EuGH Urteil v. - C-233/09

Direkte Besteuerung - Unterschiedliche Behandlung nach dem Ort der Investition oder Anlage

Leitsatz

Art. 56 EG steht einer Vorschrift eines Mitgliedstaats entgegen, wonach in diesem Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, die Zinsen oder Dividenden aus Anlagen oder Investitionen beziehen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, einer Gemeindezuschlagsteuer unterworfen sind, wenn sie sich nicht dafür entschieden haben, sich diese Einkünfte aus beweglichem Vermögen von einer in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat niedergelassenen Zwischenperson auszahlen zu lassen, während gleichartige Einkünfte, die aus Anlagen oder Investitionen stammen, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden, nicht erklärt werden müssen und in diesem Fall nicht unter eine derartige Steuer fallen, weil sie einer Besteuerung an der Quelle unterliegen.

Instanzenzug: Hof van beroep te Antwerpen (Belgien), Entscheidung vom ,

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 Abs. 1 EG.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Dijkman und Frau Dijkman-Lavaleije einerseits und dem belgischen Staat andererseits wegen der Weigerung der belgischen Steuerverwaltung, ihnen u. a. die Gemeindezuschlagsteuer auf die Steuer der natürlichen Personen (im Folgenden: Gemeindezuschlagsteuer) zu erstatten, die für die Veranlagungsjahre 2004 und 2005 proportional zu der Steuer der natürlichen Personen (Einkommensteuer für natürliche Personen) erhoben wurde, mit der bestimmte Einkünfte aus beweglichem Vermögen belegt sind, die aus in den Niederlanden getätigten Investitionen und Anlagen stammen.

Nationaler rechtlicher Rahmen

Nach Art. 261 des Wetboek van de Inkomstenbelastingen 1992 (Einkommensteuergesetzbuch, im Folgenden: WIB 1992) wird der Mobiliensteuervorabzug u. a. von Einwohnern des Königreichs Belgien, inländischen Gesellschaften, Vereinigungen, Niederlassungen und Einrichtungen und juristischen Personen, die der Steuer der juristischen Personen unterliegen, die Schuldner von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern sind, sowie von Vermittlern geschuldet, die in Belgien ansässig sind und in gleich welcher Weise an der Auszahlung von Einkünften aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern ausländischer Herkunft beteiligt sind, außer wenn ihnen nachgewiesen wird, dass ein vorheriger Vermittler den Vorabzug einbehalten hat.

Gemäß Art. 313 WIB 1992 sind Steuerpflichtige, die der Steuer der natürlichen Personen unterliegen - außer bei bestimmten Arten von Einkünften, die im Ausgangsverfahren nicht betroffen sind -, nicht dazu verpflichtet, in ihrer jährlichen Erklärung zu vorerwähnter Steuer Einkünfte aus Kapitalvermögen und beweglichen Gütern, für die ein Mobiliensteuervorabzug gezahlt wurde, oder Einkünfte, die aufgrund von Gesetzes- oder Verordnungsbestimmungen vom Mobiliensteuervorabzug befreit sind, anzugeben. Der Mobiliensteuervorabzug auf solche nicht angegebene Einkünfte kann weder auf die Steuer der natürlichen Personen angerechnet noch erstattet werden.

Agglomerationen und Gemeinden dürfen nach Art. 465 WIB 1992 eine Zuschlagsteuer auf die Steuer der natürlichen Personen festlegen.

Art. 466 WIB 1992 bestimmt:

"Die Gemeindezuschlagsteuer ... und die Agglomerationszuschlagsteuer auf die Steuer der natürlichen Personen werden [nach der] Steuer der natürlichen Personen berechnet, die festgelegt wird:

- vor Anrechnung der Vorauszahlungen erwähnt in den Artikeln 157 bis 168 und 175 bis 177 und der Vorabzüge, des Pauschalanteils ausländischer Steuer und der Steuergutschriften erwähnt in den Artikeln 134 und 277 bis 296,

- vor Anwendung der in den Artikeln 157 bis 168 erwähnten Erhöhungen, der in den Artikeln 175 bis 177 erwähnten Vergütung und der in Artikel 444 erwähnten Steuerzuschläge."

Nach Art. 467 WIB 1992 wird die Zuschlagsteuer auf die Steuer der natürlichen Personen entweder von der Gemeinde oder von der Agglomeration zulasten der Einwohner des Königreichs Belgien festgelegt, die in dieser Gemeinde bzw. in den Gemeinden, die Teil vorerwähnter Agglomeration sind, steuerpflichtig sind.

Art. 468 WIB 1992 sieht vor:

"Die Zuschlagsteuer wird für alle Steuerpflichtigen einer selben Agglomeration oder Gemeinde auf einen einheitlichen Prozentsatz der Staatssteuer festgelegt.

..."

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Die Kläger des Ausgangsverfahrens, die in Belgien ansässig sind, gaben in ihren Erklärungen zur Steuer der natürlichen Personen für das Veranlagungsjahr 2004 im Ausland, im vorliegenden Fall in den Niederlanden, erzielte Einkünfte aus beweglichem Vermögen ohne Mobiliensteuervorabzug an, nämlich Einlagezinsen in Höhe von 33 780 Euro und Dividenden in Höhe von 90 030,52 Euro.

In der Veranlagung für das betreffende Jahr erfolgte die Besteuerung getrennt, die der Zinsen mit einem Steuersatz von 15 % und die der Dividenden mit einem Steuersatz von 25 %. Darüber hinaus wurde die auf diese Weise festgesetzte Steuer um die Gemeindezuschlagsteuer erhöht, die von der Wohnsitzgemeinde der Kläger mit 8 % der Staatssteuer festgelegt wurde.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens legten gegen diesen Steuerbescheid Einspruch ein und wandten sich zum einen mit der Begründung, dass das Königreich der Niederlande die Dividenden, die aus diesem Land stammten, bereits besteuert habe, gegen die Besteuerung der Dividenden in Höhe von 25 % und zum anderen gegen die Erhebung der Gemeindezuschlagsteuer.

Für das Veranlagungsjahr 2005 reichten die Kläger des Ausgangsverfahrens eine Erklärung zur Steuer der natürlichen Personen ein, in der sie u. a. im Ausland erzielte Einkünfte aus beweglichem Vermögen ohne Mobiliensteuervorabzug angaben, nämlich Herr Dijkman Dividenden in Höhe von 14 551,23 Euro und Frau Dijkman-Lavaleije in Höhe von 15 359,53 Euro.

Da diese Beträge in der Steuerveranlagung für das betreffende Jahr jeweils mit einem Steuersatz von 25 % belegt wurden, zuzüglich der entsprechenden Gemeindezuschlagsteuer, legten die Kläger des Ausgangsverfahrens gegen diesen Bescheid Einspruch ein und machten gleichartige Einwände geltend wie gegen den Steuerbescheid für das Jahr 2004.

Da ihre Einsprüche zurückgewiesen wurden, erhoben sie Klage bei der Rechtbank van eerste aanleg van Antwerpen, das ihre Klage abwies.

Beim Hof van beroep te Antwerpen beantragen die Kläger des Ausgangsverfahrens zum einen, die niederländische Quellensteuer, die auf die für die Veranlagungsjahre 2004 und 2005 erklärten Dividenden erhoben wurde, mit der in Belgien geschuldeten Steuer zu verrechnen und den belgischen Staat folglich zur Rückzahlung der auf diese Dividenden erhobenen Reichssteuern in Höhe von 11 906 Euro bzw. 3 479 Euro zu verurteilen. Zum anderen beantragten sie die Rückzahlung der Gemeindezuschlagsteuer in Höhe von 2 206 Euro bzw. 800 Euro.

Der Hof van beroep te Antwerpen entschied, dass das Vorbringen der Kläger des Ausgangsverfahrens zur Verrechnung der niederländischen Quellensteuer mit der in Belgien geschuldeten Steuer unbegründet sei.

Was die Gemeindezuschlagsteuer betrifft, stellt das vorlegende Gericht fest, wenn ein Steuerpflichtiger im Ausland Einkünfte aus beweglichem Vermögen erziele, die noch nicht dem Mobiliensteuervorabzug unterworfen worden seien, sei Art. 313 WIB 1992 über den befreienden Mobiliensteuervorabzug auf ihn nicht anwendbar; er sei verpflichtet, diese Einkünfte anzuzeigen. Würden die Einkünfte aus beweglichem Vermögen aber angegeben, werde die Gemeindezuschlagsteuer nach Art. 465 und 466 WIB 1992 noch immer geschuldet. Erziele ein Steuerpflichtiger hingegen belgische Einkünfte aus beweglichem Vermögen, fielen diese Einkünfte unter den befreienden Mobiliensteuervorabzug. Nach dem System des befreienden Mobiliensteuervorabzugs müssten die Einkünfte aus beweglichem Vermögen, die an der Quelle besteuert würden, jedoch nicht erklärt werden und unterlägen demnach nicht dieser Steuer. Ein Steuerpflichtiger könne nur dann Art. 313 WIB 1992 in Anspruch nehmen und so die Erhebung der Gemeindezuschlagsteuer vermeiden, wenn er sich die im Ausland erworbenen Einkünfte aus beweglichem Vermögen von einer belgischen Mittelsperson auszahlen ließe, nachdem der Mobiliensteuervorabzug erfolgt sei.

Der Hof van beroep te Antwerpen hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Verstößt es gegen Art. 56 Abs. 1 EG, dass belgische Gebietsansässige, die im Ausland, z. B. in den Niederlanden, mit dem Ziel investieren oder anlegen, die Entstehung der Gemeindezuschlagsteuer nach Art. 465 WIB 1992 zu vermeiden, verpflichtet sind, sich für die Auszahlung von Einkünften aus beweglichem Vermögen einer belgischen Mittelsperson zu bedienen, während Gebietsansässige, die in Belgien investieren oder anlegen, den befreienden Mobiliensteuervorabzug nach Art. 313 WIB 1992 in Anspruch nehmen und so der Erhebung der zusätzlichen Kommunalsteuer nach Art. 465 WIB 1992 entgehen können, weil der Mobiliensteuervorabzug bereits an der Quelle einbehalten wurde?

Zur Vorlagefrage

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 56 EG einer Vorschrift eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach in diesem Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, die Zinsen oder Dividenden aus Anlagen oder Investitionen beziehen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, einer Gemeindezuschlagsteuer unterworfen sind, wenn sie sich nicht dafür entschieden haben, sich diese Einkünfte aus beweglichem Vermögen von einer in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat niedergelassenen Mittelsperson auszahlen zu lassen, während gleichartige Einkünfte, die aus Anlagen oder Investitionen stammen, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden, nicht erklärt werden müssen und in diesem Fall nicht unter eine derartige Steuer fallen, weil sie einer Besteuerung an der Quelle unterliegen.

Zum Vorliegen einer Beschränkung der nach dem EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten

Nach ständiger Rechtsprechung fallen die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch müssen diese ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (vgl. u. a. Urteile vom , Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation, C-374/04, Slg. 2006, I-11673, Randnr. 36, vom , Amurta, C-379/05, Slg. 2007, I-9569, Randnr. 16, und vom 19. November 2009, Kommission/Italien, C-540/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 28).

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Rechtssache nach Ansicht der belgischen Regierung im Hinblick auf Art. 49 EG und nicht Art. 56 EG zu prüfen ist. Da nämlich nur die belgischen Mittelspersonen den befreienden Mobiliensteuervorabzug vornehmen könnten, sei der Zugang zu dieser Regelung für einen in Belgien ansässigen Steuerpflichtigen, der Kapital in einem anderen Mitgliedstaat anlege oder investiere, davon abhängig, wo er seine Einkünfte aus beweglichem Vermögen entgegennehme, und nicht davon, wo er sein Kapital anlege oder investiere.

Es ist daher zunächst zu bestimmen, ob und inwiefern eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs beeinträchtigen kann.

Zum einen verlangt Art. 49 EG die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs - selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen Mitgliedstaaten gilt -, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. Urteil vom , Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C-42/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem verleiht Art. 49 EG nach ständiger Rechtsprechung nicht nur dem Erbringer von Dienstleistungen selbst, sondern auch dem Empfänger dieser Dienstleistungen Rechte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , FKP Scorpio Konzertproduktionen, C-290/04, Slg. 2006, I-9461, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zum anderen bilden Maßnahmen eines Mitgliedstaats insbesondere dann Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG, wenn sie geeignet sind, die Gebietsansässigen davon abzuhalten, in einem anderen Mitgliedstaat Darlehen aufzunehmen oder Anlagen zu tätigen (vgl. u. a. Urteile vom , Kommission/Belgien, C-478/98, Slg. 2000, I-7587, Randnr. 18, sowie vom , X und Passenheim-van Scoot, C-155/08 und C-157/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 33).

Um festzustellen, ob eine nationale Regelung unter die eine oder unter die andere der nach dem Vertrag garantierten Grundfreiheiten fällt, ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Holböck, C-157/05, Slg. 2007, I-4051, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige führt eine Ungleichbehandlung sowohl hinsichtlich des Ursprungs der Einkünfte, die gebietsansässige Steuerpflichtige aus beweglichem Vermögen erzielen, als auch hinsichtlich des Dienstleistenden ein, der ihnen diese Einkünfte auszahlt.

Insbesondere schafft die im Ausgangsverfahren streitige Regelung, wie das vorlegende Gericht ausführt, zum einen eine Ungleichbehandlung zwischen den Einkünften aus beweglichem Vermögen von in Belgien Ansässigen, die aus in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Investitionen oder Anlagen stammen, und den Einkünften aus Investitionen oder Anlagen, die in Belgien getätigt wurden, da Erstere erklärt werden müssen und folglich einer zusätzlichen Steuer unterliegen, nämlich der Gemeindezuschlagsteuer, während Letztere dank der Regelung über den befreienden Mobiliensteuervorabzug davon befreit sind.

Zum anderen kann sich - wie die belgische Regierung vorträgt - ein in Belgien Ansässiger, der Investitionen oder Anlagen in einem anderen Mitgliedstaat getätigt hat, dafür entscheiden, dass ihm die Einkünfte aus beweglichem Vermögen, die auf diese Investitionen oder Anlagen entfallen, durch eine in Belgien niedergelassene Mittelsperson ausgezahlt werden; in diesem Fall kann die Regelung über den befreienden Mobiliensteuervorabzug auf diese Einkünfte angewendet werden, so dass sie der Gemeindezuschlagsteuer entgehen. Die Auszahlung der Einkünfte aus Investitionen oder Anlagen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, stellt aber die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne von Art. 49 EG dar.

Eine solche Regelung kann daher sowohl die Ausübung des freien Kapitalverkehrs als auch der Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigen.

Die Einführung einer Ungleichbehandlung nach dem Ort der Investition des Kapitals durch einen Mitgliedstaat führt somit dazu, dass ein in diesem Mitgliedstaat Ansässiger davon abgehalten wird, sein Kapital bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Gesellschaft zu investieren oder anzulegen, und wirkt sich auch gegenüber den in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Gesellschaften als Beschränkung aus, da sie für diese ein Hindernis bei der Beschaffung von Kapital im ersten Mitgliedstaat darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, C-446/04, Slg. 2006, I-11753, Randnr. 166, und vom , Grønfeldt, C-436/06, Slg. 2007, I-12357, Randnr. 14).

Da weiter nur die in Belgien niedergelassenen Mittelspersonen den befreienden Mobiliensteuervorabzug vornehmen können, bringt eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige die in Belgien niedergelassenen Mittelspersonen in eine günstigere Position für die Erbringung der Dienstleistungen, die mit der Auszahlung von Einkünften, die aus in anderen Mitgliedstaaten getätigten Investitionen oder Anlagen stammen, an in Belgien Ansässige verbunden sind, im Vergleich zu Mittelspersonen, die in diesen anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, und macht die Dienstleistungen dieser Mittelspersonen folglich weniger attraktiv.

Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass der Gerichtshof die in Rede stehende Maßnahme grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser beiden Freiheiten prüft, wenn sich herausstellt, dass unter den Umständen des Ausgangsverfahrens eine der beiden Freiheiten der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet werden kann (Urteil vom 3. Oktober 2006, Fidium Finanz, C-452/04, Slg. 2006, I-9521, Randnr. 34; vgl. auch entsprechend Urteil vom , Glaxo Wellcome, C-182/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 37).

Im vorliegenden Fall betrifft das Ausgangsverfahren die Erhebung der Gemeindezuschlagsteuer auf Einkünfte aus Anlagen und Investitionen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, und bezieht sich somit auf die Folgen, die sich für einen gebietsansässigen Steuerpflichtigen aus der Ausübung des freien Kapitalverkehrs ergeben.

Folglich ist es für den gebietsansässigen Steuerpflichtigen gerade die Ausübung dieser Freiheit, die die Notwendigkeit mit sich bringt, für die Auszahlung der Einkünfte aus den betreffenden Investitionen oder Anlagen eine Mittelsperson zu wählen. Die Wahl dieser Mittelspersonen und demnach die Gesichtspunkte der Dienstleistungsfreiheit sind in einem solchen Zusammenhang im Vergleich zu den Aspekten des freien Kapitalverkehrs zweitrangig.

Unter Berücksichtigung der Erwägungen in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils ist daher festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die nach Art. 56 EG grundsätzlich verboten ist.

Durch das Vorbringen der belgischen Regierung, die zum einen versucht, die Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung, die sich aus der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Regelung ergeben, zu verharmlosen, und zum anderen geltend macht, dass sich ein Steuerpflichtiger, der in Belgien investiere, im Hinblick auf die Regelung über den befreienden Mobiliensteuervorabzug in einer anderen Lage befinde als ein Steuerpflichtiger, der in einem anderen Mitgliedstaat investiere, wird diese Feststellung nicht erschüttert.

Was den ersten Punkt betrifft, ist zunächst zu bemerken, dass es in Bezug auf die Behandlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zinsen und Dividenden unerheblich ist, dass bestimmte andere Arten von Einkünften aus beweglichem Vermögen nicht unter den befreienden Mobiliensteuervorabzug fallen, selbst wenn sie in Belgien bezogen werden und dadurch immer der Gemeindezuschlagsteuer unterliegen, da gleichartige Zinsen und Dividenden, die in Belgien bezogen werden, unter die Regelung über den Mobiliensteuervorabzug fallen.

Die belgische Regierung behauptet im Übrigen, dass die Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlung für die Empfänger der Einkünfte aus beweglichem Vermögen, die aus einem anderen Mitgliedstaat stammten, nicht notwendigerweise nachteilig seien, da die Begleichung der Steuer im Wege des befreienden Mobiliensteuervorabzugs für den Steuerpflichtigen, dem der Steuerbetrag unmittelbar entzogen werde, einen Liquiditätsnachteil mit sich bringe, während er im Fall der Begleichung der Steuer im Rahmen der normalen Erhebung der Steuer der natürlichen Personen diesen Betrag durchschnittlich zwei Jahre lang behalten und demnach Einkünfte daraus erzielen könne.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die zusätzliche Besteuerung von Einkünften aus beweglichem Vermögen, die aus in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Anlagen und Investitionen stammen, im Vergleich zu den Einkünften, die aus im ersten Mitgliedstaat getätigten Anlagen und Investitionen stammen, durch einen Mitgliedstaat als solche eine steuerliche Benachteiligung darstellt, die gegen den freien Kapitalverkehr verstößt.

Nach der Rechtsprechung kann aber eine steuerliche Benachteiligung, die gegen eine Grundfreiheit verstößt, nicht durch das etwaige Bestehen anderer Vorteile als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 61, und Amurta, Randnr. 75).

Im Übrigen ist auch eine Beschränkung einer Grundfreiheit von geringer Tragweite oder geringfügiger Bedeutung nach dem Vertrag untersagt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Kommission/Frankreich, C-34/98, Slg. 2000, I-995, Randnr. 49, vom , de Lasteyrie du Saillant, C-9/02, Slg. 2004, I-2409, Randnr. 43, sowie vom , Denkavit Internationaal und Denkavit France, C-170/05, Slg. 2006, I-11949, Randnr. 50).

Die belgische Regierung kann demnach nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Erhebung der Gemeindezuschlagsteuer auf Einkünfte aus in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Anlagen durch den Liquiditätsvorteil ausgeglichen werden könne, über den der gebietsansässige Steuerpflichtige, der diese Einkünfte beziehe, anders als bei Einkünften aus Anlagen eines gebietsansässigen Steuerpflichtigen im Wohnsitzmitgliedstaat, die einem Mobiliensteuervorabzug unterlägen, verfüge.

Was den zweiten Punkt angeht, trägt die belgische Regierung vor, dass sich die Lage eines Steuerpflichtigen, der Anlagen oder Investitionen in Belgien getätigt habe, von der eines Steuerpflichtigen unterscheide, der Anlagen oder Investitionen in einem anderen Mitgliedstaat getätigt habe. Denn in letzterem Fall könnten die Verwaltung und Erhebung des befreienden Mobiliensteuervorabzugs dem gebietsfremden Schuldner von Steuern auf Einkünfte aus beweglichem Vermögen nicht anvertraut werden, ohne das Risiko von Eintreibungsschwierigkeiten bei nicht hinreichender Begleichung dieses Vorabzugs einzugehen. Im Urteil vom , Truck Center (C-282/07, Slg. 2008, I-10767), habe der Gerichtshof implizit anerkannt, dass solche Schwierigkeiten durch internationale Übereinkommen zur Unterstützung der Steuereinziehung nicht zufriedenstellend gelöst seien und dass sich die im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen daher in Bezug auf die Einziehung der Steuer in einer anderen Situation befänden als die gebietsansässigen Steuerpflichtigen.

Dazu genügt der Hinweis, dass ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Investitionen oder Anlagen erzielt hat, im Rahmen einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen einer Steuer auf diese Einkünfte in seinem Wohnsitzmitgliedstaat ebenso unterliegt wie ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Investitionen oder Anlagen erzielt hat, die er im Wohnsitzmitgliedstaat getätigt hat.

In einem solchen Zusammenhang ist der Umstand, dass diese Einkünfte unterschiedlichen Besteuerungstechniken unterliegen, gerade die Ursache der Ungleichbehandlung, die dazu führt, dass nur die Einkünfte aus Investitionen oder Anlagen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, zwangsläufig der Gemeindezuschlagsteuer unterliegen, und nicht etwa der Ausdruck des Unterschieds zwischen den Situationen der Steuerpflichtigen, die von dieser Steuer betroffen sind.

Im Hinblick auf eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren streitige, die von den Agglomerationen und Gemeinden für alle Steuerpflichtigen einer Agglomeration oder Gemeinde festgelegt wird und deren Bemessungsgrundlage in der Steuer auf die Einkünfte natürlicher Personen besteht, befindet sich ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Investitionen oder Anlagen erzielt, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, nicht in einer objektiv unterschiedlichen Situation im Vergleich zu dem gebietsansässigen Steuerpflichtigen, der Einkünfte aus Investitionen oder Anlagen erzielt, die in seinem Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden.

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt.

Zur Rechtfertigung der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

Nach ständiger Rechtsprechung können nationale Regelungen, die den freien Kapitalverkehr beschränken, aus den in Art. 58 EG genannten Gründen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses unter der Voraussetzung gerechtfertigt sein, dass sie dazu geeignet sind, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Deutschland, C-112/05, Slg. 2007, I-8995, Randnrn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Die belgische Regierung ist der Ansicht, dass die im Ausgangsverfahren streitige Regelung aus den Gründen der Kohärenz und der Eigenart des belgischen Steuersystems sowie der Notwendigkeit, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, gerechtfertigt sei.

Demnach sei das Monopol hinsichtlich der Erstellung der Ad-hoc-Erklärung des Einbehalts und der Überweisung des Mobiliensteuervorabzugs, das den in Belgien niedergelassenen Mittelspersonen eingeräumt sei, dem belgischen Steuersystem innewohnend und stelle eine für die Steuerpflichtigen einfache und für den Staat kostengünstige Art der Steuererhebung dar, da die Mittelspersonen, die diesen Vorabzug schuldeten, die Verwaltungskosten für die Erhebung und Begleichung des Vorabzugs trügen.

Durch die Zentralisierung der Erhebung der Steuer auf im Ausland erzielte Einkünfte aus beweglichem Vermögen bei belgischen Mittelspersonen vereinfache das belgische Steuersystem die Kontrollmaßnahmen, indem es sie auf einige hundert Akteure beschränke, was die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle gewährleiste, indem eine Verfolgung der Finanzflüsse in ihrer Gesamtheit bei jeder Mittelsperson, die Mobiliensteuervorabzug schulde, ermöglicht werde. Eine solche Verfolgung der Finanzflüsse würde gleichsam unmöglich gemacht, wenn steuerpflichtigen natürlichen Personen, die in Belgien ansässig seien, erlaubt würde, den Mobiliensteuervorabzug für die Steuer vorzunehmen, die sie für im Ausland erzielte Einkünfte aus beweglichem Vermögen schuldeten, da diese Finanzflüsse anhand der Erklärungen über den Mobiliensteuervorabzug von Millionen von Akteuren untersucht werden müssten.

Wenn den Schuldnern der Steuer auf Einkünfte aus beweglichem Vermögen oder den Finanzmittelspersonen in einem anderen Mitgliedstaat erlaubt würde, den befreienden Mobiliensteuervorabzug für einen in Belgien Ansässigen vorzunehmen, könne die Wirksamkeit der von der belgischen Finanzverwaltung durchgeführten steuerlichen Kontrollen ebenfalls nicht gewährleistet werden, da die internationalen Übereinkommen zur Unterstützung bei der Steuererhebung die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Akteuren nicht vollständig garantieren könnten.

Zu diesen Rechtfertigungen ist zu bemerken, dass der Gerichtshof zum einen bereits anerkannt hat, dass die Notwendigkeit der Wahrung der Kohärenz einer Steuerregelung eine Beschränkung der Ausübung der vom Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten rechtfertigen kann (Urteile vom , Bachmann, C-204/90, Slg. 1992, I-249, Randnr. 28, vom , Manninen, C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 42, und vom , Papillon, C-418/07, Slg. 2008, I-8947, Randnr. 43).

Ein auf diesen Rechtfertigungsgrund gestütztes Argument kann jedoch nur Erfolg haben, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht, wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs im Hinblick auf das mit der fraglichen Regelung verfolgte Ziel beurteilt werden muss (vgl. Urteil Papillon, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Wie aber bereits in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, beschränkt sich eine Ungleichbehandlung wie die im Ausgangsverfahren streitige nicht auf die Anwendung verschiedener Besteuerungstechniken, je nachdem, ob die betreffenden Einkünfte aus Anlagen oder Investitionen stammen, die in einem anderen Mitgliedstaat oder im Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden. Denn diese verschiedenen Besteuerungstechniken führen dazu, dass Einkünfte aus beweglichem Vermögen, die aus einer in einem anderen Mitgliedstaat getätigten Anlage oder Investition stammen und nicht unter den Mobiliensteuervorabzug fallen, zusätzlich in Form der Gemeindezuschlagsteuer besteuert werden, während die Einkünfte aus einer in Belgien getätigten Anlage oder Investition davon befreit sein können, weil sie nicht erklärt werden müssen, wenn der Mobiliensteuervorabzug vorgenommen wurde.

Die belgische Regierung hat sich jedoch auf keine bestimmte steuerliche Belastung berufen, die den Vorteil ausgleicht, der in dieser Befreiung liegt.

Zum anderen hat der Gerichtshof anerkannt, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu gewährleisten, zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zählt, die eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil X und Passenheim-van Scoot, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Auch wenn die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu wahren, die Ansicht der belgischen Regierung stützen kann, dass der befreiende Mobiliensteuervorabzug nur von in Belgien niedergelassenen Mittelspersonen vorgenommen werden darf, kann damit nicht gerechtfertigt werden, dass Einkünfte, die unter diesen Vorabzug fallen, in Bezug auf die Gemeindezuschlagsteuer eine andere Behandlung erfahren als Einkünfte, die nicht darunter fallen.

Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass praktische Schwierigkeiten allein keine Verletzung einer durch den Vertrag garantierten Freiheit rechtfertigen können (vgl. Urteil Papillon, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Es ist daher festzustellen, dass die von der belgischen Regierung vorgebrachten Gründe die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, die sich aus einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen ergibt, nicht rechtfertigen können.

In Anbetracht des Vorstehenden ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 56 EG einer Vorschrift eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach in diesem Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, die Zinsen oder Dividenden aus Anlagen oder Investitionen beziehen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, einer Gemeindezuschlagsteuer unterworfen sind, wenn sie sich nicht dafür entschieden haben, sich diese Einkünfte aus beweglichem Vermögen von einer in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat niedergelassenen Mittelsperson auszahlen zu lassen, während gleichartige Einkünfte, die aus Anlagen oder Investitionen stammen, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden, nicht erklärt werden müssen und in diesem Fall nicht unter eine derartige Steuer fallen, weil sie einer Besteuerung an der Quelle unterliegen.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 56 EG steht einer Vorschrift eines Mitgliedstaats entgegen, wonach in diesem Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, die Zinsen oder Dividenden aus Anlagen oder Investitionen beziehen, die in einem anderen Mitgliedstaat getätigt wurden, einer Gemeindezuschlagsteuer unterworfen sind, wenn sie sich nicht dafür entschieden haben, sich diese Einkünfte aus beweglichem Vermögen von einer in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat niedergelassenen Zwischenperson auszahlen zu lassen, während gleichartige Einkünfte, die aus Anlagen oder Investitionen stammen, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat getätigt wurden, nicht erklärt werden müssen und in diesem Fall nicht unter eine derartige Steuer fallen, weil sie einer Besteuerung an der Quelle unterliegen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
JAAAD-48541