen, wie er sich verhalten werde und in welcher Weise er sein Wahlrecht ausüben wolle.
243. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die getroffene Wahl gegenüber der Beklagten erklären musste. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte eine Erklärung des Klägers nicht bereits nach Ausspruch der Kündigung im Januar 2007 erwartet werden. Vielmehr durfte der Kläger in jedem Falle bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abwarten, welche Entscheidung die Beklagte treffen werde. Er brauchte nicht seine Absichten offenzulegen, um damit eventuell eine gegenteilige Entscheidung der Beklagten herauszufordern. Auch wenn ab dem klar gewesen sein mag, dass die Beklagte kein Wettbewerbsverbot mehr verlangen konnte, stand dem Kläger jetzt eine angemessene Überlegungsfrist zu. Die Mitteilung der Wettbewerbsenthaltung noch vor Fälligkeit der ersten Monatsrate der Karenzentschädigung war unter diesen Umständen noch rechtzeitig.
25III. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen keine Entscheidung darüber zu, ob die Form des § 74 Abs. 1 HGB gewahrt ist.
261. Die Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die vereinbarten Bedingungen enthaltenden Urkunde an den Arbeitnehmer ist auch bei einem Vorvertrag erforderlich. Die etwa fehlende Aushändigung an den Kläger stünde dem Anspruch aber nicht entgegen. Sie hätte nicht zur Nichtigkeit des Vorvertrags, sondern nur zu dessen Unverbindlichkeit zugunsten des Klägers geführt (vgl. - BAGE 112, 376, 379).
272. Das Landesarbeitsgericht muss noch prüfen, ob die gesetzliche Schriftform eingehalten ist.
28a) Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform (§ 74 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 126 Abs. 2 BGB). Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform vereinbartes Wettbewerbsverbot ist gem. § 125 BGB nichtig ( - AP HGB § 74 Nr. 2; ErfK/Oetker § 74 HGB Rn. 14; MüArbR/Wank § 107 Rn. 10; Oetker/Kotzian-Marggraf HGB § 74 Rn. 25; E/B/J/S/Boecken 2. Aufl. § 74 HGB Rn. 21; Bauer/Diller Rn. 87; Buchner in AR-Blattei-SD Nr. 1830.3 Rn. 131 ff.). Auf eine nichtige Vereinbarung können sich beide Vertragsparteien nicht berufen.
29b) Ebenso unterliegt der auf den späteren Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorvertrag der gesetzlichen Schriftform. Zwar kann ein Vorvertrag auch dann formlos wirksam sein, wenn der Hauptvertrag der Schriftform bedarf. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Schriftformerfordernis keine Warnfunktion, sondern lediglich eine Klarstellungs- und Beweisfunktion zukommt ( - Rn. 25, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 10; MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl. vor § 145 Rn. 54 mwN). Durch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für nachvertragliche Wettbewerbsverbote sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr kommt dem Formzwang vor allem eine Warnfunktion zu. Der Arbeitnehmer soll vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden ( - zu I 3 der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 31 = EzA HGB § 75d Nr. 5). Der Vorvertrag, der der gesetzlichen Schriftform nicht entspricht, ist nicht lediglich unverbindlich, sondern nichtig.
30c) Ist durch Gesetz Schriftform vorgeschrieben, muss die Urkunde eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 Abs. 1 BGB). Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB). Nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB genügt es, dass jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden. Aus dem Vortrag der Parteien und der vorgelegten Vertragsurkunde ergibt sich nicht, dass der den Vorvertrag enthaltende Arbeitsvertrag den genannten Voraussetzungen entspricht.
31d) Unabhängig hiervon ist der Vorvertrag formnichtig, falls nicht auch die Anlage zum Arbeitsvertrag von den Unterschriften der Parteien gedeckt ist. Eine Unterschrift hat ua. die Funktion, einen Urkundentext räumlich abzuschließen ( - BGHZ 113, 48, 51; Palandt/Ellenberger BGB 69. Aufl. § 126 Rn. 6; MünchKommBGB/Einsele § 126 Rn. 10). Für Anlagen können insoweit Besonderheiten gelten (Staudinger/Hertel [2004] § 126 BGB Rn. 127 ff.).
32aa) § 10 Abs. 4 des Arbeitsvertrags war von den Parteien nicht als isolierte Verpflichtung, sondern in Verbindung mit der Anlage zum Arbeitsvertrag gewollt. Formbedürftig ist der gesamte Vertragsinhalt einschl. der Anlage. Als isolierte Verpflichtung würde § 10 Abs. 4 des Arbeitsvertrags im Übrigen der erforderlichen Bestimmtheit entbehren. Auch wenn der Vorvertrag nicht die gleiche Vollständigkeit aufweisen muss, die für den vorgesehenen Hauptvertrag zu verlangen ist (so - NJW 2001, 1285, 1286 mwN; kritisch MünchKommBGB/Kramer vor § 145 Rn. 53), kann § 10 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht als bestimmte oder wenigstens bestimmbare Verpflichtung angesehen werden. Die Durchsetzung der isolierten Verpflichtung wäre von vornherein ausgeschlossen. Die wesentlichen Bedingungen des Wettbewerbsverbots ergeben sich allein aus der Anlage. Deshalb kommt auch eine teilweise Nichtigkeit gem. den §§ 125, 126, 139 BGB unter Aufrechterhaltung einer wirksamen Grundverpflichtung zum Abschluss eines Wettbewerbsverbots nicht in Betracht.
33bb) Für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform ist es ausreichend, wenn sich der wesentliche Inhalt des der Schriftform unterliegenden Rechtsgeschäfts aus einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Gesamturkunde ergibt. Der von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Arbeitsvertrag und die dort in Bezug genommene Anlage können eine Gesamturkunde darstellen. In einer Gesamturkunde sind mehrere Blätter einer Urkunde so zusammengefasst, dass sich ihre Zusammengehörigkeit ergibt. Dabei kann die Einheitlichkeit der Urkunde insbesondere durch Zusammenheften, Nummerieren der Blätter, Bezugnahme oder den eindeutigen Sinnzusammenhang des fortlaufenden Textes hergestellt werden (vgl. - BAGE 47, 125, 127).
34cc) Eine feste körperliche Verbindung, die nur durch teilweise Substanzzerstörung oder mit Gewalt wieder gelöst werden kann, ist für die Annahme einer aus mehreren Schriftstücken bestehenden Gesamturkunde nicht erforderlich (so aber noch - BAGE 47, 125, 127 und die hierauf bezugnehmende Literatur ErfK/Oetker § 74 Rn. 13; Schaub/Schaub § 58 Rn. 27; Bauer/Diller Rn. 95; Oetker/Kotzian-Marggraf § 74 Rn. 25). Die Zusammengehörigkeit einer aus mehreren Blättern bestehenden Urkunde kann vielmehr auch sonst in geeigneter Weise erkennbar gemacht werden ( - BGHZ 136, 357, 359; Palandt/Ellenberger § 126 Rn. 4 mwN).
35Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Interessenausgleich mit Namensliste, wonach die bloße gedankliche Verbindung (Bezugnahme) zweier Urkunden nicht ausreicht, um von einer Einheitlichkeit der Urkunden auszugehen ( - 2 AZR 520/05 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68), folgt nicht zwingend, dass stets eine körperliche Verbindung, zB durch eine Heftklammer erforderlich ist. Der Zweite Senat hat dies ausdrücklich im Hinblick auf die weitreichenden Folgen des § 1 Abs. 5 KSchG entschieden. Diese Interessenlage besteht bei einem Wettbewerbsverbot nicht im selben Maße.
36dd) Der Bundesgerichtshof hat an dem ursprünglichen Erfordernis einer festen körperlichen Verbindung ( - V ZR 8/62 - BGHZ 40, 255, 263) nicht festgehalten. Vielmehr hat er entschieden, dass eine derartige Verbindung der einzelnen Blätter einer Urkunde nicht erforderlich ist, wenn sich die Einheit der Urkunde bereits aus anderen eindeutigen Merkmalen ergibt ( - BGHZ 136, 357). Es reiche aus, wenn sich die Einheit der Urkunde und der in Bezug genommenen Anlage aus den Unterschriften der Vertragspartner auf jedem Blatt der Anlage zweifelsfrei ergebe ( - NJW 1999, 1104; so auch zum Interessenausgleich mit Namensliste - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68; - 2 AZR 111/02 - zu C III 4 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11). Nichts anderes gelte, wenn die von dem Hauptvertrag in Bezug genommene Anlage durch die Vertragsparteien paraphiert worden sei ( - NJW 2000, 354). Darüber hinaus hat es der Bundesgerichtshof für ausreichend erachtet, dass einzelne Regelungen eines formwirksam zustande gekommenen Vertrags durch eine später ebenfalls formwirksam unterzeichnete Nachtragsurkunde abgeändert werden und dabei unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, es solle im Übrigen bei den bisherigen Vereinbarungen verbleiben ( - XII ZR 251/97 - NJW-RR 2000, 744). Aufgrund der Vielzahl denkbarer Vertragsgestaltungen seien Mindestanforderungen für die Wahrung der Einheitlichkeit einer Urkunde nur schwer zu bestimmen. Die in Bezug genommene Anlage müsse sich aber hinreichend deutlich identifizieren lassen ( - zu 2 b der Gründe, NJW 2003, 1248). Entscheidend sei, dass die Zusammengehörigkeit der einzelnen Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht worden sei ( - zu II 2 der Gründe, NJW 2007, 1742).
37ee) Das Landesarbeitsgericht wird unter Beachtung dieser auch vom Senat vertretenen Grundsätze zu beurteilen haben, ob der Arbeitsvertrag und die dort in Bezug genommene Anlage eine dem Schutzzweck der gesetzlichen Schriftform genügende Gesamturkunde darstellen. Der Kläger hat sich gem. § 10 Abs. 4 des Arbeitsvertrags verpflichtet, auf Verlangen der Beklagten das „als Anlage zu diesem Vertrag beigefügte Wettbewerbsverbot abzuschließen“. Durch eine derartige Bezugnahme könnte die Zusammengehörigkeit zwischen dem Arbeitsvertrag und der Anlage hinreichend deutlich kenntlich gemacht worden sein. Die Anlage ist als „WETTBEWERBSVERBOT“ überschrieben und enthält den Namen und die Anschrift des Klägers. Aus den weiteren, vom Landesarbeitsgericht noch aufzuklärenden Umständen des Zustandekommens des Vertrags kann demnach folgen, dass die Parteien den Inhalt der dem Vertrag beigefügten Anlage auch ohne das Vorhandensein einer körperlichen Verbindung zur Kenntnis nehmen konnten. In jedem Falle müssen die Schriftstücke im Augenblick der Unterzeichnung äußerlich als einheitliche Urkunde erkennbar gewesen sein, also tatsächlich eine Einheit gebildet haben.
38IV. Die Höhe einer etwaigen Karenzentschädigung richtet sich nach der vertraglichen Regelung der Parteien. Bei Unverbindlichkeit eines Wettbewerbsverbots kann der Arbeitnehmer, der sich für die Wettbewerbsenthaltung entscheidet, die vertraglich vereinbarte Entschädigung verlangen ( - zu II a der Gründe; - 3 AZR 573/77 - BAGE 30, 23, 28 f.). Folgt die Unverbindlichkeit aus einem unzulässigen Vorvertrag, ergibt sich der Anspruch aus dem, was gelten würde, wenn der Arbeitgeber von seiner Option Gebrauch gemacht hätte. Die Beklagte darf sich hinsichtlich eines anderweitigen Erwerbs des Klägers nicht, wie erstinstanzlich geschehen, auf die Erklärung beschränken, sie bestreite den Vortrag des Klägers (vgl. - BAGE 82, 157, 160). Entgegen ihrer Auffassung liegt in ihrem Schreiben vom keine Verzichtserklärung mit der Wirkung des § 75a HGB. Eine solche Erklärung wäre nach § 75a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit spätestens am möglich gewesen. Dem schriftlichen Verzicht steht es nicht gleich, dass die Beklagte von ihrer Option auf Abschluss eines Wettbewerbsverbots bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Gebrauch gemacht hat. Schon mangels Schriftform ergibt sich daraus nicht mit der von § 75a HGB geforderten Klarheit, auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten, dh. von der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots endgültig absehen zu wollen.
V. Der Feststellungsantrag ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung der Zahlungspflicht für die restliche Dauer des Wettbewerbsverbots und damit die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Zahlung ablehnt. Der Kläger kann schon deswegen nicht vorrangig auf die Leistungsklage verwiesen werden, weil die Ansprüche erst nach der mündlichen Verhandlung vom vor dem Landesarbeitsgericht fällig wurden (vgl. - BAGE 85, 306, 308) und zudem von einem künftigen anderweitigen Erwerb abhängen. Der Feststellungsantrag ist aus denselben Gründen wie der Zahlungsantrag noch nicht zur Entscheidung reif.
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UAAAD-54517