Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 6 A 10164/08 Urteil
Gründe
11. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
2Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (stRspr; vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>, vom - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290). An einer Klärungsbedürftigkeit in diesem Sinne fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem Gesetz oder aufgrund in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannter Rechtsgrundsätze ergibt. So liegen die Dinge hier.
3a) Die Frage:
Ist die Entscheidung des ) dahingehend auszulegen, dass auch unabhängig von den für die Stadt H. geltenden besonderen Verhältnissen und zeitlichen Vorgaben eine Anwendung des Stückzahlmaßstabes unter den Voraussetzungen, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom (BVerwG 10 C 5.04, BVerwG 10 C 9.04 und BVerwG 10 C 8.04) vorgegeben hat, bis zur Entscheidung des zulässig sein soll?
ist nicht mehr klärungsbedürftig. Das BVerwG 9 CN 1.09 - im Anschluss an die Entscheidung des und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung klargestellt, dass der Stückzahlmaßstab das Gebot steuerlicher Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) seit dem generell verletzt, ohne dass es auf die Schwankungsbreiten der Einspielergebnisse der Automaten im Satzungsgebiet ankommt. Eine Umdeutung der Grundsatzrüge in eine Divergenzrüge kommt hier nicht in Betracht (vgl. BVerwG 9 B 142.91 - NVwZ 1992, 890 f.; vgl. auch - DVBl 2000, 407 f.). Das Oberverwaltungsgericht geht im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, dass der Stückzahlmaßstab im hier maßgeblichen Erhebungszeitraum 2006 generell unzulässig war. Dies deckt sich mit der oben genannten geänderten Rechtsprechung des Senats.
4b) Die Beschwerde hält ferner folgende Fragen für klärungsbedürftig:
Verbietet sich nach der Entscheidung des in Fällen, in denen sich Steuergläubiger bislang auf die Anwendung des Stückzahlmaßstabes unter den Voraussetzungen der genannten Entscheidungen des verlassen haben, eine Übergangsgerechtigkeit bis zur Entscheidung des ?
Ist eine Übergangsgerechtigkeit in Form einer solchermaßen zeitlich begrenzten Normerhaltung für die Anwendung des Stückzahlmaßstabes aus den allgemeinen, nicht auf die Stadt H. bezogenen Gründen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom aufgeführt hat, jedenfalls im Rahmen der Entscheidungskompetenz der Fachgerichte (vgl. ) in den Fällen geboten, in denen Steuergläubiger sich auf die Vorgaben verlassen haben, die das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen vom zur Beibehaltung des Stückzahlmaßstabes gemacht hat?
5Mit diesen Fragen will die Beschwerde, in verschiedene Varianten gekleidet, geklärt wissen, ob die Verwaltungsgerichte bzw. Oberverwaltungsgerichte aus den in der Entscheidung des genannten Gründen für die weitere Anwendbarkeit des mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Stückzahlmaßstabs nach § 4 Abs. 1 Hamburgisches Spielgerätesteuergesetz bis zu dessen Außerkrafttreten am von der Anwendbarkeit satzungsrechtlicher Regelungen des Stückzahlmaßstabs bis zu dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen haben.
6Zur Klärung dieser Fragen bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie sind auf der Grundlage der bisher ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres zu beantworten.
7In seinen Beschlüssen vom (BVerwG 8 B 193.94 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 273 S. 7) und (BVerwG 11 B 54.99 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 9 S. 20) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass es den Verwaltungsgerichten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich nicht gestattet ist, bei Anfechtungsklagen von der inzidenten Feststellung der Unwirksamkeit einer Satzung oder der daraus resultierenden Aufhebung der auf ihrer Grundlage beruhenden Verwaltungsakte wegen der damit verbundenen mittelbaren Folgen abzusehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich damit ausdrücklich gegen eine Übertragung der auf § 31 Abs. 2 und § 79 Abs. 1 BVerfGG beruhenden Praxis des Bundesverfassungsgerichts, verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen für einen begrenzten Zeitraum für weiterhin anwendbar zu erklären, auf die Inzidentkontrolle von Satzungsrecht gewandt, weil die Verwaltungsgerichtsordnung hierfür keinen gesetzlichen Anknüpfungspunkt biete. Im Urteil vom (BVerwG 9 CN 1.09) hat der beschließende Senat nunmehr klargestellt, dass dies auch für Normenkontrollverfahren gilt.
8Ob in besonderen Ausnahmefällen, in denen die Unwirksamkeitserklärung einen "Notstand" zur Folge hätte, etwas anderes gelten kann, bedarf vorliegend keiner Klärung (vgl. auch Beschluss vom a.a.O.; - juris Rn. 19 und 20). Wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, folgt aus der Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides kein "noch verfassungsfernerer Rechtszustand", weil der Beklagten die konkrete Möglichkeit verbleibe, sich mit der Klägerin über das "Ob" und "Wie" einer Steuererstattung zu verständigen. Die Klägerin habe ersichtlich im Hinblick darauf, dass der in Rede stehende Satzungsmangel mit rückwirkender Kraft heilbar sei, bislang davon abgesehen, eine sofortige Rückzahlung der rechtsgrundlos entrichteten Vergnügungssteuer im Wege der Folgenbeseitigung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO) geltend zu machen. Diese Erwägungen greift die Beschwerde nicht an. Im Übrigen hat der Senat im Urteil vom angenommen, dass eine verwaltungsgerichtliche Erklärung der weiteren Anwendbarkeit von seit dem gegen das Gebot steuerlicher Belastungsgleichheit verstoßenden Regelungen des Stückzahlmaßstabs schon deshalb grundsätzlich nicht in Betracht kommt, weil der Verfassungsverstoß dadurch rückwirkend geheilt werden kann, dass die bisher nach der Anzahl der Spielautomaten zu zahlenden Steuerbeträge für den Zeitraum der angeordneten Rückwirkung zur Wahrung des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes als Höchstbeträge einer ansonsten nach einem wirklichkeitsgerechten Maßstab (Spieleinsatz, Einspielergebnis) erfolgenden Besteuerung festgesetzt werden (vgl. auch - NVwZ 2010, 313 <317>).
Fundstelle(n):
YAAAD-48990